Eine konkrete Einschränkung der Mitbestimmungsrechte für das Überhangpersonal sehe ich nicht

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Nein eines Personalrats akzeptieren müssten. Dann wäre der Stellenpool leer. Das eine bedingt also das andere, wenn man dieses Verfahren möchte.

Eine konkrete Einschränkung der Mitbestimmungsrechte für das Überhangpersonal sehe ich nicht. Nach Aufnahme haben die Überhangkräfte ihren eigenen Personalrat in der aufnehmenden Dienststelle, also bei uns, haben ihre eigene Frauenvertretung und Schwerbehindertenvertretung. Es ist sicherlich ein Umgewöhnungsprozess, aus den alten Strukturen herausgelöst zu werden; aber wir sind auch als Arbeitgeber nicht per se gegen diese Überhangkräfte, sondern wir sind im Grunde genommen dafür da, ihren Aufenthalt im Personalüberhangmanagement möglichst kurz und möglichst sinnvoll für das Land Berlin und für die Überhangkräfte zu gestalten.

Guntram Schneider (Deutscher Gewerkschaftsbund, Bezirk NRW): Ich bin nach der Mitbestimmung gefragt worden. ­ Die Mitbestimmung wird im vorliegenden Gesetzentwurf eigentlich in allen personellen Angelegenheiten geschleift und in eine Mitwirkung umgewandelt. Dies ist aus unserer Sicht weder sachgemäß noch politisch angemessen.

Sehr große Umstrukturierungen sind mit unserem Landespersonalvertretungsgesetz bewältigt worden. Ich denke hier nur an die Neustrukturierung des Landesbetriebs Straßen. Dort sind große personelle Vorgänge mit dem bewährten Landespersonalvertretungsgesetz und unter den Bedingungen der dort festgeschriebenen Mitbestimmung bewältigt worden. Dies ist sogar die Aussage des zuständigen Ministers.

Das, was man im PEM-Gesetz bezüglich der Mitbestimmung plant, ist deshalb unsachgemäß. Dahinter steht eine politische Strategie, die darauf hinausläuft, generell Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer infrage zu stellen und abzubauen.

Ich verstehe das Schleifen der Mitbestimmung im PEM-Gesetz auch deshalb nicht, weil man mit der Mitbestimmung im Zuge der sogenannten Reform des Landespersonalvertretungsgesetzes ohnehin etwas sehr Bemerkenswertes beabsichtigt. Angesichts der entsprechenden Mehrheit hätte man die paar Wochen noch warten können. Offensichtlich geht die Landesregierung, wenn es sich um die Mitbestimmung dreht, mit Gürtel und Hosenträgern an die Sache heran: Man will jede Sicherung einbauen, um Mitbestimmungsrechte abzubauen. Das ist natürlich nicht das, was wir uns versprechen.

Zur Frage von Herrn Schartau, wie das in der privaten Wirtschaft geregelt ist: Wir kennen seit Jahren in der privaten Wirtschaft Transfergesellschaften und Personaleinsatzbetriebe. PEM ist ja so etwas wie ein Personaleinsatzbetrieb. Ich erinnere daran, dass der erste Personaleinsatzbetrieb in der Privatwirtschaft im damaligen Hoesch-Konzern gegründet worden ist und ein Kind der Mitbestimmung war. Die Betriebsräte und die Arbeitsdirektoren haben sich zusammengesetzt und darüber nachgedacht, wie man möglichst sozialverträglich Personal abbauen kann. Das Ergebnis war unter anderem der Personaleinsatzbetrieb, der natürlich nur funktionieren konnte, weil es sehr stark ausgeprägte Mitbestimmungsrechte gab. Das war in diesem Bereich auch ordnungspolitisch sehr sinnvoll und wichtig.

Deshalb kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, dass die Dinge, die vom Berliner Hauptpersonalrat angesprochen worden sind, ohne starke Mitbestimmungsrechte der Haushalts- und Finanzausschuss (42.) Innenausschuss (25.)

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Personalräte gelöst werden können. Wenn man das ohne Mitbestimmung macht, dann wird dies dazu führen, dass die Menschen verängstigt, demotiviert werden und die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und damit ein Stück weit Leistungen für den Bürger verlorengehen. Es wurde vorhin gesagt, dass man sehr erfolgreich sei. Wenn man beim Personalabbau erfolgreich ist, dann heißt das ja ­ weil ja die identifizierten Personen in irgendeiner Weise etwas gearbeitet haben; das dürfte in Berlin nicht anders sein als in Nordrhein-Westfalen ­, dass Leistungen für den Bürger verlorengehen, und das wollen wir natürlich nicht.

Noch einmal: Wenn man sich solchen sehr schwierigen, auch menschlich sehr schwierigen Operationen zuwendet, dann geht dies nur mit sehr starken Mitbestimmungspositionen der Personalräte. Alles andere wäre im Grunde genommen das Gegenteil von dem, was man benötigt.

Ralf Eisenhöfer (dbb nrw, Beamtenbund und Tarifunion): Zum Beamtenstatus unter rechtlichen Gesichtspunkten: Ich glaube nicht, dass durch das Gesetzgebungsvorhaben PEM das statusrechtliche Element im Beamtenrecht tangiert ist. Allerdings wird die persönliche Betroffenheit der Beschäftigten tangiert, egal welchen Status sie haben, und dazu möchte ich gleich noch eine Anmerkung machen.

