Erbringung der kommunalen Finanzierungsbeteiligungen. Die Kommunen erbringen ihre Finanzierungsbeteiligung auf zwei Wegen

Den bundesgesetzlichen Durchschnitt von rund 40 % als Grenze für das einzelne Land heranzuziehen sei unsachgemäß, weil der Gesetzgeber ausdrücklich die Höhe des gemeindlichen Anteils an den Gesamtsteuereinnahmen innerhalb eines Landes als Referenzgröße für die Beteiligung an den Einheitslasten gesetzt habe (§ 6 Absatz 5 Satz 9 GemFinRefG). Zur Frage, mit welcher prozentualen Beteiligungsquote die Kommunen an den ermittelten Gesamtsolidarlasten des Landes zu beteiligen seien, führt Professorin Dr. Färber aus, dass es sowohl möglich sei, den im Gemeindefinanzreformgesetz vorgesehenen bundesdurchschnittlichen Satz von 40 % anzusehen, als auch „spitz" anhand des Verhältnisses der Steuerkraft von Land und Kommunen ausgerechnete Anteilssätze heranzuziehen. Letzteres sei insbesondere dann sachgerecht, wenn die Verhältnisse in Nordrhein-Westfalen deutlich vom bundesdurchschnittlichen Satz abwichen (Färber, aaO., S. 74).

Dem steht das Urteil des VerfGH NRW vom 11. Dezember 2007 auch nicht entgegen. Die Verfassungsbeschwerde wurde zurückgewiesen mit der Maßgabe, „dass der Landesgesetzgeber die Überzahlung des kommunalen Beitrags zu den Lasten der deutschen Einheit im Haushaltsjahr 2006 alsbald, spätestens im Haushaltsjahr 2008 unter Berücksichtigung der bundesrechtlich vorgegebenen Obergrenze einer kommunalen Finanzierungsbeteiligung an den Lasten der Deutschen Einheit in Höhe von rund 40 v. H. auszugleichen hat." Dem kommt der vorliegende Gesetzentwurf nach.

Erbringung der kommunalen Finanzierungsbeteiligungen

Die Kommunen erbringen ihre Finanzierungsbeteiligung auf zwei Wegen. Zum Einen über die erhöhten Gewerbesteuerumlagen und zum Anderen über systembedingte Minderungen der Verbundgrundlagen.

Der Gesamtbetrag der erhöhten Gewerbesteuerumlagen lässt sich anhand der kassenwirksam vereinnahmten Beträge für das jeweilige Abrechnungsjahr bei Kapitel 20 010 Titel 017

20 ermitteln. Die von jeder Gemeinde in einem Haushaltsjahr kassenwirksam erbrachten erhöhten Gewerbesteuerumlagen lassen sich den Festsetzungen auf Grund der Verordnung über die Aufteilung und Auszahlung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer und die Abführung der Gewerbesteuerumlage in der zum Zeitpunkt der Festsetzung gültigen Fassung entnehmen.

Die über die Verbundsystematik im Abrechnungsjahr erbrachten Vorleistungen ergeben sich durch Multiplikation des um den pauschalierten Belastungsausgleich geminderten Verbundsatzes mit den Verbundgrundlagen des Abrechnungsjahres.

Gewährter Belastungsausgleich des Landes Professor Dr. Junkernheinrich hat für das Jahr 2006 nur einen Belastungsausgleich von 0,68

Verbundsatzpunkten angesetzt.

Aus den oben dargelegten Gründen (vgl. Abschnitt 3) folgt das Land für das Jahr 2006 ­ trotz an sich gegenläufiger Auffassung, wonach ein Belastungsausgleich in Höhe von 1,17

Verbundsatzpunkten anzurechnen ist ­ dem Vorgehen Professor Dr. Junkernheinrichs.

Kommunale Überzahlung

Die Ermittlung des Gesamtsolidarbeitrags des Landes, der kommunalen Finanzierungsbeteiligung sowie der Vorleistungen von Kommunen und Land für das Jahr 2006 ergibt sich aus der Tabelle in Abschnitt 8.5.

Von der kommunalen Überzahlung in Höhe von rund 379 Mio. Euro ist für die Feststellung des noch auszukehrenden Betrages der nach dem Gesetz über die Leistung von Abschlägen im Rahmen der Feinabstimmung der Finanzierungsbeteiligung der Gemeinden an den finanziellen Belastungen des Landes Nordrhein-Westfalen aufgrund der Deutschen Einheit für das

Jahr 2006 gezahlte Abschlag von 280 Mio. Euro abzuziehen. Somit verbleibt für 2006 eine noch auszugleichende kommunale Überzahlung von rund 99 Mio. Euro.

8. Feinabstimmung und Abrechnung der Jahre ab 2007

Wie bereits dargelegt gibt es keine finanzwissenschaftlich zweifelsfreie Methode, die finanziellen Folgen der Deutschen Einheit für das Land Nordrhein-Westfalen heute mathematisch exakt zu berechnen (vgl. Abschnitt 7). Das Land hält insbesondere auch die ­ aus anderen Gründen für 2006 gewählte ­ Gleichsetzung der Zahlungen des Landes im LFA mit den Belastungen, die Nordrhein-Westfalen aus der Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs ab 1995 erwachsen sind, aus den ebenfalls dargelegten Gründen für nicht sachgerecht und damit für ungeeignet.

