Einen Prostitutionsbetrieb der unter das Gaststättengesetz fällt kann man somit konzessionieren

Für die Erfüllung des Tatbestandes der Unsittlichkeit müssen noch andere Interessen beeinträchtigt werden. Das ist etwa der Fall, wenn Minderjährige Zutritt haben oder wenn der Betrieb andere ungewollt mit Sexualität konfrontiert.

Einen Prostitutionsbetrieb, der unter das Gaststättengesetz fällt, kann man somit konzessionieren. Dabei gibt es einen wichtigen begrifflichen und rechtlichen Unterschied: Einerseits wird von einer Anzeigepflicht gesprochen, andererseits von Erlaubnis und Kontrolle. Beides ist streng voneinander zu trennen. Die Anzeigepflicht bedeutet im Grunde genommen nichts anderes, als dem Gewerbeamt mitzuteilen, dass man dieser Tätigkeit nachgeht. Das Gewerbeamt nimmt denjenigen in seine Kartei auf, mehr nicht. Wichtig wäre aber eine Kontrolle. Sie setzt ­ verwaltungstechnisch gesprochen ­ ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt voraus: Grundsätzlich darf man nicht, sondern muss bei der Behörde eine Genehmigung beantragen, die sie unter Auflagen erteilt und deren Einhaltung sie regelmäßig überprüft.

Ich halte eine Kontrolle der einzelnen Prostituierten, die alleine tätig ist, nicht für sinnvoll. Aber bei den Bordellbetrieben ist sie wichtig. Sobald es sich um einen Betrieb der gewerblichen Zimmervermietung handelt, in dem kein Alkohol ausgeschenkt wird, ist das Gaststättengesetz nicht mehr einschlägig. An diese Betriebe kommt man dann nicht mehr heran. Um das zu erreichen, müsste man eine Landesinitiative starten, um zum Beispiel den Katalog der überwachungspflichtigen Betriebe in § 38 Gewerbeordnung um Bordelle und bordellähnliche Betriebe zu erweitern. Dafür müsste man nicht einmal einen Formulierungsvorschlag machen.

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 Gaststättengesetz könnte man auch Auflagen für die Genehmigung eines solchen Bordells erteilen. Damit kann man die Kondomverordnung sofort einschließen, wenn man will. Um das landeseinheitlich zu regeln, müsste man Verwaltungsrichtlinien erlassen, damit die Standards, nach denen verfahren wird, nicht von Behörde zu Behörde und von Kommune zu Kommune verschieden sind.

Sie könnten zum Beispiel enthalten, dass in Bordellen eine Kondompflicht besteht.

Dadurch müsste man nicht die einzelne Prostituierte reglementieren, sondern nähme den Betreiber in die Pflicht. Denn die Frage ist doch, wer die Frauen unter Druck setzt. Darüber hinaus könnte man festlegen, dass eine bestimmte hygienische Ausstattung erforderlich ist, dass es beispielsweise Duschen auf jedem Zimmer geben muss oder Ähnliches.

Meiner Meinung nach wären diese Regelungen im Sinne der Prostituierten. Ich kann Ihnen aber aus einem ganz banalen Grund keine konkreten Vorschläge anbieten: Ich bin ein schlichter Strafrechtler, der sich vor allen Dingen mit Rechtsphilosophie beschäftigt und nicht mit empirischer Feldforschung. Deswegen brauchen Sie einen runden Tisch, an dem die Leute äußern können, wo die Probleme liegen. Dort müssen Sie darüber diskutieren.

Ich möchte noch eine abschließende Bemerkung aus der Außensicht des Strafrechtsphilosophen machen: Ich habe vage Kenntnis davon, dass das Gaststättenrecht nun von den Ländern geregelt werden soll ­ Stichworte Bürokratieabbau und Föderalismusreform. Dadurch sollen die Kontrollmöglichkeiten zurückgefahren wer den. Für den Bereich, über den wir sprechen, wäre das fatal und kontraproduktiv.

Eine Genehmigung unter Auflagen und Kontrollen schaffen Rechtssicherheit und ermöglichen, präventiv zu regeln.

Wenn man nun aber alles lockert und hinterher feststellt, dass jemand Gammelfleisch verkauft oder minderjährige Frauen beschäftigt, kommt die Kenntnis zu spät; dann ist das Kind schon in den Brunnen gefallen. Anders gesprochen: Der Verwaltungsaufwand ist geringer, wenn man nachsieht, ob der Eimer ein Loch hat, statt ihn hinunterzulassen und wieder heraufzuholen. Auch wenn man Bürokratie abbauen will, muss man zunächst genau hinschauen, ob es sinnvoll ist.

Vorsitzende Elke Rühl: Frau Eickel, Frau Meurer und Frau Westerhorstmann hatten Fragen an Sie gerichtet.

Mechthild Eickel (MADONNA e. V.): Die erste Frage betraf die Mieten. Es ist richtig, dass es sich bei dem von mir genannten Wert um Tagesmieten handelt. Eine ganze Reihe von Freiern muss bedient werden, bevor die Frauen die Tagesmiete wieder heraushaben. Das sind Wuchermieten. Die Frage ist häufig, wer dahinter steht. Es handelt sich nicht um Männer mit Messern zwischen den Zähnen, sondern in der Regel um ganz honorige Bürger, die die Häuser besitzen und sie weitergeben, um Prostitution in ihnen zu betreiben. Daran verdienen alle sehr gut, die Frauen selber aber weniger ­ es sei denn, sie sind jung und können viele Freier bedienen. Wie die Situation in der Prostitution im Augenblick eigentlich ist, habe ich in meinem Bericht beschrieben.

