Bernd Kochanek LAG Gemeinsam Leben Gemeinsam Lernen NRW e V Sehr geehrter Herr Vorsitzender Sehr geehrte Damen und Herren

Ausschuss für Schule und Weiterbildung (27.) 04.10.

Ausschuss für Kommunalpolitik (27.) rß-ro

Wir fordern daher eine Änderung des § 17 in der Richtung, dass festgeschrieben wird, dass ab Klasse 5 differenzierter Unterricht in Form eines Klassenverbandes vorgesehen werden soll. Ab dem 2. Halbjahr der Klasse 5 kann der Unterricht integriert, teilintegriert oder in mindestens zwei getrennten Bildungsgängen kooperativ erteilt werden. ­ Ich danke Ihnen.

Bernd Kochanek (LAG Gemeinsam Leben ­ Gemeinsam Lernen NRW e. V.): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!

Sehr geehrtes Auditorium! Ich darf mich auch kurz für die Möglichkeit bedanken, vor Ihnen zum Gesetzentwurf für ein 6. Schulrechtsänderungsgesetzes sprechen zu dürfen. