Weiterbildung

Daher lehnen wir den Eintopf Landeselternrat genauso wie die gepriesene Einheitsschule ab.

Jörg Nicolaye (Landeselternrat der Gesamtschulen in NW): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wir bedanken uns dafür, hier gehört zu werden.

Der Landeselternrat der Gesamtschulen in NRW unterstützt den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen auf Einrichtung eines Landeselternrates. Wir können uns den Befürwortern nur anschließen. Es sind schon viele gute Gründe vorgetragen worden, die ich nicht mehr wiederholen möchte. Für uns überwiegen die zu erwartenden positiven Aspekte eines solchen Landeselternrates gegenüber den bereits vorgebrachten Bedenken.

Grundvoraussetzung ist jedoch eine gleichberechtigte Besetzung dieses Gremiums.

Ein solcher Landeselternrat darf nicht von einer oder einzelnen Schulformen dominiert werden. Nötig ist hierfür eine entsprechende finanzielle Ausstattung, um die Beteiligung von Eltern erst möglich zu machen. Eine Geschäftsstelle als zentraler Ansprechpartner für alle Eltern muss gewährleistet sein. Auch muss die Möglichkeit der Weiterbildung von interessierten Eltern bestehen. Diese Weiterbildung kann und darf aber nicht zulasten der Eltern gehen. Auch hier müssen finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, um die Weiterbildungsangebote einrichten zu können.

Eine weitere Forderung des Landeselternrates der Gesamtschulen ist die Anerkennung der Tätigkeit als Ehrenamt, um den Eltern die Teilnahme an diesem Gremium zu ermöglichen. Elternwille sollte nicht von Lobbyarbeit oder den finanziellen Möglichkeiten einzelner Verbände abhängig sein. Deshalb unterstützen wir die Einrichtung eines solchen Landeselternrates und bitten Sie, dafür zu stimmen.

Vorsitzender Wolfgang Große Brömer: Danke schön. ­ Dann können wir jetzt mit der Fragerunde beginnen. Die erste Wortmeldung kommt von Frau Kastner.

Marie-Theres Kastner (CDU): Ich danke den zahlreichen Vertretern der Elternverbände ­ sowohl schulformbezogen als auch schulformübergreifend ­ für Ihre Stellungnahmen, die ­ jede für sich ­ sehr klar und deutlich waren. Das hat man manchmal bei Wissenschaftlern nicht ganz so, um es etwas salopp zu sagen. Dies spricht für die konkrete Arbeit der Eltern vor Ort. Sie sind es gewohnt, Klartext zu sprechen. Das wird auch für die Politik sehr hilfreich sein.

Eigentlich ist es jetzt meine Aufgabe, nachzufragen. Ich habe aber im Moment kein Fragebedürfnis, sondern möchte eher die Botschaft weitergeben, die Sie vielleicht auch gern haben wollen, wie es bei uns bzw. bei mir angekommen ist; ich denke, ich spreche zum großen Teil auch für meine Fraktion.

Frau Picker, das Einzige, das ich anmerken muss, ist: Ich weiß nicht, ob Elternvertreter immer Juristen sein müssen. Mir gibt es viel zu viele Juristen in dieser Republik. (Elke Picker [Elternstiftung Baden-Württemberg]: Nein! Das ist hilfreich!)

Ganz abgesehen davon ist es schon beeindruckend, was Sie geschildert haben, vor allen Dingen das, was die Stiftung betrifft. Ich möchte aber sagen: Sie arbeiten seit langer Zeit so, während wir eine gewachsene Beteiligung einzelner Verbände haben.

Bei ihren Stellungnahmen ist sehr klar zum Ausdruck gekommen, dass jeder im Laufe der Zeit sehr viel Sachkompetenz in seinem Verband angesammelt hat, auch die schulformübergreifenden Verbände. Daher würden sie sich ein Stück weit in ihrer Sachkompetenz beschnitten fühlen. Es herrscht die Angst, dass diese Sachkompetenz, die auch sehr schulformbezogen ist, unter einem Landeselternrat leiden würde.

Ich persönlich ­ das sage ich so wertend ­ habe in vielen Gesprächen mit Eltern festgestellt, dass sich viele Eltern ganz deutlich an den Interessen orientieren, die für sie und ihre Kinder im Moment ausschlaggebend sind. Dort wollen sie Verbesserungen haben. Sie diskutieren einmal so, wenn es um den Übergang von der einen zur nächsten Schule geht, und ganz anders, wenn es später um den Abschluss, die Ausrichtung auf den Beruf, auf das Studium und Ähnliches geht.

Ich finde es interessant, dass Herr Depenbrock bezweifelt hat, dass sein Verband ordentlich demokratisch legitimiert arbeitet, weil es nicht überall solche Vertretungen gibt. Das würde ich nicht gern so stehen lassen.

In Richtung Baden-Württemberg möchte ich sagen: Ich habe es immer so aufgefasst, dass unsere Verbände ­ egal, in welcher Form ­ zu den Gesetzesvorhaben befragt werden, dass ihr Rat gehört wird und selbstverständlich in die Beratungen sowohl im Ministerium als auch bei uns einfließt. Das heißt aber nicht, dass wir einem Verband, wenn er sich in die eine Richtung ausspricht, automatisch folgen müssen. Wir sind ja dazu da, die unterschiedlichen Stellungnahmen der unterschiedlichen Verbände gegenüberzustellen. Ich glaube, in Baden-Württemberg ist das nicht anders, dort ist der Elternrat auch beratend tätig. Das heißt, Abgeordnete und Regierung treffen ihre Entscheidung nach Beratung durch den Elternrat. Die Stellungnahme des Elternrates ist nicht bindend.

