Verwertung gebrauchter Verpackungen

Der Verbraucher sieht auch in der vom Restabfall getrennten Erfassung und der anschließenden Verwertung gebrauchter Verpackungen eine gewisse ökologische Gleichwertigkeit zur Rückgabe bepfandeter Mehrwegverpackungen und wird daher vom Kauf von Einwegverpackungen kaum zurückgehalten.

Frage 3. Welche Informationen liegen der Landesregierung über verschiedene Lösungsmodelle des Bundes bzw. der Länder, der Herstellerorganisationen, der Verbraucher- und Umweltverbände vor?

Seit geraumer Zeit werden im Bundesumweltministerium und in den Umweltministerien der Länder mit den Verbänden der Getränkeindustrie sowie den Verbraucher- und Umweltverbänden Alternativen zur Lösung des Zwangspfand-Problems diskutiert. Auch zahlreiche Fachsymposien der letzten Zeit haben die Probleme um das Für und Wider von Pflichtpfand auf Einweg-Getränkeverpackungen thematisiert.

Eine Änderung der bestehenden Rechtslage, insbesondere der Sanktionsinstrumente der Rücknahmepflicht und des Pflichtpfandes bei die nur von wenigen als erfolgreich zur Stützung von Mehrwegverpackungen im Getränkebereich angesehen werden, ist auch nach Auffassung meines Hauses dringend notwendig. Dazu hat das Land Rheinland-Pfalz in einer Bundesratsinitiative, die auch vom Land Hessen unterstützt wird, den Vorschlag gemacht, vorübergehend den prozentualen Wert der Mehrwegquote von 72 v.H. auszusetzen und durch die im Ausgangsjahr 1991 in Mehrweggebinden abgefüllte Menge zu ersetzen. Dieser Vorschlag ist von einem Teil der Beteiligten und Betroffenen begrüßt worden; es zeichnet sich jedoch bisher keine Mehrheit im Bundesrat ab.

Die bereits im letzten Jahr breit diskutierten Modelle zur Änderung der Verpackungsverordnung im Hinblick auf die Rücknahme- und Pfandpflicht auf Einwegverpackungen, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass die Mehrwegquote lediglich im Bereich einer Fehlerbandbreite von ±1 v.H.-Punkte verfehlt sei, haben dazu geführt, Modelle für eine künftige Regelung im Umgang mit Getränkeverpackungen nach der Verpackungsverordnung zu entwickeln.

Diskutiert werden dem Grunde nach die im Nachstehenden kurz beschriebenen verschiedenen Lösungsmodelle, für die jeweils eine Bewertung durch die Vergabe von Kritik- und Vorteilspunkten vorgenommen worden ist.

1. Kompensationsmodell (AGVU-Vorschlag)

Auf der Basis der Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) vom April 1999 Rücklaufquoten für Getränkeverpackungen hat die Arbeitsgemeinschaft Verpackung und Umwelt e.V. (AGVU) ein so genanntes Kompensationsmodell entwickelt, das die Wiederverwertungs- und Wiederverwendungsleistung bei Getränkeverpackungen zusammenführt.

Mit dem Vorschlag soll einerseits verhindert werden, dass das Zwangsinstrument der Bepfandung von Einweg-Getränkeverpackungen zum Tragen kommt; andererseits sollen aber auch die Bemühungen der Industrie und die Aktivitäten der Verbraucher bei der Getrenntsammlung von Verpackungen gewürdigt werden. Ferner ist die Beurteilung der ökologischen Vorteilhaftigkeit der Wiederverwendung für Mehrwegverpackungen gegenüber der Verwertung von Einwegverpackungen sehr umstritten, sodass mit dem Konzept der Rücklaufquote die Chance besteht, im Sinne der Verpackungsverordnung, aber auch der Europäischen Verpackungsrichtlinie, neue Zielfestlegungen für Getränkeverpackungen zu formulieren. Als Rücklaufquote ist die Zusammenfassung der Anteile der in Mehrwegverpackungen und Einwegverpackungen abgefüllten Getränke, soweit letztere einer Verwertung gemäß den Anforderungen nach der Verpackungsverordnung zugeführt werden, zu verstehen.