15 werden bei uns nicht genommen; die Preise liegen schon ein bisschen höher.

Gegebenenfalls wird noch ein bisschen verhandelt. Aber wenn man 30 bekommt, ist die Situation nicht viel besser. Aus Bochum kommt jedoch die Nachricht, dass die Mieten gesunken sind, weil es mehr Konkurrenz gibt. Bei uns hat ein großes neues Haus eröffnet, sodass die anderen Häuser nachziehen mussten und die Zimmer etwas verschönert haben. Das unterstützt unsere These, dass Konkurrenz auch in dieser Branche nicht nur das Geschäft belebt, sondern auch die Bedingungen für die in dieser Branche Beschäftigten verbessert.

Der runde Tisch Prostitution 2005 ist direkt nach Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes eingerichtet worden. Er ist seinerzeit von Marianne Hürten zusammengerufen worden, die Mitglied im Frauenausschuss war. Dabei handelte es sich um einen losen Zusammenschluss von Beratungsstellen und Stellen, die mit Prostitution zu tun hatten. Sie wollten versuchen, gemeinsame Regelungen zum Umgang mit diesem Gesetz zu finden und Beratungsstandards zu entwickeln. Es wurden auch Experten aus Behörden eingeladen, mit denen diskutiert worden ist. Die Beratungsstellen und in der Prostitution Tätige haben über ihre Praxis berichtet und die Behörden wiederum ihre Standpunkte dargelegt.

Aus diesem runden Tisch hat sich die Landesarbeitsgemeinschaft Recht/Prostitution entwickelt, in der Beratungsstellen der Gesundheitsämter und die Beratungsstellen für Prostituierte in kirchlicher und autonomer Trägerschaft zusammengefasst sind. In meiner schriftlichen Stellungnahme habe ich darauf hingewiesen, dass ich auch in deren Namen spreche.

Bei den Versammlungen des runden Tisches war auch der Herr von der Steuerbehörde anwesend, der immer wieder um ein Informationsblatt gebeten worden ist. So ist das Steuerinformationsblatt entstanden, das die Frauen informiert. Es wird dankbar angenommen. Inzwischen gibt es in Rheinland-Pfalz ein weiterentwickeltes Papier. Wir haben uns immer vehement gegen die dort entwickelte Pauschalsteuer ausgesprochen. Das Düsseldorfer Modell gibt es schon sehr lange. Daraus ergibt sich aber die Schwierigkeit, dass etwas geregelt wird, ohne auf die Bedingungen zu schauen. Die Prostituierten denken alle, damit sei ihre Steuerpflicht abgegolten.

Sie bekommen zudem keine oder nur sehr selten Belege von den Betreibern oder den Vermietern. Bei den Steuern muss man auch berücksichtigen, dass sie nur sehr selten Belege über die Mieten bekommen. Den Betrieben Auflagen zu machen und sie zu kontrollieren führt meiner Meinung nach deshalb viel eher dazu, dass die Frauen einen Beleg über ihre Zimmermiete bekommen. Damit hätten sie wenigstens schon einmal einen Beleg für die von ihnen bezahlte Mehrwertsteuer, die abgesetzt werden kann. Zudem sind die Betriebe transparent, sodass man sich über die Bedingungen erkundigen kann. Das ist sehr wichtig, denn es gibt Frauen, die nachträglich zur Steuer herangezogen worden sind, aber kaum Belege über ihre gezahlten Pauschalsteuern hatten. Sie waren auch nicht darüber aufgeklärt worden, dass es sich bei der Pauschalsteuer um eine Vorauszahlung handelt und sie trotzdem eine Steuererklärung einreichen müssen.

Damit komme ich zur Frage, wie viele meldewilligen Frauen ­ meldepflichtig sind sie alle ­ uns bekannt sind. Das kann ich nur anhand unserer Statistik sagen. Ich habe zwar keine genauen Daten, aber in den ersten Jahren nach Verabschiedung des Prostitutionsgesetzes ­ von 2002 bis 2004 ­ fragten Frauen etwa 70 bis 100 mal in einem Jahr nach gesetzlichen Regelungen. Das heißt, sie wollten von sich aus beraten werden. Inzwischen liegen wir bei 250 bis 300 Beratungsgesprächen. Die meisten ergeben sich aus der ortsfernen Beratung: Wir bekommen viele Anfragen per EMail oder Telefon. Dabei handelt es sich etwa um Frauen, die bisher geduldet geworden sind, jetzt aber Auflagen bekommen haben, die sie nicht erfüllen.

Es gibt auch eine ganze Menge von Frauen, die sich entschließen, in die Prostitution einzusteigen, und bei uns nachfragen, was man dazu tun muss. Gerade, weil sie sich vorab informieren, sind sie viel geneigter als andere, ihre Tätigkeit ordentlich anzumelden, an einer Einstiegsberatung teilzunehmen und sich mit Frauen zusammenzusetzen, die aus der Prostitution kommen und sie beraten können. Dabei reflektieren sie ihre Motivation mithilfe der Beratungsstelle. Sie gehen zum Finanzamt und melden sich an. Sie überlegen sich vorher, wo sie sicher arbeiten können. Frauen, die schon in der Prostitution sind, melden sich seltener von selber. Dortmund ist aber ein gutes Beispiel dafür, dass sich mehr Frauen anmelden wollen, wenn es mehr Transparenz gibt. Ein bisschen werden sie auch dazu gebracht.

Streetwork ist die wichtigste Kommunikationsmöglichkeit. Das bedeutet, an die Arbeitsorte zu gehen.