Unfallversicherung

Die hierzu enthaltenen Aussagen lassen sich weitgehend auf alle in der Praxis vorkommenden Organisationsformen übertragen.

Die Orientierungshilfe ist unter www.bfd.bund.de/technik/telemed.pdf abrufbar.

Undifferenzierte Gesundheitsdatenanforderung durch einen Unfallversicherungsträger bei einer Krankenkasse

Die Unfallversicherungsträger (UVT) benötigen für die Prüfung zur Entscheidung von Leistungen aufgrund von Berufsunfällen häufig eine Vielzahl z. T. sensibler Gesundheitsdaten der Betroffenen. Das SGB VII stellt ihnen dabei eine Reihe von speziellen Erhebungsmöglichkeiten bei anderen Stellen (Durchgangsärzten, Krankenkassen, Arbeitgeber etc.) zur Verfügung. Gleichzeitig sind mit der Eingliederung des Unfallversicherungsrechts als siebentes Buch in das Sozialgesetzbuch zum 01.01.1997 auch datenschutzrechtliche Vorkehrungen in das Gesetz aufgenommen worden, die absichern sollen, dass der Betroffene jederzeit nachvollziehen kann, welche seiner Gesundheitsdaten im Rahmen der Prüfung der Leistungsgewährung durch den UVT verarbeitet und mit anderen Stellen ausgetauscht werden sowie dass nur die zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Daten verarbeitet werden. Eine dieser Vorschriften ist § 188 SGB VII. Sie regelt die Auskunftspflicht der Krankenkassen gegenüber dem UVT über frühere Erkrankungen. Weil es sich hierbei um sensible Daten handelt, ist eine Übermittlung nur zulässig soweit es für die Feststellung des Versicherungsfalls erforderlich ist. In § 188 Satz 2 SGB VII werden die UVT verpflichtet, ihr Auskunftsverlangen auf solche Erkrankungen oder solche Bereiche von Erkrankungen zu beschränken, die mit dem Versicherungsfall in einem ursächlichen Zusammenhang stehen können. Damit soll bereits bei der Anfrage vermieden werden, dass die Krankenkassen mehr Daten als erforderlich an den UVT übermitteln.

Dem Betroffenen wird mit § 188 Satz 3 SGB VII die Möglichkeit gegeben, vom UVT zu erfahren, welche Daten die Krankenkasse dem UVT übermittelt hat. Zudem ist der UVT nach § 188 Satz 4 SGB VII verpflichtet, auf dieses Recht hinzuweisen. Dadurch soll beim Versicherten Transparenz bzgl. der Verarbeitung seiner Daten hergestellt werden.

Aufgrund einer Eingabe wurde ich darauf aufmerksam, dass die Beachtung dieser Vorschriften durch einen meiner Kontrolle unterliegenden UVT nicht gewährleistet war. Nach einem Arbeitsunfall hat der UVT die Krankenkasse eines Versicherten unter Verwendung eines Musterschreibens angeschrieben und um Übersendung aller dort dokumentierten Arbeitsunfähigkeitszeiten einschließlich der jeweiligen Diagnosen und Anschriften der jeweils behandelnden Ärzte gebeten, ohne diese Anforderungen auf bestimmte Erkrankungen oder Bereiche von Erkrankungen zu beschränken. Die Krankenkasse hat daraufhin eine entsprechende Liste aus dem gesamten Versicherungszeitraum (ca. 8 Jahre) an den UVT übermittelt. Diese Liste, die sämtliche Erkrankungen mit Arbeitsunfähigkeitszeiten enthielt, entdeckte der Petent erstmals bei einer Einsicht in seine Prozessakte. Er war der Auffassung, dass derart umfangreiche Übermittlungen eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte darstellen. Meine Überprüfung des Vorgangs hat ergeben, dass es der UVT in diesem Fall unterlassen hatte, dem Betroffenen ein Eröffnungsschreiben zuzusenden, in dem er gem. § 188 Satz 4 SGB VII auf sein Recht nach § 188 Satz 3 SGB VII, auf Verlangen über die von den Krankenkassen übermittelten Daten unterrichtet zu werden, hingewiesen wird. Die nach § 188 Satz 2 SGB VII vorgeschriebene und hier unterbliebene Einschränkung der Datenanforderung bei der Krankenkasse habe ich gegenüber dem UVT beanstandet.