Kritisiert werden an diesem Modell insbesondere

- die Gleichsetzung von Einweg-Recycling-Verpackungen mit Mehrwegverpackungen, da dieses nicht gerechtfertigt sei, und

- der fehlende gesetzliche Schutz auf Mehrwegverpackungen, gleichwohl der Verordnungsgeber auch ökologisch vorteilhafte (Einweg-)Getränkeverpackungen den Mehrwegverpackungen gleichstellen kann (§ 9 Abs. 3 Dem gegenüber sollten jedoch die Vorteile bedacht werden, die solche Regelungen haben können. Zu nennen sind unter anderem:

- Wegfall einer starren Mehrwegquote, die jährlich zu überprüfen ist, und

- die Wahl der Hersteller und Vertreiber, im gewissen Umfang zwischen Verpackungsart und Rücklaufsystem (Mehrweg/Einweg) - entsprechend der Marksituation - frei entscheiden zu können.

2. AGVU-Vorschlag mit den Varianten

a) Ökobilanz + Kompensation

Unter Berücksichtigung von Ökobilanzerkenntnissen soll eine differenzierte Behandlung der Einweg-Getränkeverpackungen dadurch erfolgen, dass z. B. die Getränkekartonverpackung der Mehrweg-Getränkeverpackung gleichgestellt wird. Das heißt, Getränkeverpackungen sollen in die Kompensationsquote wie Mehrwegverpackungen einfließen, die übrigen Einwegverpackungen mit ihrem Recyclinganteil, wie im vorstehenden AGVU-Modell beschrieben, aufgenommen werden.

Eine Bewertung dieser Alternative ist derzeit nicht möglich, da die Untersuchung Ökobilanzen für Getränkeverpackungen II (UBA-II) des Umweltbundesamtes noch nicht vorliegt. Wie hiernach der Getränkekarton als Einwegverpackung abschließend zu bewerten ist, ist derzeit noch offen. Es bleibt auch hier die Kritik, dass Einwegdose und Einwegglas durch Aufnahme in die Kombinationsquote eine ungerechtfertigte Aufwertung erfahren.

b) Festschreibung MW-Verbrauch des Jahres 1991 Kumulativ zu der 72 v.H. Mehrwegquote soll der Gesamtverbrauch von Getränken in Mehrwegverpackungen des Jahres 1991 (19,9 Mrd. Liter) als Kriterium eingeführt werden. Damit soll der Status quo des Jahres 1991 - ausgedrückt im Getränkeverbrauch in Mehrweg - gesichert werden. Erst wenn die 72 v.H. Mehrwegquote als auch die 19,9 Mrd. Liter Getränkeverbrauch in Mehrwegverpackungen unterschritten werden, würde die Automatik der Pfandpflicht auf Einweg-Getränkeverpackungen eingreifen.

Da der Getränkeverbrauch von in Mehrwegverpackungen abgefüllten Getränken im Jahre 1997 bei 22,8 Mrd. Liter (1998 bei 22,5 Mrd. Liter) lag, ist die Gefahr des Unterschreitens der 19,9 Mrd. Liter kaum realistisch. Es wäre also möglich, den Mehrweganteil um rund 3,1 Mrd. Liter zurückzunehmen, was bezogen auf den Gesamtverbrauch die Mehrwegquote auf rund 62 v.H. sinken ließe. Sogleich wäre es möglich, die gesamten künftigen Steigerungsraten im Getränkeverbrauch in Einwegverpackungen abzufüllen, ohne die Rückgabe- und Pfandpflicht nach § 8 Abs. 1 fürchten zu müssen.

3. Weitere denkbare Alternativen nach der a) Ökobilanz + Quote

Entsprechend der nach § 9 Abs. 2 Satz 3 festgelegten Systematik für in Schlauchbeutel-Verpackungen aus Polyethylen (Einwegverpackung) abgefüllte pasteurisierte Konsummilch könnte die Mehrwegschutzquote nach § 9 Abs. 2 sich auch auf Einwegverpackungen erstrecken, für die in der Ökobilanz-Studie UBA-II festgestellten ökologisch vorteilhaften Getränkeverpackungen. Vorbehaltlich des Abschlussberichts zu UBA-II könnte bei rein ökologischer Bewertung eventuell der Getränkekarton eine Aufwertung erfahren.

Bekanntlich sind jedoch Ökobilanzen für die politischen Entscheidungen nur eine Informationsquelle. Eine in diese Richtung zielende Entscheidung dürfte daher höchst problematisch sein. Zudem würde durch ein solches Modell - abhängig von der zu treffenden Quotenfestlegung - die Pfandpflicht-Problematik nur für gewisse Zeit aufgeschoben sein, da die Entwicklungen bei Einwegverpackungen aus Polyethylenterephthalat (PET) hierdurch nicht aufgehalten, sondern im Gegenteil damit gerechnet wird, dass diese eine ähnlich positive Bewertung erfahren.

b) Ökobilanz + Pfandpflicht

Die Vorstellungen, lediglich ein obligatorisches Pfand auf signifikant nachteilige Getränkeverpackungen, z. B. EW-Dose und EW-Glas, zu erheben, würden die zuvor genannten Risiken des Zusammenbruchs von Mehrweg-Getränkeverpackungen durch Einweg-PET-Verpackungen und -Getränkekartons nicht mindern. Es besteht dann aufgrund der Entwicklungen in gleicher Weise die Gefahr, dass der Handel ein rationalisiertes Einweg-Pfandsystem für EW-Dose und EW-Glas einführen wird und damit diese Vorstellungen zunichte macht.

4. Alternativen außerhalb der - Steuer/Abgaben-Modelle

a) Steuer-Modell des BUND

Das Steuer-Modell des BUND sieht als Lösung vor:

- Streichung der §§ 8 Abs. 1 und 9 - Einführung einer Verpackungssteuer auf alle Getränkeverpackungen; Steuerpflichtig ist der Hersteller der Einweg- oder Mehrwegverpackung, sobald er die Getränkeverpackung neu in Verkehr bringt.

- Die Steuer beträgt 1 DM je Liter Füllvolumen.

- Von dem Steuersatz können Steuergutschriften in folgender Höhe abgezogen werden:

- bei werkstofflicher Verwertung 65 v.H.

- bei rohstofflicher Verwertung 30 v.H.

Eine Lenkungswirkung pro Mehrweg ist bei entsprechenden Steuersätzen wahrscheinlich.

Auch kommt die Berücksichtigung von Recycling-Gutschriften der Forderung der Wirtschaft entgegen, die zwischenzeitlichen Recyclingerfolge zu berücksichtigen. Jedoch würde die EW-Dose durch einen relativ geringen Steuersatz ökologisch ungerechtfertigt bevorzugt. Mit starkem Widerstand gegen eine neue Steuer muss vonseiten der Wirtschaft gerechnet und vonseiten der Mehrweg-Systembetreiber erwartet werden, da auch Mehrwegverpackungen mit einer Steuer belegt würden.

b) Modell dynamische Abgabe nach Quotenunterschreitung

Das Modell sieht vor:

Der Abgabesatz ist abhängig von der ökologischen Bewertung einer Getränkeverpackung; es werden drei Kategorien gebildet:

MW-Verpackungen und ökologisch gleichwertige EW-Verpackungen.

Keine Abgabe.

Kategorie 2

EW-Verpackungen mit einer schlechteren ökologischen Bewertung als MW-Verpackungen, aber einer besseren Beurteilung als noch nachteiligere EW-Verpackungen (z.B. Getränkekarton, PET-Rücklaufflasche).

Hier gilt der halbe Abgabensatz.

Kategorie 3

Ökologisch signifikant nachteiligere EW-Verpackungen (z.B. Aluminium-/Weißblechdose, Glas-Flasche).

Für diese Verpackungen gilt der volle Abgabensatz.