Maßnahmen zum Hochwasserschutz

Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt hat die Große Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 7. Juli 2003 wie folgt beantwortet:

I. Die Entstehung von Hochwasser

1. Welche natürlichen, insbesondere geologischen und hydrologischen, Bedingungen tragen in Thüringen besonders zur Entstehung von Hochwasserereignissen bei?

Thüringen ist ganzflächig Hochwasserentstehungsgebiet. Hierzu trägt ein dichtes Fließgewässernetz mit kurzen Scheitellaufzeiten ebenso bei wie die Hydromorphologie der vergleichsweise kleinen Einzugsgebiete. Daneben ist insbesondere die Ausbildung von Stauniederschlägen an den und der Schneeabtau von den Thüringen umgrenzenden Mittelgebirgen von unmittelbarer Relevanz.

2. Welche Flusseinzugsgebiete waren in Thüringen seit Registrierung der Ereignisse bis heute am häufigsten von Hochwasser betroffen?

Die Betroffenheit hinsichtlich Hochwasser ist in erster Linie abhängig von den vorhandenen Schutzmaßnahmen sowie den Schadenspotentialen. Eine Vielzahl kleiner Ereignisse führt nicht zwangsläufig zu größeren Schäden und damit größerer Betroffenheit als ein außerordentliches Hochwasserereignis. Ausgehend von der Häufigkeit der Überschreitung der Richtwasserstände für die Alarmstufen ist das Werragebiet einschließlich der Ulster das gefährdetste Gebiet Thüringens.

3. Ist anhand der bisher gewonnenen Erkenntnisse über Hochwasserereignisse eine Zunahme des jeweiligen Schadensumfangs bei ähnlichen Abflüssen zu verzeichnen?

Der Schadensumfang umfasst bei kleineren und mittleren Ereignissen in der Regel die Beanspruchung und Schädigung wasserwirtschaftlicher Anlagen sowie Nutzungsausfälle im Landschaftsraum einschließlich der Ernteausfälle. Bezüglich der relativ seltenen Beanspruchung von kommunaler Infrastruktur, Gemeinde- und Wohneigentum gibt es keine gesicherten Erkenntnisse über eine Zunahme.

4. Wenn ja, worauf ist aus Sicht der Landesregierung diese Erhöhung zurückzuführen?

Siehe Antwort zu Frage 3.

5. Werden für Hochwasserereignisse detailgenaue Ursachenanalysen durchgeführt und von wem?

Die Analyse der Hochwasserereignisse erfolgt regelmäßig durch die Staatlichen Umweltämter.

6. Können für die jeweiligen Ereignisse exponierte Ursachen genannt werden, die die Lage besonders zuspitzten, oder geht man insgesamt vom gleichen Ursachenkatalog aus?

Die hochwasserauslösenden Faktoren variieren bei jedem Ereignis. Exponierte Ursachen sind aber bisher nicht ableitbar.

7. Kann die Landesregierung anhand von bekannten Zeitreihenanalysen zu vergangenen Hochwasserereignissen Gebiete nennen, in denen durch die Schaffung zusätzlicher Speicherkapazitäten großräumige Entlastungseffekte erzielt werden könnten und sind derartige Pläne vorhanden?

Zusätzliche Speicherkapazitäten mit großräumigeren Entlastungseffekten können durch die vorgesehenen

- RHB Eisfeld/Werra

- RHB Angelroda/Zahme Gera

- Flutungspolder Unstrut

- RHB Kloster Veßra/Schleuse/Werra geschaffen werden. Für die betreffenden Gebiete wurden bereits wasserwirtschaftliche Voruntersuchungen durchgeführt.

II. Gewässereinteilung und Gewässerstrukturen

1. Beabsichtigt die Landesregierung, im Rahmen der Novellierung des Thüringer Wassergesetzes das Verzeichnis der Gewässer erster Ordnung sowie der Deiche in der Unterhaltungslast des Landes zu ändern, und wenn ja, für welche?

Das Verzeichnis der Gewässer erster Ordnung (Anlage 1 zu § 3 Nr. 1 Thüringer Wassergesetz erfährt keine Änderungen. Das Verzeichnis der Deiche, die in der Unterhaltungslast des Landes stehen, wird geringfügig ergänzt und präzisiert bei Deichen an der Unstrut, Wipper und an der Werra.

2. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass sich die Frage des Eigentums an einem Gewässer bzw. an einer Hochwasserschutzeinrichtung, wie z. B. einem Deich, auf die Realisierung von Hochwasserschutzvorhaben und -maßnahmen auswirkt, und wenn ja, wie? nein

3. Kann die Verbesserung der Durchgängigkeit von Fließgewässern, z. B. im Rahmen des Wanderfischprogramms, zu einer verbesserten Hochwasservorsorge beitragen?

Die Verbesserung der Durchgängigkeit von Fließgewässern z. B. im Rahmen des Wanderfischprogramms hat keine nachweisbaren Auswirkungen auf eine verbesserte Hochwasservorsorge.