Der Gesetzgeber geht offensichtlich davon aus, dass es sich bei der Personalisierung nicht um einen Verwaltungsakt handelt. Darüber könnten Juristen in Streit geraten, womit wir den ersten hätten, den wir sowieso befürchten, wenn das Gesetz in Kraft treten würde. Aber rein statusrechtlich ändert sich für den Beamten nichts, es sei denn ­ jetzt kommen wir aber in eine Dimension ganz anderer Art ­, man beabsichtige, ihn zu privatwirtschaftlichen Unternehmen ­ siehe Berliner Hinweis ­ oder zu anderen Unternehmungen nichtöffentlicher Art zu versetzen. Dann träten andere Rechtsbegrifflichkeiten im Statusrecht ein, aber das möchte ich nicht vertiefen.

Selbstverständlich ­ das war sicherlich mit Ihrer Frage, Herr Schartau, verbunden ­ ist die Personalisierung bei Beamten und bei allen anderen Beschäftigten in Nordrhein Westfalen mit Verunsicherung, Ängsten und vielen Fragezeichen verbunden, denn weder das Gesetz noch die Personalisierungsverordnung gibt Auskunft darüber, wie das im Detail in einer eventuellen neuen Dienststelle geschehen wird: Welche Stellenbewertungsfragen spielen eine Rolle, welche Größenordnungen, welche Karrierechancen, welche Beförderungsaspekte gibt es in dem neuen Bereich? All das sind Dinge, die natürlich bei Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Verunsicherung auslösen. Diese Verunsicherung wird nach unserer Auffassung durch dieses Gesetz nicht aus der Welt geschafft.

Eine Anmerkung zu § 4: Wir sehen in § 4 bezüglich der Individualisierung die Gefahr, dass neben Ängsten und Verunsicherungen bis hin zu Diskriminierungen Probleme auftreten können, wenn jemand den PEM-Stempel hat, um es etwas brutal auszudrücken.

Es kommt auch darauf an, mit welcher Transparenz man dieses Verfahren versieht.

Wenn demnächst im Internet der Landesregierung steht, um es etwas krass auszudrücken, welcher Mensch mit welchem Geburtsdatum und welcher Schuhgröße eigentlich nicht mehr richtig auf die Lohnliste dieses Landes gehört, dann sind wir in diesem Land auf einem Weg, der nicht sinnvoll ist.

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Zu § 11: Wenn es etwas gibt, das wir im PEM-Gesetz ablehnen ­ es gibt hier einiges; das entnehmen Sie unseren schriftlichen Stellungnahmen ­, dann ist es der § 11. Wir halten ihn für überflüssig. In der Vergangenheit haben wir als Personalräte und ­ soweit betroffen ­ Gewerkschaften diese Modernisierungsprozesse zurückhaltend, aber aus Sicht der Beschäftigten mit einem positiven Ansatz begleitet, ohne dass die Welt in Nordrhein-Westfalen zusammengebrochen ist. Wir sehen nicht ein, warum sie zusammenbrechen soll, wenn wir jetzt eine etwas stringentere Personalwirtschaft oder Personalpolitik aus Haushaltsgründen machen. Also: strikte Ablehnung des § 11!

Zum politischen Verbund in Richtung Änderung des LPVG möchte ich auf die Hinweise von Guntram Schneider verweisen. Hier sitzen wir selbstverständlich in einem Boot.

Mitbestimmungsabbau in einer Phase, in der ich von Beschäftigten etwas Besonderes an Flexibilität, Zugeständnissen, politischem Verständnis erwarte, geht nur mit einer verstärkten Einbindung der Interessenvertretungen in diesem Lande und nicht mit einem teilweisen Ausschalten dieser Interessenvertretung. Über dieses politisch falsche Ziel möge die Landesregierung bzw. das Parlament bitte noch einmal ganz energisch nachdenken.

Harald Poth (Hauptvertrauensperson schwerbehinderter Menschen, Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales): Ich möchte gerne die Gelegenheit nutzen, die Frage von Herrn Schartau zu beantworten, wie die Stimmung der schwerbehinderten Beschäftigten im Landesdienst ist. Vor dem Hintergrund der bisher insbesondere aus Berlin geschilderten Erfahrungen kann man sich vorstellen, wie die Stimmung von Menschen im Landesdienst ist, die solche Instrumente auf sich zukommen sehen. Natürlich hat dieser Personenkreis den Weg in den Landesdienst mit langfristigen Berufsperspektiven angetreten, unabhängig davon, welchen Status diese Menschen haben, also ob es Beamte oder Tarifbeschäftigte sind.

Als Eingangsbemerkung sei gesagt, dass die Personengruppe der schwerbehinderten Menschen an ihrem Arbeitsplatz im entsprechenden Arbeitsumfeld selbstverständlich dieselben Leistungen erbringt wie nichtbehinderte Menschen. Es mangelt ihnen ebenso wenig an Flexibilität und Motivation, wenn die Umfelder gestaltet sind. Aber genau das gerät jetzt in Gefahr, und deshalb ist die Stimmung im Lande durchaus demotivierend, sie ist von Angst und Zukunftsunsicherheit geprägt. Denn genau diese Lebensplanung, die die Menschen für sich angenommen haben, droht jetzt zerstört zu werden.

Wenn das Instrument PEM eingeführt wird, dann fürchten diese Menschen wie alle Beschäftigten eine Übertragung des Arbeitsmarktes in die Verwaltung selber. Die Folgen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind sehr deutlich abzulesen: Der Anteil der Menschen, der bei den Vermittlungsversuchen der Bundesagentur für Arbeit und anderer Institutionen auf der Strecke bleiben, ist im Kreise der Schwerbehinderten im Gegensatz zu anderen exorbitant hoch.

Diese Befürchtungen haben die Kolleginnen und Kollegen, wenn ein solches Instrument in die Verwaltung implantiert wird. Das heißt, sie sehen ­ insbesondere bei der Auflösung von Behörden ­ die Situation auf sich zukommen, in einem solchen Institut zu landen und unter Umständen langfristig und dauerhaft dort zu bleiben.