Nach § 58 ThürKO können die Gemeinderäte

Oktober 2008 hat folgenden Wortlaut:

Für den Beschluss der kommunalen Haushaltssatzung, einschließlich des Haushaltsplans und seiner Anlagen, gilt der Grundsatz der Öffentlichkeit nach § 40 Thüringer Kommunalordnung. Der Erlass der Haushaltssatzung unterliegt der rechtsaufsichtliche Würdigung oder Genehmigung.

Nach § 58 können die Gemeinderäte bzw. Kreistage überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben beschließen. Diese ändern den ursprünglich beschlossenen Haushaltsplan.

Aus verschiedenen Thüringer Gemeinden liegen Informationen vor, wonach zunehmend Beschlüsse der Gemeinderäte zu über- und außerplanmäßigen Ausgaben in nicht öffentlicher Sitzung gefasst werden.

Aus der Veröffentlichung im Freien Wort, Lokalausgabe Suhl, vom 19. September 2008 geht hervor, dass der Stadtrat in seiner 53. Sitzung am 24. September 2008 in nicht öffentlicher Sitzung (Vorlage 16) außerplanmäßige Ausgaben in der Haushaltsdurchführung 2008 (Vermögenshaushalt) bestätigen sollte. Dabei soll es sich um eine außerplanmäßige Ausgabe im Millionenbereich gehandelt haben.

Ich frage die Landesregierung:

1. Unter welchen Voraussetzungen können Gemeinderäte in nicht öffentlicher Sitzung beraten und beschließen?

Wie wird diese Auffassung seitens der Landesregierung begründet?

2. Unter welchen Voraussetzungen können Gemeinderäte außerplanmäßige Ausgaben im Vermögenshaushalt beschließen, ohne dass dabei die Regelungen des § 60 Abs. 2 Nr. 3 (Erlass einer Nachtragshaushaltssatzung) zu beachten wären?

Wie wird diese Auffassung seitens der Landesregierung begründet?

3. Inwieweit war der im Einleitungstext benannte Beschluss des Stadtrats Suhl zu einer überplanmäßigen Ausgabe im Vermögenshaushalt mit den kommunalrechtlichen Bestimmungen zur Öffentlichkeit (§ 40 und § 60 Abs. 2 Nr. 3 (Erlass einer Nachtragshaushaltssatzung) vereinbar?

Wie wird diese Auffassung seitens der Landesregierung begründet?

4. Welche Rechtsfolgen treten nach Ansicht der Landesregierung ein, wenn ein Beschluss zu einer überplanmäßigen Ausgabe in nicht öffentlicher Sitzung beraten und beschlossen wird?

Wie wird diese Auffassung begründet?

5. Welche Grundsätze der Öffentlichkeit gelten, wenn durch den Beschluss zu einer außerplanmäßigen Ausgabe ein privater Dritter oder ein kommunales Unternehmen betroffen sind und wie wird dies begründet?

18. Dezember 2008

6. Welche rechtsaufsichtlichen Maßnahmen hat die zuständige Aufsichtsbehörde möglicherweise im Zusammenhang mit der im Einleitungstext beschriebenen Beschlussfassung im Stadtrat Suhl eingeleitet bzw. beabsichtigt sie einzuleiten?

Das Thüringer Innenministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 28. November 2008 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Für eine Beratung und Beschlussfassung der Gemeinderäte über außerplanmäßige Ausgaben gilt der durch § 40 der Thüringer Kommunalordnung festgeschriebene, aus dem Demokratieprinzip fließende allgemeine Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit. Ausnahmen hiervon lässt § 40 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative nur zu, soweit Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder das berechtigte Interesse Einzelner der Beratung in öffentlicher Sitzung entgegenstehen. In solchen Fällen kann nach § 40 Abs. 1 Satz 2 der Ausschluss der Öffentlichkeit in nicht öffentlicher Sitzung beraten und beschlossen werden.

Zu 2.: Die Regelungen zu außerplanmäßigen Ausgaben im Sinne des § 58 Abs. 1 in Verbindung mit § 87 Nr. 4 der Thüringer Gemeindehaushaltsverordnung gelten sowohl für den Verwaltungshaushalt als auch für den Vermögenshaushalt gleichermaßen. Für Veranschlagungen im Vermögenshaushalt gilt nach § 60 Abs. 2 Nr. 3 dass für bisher nicht veranschlagte Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen grundsätzlich eine Nachtragshaushaltssatzung zu erlassen wäre. Eine Einschränkung erfahren diese Grundsätze zum Beispiel in § 60 Abs. 3 Nr. 1 Insbesondere bei Veranschlagungen, welche sich im Ergebnis als haushaltsneutral darstellen, ist es nicht zu beanstanden, wenn in den Fällen des § 60 Abs. 2 Nr. 3 keine Nachtragshaushaltssatzung erlassen wird.

Zu 3.: Der im Einleitungstext benannte Beschluss verstieß nach Darlegung der Rechtsaufsichtsbehörde nicht gegen die Grundsätze des § 40 Abs. 1 Satz 1 da das berechtigte Interesse Einzelner - hier: der Sammelkanal- und Betriebsgesellschaft Suhl - den Ausschluss der Öffentlichkeit erfordert habe. Auf die Antwort zu Frage 1 und die dort genannten Ausschlussgründe wird ergänzend verwiesen. Im Hinblick auf den zweiten Teil der Fragestellung ist darauf hinzuweisen, dass überplanmäßige Ausgaben, anders als außerplanmäßige Ausgaben, von der Vorschrift des § 60 Abs.2 Nr. 3 nicht erfasst werden.

Zu 4.: Welche Rechtsfolgen eintreten, wenn ein Beschluss zu einer in nicht öffentlicher Sitzung beraten und beschlossen wird, hängt - wie in allen Fällen der Beschlussfassung in nicht öffentlicher Sitzung - von den im konkreten Einzelfall gegebenen Umständen ab. Die Prüfung obliegt ggf. der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde.

Zu 5.: Die Voraussetzungen für den Ausschluss der Öffentlichkeit bemessen sich, wie bereits dargestellt, anhand des § 40 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine Privatperson oder ein kommunales Unternehmen handelt. Soweit das Gesetz an das Vorliegen berechtigter Interessen Einzelner anknüpft, sind Einzelne in diesem Sinne auch Unternehmen in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts, an der die Gemeinde/Stadt beteiligt ist.

Unter kommunalverfassungsrechtlichen und haushaltsrechtlichen Gesichtpunkten waren und sind rechtsaufsichtliche Maßnahmen nach Darlegung der Rechtsaufsichtsbehörde nicht angezeigt.