Praxis des Betreuungsrechts und Qualität der Betreuung

Wir fragen den Senat:

1. Wie viele Betreuungen gibt es derzeit im Lande Bremen?

2. Wie viele der Betroffenen waren jeweils im Jahr 2000

a) älter als 60 Jahre?

b) jünger als 40 Jahre?

3. Wie viele der Betroffenen sind Frauen, wie viele sind Männer?

4. Wie viele der im Jahr 2000 neu angeordneten Betreuungen erfolgten

a) auf Antrag der Betroffenen,

b) ohne oder gegen den Willen der Betroffenen?

5. Wie viele der Betreuungen werden von

a) ehrenamtlichen Betreuer/-innen,

b) Berufsbetreuer/-innen,

c) durch Betreuungsvereine,

d) Betreuungsbehörden ausgeübt?

6. Wie viele Betreuer/-innen insgesamt haben am 31. Dezember 2000 Betreuungen wahrgenommen? Wie viele Betreuungen entfallen im Jahresdurchschnitt

a) auf eine/n ehrenamtlich tätige/n Betreuer/-in,

b) auf eine/n Berufsbetreuer/-in,

c) eine/n Vereinsbetreuer/-in bzw. eine/n Sachbearbeiter/-in eines Betreuungsvereins (§ 1900 Abs. 1 BGB),

d) eine/n Behördenbetreuer/-in bzw. eine/n Sachbearbeiter/-in einer Betreuungsbehörde (§ 1900 Abs. 4 BGB), und wie hoch ist die jeweilige (ungefähre) Höchstzahl von Betreuten für jede einzelne Gruppe unter a bis d?

7. Wie werden die unter Frage 6 a) bis d) genannten Gruppen für ihre Betreuungstätigkeit vergütet? Nach welchen Vorschriften bemisst sich die Vergütung, wie wird sie errechnet und wer trägt die Kosten? Wie häufig werden Pauschalvergütungen gem. § 1836 b S. 1 Nr. 1 festgesetzt, und welche Erfahrungen gibt es damit? Wie hoch sind die Gesamtkosten für den bremischen Haushalt, in welchem Senatorenbudget sind sie eingestellt?

8. In welcher Weise wird gewährleistet, dass die Betreuer/-innen bei ihrer Tätigkeit fachlich (zum Beispiel medizinisch, psychologisch, rechtlich) beraten und erforderlichenfalls unterstützt werden? Welche speziellen Angebote gibt es für die unter 3 a) bis d) genannten Personen/Gruppen?

9. Wie wird unter Berücksichtigung der in der Antwort zu Frage 6 d) genannten Zahl gewährleistet, dass den Behördenmitarbeiter/-innen, die selbst auch als Betreuer/-innen tätig sind, ausreichende Kapazität verbleibt zur Einführung der Betreuer/-innen und zu ihrer Beratung gemäß § 4 des Gesetzes über die Wahrnehmung behördlicher Aufgaben bei der Betreuung Volljähriger?

10. Wie wird die Aufsicht über die gesamte Tätigkeit der Betreuer/-innen ausgeübt, die gemäß § 1908 i i. V. m. § 1837 BGB dem Vormundschaftsgericht obliegt? Wie wird die Tätigkeit der Betreuer/-innen überwacht? Wie geht das Vormundschaftsgericht mit Hinweisen auf mangelhafte Betreuung - aus dem sozialen Umfeld des/der Betreuten oder von diese/r selbst - um? Wie häufig muss wegen Pflichtverletzungen der Betreuer/-innen eingeschritten werden, mit welchen Konsequenzen? Wird überprüft, ob Betreuer/-innen aufgrund der hohen Anzahl der ihnen übertragenen Betreuungen nicht mehr in der Lage sind, die Betreuungen auch ordnungsgemäß und im Interesse der Betreuten durchzuführen?

11. Wie viele Vormundschaftsrichter/-innen sind mit vollem Dezernat im Betreuungsrecht tätig, wie viele mit einem Teildezernat (bitte ungefähre Prozent-Angabe)? Wie viele Rechtspfleger/-innen und Geschäftsstellensachbearbeiter/-innen sind im Bereich Betreuung tätig (bitte ebenfalls Angabe, mit welcher Stundenzahl etwa)?

12. Wie viele Betreuungsvereine gibt es in Bremen, in welcher Höhe erhalten sie Mittel zur Förderung der von ihnen zu erfüllenden Aufgaben (bitte einzeln für die Jahre 1998 bis 2000 beantworten)?

