Neben den hier aufgeführten Ereignissen sind in den Archiven für diesen Zeitraum weitere Rutschungen erfasst

Sie haben sich allerdings innerhalb der Böschungssysteme ereignet und sich nicht auf die Sicherheitszone ausgewirkt oder sind nicht an TagebauRandböschungen eingetreten.

Personenschäden hat es in keinem der in den Archiven erfassten Fälle gegeben. In einzelnen Fällen ist es zu Sachschäden gekommen, die jedoch in den Unterlagen nicht konkret aufgeführt sind.

10. Ist der Bergbautreibende verpflichtet, sämtliche Hangrutschungen der Bergbehörde zu melden?

Der Bergbauunternehmer hat nach § 74 Abs. 3 Nr. 2 BBergG der Bergbehörde Betriebsereignisse, deren Kenntnis für die Verhütung oder Beseitigung von Gefahren für Leben und Gesundheit der Beschäftigten oder Dritter oder für den Betrieb von besonderer Bedeutung ist, unverzüglich anzuzeigen. Hierzu zählen auch größere Rutschungen an Halden oder Tagebauböschungen sowie Bodenbewegungen an bleibenden Böschungen der Tagebaue, die wesentlich über die infolge des Abbaus entstehenden natürlichen Entlastungsbewegungen hinausgehen.

11. Wenn ja, wie wird diese Verpflichtung überwacht?

Die Überwachung erfolgt im Rahmen der allgemeinen Bergaufsicht nach § 69 BBergG vornehmlich bei Vorort-Kontrollen.

12. Welche Konsequenzen für die Genehmigung und den Betrieb von Tagebauen (Veränderung des Böschungsaufbaus, Sicherheitsstreifen etc.) wurden aus diesen Ereignissen gezogen?

Die Erfahrungen aus derartigen Ereignissen haben erstmals 1975 zur Aufstellung der Richtlinien des Landesoberbergamts NRW für die Untersuchung der Standsicherheit von bleibenden Böschungen der im Tagebau betriebenen Braunkohlenbergwerke geführt, die letztmalig von der Bezirksregierung Arnsberg im Jahr 2003 novelliert worden sind.

Im Einzelfall haben sich Konsequenzen für die Führung des Betriebes (z. B. zusätzliche Entwässerung) und für den Böschungsaufbau (z. B. Neigungsverringerung, Einrichten zusätzlicher Bermen), nicht aber für die Sicherheitszone ergeben.

13. Welche Funktion haben die von RWE betriebenen Messpunkte an den Tagebaukanten?

Die Verformungen von Randböschungssystemen müssen nach § 37 Abs. 2 der Bergverordnung für die Braunkohlenbergwerke (BVOBr)4 überwacht werden. Die Messpunkte im Bereich der Randböschungen oder innerhalb der Sicherheitszone der Tagebaue dienen dazu, Bodenbewegungen zur Verformungsmessung messtechnisch zu erfassen.

14. In welchen Fällen konnten vor Hangrutschungen verdächtige Bodenbewegungen bemerkt werden und die Hangrutschung ggf. verhindert werden?

Im März 2002 kam es im Tagebau Hambach durch mehrere Baggereinsätze in relativ kurzer Abfolge zu einem beschleunigten Verformungsverhalten der Nordrandböschung, das über das sonst übliche Maß erkennbar hinausging. Es wurde im Rahmen der ständig erfolgenden automatisierten Auswertung der Messergebnisse der kontinuierlichen Böschungsüberwachung festgestellt. Die Überwachung löste planmäßig Alarm aus.

Sowohl auf der Verkippungs- als auch der Gewinnungsseite wurden geeignete Maßnahmen vom Unternehmer durchgeführt. Hierzu gehörte insbesondere das unmittelbare Nachführen der unteren Kippenstrossen. Als Folge des Ereignisses wurden die Geräteeinsätze im Bereich der Endböschung stärker zeitlich aufeinander abgestimmt. Eine Gefährdung der Nordrandböschung war während der Ereignisse zu keinem Zeitpunkt gegeben.

