Wurde die Fluglärmschutzkommission am Flughafen Düsseldorf bei der Festlegung der KUBIM-Flugrouten über Mülheim/Ruhr einbezogen?

Am 4. September wurde die Öffentlichkeit durch eine Berichterstattung der NRZ Mülheim, erstmalig darüber informiert, dass es über Mülheim eine Flugroute namens KUBIM gibt. Diese Route diene der Deutschen Flugsicherung seit dem 24. November 2005 als Ausweichroute, um in Spitzenzeiten den Verkehr im Luftraum Düsseldorf zu entzerren. Der Vertreter des Mülheimer Netzwerkes gegen Fluglärm, Waldemar Novak, kritisiert dem Zeitungsbericht zufolge, dass weder bei einer Bürgeranhörung im Mai, noch bei dem Lärmgutachten der Stadt Mülheim und auch nicht bei den regelmäßigen Sitzungen der Fluglärmschutzkommission am Düsseldorfer Flughafen die Flugroute KUBIM auch nur erwähnt worden sei. Dies bestätigt nach NRZ-Angaben auch der Mülheimer Umweltamtsleiter Jürgen Zehntgraf.

Nach § 32 b Luftverkehrsgesetz hat die Fluglärmschutzkommission die Aufgabe, die Genehmigungsbehörde sowie die für die Flugsicherung zuständige Stelle (Deutsche Flugsicherung GmbH) bei Maßnahmen zum Schutz gegen Fluglärm und gegen Luftverunreinigungen durch Luftfahrzeuge zu beraten. Sie wirkt z. B. an der Festlegung von Abflugstrecken mit, die auf Vorschlag der DFS nach Anhörung der Fluglärmschutzkommission vom Luftfahrtbundesamt als Verordnung erlassen werden.

Wir fragen die Landesregierung vor diesem Hintergrund:

1. Wurde die Fluglärmschutzkommission am Flughafen Düsseldorf nach Kenntnissen der Landesregierung an der Festlegung der Flugroute KUBIM über Mülheim an der Ruhr beteiligt?

2. Hätte die Fluglärmschutzkommission am Flughafen Düsseldorf nach Auffassung der Landesregierung an der Festlegung dieser Route beteiligt werden müssen?

3. Was sagt die aktuelle Rechtssprechung im Hinblick auf die Beteiligungsnotwendigkeit von Fluglärmschutzkommissionen bei der Flugroutenfestlegung?

4. War das Ministerium über die Änderung dieser Flugrouten informiert?

5. Warum war die zugrundeliegende Route nicht Bestandteil des Sicherheitsgutachtens im Zusammenhang mit der Änderung der Betriebsgenehmigung im Jahr 2005?

Antwort des Ministers für Bauen und Verkehr vom 12. Oktober 2007 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz:

Vorbemerkung:

Die Flugrouten und Flugverfahren an Verkehrsflughäfen werden von der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) geplant und nach den Bestimmungen des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) in Verbindung mit den Regelungen der Luftverkehrs-Ordnung (§ 27 a LuftVO) durch Rechtsverordnung vom Luftfahrt-Bundesamt (LBA) verbindlich festgelegt.

Die Landesregierung hat in diesen Bereichen keine Zuständigkeiten oder Befugnisse.

Die am jeweiligen Flughafen gebildete Kommission nach § 32 b LuftVG (Fluglärmkommission) berät die DFS „über Maßnahmen zum Schutz gegen Fluglärm". Die DFS „unterrichtet die Kommission über die aus Lärmschutzgründen... beabsichtigten Maßnahmen" (§ 32 b Abs. 2 Satz 1 LuftVG). Die Kommission ist berechtigt, der DFS „Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung gegen Fluglärm... vorzuschlagen" (§ 32 b Abs. 3 Satz 1 LuftVG).

Für den Abflugverkehr werden Flugrouten festgelegt, auf denen der Verkehr weitgehend gebündelt wird, um den Umfang der vom Fluglärm betroffenen Gebiete zu begrenzen (sog. Minimum Noise Routings ­ SID).