13. Welche Maßnahmen hat der Senat ergriffen um sicherzustellen, dass dem in § 1897 BGB bestimmten Vorrang der ehrenamtlichen Betreuung Genüge getan wird?

14. Welche Änderungen des Betreuungsrechts sind auf Bundesebene geplant, wie beurteilt der Senat diese Vorgaben?

Karoline Linnert und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Dazu Antwort des Senats vom 29. Januar 2002

Die o. a. Anfrage beantwortet der Senat wie folgt:

Zu Frage 1.: Wie viele Betreuungen gibt es derzeit im Lande Bremen?

Am 31. Dezember 2000 bestanden bei den Amtsgerichten Bremen, und Bremerhaven - Vormundschaftsgerichten - insgesamt 6.

Betreuungen. Die Zahlen für das Jahr 2001 liegen noch nicht vor.

Zu Frage 2.: Wie viele der Betroffenen waren jeweils im Jahr 2000

a) älter als 60 Jahre?

b) jünger als 40 Jahre?

Das Alter der Betroffenen wird in der bundeseinheitlich geführten Justizstatistik nicht gesondert festgehalten. Nach den Meldungen der Vormundschaftsgerichte an die überörtliche Betreuungsbehörde waren im Jahr 2000 60 % der Betroffenen älter als 60 Jahre und 17 % der Betroffenen jünger als 40 Jahre.

Zu Frage 3.: Wie viele der Betroffenen sind Frauen, wie viele sind Männer?

Die Justizstatistik enthält dazu keine Angaben. Aus den Meldungen der Vormundschaftsgerichte an die überörtliche Betreuungsbehörde ergibt sich, dass im Jahr 2000 in 44 % der Fälle Männer und in 56 % der Fälle Frauen betroffen waren.

Zu Frage 4.: Wie viele der im Jahr 2000 neu angeordneten Betreuungen erfolgten

a) auf Antrag der Betroffenen,

b) ohne oder gegen den Willen der Betroffenen?

Der jeweilige Antragsteller ist in der Justizstatistik nicht ausgewiesen. Es wird auch nicht erfasst, ob die Betreuung mit, ohne oder gegen den Willen des Betroffenen angeordnet worden ist. Eine Beantwortung der Frage wäre nur im Wege der Einzelauswertung sämtlicher Verfahrensakten möglich.

Zu Frage 5.: Wie viele der Betreuungen werden von

a) ehrenamtlichen Betreuer/-innen,

b) Berufsbetreuer/-innen,

c) durch Betreuungsvereine,

d) Betreuungsbehörden ausgeübt?

Von den im Jahr 2000 erstmalig angeordneten Betreuungen entfielen auf

a) ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer 702 davon auf Familienangehörige 532 auf sonstige ehrenamtliche Betreuer 170

b) Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuer 410.

c) Vereinsbetreuerinnen und Vereinsbetreuer 279.

d) Betreuungsbehörden 98.

Zu Frage 6.: Wie viele Betreuer/-innen insgesamt haben am 31. Dezember 2000

Betreuungen wahrgenommen? Wie viele Betreuungen entfallen im Jahresdurchschnitt

a) auf eine/n ehrenamtlich tätige/-n Betreuer/-in,

b) auf eine/n Berufsbetreuer/-in,

c) eine/n Vereinsbetreuer/-in bzw. eine/n Sachbearbeiter/-in eines Betreuungsvereins (§ 1900 Abs. 1 BGB),

d) eine/n Behördenbetreuer/-in bzw. eine/n Sachbearbeiter/-in einer Betreuungsbehörde (§ 1900 Abs. 4 BGB), und wie hoch ist die jeweilige (ungefähre) Höchstzahl von Betreuten für jede einzelne Gruppe unter a bis d?

Die Gesamtzahl der Betreuer, die am 31. Dezember 2000 Betreuungen wahrgenommen haben, ist statistisch nicht erfasst. Entsprechend liegen auch keine Durchschnittszahlen für die einzelnen Betreuergruppen vor. Nach den Mitteilungen der Vormundschaftsgerichte und der Betreuungsbehörden sind folgende Angaben möglich:

Zu a): Ehrenamtliche Betreuungen werden, wie sich bereits aus der Antwort zu Nr. 5 a) ergibt, überwiegend von Familienangehörigen wahrgenommen. In diesen Fällen nimmt der Familienangehörige regelmäßig nur diese eine Betreuung wahr.