JVA

Ein vermehrtes Auftreten von Verlegungsanträgen ist nicht feststellbar; es besteht jedoch ein steigendes Interesse an Einzelunterbringung.

Wie gestalten sich die Kommunikation (z.B. mit Rechtsanwälten), Beschäftigungssituation, Freizeitgestaltung? Wurden hier schon vermehrt Beschwerden registriert (vor allem Petitionen)?

Die Kommunikation der Untersuchungsgefangenen mit ihrem Verteidiger, dem Bewährungshelfer, ihren Angehörigen sowie der sonstige Verkehr mit der Außenwelt wird unter Beachtung der Festlegungen des zuständigen Haftrichters bzw. des zuständigen Staatsanwaltes gestaltet. Die Besuche und Telefonate des Untersuchungsgefangenen mit seinem Verteidiger werden grundsätzlich nicht überwacht.

Die Freizeitgestaltung für die Untersuchungsgefangenen orientiert sich an den in den jeweiligen Anstalten bestehenden Angeboten für die Strafgefangenen. Dabei sind jedoch die richterlichen Anordnungen sowie die zu Strafgefangenen und eventuellen Mittätern einzuhaltenden Trennungsvorschriften zu beachten, was Einschränkungen zur Folge haben kann. Grundsätzlich wird jedem Untersuchungsgefangenen die gemeinsame Teilnahme am Auf- oder Umschlusses innerhalb der Vollzugsgruppe, am Aufenthalt im Freien, an Betreuungsmaßnahmen oder an angeleiteten bzw. nicht angeleiteten Freizeitmaßnahmen ermöglicht.

Für Untersuchungsgefangene besteht kein Behandlungsgebot; sie sind auch nicht zur Arbeit verpflichtet.

Sofern die Untersuchungsgefangenen arbeiten möchten, wird ihnen im Rahmen der verfügbaren Arbeitsplätze eine Beschäftigung zugewiesen. Bezüglich der Entwicklung der Beschäftigungszahlen wird auf die in der Beantwortung der Frage 32 enthaltene Übersicht verwiesen.

Vermehrte Beschwerden über die bestehende Beschäftigungssituation und über andere Vollzugsbereiche sind nicht zu verzeichnen.

Welche Unterschiede zum normalen Vollzug und spezifischen Probleme bringt die Arbeit mit Untersuchungsgefangenen für die Bediensteten mit sich?

Der gravierendste Unterschied im Vollzug der Untersuchungshaft gegenüber dem Vollzug der Strafhaft liegt in der besonderen psychisch belastenden Situation der Untersuchungsgefangenen.

Die für den Inhaftierten zunächst wie Gewährleistung der persönlichen und schriftlichen Kontakte unterliegen allein der Entscheidungsbefugnis des Richters. Insoweit sucht der Untersuchungsgefangene vorrangig den unmittelbaren Kontakt zu dem zuständigen Gericht oder zur Staatsanwaltschaft. Die üblicherweise für Strafgefangene wichtigen Maßnahmen zur Gestaltung des Vollzugsalltags haben für Untersuchungsgefangene in der Regel nur eine geringe Bedeutung; sie konzentrieren sich mehr auf die Abwicklung des anhängigen Strafverfahrens.

Die Haftsituation fördert erfahrungsgemäß eine Suizidneigung, die eine besondere Sensibilität der Bediensteten erfordert, um mögliche suizidale Neigungen rechtzeitig zu erkennen und entsprechend gegensteuern zu können.

Im Übrigen unterscheidet sich die Arbeit der Bediensteten mit Untersuchungsgefangenen nicht von der mit Strafgefangenen.

Inwiefern wird Personal aus dem Justizvollzug zur Begleitung und Bewachung der Gefangenen zu bzw. während Gerichtsterminen eingesetzt? Inwieweit entstehen dadurch logistische Engpässe bei der Erledigung von Arbeitsaufgaben in den Justizvollzugseinrichtungen? Warum werden die Begleitungs- und Bewachungsaufgaben nicht von Gerichtswachtmeistern erledigt?

Zu den Aufgaben im Thüringer Justizvollzug gehört die Begleitung der Gefangenen zu Gerichtsterminen.