In der Auswertung dieser Anhörung wird sich uns die Frage stellen: Was ist wichtiger ­ die Darstellung der Vielfältigkeit und der vielen Probleme, die wir einzelnen hören und dann zusammenbinden, oder ein Landeselternrat, der letztendlich doch schauen muss, dass er auf einen Nenner kommt, weil er sonst auch nicht gehört wird? Wenn ich sehe, wie beim Bundeselternrat ­ das ist schon angesprochen worden ­ mit abweichenden Meinungen umgegangen wird, dann möchte ich das in Nordrhein-Westfalen nicht erleben.

Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung zu der Landesschülervertretung: Ich habe immer den Eindruck, dass dort nur bestimmte und nicht alle Schulen vertreten sind.

Wenn ich an Frau Pinkert denke, dann glaube ich nicht, dass sich die Landesschülervertretung sehr für die Interessen der Behinderten und ihre Probleme in der Schule einsetzt. Ich habe es bisher noch nicht erlebt, dass sich die Landesschülervertretung in großer Intensität auf Förderschulen und Ähnliches ausgerichtet hat, was gerade in Umsetzung der UN-Konvention durchaus sinnvoll und richtig wäre.

Unter dem Strich: Ich bedanke mich ganz herzlich. Wir haben sehr wohl zur Kenntnis genommen, dass es sehr unterschiedliche Einstellungen gibt. Das werden wir ordentlich und sachlich unter uns auswerten und diskutieren. Die Bedenken einer größeren Bürokratie und Vereinheitlichung, die hier vorgetragen worden sind, sprechen für mich gegen den Antrag und nicht dafür, das sage ich ganz deutlich.

Renate Hendricks (SPD): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf zunächst allen Experten meinen Dank dafür aussprechen, dass sie hier sind und eine Stellungnahme abgegeben haben. Es ist deutlich geworden, dass es durchaus unterschiedliche Perspektiven gibt, wie man sich die Gestaltung im politischen Bereich vorstellt. Interessant dabei ist ein Blick in die Protokolle des Landtags. Wenn man sich anschaut, was in den Jahren seit Entstehung dieses Landtags zum Thema Elternmitwirkung von wem beantragt worden ist, dann kann man feststellen, dass offensichtlich dass Sein auch das Bewusstsein bestimmt.

Denn es gab natürlich Anträge der CDU, einen gemeinsamen Landeselternbeirat einzuführen, es gab Anträge der FDP, eine größere Vereinheitlichung hinzubekommen, und es gab den Widerstand der SPD, dies zu tun. Das kann man alles nachlesen.

Ich habe mich immer dafür eingesetzt, dass Elternvertretung kein Lobbyismus ist.

Das, was wir aber durch die unterschiedlichen Verbände in Nordrhein-Westfalen haben, ist Lobbyismus. Das heißt, die Elternvertretungen bringen als Lobbyisten ihre Meinung ein und versuchen auf diese Art und Weise, die Politik zu beeinflussen. Das gelingt dem einen oder anderen mehr oder weniger. Genau das ist der Unterschied zu einem Landeselternbeirat.

In diesem Punkt ist es ganz interessant, Frau Schwarzhoff, dass Sie darauf hingewiesen haben, dass der Elternverein Nordrhein-Westfalen ehedem den Elternrat Nordrhein-Westfalen mit auf den Weg gebracht und sich für eine gemeinsame Landeselternvertretung Nordrhein-Westfalen ausgesprochen hat. Es ist daran gescheitert, dass nebenher die Landeselternschaft der Gymnasien bestanden und es somit keine Vereinheitlichung gegeben hat. Ich habe mich sehr intensiv mit der Geschichte der Elternmitwirkung in Nordrhein-Westfalen beschäftigt. Nicht zuletzt auf meine Initiative hin ist die Gründung zweier Elternverbände zurückzuführen.

Ich sehe die Vor- und Nachteile, die es gegenüber einem LEB gibt, auch aus der Situation anderer Elternvertretungen. Der LEB hat in der Regel eine andere Zugriffsmöglichkeit auf den Minister oder die Ministerin als die unterschiedlichen Verbände.

Dabei bestehen Unterschiede in den Ländern: Jours fixes der Vorsitzenden mit dem Minister, in denen sie Probleme vortragen können, es gibt die Möglichkeit, Termine zu vereinbaren, es gibt Anhörungen. Ich wäre Ihnen dankbar, Frau Picker, wenn Sie gleich noch einmal darstellen könnten, wie man aus der Rolle des Lobbyisten in die aktive Rolle von Elternvertretungen schlüpfen kann.

Die Stadtschulpflegschaften, die es 1952 noch in der Schulmitwirkung von Nordrhein-Westfalen gegeben hat, sind 1977 abgeschafft worden. Das ist kein Ruhmesblatt für die SPD, aber es ist so. Sie sind jetzt kontinuierlich wieder aufgewachsen, nicht zuletzt durch unendliches Engagement von mir und vielen anderen.