Immobilie

Vorbemerkung

Ein funktionierender Grundstücksverkehr ist wichtige Voraussetzung zur Verwirklichung des wirtschaftlichen Aufschwungs im Lande Thüringen. Die Realisierung von Investitionen ist nicht selten an den Vollzug von Grundstücksübertragungen geknüpft.

Gem. §§ 2, 23 der Grundstücksverkehrsordnung (GVO) bedarf jeder Vertrag, der die Übertragung von Eigentum an Immobilien zum Gegenstand hat, einer Genehmigung. Im Genehmigungsverfahren wird ausschließlich geprüft, ob Ansprüche nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen dem beabsichtigten Eigentumswechsel entgegenstehen. Das Grundbuchamt darf eine Änderung des Grundbuchs erst vornehmen, wenn die GVOGenehmigung vorliegt. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass die Realisierung der Ansprüche von Antragstellern nach dem Vermögensgesetz durch die Übertragung der beanspruchten Vermögenswerte an Dritte verkürzt oder gar vereitelt wird. Wird der GVO-Behörde ein Vertrag zur Genehmigung vorgelegt, richtet sie ein Auskunftsersuchen an das örtliche Amt zur Regelung offener Vermögensfragen.

Stellt sich aufgrund der Auskunft heraus, dass vermögensrechtliche Rückführungsansprüche nicht bestehen, wird die GVO-Genehmigung erteilt. Wird dagegen vom Vermögensamt mitgeteilt, dass ein Anspruch angemeldet ist, setzt die GVO-Behörde das Genehmigungsverfahren aus, bis über den geltend gemachten Anspruch abschließend entschieden wurde.

2. Auswertung des in Bad Salzungen durchgeführten Wochenendsondereinsatzes

Der erste Wochenendeinsatz fand am 29. und 30. Januar 1993 in Bad Salzungen statt. Gearbeitet wurde am Freitagnachmittag und am Sonnabend insgesamt 15 Stunden.

Zwar verfügt auch das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen in Bad Salzungen über eine EDV-gestützte Datenerfassung, aber wegen der Vielzahl der angemeldeten Ansprüche nimmt die Erfassung aller beanspruchten Vermögenswerte geraume Zeit in Anspruch. Erschwerend kommt hinzu, dass nicht alle Anmeldungen die aktuelle Bezeichnung der beanspruchten Vermögensgegenstände enthalten. Dies gilt insbesondere für die Vermögensverluste aus der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Zur Genehmigung vorgelegte Verträge enthalten jedoch ausschließlich diese aktuellen Grundbuchbezeichnungen.

Bis zur abschließenden Erfassung aller aktuellen und auch historischen Bezeichnungen der anmeldebelasteten Grundstücke müssen zur Beurteilung über das Vorhandensein vermögensrechtlicher Ansprüche andere Erkenntnisquellen genutzt werden. Aussagekräftig ist hier insbesondere das Grundbuch. Aus den Eintragungen im Grundbuch ergibt sich regelmäßig, ob eine Anspruchsberechtigung möglich ist. In jedem Fall können die Namen der ehemaligen Eigentümer ermittelt werden.

Da der zur überprüfende Zeitraum bis zum 30. Januar 1933 zurückreicht, ist eine Überprüfung des Grundbuches aufwendig und zeitintensiv. Es hatten sich daher in Bad Salzungen erhebliche Rückstände im GVO-Verfahren gebildet. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer betrug etwa neun Monate, in Einzelfällen ein Jahr.

Ziel des Projektes in Bad Salzungen ist, die Rückstände im GVO-Verfahren in Wochenendsondereinsätzen abzutragen, so dass GVO-Genehmigungen in angemessener Zeit erteilt werden können und die Bearbeitung vermögensrechtlicher Ansprüche nicht beeinträchtigt wird.

Im Einsatz waren neben 13 Mitarbeitern des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen neun Mitarbeiter der Kreisverwaltung und neun Mitarbeiter des Grundbuchamtes. Bei der Planung wurden insbesondere die Erfahrungen der Grundbuchämter mit den Grundbuchsonderteams berücksichtigt.

In Zusammenarbeit der genannten Behörden wurde für 307 Verträge die erforderliche GVO-Genehmigung erteilt.

Für 585 Flurstücke mit einem Gesamtwert von über 18,5 Millionen Deutsche Mark konnte dadurch der Eigentumswechsel im Grundbuch vollzogen und so die Voraussetzung für weitere Anschlußinvestitionen geschaffen werden.