Die Transportbegleitung ist eine Fachaufgabe des Justizvollzuges, die von Gerichtswachtmeistern mangels der entsprechend nicht wahrgenommen werden kann. Grundsätzlich soll eine Ausantwortung der Gefangenen im Gerichtsgebäude stattfinden, da die Vorführung vor Gericht in den Zuständigkeitsbereich der Gerichte fällt. Soweit dies nicht möglich ist, übernehmen Justizvollzugsbedienstete im Wege der Amtshilfe (Vorführersuchen des Gerichts an die JVA) die Bewachung der Gefangenen auch während des Gerichtstermins.

In der Regel können die Gerichtstermine, da sie langfristig bekannt sind, in der Dienstplanung berücksichtigt werden und es entstehen keine Engpässe hinsichtlich der Aufgabenwahrnehmung in der Anstalt. In Einzelfällen erfolgt die Vorführung von Gefangenen im Wege der Amtshilfe auch durch die Polizei. Insgesamt kann festgestellt werden, dass sich die Zusammenarbeit der Gerichte mit den Justizvollzugsanstalten in der vorliegenden Form bewährt hat.

Wie gestaltet sich die Rückkehrsituation von Untersuchungshäftlingen im Vergleich zum normalen Strafgefangenen?

Es wird unterstellt, dass unter der Rückkehr von Untersuchungsgefangenen deren Entlassung in die Freiheit verstanden werden soll.

Bei Untersuchungsgefangenen, die nicht unmittelbar nach erfolgter rechtskräftiger Verurteilung in den Strafvollzug überführt werden ­ was jedoch bei einem sehr großen Anteil der Verurteilten der Fall ­ ist der Entlassungszeitpunkt regelmäßig nicht planbar. Konkrete Entlassungsvorbereitungen können damit allenfalls in eingeschränktem Umfang getroffen werden. Im Rahmen der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten werden die erforderlichen, gegebenenfalls auch finanziellen Hilfestellungen, etwa für die Finanzierung der Heimfahrt, gewährt.

Da die durchschnittliche Dauer der Untersuchungshaft in der Regel relativ kurz ist, sind meist keine umfangreichen Entlassungsvorbereitungen erforderlich.

Welche Unterstützungsangebote bestehen speziell für Untersuchungsgefangene?

Für Untersuchungsgefangene bestehen grundsätzlich die gleichen Unterstützungsangebote wie für Strafgefangene.

In wie vielen Fällen musste im Anfragezeitraum Haftentschädigung gezahlt werden? Wie lange dauerte es im Durchschnitt, bis die Betroffenen ihre Entschädigung bekommen haben?

Es wird keine Statistik hinsichtlich der Gewährung von Haftentschädigung geführt; gleiches gilt für die durchschnittliche Bearbeitungsdauer der Entschädigungsfälle.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die durchschnittliche Bearbeitungsdauer nicht zuletzt auch von der Beibringung der notwendigen Unterlagen durch den Betroffenen abhängt, der im Strafrechtsentschädigungsverfahren für den ihm entstandenen Schaden beweispflichtig ist. Soweit ausschließlich eine Entschädigung nach § 7 Abs. 3 des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (immaterielle Schäden) zu bewilligen ist, erfolgt die jeweilige Entscheidung kurzfristig.

VIII. Situation von Ausländer(inne)n im Justizvollzug (einschließlich Abschiebungshaft) (Beantwortung soweit noch nicht im Rahmen der Antworten auf übrige Fragestellungen berücksichtigt; bitte vorangestellten Hinweis eingangs der Fragenliste der Großen Anfrage beachten)

Zur Haft- und Unterbringungssituation:

Wie viele Personen mit (auch) nichtdeutscher Staatsbürgerschaft waren/sind Insassen in Thüringer Justizvollzugsanstalten oder sind aus Thüringen in Einrichtungen anderer Bundesländer untergebracht (bitte nach Nationalität und Einrichtung aufschlüsseln)? nichtdeutscher Personen, getrennt nach Staatsangehörigkeit, Einrichtung sowie nach Geschlecht, die in den Jahren 1995 bis 2005 in Thüringer Justizvollzugseinrichtungen waren, ist den nachfolgenden Tabellen (Anlagen 16 bis 26) zu entnehmen.

Die statistische Erfassung erfolgte bis 1998 zum Stichtag 30.06. eines jeden Jahres.

Ab 1999 erfolgte die Stichtagserhebung zum 31.03. des jeweiligen Jahres.

