Lärmkarten NRW: Fehler oder endet der Lärm tatsächlich an Stadtgrenzen?

Nach großer Verzögerung sind für NRW die ersten Lärmkarten im Internet unter www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de/laerm veröffentlicht worden. Nach EU-Richtlinie mussten in einer ersten Stufe die Lärmbelastung in Ballungsräumen mit mehr als 250.

Einwohnern, entlang der Hauptverkehrswege (Hauptverkehrsstraßen > 6 Mio. Kfz/a, Haupteisenbahnstrecken > 60.000 Züge/a) sowie an Großflughäfen bis zum 30. Juni 2007 kartiert und veröffentlicht werden.

Obwohl es von der EU einheitliche Vorgaben zur Berechnung und Darstellung der Lärmkarten gibt, kommt es bei näherer Betrachtung der Lärmkarten an mehreren Stellen zu eigenartigen Auffälligkeiten.

So verkleinert sich das eingezeichnete Straßen-Lärmband an mehreren Stadtgrenzen plötzlich abrupt, so z. B. im Bereich

- B 68: Stadtgrenze Bielefeld - Steinhagen

- A 3: Stadtgrenze Köln - Rösrath

- B 59: Stadtgrenze Köln - Pulheim

- A 3: Stadtgrenze Düsseldorf - Erkrath

- A 3: Stadtgrenze Düsseldorf Ratingen

- A 52: Stadtgrenze Mönchengladbach - Willich

- A 52: Stadtgrenze Mönchengladbach - Schwalmtal

Da die Mitgliedstaaten in der zweiten Stufe dafür sorgen müssen, dass bis zum 18. Juli 2008 von den zuständigen Behörden (in NRW die Kommunen) Aktionspläne ausgearbeitet werden, stellt sich die Frage nach den Ursachen und den Folgen dieser Karten-Darstellungen.

Denn es ist zu befürchten, dass, wo Lärm weggerechnet wird, auch kein Anlass für eine Lärmminderungsplanung besteht. Das wäre aber den Lärm geplagten Menschen nicht vermittelbar.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. An welchen Stellen in NRW kommt es zu solchen Auffälligkeiten und Unstimmigkeiten?

2. Was sind die konkreten Ursachen und Auswirkungen für diese unterschiedlichen Lärmbänder an den Stadtgrenzen?

3. Welche konkreten Daten und Methoden wurden an diesen Stellen (bitte einzeln aufgeschlüsselt) zugrunde gelegt?

4. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung?

5. Wie ist der aktuelle Stand der Aktionspläne (bitte aufgeschlüsselt nach einzelnen Kommunen) in NRW? Antwort des Ministers für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 7. August 2008 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bauen und Verkehr und dem Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien:

Zur Frage 1:

Die in der kleinen Anfrage beschriebenen Pegelsprünge in den Lärmkarten treten an einigen Grenzen zwischen Ballungsräumen und Gemeinden, die keinen Ballungsräumen zugehörig sind, auf.

Zur Frage 2:

Die Lärmpegel beim Straßenverkehr wurden nach der vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung veröffentlichten „Vorläufigen Berechnungsmethode für den Umgebungslärm an Straßen (VBUS)" berechnet. Die VBUS gibt Standardwerte für die durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke und den Lkw-Anteil vor, verpflichtet aber dazu, auf Standardwerte zu verzichten, wenn geeignete projektbezogene Untersuchungsergebnisse vorliegen. Die Standardwerte der VBUS stammen aus der für die Planung gedachten Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) und führen mit dem Ziel der Vorsorge bei der Planung eher zu einer Überschätzung der Lärmsituation.

In den Ballungsräumen erfolgten die Datenbeschaffung und die Kartierung des Umgebungslärms durch die Kommunen selbst. Außerhalb der Ballungsräume wurde die Kartierung einheitlich durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) auf der Grundlage des für Nordrhein-Westfalen hierzu erstmalig erstellen Datenmodells (Lärmdatenbank) durchgeführt. Aufgrund der Qualitätsanforderungen der EG-Umgebungslärmrichtlinie hat sich das LANUV bemüht, möglichst verlässliche und präzise Eingangsdaten zu verwenden. Dies sind u.a. die durch Straßen.NRW mitgeteilten amtlichen Ergebnisse der Bundesverkehrswegezählung 2005.

Pegelsprünge treten dort auf, wo sich die Ballungsraumkommunen in ihrer Zuständigkeit für die Verwendung eigener Daten (insbesondere Kfz-Anzahl, LKW-Anteil, Straßenoberfläche, Geschwindigkeit) entschieden haben. Insbesondere kann es in den Ballungsräumen, wo Standardwerte verwendet wurden, zu einer Überschätzung des Lärms kommen.

Des Weiteren ist auf Folgendes hinzuweisen: Aufgrund eines fehlerhaften Algorithmus sind in das o. g. Lärmdatenmodell des Landes fünfzig Prozent zu geringe LKW-Anteile in das aktuelle Lärmdatenmodell eingeflossen. Dies hat dazu geführt, dass die Lärmkarten außerhalb der Ballungsräume Pegel aufweisen, die um 1-2 dB(A) zu niedrig sind.

Zur Frage 3:

Siehe Antwort auf Frage 2.

Über die Beschaffung der Eingangsdaten in den Ballungsräumen entscheiden die für die Lärmkartierung zuständigen Kommunen. Die Landesregierung hat keine Erkenntnisse darüber, welche Daten im Einzelnen verwendet wurden.

Zur Frage 4:

Die LKW-Anteile im Lärmdatenmodell des Landes wurden korrigiert, die Gemeinden und die Öffentlichkeit wurden informiert. Zurzeit erfolgt eine Neuberechnung der Lärmkarten. Auf die Datenbeschaffung in den Ballungsraumkommunen nimmt die Landesregierung keinen Einfluss.

Zur Frage 5:

Nach Fertigstellung der Lärmkarten haben die Kommunen mit der Lärmaktionsplanung begonnen. Dabei stellt sich der Bearbeitungsstand in Abhängigkeit von den personellen und finanziellen Ressourcen unterschiedlich dar. Eine detaillierte Übersicht für die einzelnen Kommunen kann in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht gegeben werden.