Da alle Behörden ausschließlich mit der Erteilung der GVO-Genehmigungen beschäftigt waren und ohne Beeinträchtigung durch Publikumsverkehr arbeiten konnten, belief sich die durchschnittliche Bearbeitungszeit für einen Vertrag auf ca. zwei Stunden. Der Aufwand im normalen Verwaltungsbetrieb wird dagegen auf vier bis fünf Stunden geschätzt.

3. Weitere bisher durchgeführte Wochenendeinsätze

In einer Erhebung des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen bei den örtlichen Vermögensämtern im Januar 1993 wurde festgestellt, dass sich auch in elf weiteren Ämtern ein Rückstau bei der Bearbeitung der Anfragen zu Genehmigungsverfahren gebildet hatte.

Im Mai und Juni 1993 wurden daher weitere Wochenendeinsätze in Sondershausen, Heiligenstadt, Hildburghausen und Sonneberg durchgeführt. Dabei wurden unterschiedliche Organisationsformen erprobt. So waren in Sondershausen am Freitag auch zwei Mitarbeiter des Katasteramtes im Einsatz. In Sonneberg waren dagegen neben den Bediensteten des Vermögensamtes lediglich zwei Mitarbeiter der GVO-Behörde des Landratsamtes tätig. Die erforderlichen Grundbuchauszüge wurden vorher beschafft.

4. Bewertung der Ergebnisse der durchgeführten Wochenendsondereinsätze

Die Ergebnisse aller bisherigen Einsätze waren insgesamt ermutigend.

Es wurden bearbeitet in Sondershausen 428 Verträge mit einem Verkehrswert von 27,3 Millionen Deutsche Mark, in Sonneberg 216 Verträge mit einem Verkehrswert von 8,4 Millionen Deutsche Mark, in Hildburghausen 187 Verträge mit einem Verkehrswert von 7,5 Millionen Deutsche Mark und in Heiligenstadt 172 Verträge.

Die Bearbeitung der Anfragen zu Grundstücksverkehrsgenehmigungen kann an den Wochenenden sehr viel schneller erfolgen, da die Arbeit nicht durch den Publikumsverkehr behindert wird. Voraussetzung ist allerdings, daß der Einsatz gut vorbereitet ist. Es hat sich gezeigt, dass auch die Grundstücksverkehrsgenehmigungsstellen bei den Landkreisen und kreisfreien Städten an den fraglichen Wochenenden beteiligt sein sollten, um die Bearbeitungsdauer bei den Grundstücksverkehrsgenehmigungen insgesamt zu verkürzen.

5. Landesweite Durchführung der Wochenendsondereinsätze

Aufgrund der dargestellten Erfahrungen mit den bisher durchgeführten Wochenendeinsätzen wurden die Voraussetzungen für eine landesweite Durchführung der Einsätze in allen Ämtern zur Regelung offener Vermögensfragen geschaffen.

Eine erneute Erhebung bei den Ämtern zur Regelung offener Vermögensfragen im August 1993 hat ergeben, daß in 20 Vermögensämtern ein Stau bei der Bearbeitung von Anfragen zu Grundstücksverkehrsgenehmigungen vorhanden ist. Nach den bisherigen Erfahrungen mit den Wochenendsondereinsätzen kann eingeschätzt werden, daß diese Rückstände von bis zu 300 zu prüfenden Verträgen voraussichtlich in acht Ämtern bereits an einem Wochenende abschließend bearbeitet werden können.

Bis zum Jahresende wird daher zunächst in den Kreisen und kreisfreien Städten jeweils ein Wochenendeinsatz stattfinden. Das Projekt soll 1994 nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel fortgeführt werden.

In den Vermögensämtern, in denen sich ein Rückstau bei den Anfragen zu Grundstücksverkehrsgenehmigungen gebildet hat, werden an den Wochenenden vordringlich diese Anfragen bearbeitet werden. In diesen Fällen sollen nach Abstimmung mit Justiz- und Innenministerium die Grundbuchämter, die Grundstücksverkehrsgenehmigungsstellen bei den Landkreisen und Stadtverwaltungen und soweit erforderlich auch die Katasterämter ebenfalls tätig sein, um eine abschließende Bearbeitung der Genehmigungsverfahren zu ermöglichen.

Andere Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen werden die Wochenenden dazu nutzen, Anträge auf Rückübertragung von Vermögenswerten zu bearbeiten, um so zu einer schnelleren Erledigung der hohen Zahl der vermögensrechtlichen Anträge beizutragen.

Dem Präsidenten des Landtags mit Schreiben des Chefs der Staatskanzlei vom 5. Oktober 1993 übersandt.

Federführend ist der Finanzminister.