4. Wie ist der Stand der Gewässerstrukturkartierung der Gewässer zweiter Ordnung in Thüringen?

Für die Erstellung der Gewässerstrukturkarte Thüringen 2001 wurden sechs Gewässer zweiter Ordnung mit erfasst.

Beabsichtigt ist, alle Gewässer mit einer Einzugsgebietsgröße > 100 Quadratkilometer, das sind 23 weitere Gewässer zweiter Ordnung, nachzukartieren. Unabhängig davon existieren für Einzelplanungen (unter anderem Sprotte, Wipfra) weitere Kartierungen.

5. Welche Reihenfolge für die Erfassung weiterer Daten in Abschnitten der Gewässer erster und zweiter Ordnung zur Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) ist vorgesehen, und welche Zeiträume wird dies in Anspruch nehmen?

Die Erfassung weiterer Daten ergibt sich fallweise aus Notwendigkeiten der zu erstellenden Bewirtschaftungspläne für Flussgebietseinheiten nach den Anforderungen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie bis zum Jahr 2009.

6. Wer übernimmt die Erfassung der Daten bei Gewässern in kommunalem Eigentum, und welches Konzept gibt es für deren finanzielle und personelle Absicherung?

Die Erfassung der Daten orientiert sich nicht am Eigentum. Sofern erforderlich, sind die unteren fachtechnischen Wasserbehörden, die Staatlichen Umweltämter, gehalten, die erforderlichen Daten zu erheben.

7. Welche Beispiele für Maßnahmen in Abschnitten von Gewässern erster und zweiter Ordnung mit starker Veränderung können im Rahmen der Fließgewässerschutzkonzepte in Auswertung der Kartierung genannt werden, die zu einer Verbesserung der Struktur geführt haben?

Beispielhaft werden folgende Maßnahmen an Gewässern erster und zweiter Ordnung nach Regionen geordnet genannt, die zu einer wesentlichen Verbesserung der Gewässerstruktur beigetragen haben: Ostthüringen: Umbau des Saalewehrs in Volkstedt, des Zeiss-Wehrs und Teilewehrs in Saalfeld sowie Rückbau des Wehrs in Probstzella in der Loquitz Rückbau und Renaturierung der Auma in Auma, des Mehrabachs in Triebes, des Siechenbachs in Saalfeld, des Oschützbachs in Burkersdorf (alles Gewässer zweiter Ordnung) Südthüringen: Rückbau und Umbau der Wehre in Belrieth, Henfstädt, Stockhausen, Sohlabstürze in Schmalkalden und Schleid sowie Gehölzumwandlungen an der Werra in Creuzburg-Frankenroda, Fambach-Breitungen, Wartha/Nauenhof, Walldorf-Meiningen, Dorndorf, Dillstädt und Eisenach/Hörsel Mittelthüringen: Umbau von einsturzgefährdeten Wehranlagen an der Ohra in Ohrdruf und Luisenthal, an der Ilm bei Manebach und Stützerbach, an der Apfelstädt in Wechmar und Georgenthal sowie der Helbe in Waltersdorf Aufkauf von Flächen im Flächennaturdenkmal Hörsel Nordthüringen: Umbau der Unstrut-Wehre in Ammern, Reiser und Horsmar; Errichtung von Fischaufstiegen in Ritteburg/Unstrut und Westgreußen/Helbe Errichtung von Sohlgleiten in Ilfeld, Ausbau der Wieda, des Kapellengrabens in Weberstedt, des Faulen Grabens in Steinbrücken (alles Gewässer zweiter Ordnung)

8. Welche derartigen Maßnahmen sind künftig geplant, wann werden diese beginnen und wie werden sie finanziell abgesichert?

Geplant sind in: Ostthüringen: Rückbau der Wehre Greiz-Rothental/Weiße Elster und Reschwitz/Saale, des Schnauderwehrs in Lucka (2003), Renaturierung des Ritschkenbachs in Jena-Zwätzen (2003), Sohlgleite Nöbdenitz (2003) Südthüringen: Rückbau von Wehren an der Schmalkalde (2004), des Nesse-Wehres Neue Mühle (2003), Rückbau von Sohlschwellen an der Ulster (2004) sowie weitere Gehölzumwandlungen Mittelthüringen:

Aufgrund der Finanzierung der aktuellen Hochwasserschadensbeseitigung sind derzeit keine strukturverbessernden Maßnahmen geplant.

Nordthüringen: Naturnaher Ausbau des Unstrutbogens in Artern, Umwandlung von zwei Wehranlagen in Sohlgleiten in Silberhausen/Unstrut, Umbau der Wehranlage Stockhausen zur Sohlgleite, naturnaher Ausbau der Wipper in Sondershausen, Umbau des TEAG-Wehres Bleicherode/Wipper zur Sohlgleite (jeweils 2004)