Sozialismus

Neuer Nationalsozialismus (Neonazismus) 1.2.4.1. Ideologischer Hintergrund Neonationalsozialisten (Neonazis) fordern die Errichtung einer Staatsform und einer Volksgemeinschaft, die dem Programm der historischen Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) von 1920 entsprechen. Sie orientieren sich ideologisch am 25-Punkte-Programm der NSDAP und Hitlers Buch Mein Kampf. Sie propagieren einen totalitären Staat auf der Grundlage des Elite- und Führerprinzips, der die eigene Rasse als höherwertig gegenüber anderen einschätzt und das deutsche Volk vor rassisch minderwertigen Ausländern sowie vor einer Volksvermischung bewahren will.

Neonazis streben die Wiederzulassung der NSDAP an, um ein Viertes Reich zu gründen, das ­ unter Ausschluss von Ausländern und Juden ­ nach Angliederung der ehemaligen deutschen Ostgebiete das Großdeutsche Reich wieder auferstehen lässt. Bis Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts bildete Adolf Hitler das Leitbild deutscher Neonazis. Seither stehen nicht wenige Neonazis Hitler kritisch gegenüber. Diese Nationalrevolutionäre orientieren sich an den Ideologen der NSDAP, Dr. Otto Strasser und Gregor Strasser, sowie dem SA-Stabschef Ernst Röhm.

Die hieraus resultierenden ideologischen Meinungsverschiedenheiten trugen zur Zersplitterung des Neonazismus bei. Die Neonaziszene kann sich ebenso wenig wie der historische Nationalsozialismus auf eine einheitliche, geschlossene Ideologie berufen. Obwohl regionale Führungskader oder einzelne Personen Schulungsveranstaltungen durchführen, hat die Masse der heutigen Neonazis nur eine geringe Kenntnis über den Nationalsozialismus. Ihre Ansichten setzen sich aus ideologischen Versatzstücken nationalsozialistischer und gewaltverherrlichender Rhetorik und Symbolik sowie subkulturellen Elementen zusammen. Es fällt zunehmend schwer, zwischen der politisch-ideologisch geprägten Neonaziszene einerseits und der subkulturell geprägten Skinheadszene andererseits zu unterscheiden. Zwischen beiden Spektren des rechtsextremistischen Lagers bestehen fließende Übergänge und starke personelle Überschneidungen.

Was den meisten Neonazis heute an weltanschaulich-ideologischem Tiefgang und an historischem Wissen fehlt, wird durch eine provozierende und aggressive Haltung nach außen kompensiert. Da die Neonazis auf führende Personen der nationalsozialistischen Diktatur, deren Symbole und Riten Bezug nehmen, geht von ihnen ein hohes Provokationspotenzial aus.

Neonazis betrachten ihre Umwelt aus der Sicht rassistisch unterlegter Freund-Feind-Kategorien.

Sie sehen sich in einem permanenten Kampf gegen das angeblich übermächtige Weltjudentum, das sie Außenstehenden gegenüber mit der Kurzformel ZOG (Zionist Occupied Government, soll bedeuten: Zionistisch besetzte Regierung) verschleiern. Neonazis sind davon überzeugt, dass die westlichen Regierungen, insbesondere die der USA und Deutschlands, vom internationalen Finanzjudentum gesteuert würden und dessen Streben nach Weltherrschaft willfährig unterstützten. Als Chiffre hierfür wird der Begriff amerikanische Ostküste verwendet.

Organisationsformen der Neonaziszene im Allgemeinen Neonazis sind in einer Vielzahl rechtsextremistischer Organisationen und Gruppierungen aktiv, meist regional und in lockeren Strukturen organisiert. Die Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. (HNG) stellt die einzige größere, bundesweit agierende neonazistische Organisation dar. Viele Neonazis gehören inzwischen auch der NPD an.

Die Zersplitterung des neonazistischen Spektrums geht sowohl auf die erwähnten internen Richtungsstreitigkeiten als auch auf die staatlichen Repressionen zurück. Nachdem Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts mehrere neonazistische Organisationen verboten worden waren, reagierten Neonazis mit zwei Gegenstrategien. Auf der Suche nach Organisationsformen, die aus ihrer Sicht unangreifbar waren, fand sich ein Teil der Neonazis, die sich selbst als Freie Nationalisten bezeichnen, in unabhängigen Kameradschaften (Organisierung ohne Organisation) zusammen. Andere Neonazis fanden unter dem legalen Dach der NPD Unterschlupf und nutzten deren Parteienprivileg für eigene Aktionen.

Die Zusammenarbeit zwischen der NPD und Neonazis wird auch als Nationaler Widerstand bezeichnet. Dieser von der NPD proklamierte und auch von Teilen der Neonaziszene verwendete Begriff bezeichnet den Willen von Rechtsextremisten, gemeinsam organisationsübergreifend gegen das politische System der Bundesrepublik Deutschland und die sie tragenden Kräfte vorzugehen.

Während des letzten Jahrzehnts war das Verhältnis zwischen der NPD und den Neonazis sowohl von Annäherung als auch von Abgrenzung gekennzeichnet. Zunächst war die NPD gern bereit, mit den Neonazis zusammenzuwirken, brauchte sie diese doch als Mobilisierungspotenzial für ihren Kampf um die Straße. Während des gegen die NPD gerichteten Verbotsverfahrens ging die Partei jedoch aus taktischen Gründen auf Distanz zu ihren Bündnispartnern. Im Jahr 2004 leitete die zwischen der NPD und Teilen der Neonaziszene getroffene Absprache, künftig offen zusammenzuarbeiten, einen neuen Trend ein. Diese Entwicklung erreichte in dem Konzept, die extreme Rechte in einer Volksfront von Rechts zusammenzuschließen, ihren Höhepunkt.

Konzept der Freien Kameradschaften

Die dominierende Organisationsform der Neonazis bleibt die Freie Kameradschaft, obwohl zahlreiche Neonazis inzwischen der NPD beigetreten sind. Nach diesem Konzept sollen Kameradschaften sowohl als kleine autonome Einheiten auf meist lokaler bzw. regionaler Ebene agieren als auch über technische und personelle Kontakte überregional vernetzt sein. Aufgrund ihres informellen Charakters sollen den Behörden weniger Angriffspunkte geboten werden, gegen die Kameradschaften vorzugehen. Obwohl Kameradschaften meistenteils keine oder nur geringe vereinsähnliche Strukturen aufweisen, sind sie durch eine verbindliche Verteilung von Funktionen dennoch deutlich strukturiert. Diese Gruppierungen werden durch die Bereitschaft gekennzeichnet, gemeinsam politische Arbeit zu leisten und neonazistisches Gedankengut zu verbreiten.

Die Verfassungsschutzbehörden sprechen dann von einer neonazistischen Kameradschaft, wenn die jeweilige Gruppierung folgende Merkmale aufweist:

· ein abgegrenzter Aktivistenstamm mit beabsichtigter geringer Fluktuation,

· eine lediglich lokale oder maximal regionale Ausdehnung,

· eine zumindest rudimentäre Struktur und

· die Bereitschaft zu gemeinsamer politischer Arbeit auf Basis einer rechtsextremistischen, insbesondere neonazistischen Grundorientierung.

Mehrere Gruppierungen versuchen, die Beschränkung auf einen lokalen Wirkungskreis auszugleichen, indem sie sich Aktionsbündnissen und -büros angliedern. Diese sollen dazu beitragen, die Mobilisierung zu verbessern und gemeinsame Projekte zu entwickeln. Sie sind teilweise über Internetseiten vernetzt, werden aber ­ von Ausnahmen abgesehen ­ ihrem Koordinierungsanspruch nicht gerecht.

Rechtsextremistische Parteien 1.2.5.1. 400 2004 ca. 350 wenige 2005 ca. 350 ca. 20

Der Bundesverband der Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) Entwicklung der Partei

Die NPD, die aus der rechtsextremistischen Deutschen Reichspartei hervorgegangen ist, wurde 1964 gegründet, um das rechtsextremistische Lager zu sammeln. Noch bis Ende der sechziger Jahre zählte die Partei, die in mehreren deutschen Landtagen vertreten war, bundesweit mehr als 25.000 Mitglieder. Bei der Bundestagswahl im Jahre 1969 verfehlte sie mit 4,3 % der Stimmen den Einzug in das Parlament nur knapp. Diese Niederlage leitete den Niedergang der Partei ein, der bis in die neunziger Jahre hinein andauerte. Im Jahr 1995 erreichte er seinen Tiefstand, als der Partei nur noch 2.800 Mitglieder angehörten.

Udo Voigt wurde 1996 zum Vorsitzenden der Partei gewählt. Ihm gelang es, die Partei von ihrem Image einer Altherrenpartei zu befreien und sie politisch neu auszurichten. Voigt entwickelte mit dem Drei-Säulen-Konzept nicht nur eine neue Strategie. Er führte auch in Bezug auf die Nachwuchsrekrutierung einen Paradigmenwechsel ein. Dieser Kurs führte zu einer verstärkten Kooperation der Partei mit der Neonazi- und Skinheadszene, was nach außen vor allem bei Demonstrationen und Aufmärschen deutlich wurde. Die Jungen Nationaldemokraten (JN), die Jugendorganisation der NPD, fungierten als ein wichtiges Bindeglied.

Ende der 90er Jahre konnte die NPD die Anzahl ihrer Mitglieder erheblich steigern und deren Altersdurchschnitt durch neue Mitglieder wesentlich senken. Bei Kundgebungen konnte sie auf eine größere Zahl von Teilnehmern verweisen, da sie bisher nicht organisierte Neonazis und Skinheads mobilisieren konnte. Darüber hinaus erschlossen sich ihr in geringem Umfang neue Wählerpotenziale.