Arbeitgeber

Das Staatsbad Bad Nauheim hatte 1906 das Quellgebiet Lauter und später das Quellgebiet Wetterfeld am Rande des Vogelberges erschlossen und eine 39 km lange Gefälle-Wasserleitung bis nach Bad Nauheim verlegt sowie dort zwei Hochbehälter errichtet. Der Hochbehälter für die Versorgung des Bades und seiner Betriebe mit Trinkwasser steht an der höchsten Stelle des Goldsteinparks, der zweite Hochbehälter für die Versorgung der Stadt Bad Nauheim steht am Johannisberg.

Von letzterem aus wird das städtische Versorgungsnetz gespeist.

Gemäß Erlaubnisbescheid des Regierungspräsidiums Gießen vom 21. Januar 1997 i.d.F. des Änderungsbescheids vom 24. September 1997 besteht die Erlaubnis zur Grundwasserförderung im Quellgebiet Lauter-Wetterfeld bis zu einer Menge von 3.450.011 cbm/a. bis zum 31. Dezember 2007. Die tatsächliche Fördermenge beträgt ca. 2,5 Mio. cbm/a.

Im Rahmen der vom Land Hessen angestrebten Privatisierung bzw. Kommunalisierung der Staatsbäder ist nunmehr vorgesehen, neben dem Heizwerk das Wasserwerk des Staatsbades Bad Nauheim zu privatisieren. In Bad Nauheim war bereits Mitte des Jahres das Parkhotel am Kurpark und der Gebäudekomplex Kurtheater/Kurhaus an eine internationale Hotelgruppe veräußert worden.

Das Wasserwerk erwirtschaftete in den vergangenen Jahren folgende Deckungsbeiträge:

Durch den Wegfall des Deckungsbeitrags erhöhen sich die Verluste des Staatsbades. Mehrkosten durch den Fremdbezug des Wassers entstehen geringfügig. Nur etwa 2 v.H. der Jahresfördermenge gehen an die Eigenbetriebe. Die OVAG hat zugesagt, als Abnahmepreis für die Eigenbetriebe den Preis zu wählen, der auch für die Stadt Bad Nauheim gilt. Die geschätzten Mehrkosten betragen rund 4.000. Der Verkauf des Parkhotels, des Heizwerks und des Wasserwerks ist dabei ebenso berücksichtigt wie die ab 2003 wegfallende Grundwasserabgabe.

2. Privatisierung

Die Oberhessische Versorgungsbetriebe AG (OVAG), Friedberg, möchte das Wasserwerk des Staatsbades Bad Nauheim mit Wirkung zum 31. Dezember 2002 erwerben. Die OVAG ist ein regionaler Energie- und Wasserdienstleister. Aktionäre der OVAG sind die Oberhessische Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH (OVVG), eine hundertprozentige Tochter des Zweckverbandes Oberhessische Versorgungsbetriebe (ZOV), mit einem Anteil von 99 v.H. und der ZOV mit dem Restanteil. Verbandsmitglieder sind der Wetteraukreis, der Vogelsbergkreis sowie der Landkreis Gießen. 2001 erwirtschafteten 493 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Umsatz von 194,6 Mio. .

Das Vertragswerk umfasst einen Kaufvertrag mit einem MitarbeiterÜbernahmevertrag; es enthält folgende Eckpunkte:

Das Land Hessen überträgt der OVAG die gesamte Trinkwassergewinnung und Trinkwasserverteilung aus dem Wasserwerk Lauter/Wetterfeld einschließlich des Quellgebiets in Lauter und des Quellgrundstücks Wetterfeld, des gesamten Fernleitungs- und Rohrleitungsnetznetzes in Bad Nauheim sowie die noch herauszuparzellierenden Hochbehältergrundstücke Johannisberg und Am Goldstein. Insgesamt werden ca.114.809 m2 Grund und Boden übertragen.

Die Quellgrundstücke liegen in Wasserschutzgebietszone I und unterliegen weitgehenden Nutzungsbeschränkungen. Nach dem Verkauf des Wasserwerks sind sie für das Land bedeutungslos. Eine Übertragung der Hochbehältergrundstücke ist erforderlich, da die uneingeschränkte Verfügungsmacht des Wasserwerkbetreibers über diese Grundstücke notwendig ist.

Die OVAG verpflichtet sich, dass die Stadt Bad Nauheim den auf dem Grundstück Am Goldstein stehenden Aussichtsturm der Öffentlichkeit zugänglich machen kann, sofern der Betrieb des Hochbehälters unter dem Aussichtsturm hierdurch unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorschriften und nach dem Stand der Technik nicht unzulässig beeinträchtigt wird. Die Liegenschaftsfläche der römischen Ausgrabung auf dem Johannisberg verbleibt im Eigentum des Landes.

Zum Verkaufsgegenstand gehört auch die wasserrechtliche Erlaubnis in Form des Erlaubnisbescheids des Regierungspräsidiums Gießen vom 24. September 1997, wonach dem Staatsbad die Erlaubnis erteilt wurde, Grundwasser aus den genannten Quellgebieten bis zu einer Menge von 3.450.011 cbm/a. zum Zwecke der Trink- und Brauchwasserversorgung zu fördern. Soweit das Land für Zwecke der Wasserleitung Dienstbarkeiten an Grundstücken besitzt, die künftig durch die OVAG genutzt werden, wird das Land diese Dienstbarkeiten auf die OVAG übertragen. Darüber hinaus erklärt sich das Land bereit, zulasten der in seinem Eigentum befindlichen Grundstücke zugunsten der OVAG beschränkt persönliche Dienstbarkeiten eintragen zu lassen, die für die Wasserleitung erforderlich sind.