Die Überprüfung hat weiter ergeben, dass die Anforderung der Vorerkrankungen bei der Krankenkasse zu einem Zeitpunkt erfolgte, als die Zahlung von Versicherungsleistungen gegenüber dem Petenten bereits abgelehnt worden war und der UVT diese Angaben nur im Hinblick auf ein mögliches Widerspruchsverfahren auf Vorrat angefordert hat, ohne dass zu diesem Zeitpunkt bereits eine konkrete Erforderlichkeit dafür bestand. Diese Erhebung von Gesundheitsdaten auf Vorrat verstieß gegen § 67 a Abs. 1 Satz 1 SGB X, wonach nur die Erhebung der zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Daten zulässig ist, woran es hier fehlte. Auch dies habe ich ggü. dem UVT beanstandet.

Schließlich hatte sich der UVT in diesem Fall auch noch an den Arbeitgeber des Petenten gewandt, um Erkenntnisse über eine möglicherweise schon vor dem Unfall bei der betroffenen Person vorliegenden psychischen Erkrankung zu gewinnen, was eine Leistung des UVT aufgrund einer dann fehlenden Kausalität zwischen Unfall und Gesundheitsschaden ausschließen könnte. In § 192 Abs. 3 SGB VII ist der Arbeitgeber jedoch lediglich zur Auskunft über den Hergang des Unfallgeschehens und zu der Frage verpflichtet, ob der Arbeitnehmer nach dem Unfallereignis wieder und ggf. in welchem Umfang seiner Beschäftigung nachgehen kann. Keinesfalls können vom Arbeitgeber Angaben über Erkrankungen des Arbeitnehmers erhoben werden, da diese schon aufgrund der sozialdatenschutzrechtlichen Vorschriften, bspw. im Fall der Krankschreibung, den Arbeitgebern überhaupt nicht bekannt gemacht werden dürfen. Darüber hinaus hat der Arbeitgeber auch keinerlei medizinische Sachkenntnis, um Krankheitssymptome oder Ähnliches zu beurteilen. Gegenüber dem UVT habe ich deshalb auch diese ungeeignete und damit nicht zulässige Datenanforderung beanstandet. Parallel hierzu hat der die Datenübermittlung durch die seiner Kontrolle unterliegende Krankenkasse überprüft. Die Krankenkasse hat daraufhin ggü. dem UVT ein Verwertungsverbot hinsichtlich der übermittelten nicht erforderlichen Daten ausgesprochen, worauf dieser in seinen Akten diejenigen Angaben geschwärzt hat, die nicht den Beschränkungen des § 188 Satz 2 SGB VII entsprochen haben. Darüber hinaus habe ich den UVT aufgefordert, durch eine organisatorische Regelung sicherzustellen, dass dessen Mitarbeiter grundsätzlich die Hinweisschreiben mit dem Inhalt des § 188 Satz 4 SGB VII verwenden, was zwischenzeitlich erfolgt ist. Desweiteren hat der UVT das Formular zur Anforderung von Vorerkrankungen dahingehend verändert, dass zwingend die Einschränkungen nach § 188 Satz 2 SGB VII beachtet werden. Ebenfalls umgesetzt wurden einige Verbesserungsvorschläge für die vom UVT verwendeten Einwilligungserklärungen, um dem Betroffenen transparent zu machen, in welche Übermittlung welcher Daten an welche Stellen auf welcher Rechtsgrundlage zu welchem Zweck er einwilligen soll.

Datenerhebung bei Schülern und Lehrern

Nach den tragischen Ereignissen im Erfurter Gutenberg-Gymnasium am 26. April 2002 stellte sich u. a. die Aufgabe, Opfer psychologisch zu betreuen. Zu diesem Zweck beauftragte die Unfallkasse Thüringen spezielle Psychologen, die mittels einer Befragung durch standardisierte Fragebögen bei Schülern feststellen sollten, welche Belastungsstörungen (Traumatisierungen) jeweils vorlagen und inwieweit hieraus ggf. therapeutische Maßnahmen abzuleiten waren. Die diagnostische Auswertung der Bögen erfolgte dabei durch eine externe wissenschaftliche Einrichtung.

Nachdem Informationen vorlagen, dass eine Anzahl ausgefüllter Bögen verschwunden war, prüfte ich das Vorgehen der Beteiligten bei dem Projekt unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten, wobei ich auch einen Kontrollbesuch bei der Unfallkasse Thüringen durchführte.