Im Bereich des Anflugverkehrs existieren solche Flugrouten indes nicht. Hier werden Flugverfahren festgelegt, mit denen der aus unterschiedlichsten Richtungen eintreffende Verkehr, der sich deshalb über einem größeren Gebiet bewegt, auf den Endanflug in Landebahnrichtung geführt wird.

Mit der Fragestellung wird offensichtlich das optionale Anflugverfahren KUBIM 1G auf den Flughafen Düsseldorf angesprochen, das bei sog. Westwindwetterlagen genutzt werden kann. Westwindwetterlagen sind im langfristigen Mittel in ca. 80 % der Betriebszeiten des Jahres gegeben; der Endanflug auf den Flughafen Düsseldorf erfolgt dann aus östlicher Richtung. Das Anflugverfahren KUBIM 1G beschreibt einen von Südwesten nach Nordosten in einer Höhe von ca. 2.000 m ­ 3.000 m auch über das Gebiet der Stadt Mülheim an der Ruhr verlaufenden Flugweg, an den sich der eigentliche Endanflug anschließt. Nach Auskunft der DFS wird das Verfahren an einem verkehrsreichen Tag mit insgesamt ca. 370 Anflügen von ca. 8 Anflügen (ca. 2 %) genutzt.

Zu den Fragen 1 und 2:

Die DFS hat beginnend mit der 76. Kommissionssitzung am 11. April 2005 über umfangreiche Veränderungen an den Flugrouten und Flugverfahren informiert. In der 77. Sitzung am 5. Dezember 2005 und der 78. Sitzung am 27. März 2006 stellten Mitarbeiter der DFS mit ausführlichen Präsentationen und Kartenmaterial die gesamten Veränderungen zusammengefasst und die im Hinblick auf Lärmauswirkungen bedeutsamen Veränderungen detailliert vor. Das Anflugverfahren KUBIM 1G wurde bezüglich seiner Lärmauswirkungen als weniger bedeutsam eingestuft und deshalb nicht detailliert behandelt.

Diese Einschätzung wird durch das Ergebnis einer im Auftrag der Stadt Mülheim an der Ruhr durchgeführten lärmtechnischen Untersuchung der Gesellschaft für Luftverkehrsforschung mbH (GfL) bestätigt, für die alle Veränderungen ausgewertet wurden. Auch im Endbericht dieser Untersuchung wird das Anflugverfahren KUBIM 1G bei den relevanten Änderungen nicht genannt.

Zur Frage 3:

Die Rechtssprechung akzeptiert, dass die Fluglärmkommissionen im Rahmen ihrer Aufgaben nach § 32 b LuftVG in die Erarbeitung von Flugrouten und Flugverfahren an Flughäfen einbezogen werden.

Zur Frage 4:

An den Sitzungen der Fluglärmkommission für den Flughafen Düsseldorf nehmen Vertreter des Ministeriums für Bauen und Verkehr regelmäßig teil. Sie besitzen daher den gleichen Informationsstand wie die übrigen Sitzungsteilnehmer.

Zur Frage 5:

Das Ministerium für Bauen und Verkehr hat die neue Betriebsgenehmigung für den Flughafen Düsseldorf am 9. November 2005 erteilt.

Das Luftfahrt-Bundesamt hat die Verordnungen, mit der die in Rede stehenden Veränderungen der Anflugverfahren auf den Flughafen Düsseldorf erfolgten, am 11. November 2005 und am 13. März 2006 erlassen. Diese wurden im Bundesanzeiger am 1. Dezember 2005 sowie am 28. März 2006 verkündet und in den Nachrichten für Luftfahrer am 22. Dezember 2005 sowie am 13. April 2006 veröffentlicht.

Die Einbeziehung der Veränderungen der Anflugverfahren in das Sicherheitsgutachten für die Änderung der Betriebsgenehmigung im Jahr 2005 war mithin ausgeschlossen.