15. An welchen Böschungsbereichen gibt es derzeit Kontrollmessungen außerhalb des Tagebaurandes zum Schutz der angrenzenden Bebauung in Merken, Schophoven, Buir etc. in Form von Messlinien zur Erfassung horizontaler Bodenbewegungen?

Die Messungen, die der Beobachtung des Böschungsverhaltens zur Gewährleistung der Standsicherheit dienen, werden in der Böschung oder in deren unmittelbarem Umfeld durchgeführt. Eine räumliche Ausdehnung dieser Messungen (z. B. über die Sicherheitszone hinaus) ist aus Gründen der Überwachung der Standsicherheit nicht erforderlich.

16. Welche Möglichkeiten haben eine Gemeinde bzw. deren Bürger, solche Messergebnisse zur Kenntnis zu bekommen?

Die automatisierte Überwachung der Standsicherheit von Randböschungen und die automatisierte Auswertung mit entsprechender betriebsinterner Alarmgebung im Falle relevanter Bewegungen erfolgt durch die RWE Power AG. Gemeinden oder Bürger können sich hinsichtlich der Einsichtnahme in die Messergebnisse der Überwachungen an die RWE Power AG wenden. Die Bezirksregierung Arnsberg wertet zusammengefasste Berichte des Unternehmens über die Messungsergebnisse aus, kontrolliert die Messsysteme und nimmt Einsicht in die aktuellen Messungsergebnisse. Für die Einsichtnahme in die der Bezirksregierung Arnsberg vorliegenden Unterlagen gelten die dafür einschlägigen Bestimmungen des Informationsrechts.

17. Trifft es zu, dass es für die Tagebaubelegschaften Alarmierungs- und Evakuierungspläne für den Fall von Hangrutschungen gab bzw. gibt?

Die RWE Power AG hat nach § 11 Abs. 1 Allgemeine Bundesbergverordnung (ABBergV)5 im Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument (SGD) ganz allgemein Vorsorge für die Räumung der Tagebaue bei unvorhergesehenen Ereignissen (z.B. größere Rutschungen) getroffen.

18. Wie beurteilt die Landesregierung das Risiko von Hangrutschungen im Verhältnis zur Tiefe von Tagebauen?

Das Risiko von Rutschungen ist nicht von der Tagebautiefe abhängig, da für alle Abbau- und Kippenböschungen die erforderlichen Sicherheiten eingehalten werden. Dies wird durch Standsicherheitsberechnungen des Bergbauunternehmens, durch die Prüfung durch den GD NRW und durch die Zulassung der Bergbehörde belegt. Darüber hinaus erfolgt eine messtechnische Überwachung der Randböschungen.

Grundlage für die Standsicherheitsrechnungen und die Beurteilung von Böschungen im Rheinischen Braunkohlenrevier ist die Richtlinie für Standsicherheitsuntersuchungen ­ RfS ­ der Bez.-Reg. Arnsberg ­ Abt. Bergbau und Energie in NRW vom 16.05.2003.

19. Bei welchen geologischen Strukturen in der Böschung sieht die Landesregierung ein höheres Risiko von Hangrutschungen?

Rutschungsbegünstigende Verhältnisse liegen vor bei (vgl. Nr. 2.14 der Richtlinie für Standsicherheitsnachweise (RfS)):

· tektonischen Beanspruchungszonen, Schichtgrenzen oder Schichten mit geringer Scherfestigkeit, insbesondere wenn diese gleichsinnig mit der Böschungsneigung einfallen,

· ungünstigen hydrologischen Verhältnissen (z. B. freie oder gespannte Restwasserstände, Wasserzuflüsse, Wasseransammlungen am Böschungsfuß), welche die Standsicherheit durch Verminderung der Festigkeiten oder durch hydromechanische Wirkungen (z. B. Auftrieb, Strömungsdruck, Wellenschlag) herabsetzen,

Allgemeine Bundesbergverordnung vom 23. Oktober 1995 (BGBl. I S. 1466), die zuletzt durch Artikel 22 des Gesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S.