Angaben zu ausländischen Staatsbürgern aus Thüringen, die in Vollzugsanstalten anderer Bundesländer waren, können nicht gemacht werden. Hierzu werden keine Statistiken erhoben.

Wie haben sich die Betroffenenzahlen im Anfragezeitraum entwickelt? Welche Gründe sind hierfür erkennbar (bitte nach Alter und Vollzugsbereich ­ auch Abschiebehaft bitte getrennt aufschlüsseln)?

Die Beantwortung ist nachfolgender Tabelle (Anlage 27) zu entnehmen. Gründe für die Entwicklung der Zahlen können nur in einer Erhöhung des allgemeinen Ausländeranteils in der Bevölkerung vermutet werden.

Altersangaben bei den Gruppen Untersuchungsgefangene und Gefangenen in Abschiebehaft bzw. Auslieferungshaft sind nicht verfügbar.

Inwiefern gibt es aus wissenschaftlichen Forschungen Hinweise, dass die Spruch- und Anordnungspraxis von Gerichten und Behörden trotz vergleichbarer (Tat-)Sachverhalte zwischen Personen deutscher Staatsangehörigkeit und solchen (auch) nichtdeutscher Staatsangehörigkeit Unterschiede aufweist?

Wissenschaftliche Forschungen, welche die Spruch- und Anordnungspraxis von Thüringer Gerichten und Behörden betreffen, sind nicht bekannt.

Zur Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse dieser Betroffenengruppe:

Wie gestaltet sich die Haft- und Unterbringungssituation von Betroffenen mit (auch) nichtdeutscher Staatsangehörigkeit im Justizvollzug im Vergleich zu solchen mit ausschließlich deutscher Staatsangehörigkeit?

Die Haft- und Unterbringungssituation sind für alle Untersuchungs- oder Strafgefangenen gleich. Inhaftierte mit nichtdeutscher Staatsangehörigkeit unterliegen den gleichen gesetzlichen Bestimmungen und genießen daher im Vollzug auch die gleichen Rechte und Pflichten.

Der Vollzug der Abschiebungshaft erfolgt in Thüringen im Wege der Amtshilfe gem. § 8 Abs. 2 Freiheitsentziehungsgesetz i.V.m. § 8 der Thüringer Verordnung über den Vollsteckungsplan in der JVA Goldlauter. Aufgrund des besonderen Status der Abschiebegefangenen (Verwaltungshaft, keine Strafhaft) werden sie getrennt von Untersuchungs- oder Strafgefangenen untergebracht. Im Übrigen stehen den Abschiebegefangenen in ihrem Bereich die gleichen vollzuglichen Möglichkeiten (Auf- oder Umschlusses innerhalb der Vollzugsgruppe, Aufenthalts im Freien, Teilnahme an Freizeit- oder Betreuungsmaßnahmen) wie den anderen Gefangenen zur Verfügung.

Inwiefern werden die spezifischen Bedürfnisse und Probleme dieser Betroffenengruppe berücksichtigt (Kommunikation ­ insbesondere mit Angehörigen und Rechtsanwälten, Bildung, Ernährung, usw.)? Ausländische Gefangene erhalten hinsichtlich der Kommunikation und des Kontaktes mit Angehörigen und Rechtsanwälten prinzipiell dieselben Möglichkeiten eröffnet wie deutsche Gefangene.

Bei Gefangenen, deren Angehörige das Besuchsangebot nicht nutzen können, wird regelmäßig der telefonische Kontakt großzügiger gewährt. Die Verständigung mit Rechtsanwälten erfolgt, soweit erforderlich, unter Einsatz eines Dolmetschers.

Ausländische Gefangene können an den gleichen Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen wie deutsche Gefangene. Voraussetzung für die Teilnahme an den angebotenen Maßnahmen ist jedoch, dass ausländische Gefangene der deutschen Sprache in Wort und Schrift hinreichend befähigt sind, um theoretische Bildungsinhalte erfassen zu können. Vor diesem Hintergrund wird für ausländische Gefangene durch den pädagogischen Fachdienst die außerschulische Weiterbildungsmaßnahme Deutsch für Ausländer angeboten, in der die Teilnehmer die deutsche Sprache erlernen oder vertiefen können.

Die Angebote der Fachdienste umfassen weiterhin Hilfen beim Kontakt mit Rechtsanwälten, Ämtern und so weiter.