Unabhängig vom Verkauf des Wasserwerks Lauter/Wetterfeld überträgt das Land das in seinem Eigentum stehende Quellgrundstück in Bingenheim (1.571 m2). Das Grundstück hat aufgrund der geringen förderbaren Menge keinen Nutzen, gleichwohl bestehen Verkehrssicherungspflichten, die mit der Veräußerung für das Land weg-fallen.

Zum Verkaufsgegenstand gehört schließlich zusätzlich das Inventar, ferner werden sämtliche zum Geschäftsfeld des Wasserwerks gehörenden Wasserlieferungsverträge übertragen.

Die OVAG hat sich bereit erklärt, drei Mitarbeiter zu übernehmen. Für das Wasserwerk arbeiten zwölf Mitarbeiter, bei einem Arbeitsanteil von geschätzt ca. 20 v.H. bis 100 v.H. Drei Mitarbeiter arbeiten für das Wasserwerk mit einem Arbeitsanteil von 50 v.H. oder mehr. Diese Arbeitsverhältnisse gehen nach § 613a BGB auf die OVAG über, die OVAG hat den Mitarbeitern darüber hinaus Angebote unterbreitet, nach denen sie keine Schlechterstellung erfahren. Die Beschäftigungszeiten werden übernommen. Die OVAG ist Mitglied in der Arbeitgebervereinigung Energiewirtschaftlicher Unternehmen e.V. (AVE) in Hannover, die bisherigen Eingruppierungen bzw. Vergütungen bleiben erhalten. Sie ist weiterhin Mitglied in der Zusatzversorgungskasse der Gemeinden und Gemeindeverbände in Darmstadt (ZVK). Eine Überleitung der VBL-Zusatzversorgung findet statt. Weiterhin werden betriebsbedingte ordentliche Kündigungen für die Dauer von sieben Jahren ab Beginn der Laufzeit dieses Vertrages ausgeschlossen.

Eine Einigung mit den Mitarbeitern wird erfolgen.

In unmittelbarer Nähe des Brunnens Wetterfeld existiert eine im Jahre 1998 festgestellte Altlast. Das Land beabsichtigt, die Altlast zu beseitigen. Die Sanierung des Bodens soll bis 2005 abgeschlossen werden.

Die voraussichtliche Dauer der Grundwassersanierung wird sich aus dem Sanierungsplan ergeben, der im Jahre 2003 aufgestellt wird.

Sollte die Altlast zur Schließung des Brunnens Wetterfeld führen, so wird die OVAG beantragen, die derzeit geförderten 150.000 cbm/a. auf das Gewinnungsgebiet Lauter zu übertragen. Voraussetzung für die Übertragung ist der Nachweis eines entsprechenden Bedarfs. Wird die Übertragung aus anderen Gründen als des nicht nachgewiesenen Bedarfs (Gründe, die nicht in der Sphäre der Käuferin liegen), verweigert, so zahlt das Land für die Dauer von maximal 25 Jahren 12.000 für jedes Jahr der Schließung. Beträgt die Schließung weniger als ein Jahr, wird ein anteiliger Betrag gezahlt.

Aus fachlicher Sicht ist die Schließung des Brunnens Wetterfeld altlastenbedingt nicht wahrscheinlich, sie kann jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen werden.

Der Kaufpreis beträgt 7.158.086,30 (14 Mio. DM). Gemäß Erlaubnisbescheid besteht das Recht zur Grundwasserförderung im Quellgebiet Lauter/Wetterfeld mit 3.450.011 cbm/a. bis zum 31. Dezember 2007. Die OVAG verpflichtet sich, bis zum 31. Dezember 2004 bei der zuständigen Behörde die Neuerteilung des Wasserrechts zu beantragen.

Wird dem Antrag mit einer Jahresfördermenge von mindestens 3.450.000 cbm/a. unbefristet in Form einer Erlaubnis stattgegeben, so erhöht sich der Kaufpreis um 500.000, ab einer Fördermenge von 3.300.000 cbm/a. bis v.H. werden 420.000 zusätzlich gezahlt. Erhöht sich der Bewilligungsanteil auf mindestens 60 v.H., so beträgt der Zuschlag 500.000.

Der vereinbarte Kaufpreis wird durch ein eingeholtes Gutachten gestützt. Hinzuweisen ist auch darauf, dass im Rahmen des im Jahre 2001 vorgenommenen Ausbietungsverfahrens nur zwei weitere Interessenten Gebote abgaben, die merklich unter dem Gebot der OVAG lagen.

Die Verträge sollen nach der Zustimmung durch den Haushaltsausschuss unterzeichnet werden. Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten sollen am 31. Dezember 2002 auf die Käuferin übergehen.

Die Übertragung des Wasserwerks ist mitwirkungspflichtig nach § 81

HPVG.

Die örtliche Personalvertretung hat der Teilbetriebsveräußerung noch nicht zugestimmt, jedoch signalisiert, der Veräußerung nicht im Wege zu stehen, wenn eine Einigung mit den Mitarbeitern vorliegt. Da eine Einigung zu erwarten ist, ist davon auszugehen, dass nach Vorliegen der Arbeitsverträge und einer anwaltlichen Überprüfung die Zustimmung erteilt wird.

Das erreichte Verhandlungsergebnis ist ausgewogen. Der separate Verkauf des Wasserwerkes wird die geplante Kommunalisierung des Staatsbades nicht erschweren. Die Stadt Bad Nauheim war über die Ausschreibung informiert und hatte darauf verzichtet, ein Angebot abzugeben.

Um Zustimmung wird gebeten.

Wiesbaden, 3. Dezember 2002

Der Hessische Ministerpräsident.