Deshalb legt dieser Gesetzentwurf für die Abrechnungssystematik der Jahre von 2007 bis 2019 nach intensiver Auswertung der Gutachten Professoren Drs. Junkernheinrich, Lenk und Färber und Abwägung der jeweils vorgetragenen Argumente zur Bestimmung der finanziellen Folgen der Deutschen Einheit für das Land Nordrhein-Westfalen ­ insbesondere hinsichtlich der Höhe der LFA-bedingten Belastungen ­ mangels anderer, besser geeigneter Parameter, Werte zugrunde, die finanzwissenschaftlich fundiert und heuristisch ermittelt wurden.

Ermittlung des Gesamtsolidarbeitrags des Landes Nordrhein-Westfalen

Belastung im LFA

Die Belastungen im LFA lassen sich durch folgende Komponenten heuristisch darstellen:

a) Fortwirkende Niveauverschiebung von 103 Euro je Einwohner durch die Einbeziehung der neuen Länder in den LFA ab 1995.

b) Abzug eines nicht einheitsbedingten Anteils der Niveauverschiebung von 440 Mio. Euro.

c) Berücksichtigung der korrigierten Niveauverschiebung nur in Höhe des prozentualen Anteils der neuen Länder (inkl. Berlin (Ost)) am Volumen des LFA. zu a) Niveauverschiebung durch Einbeziehung der neuen Länder

Die Einbeziehung der neuen Länder in den Finanzausgleich im Jahr 1995 hatte deutliche Verschiebungen bei der Finanzkraft der alten Länder zur Folge. Nordrhein-Westfalen befand sich bis dahin im Übergang vom Zahler- zum Empfängerland. Während Nordrhein-Westfalen 1994 noch rund 80 Mio. Euro erhalten hatte, musste es 1995 rund 1,763 Mrd. Euro Ausgleichsbeiträge im LFA erbringen. Die Differenz aus den Zuweisungen des Jahres 1994 und den Beiträgen des Jahres 1995 ergibt eine Niveauverschiebung von rund 1,843 Mrd. Euro bzw. 103 Euro je Einwohner. Professor Dr. Lenk kommt in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass diese Niveauverschiebung im Wesentlichen auf die Integration der neuen Länder in den LFA zurückzuführen ist. Er stellt abschließend fest: „Die Einbindung der neuen Länder in das horizontale Ausgleichssystem des LFA im Jahr 1995 bedeutete für Nordrhein-Westfalen einen Niveausprung um etwa 85 bis 103 Euro je Einwohner" (Lenk, aaO., S. 74), wobei die Spannbreite dem Umstand Rechnung tragen soll, dass auch die finanzschwachen alten Länder Zuweisungen im LFA erhalten. Die Landesregierung berücksichtigt dies mit einem separaten Faktor (vgl. insoweit Abschnitt 8.1.2 c). Der Niveausprung kann aus der Sicht des Gutachters als fortdauernd angesehen werden. Unter den derzeitigen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist davon auszugehen, dass diese Belastung zumindest während der Laufzeit des Solidarpakts II in dieser Größenordnung bestehen bleiben wird. Die Veränderung der Position Nordrhein-Westfalens in Richtung geringerer Zahllasten seit 1995 ist im Wesentlichen auf eine unterdurchschnittliche Entwicklung seiner eigenen Finanzkraft und nicht auf eine deutliche Verbesserung der relativen Finanzkraft der neuen Länder zurückzuführen (Lenk, aaO., S.40 ff.). Tatsächlich lag die für den LFA maßgebliche Finanzkraft der neuen Länder und des Landes Berlin in allen Jahren auf nahezu dem gleichen Niveau wie 1995. Eine Annäherung der Finanzkraft hat nicht stattgefunden.

- Finanzkraftmesszahl in v.H. der Ausgleichsmesszahl Finanzkraft der Länder vor Länderfinanzausgleich in den Ausgleichsjahren 1995 bis 2013

Somit kann auch nicht mehr der bisher vorgenommenen Gleichsetzung der Einheitslasten mit den jährlichen Zahllasten im LFA gefolgt werden. Die einheitsbedingte Belastung im Sinne dieses Gesetzes beträgt für das Land daher jährlich 103 Euro vervielfältigt mit der Anzahl der Einwohner des Landes Nordrhein-Westfalen im jeweiligen Abrechnungsjahr. zu b) Korrektur um einen nicht einheitsbedingten Anteil der Niveauverschiebung

Die von Professor Dr. Lenk festgestellte Niveauverschiebung kann nach Auffassung der Landesregierung insoweit korrigiert werden, als im ersten Jahr der Einbeziehung der neuen Länder Faktoren auf die Finanzkraft der Länder gewirkt haben, die nicht als einheitsbedingt qualifiziert werden können.

Laut Professorin Dr. Färber wurden die Ausgleichsbeiträge Nordrhein-Westfalens im LFA 1995 insbesondere durch die Veränderungen seiner Steuerkraft beeinflusst, denn ein überdurchschnittliches Steuerwachstum des Landes im Jahr 1995 gegenüber dem Wachstum der Länder habe die Zahllast im LFA ansteigen lassen. Professorin Dr. Färber beziffert diesen Effekt mit rund 330 bis 540 Mio. Euro.

Weiterhin führt die Gutachterin aus, auch durch den Rückgang der kommunalen Finanzkraft im Jahr 1995 habe sich die Zahlungsposition des Landes verändert. Soweit die kommunale Finanzkraft in Nordrhein-Westfalen im Jahr 1995 entsprechend dem Durchschnitt aller Länder gewachsen wäre, hätte Nordrhein-Westfalen tatsächlich höhere Beiträge im LFA erbringen müssen.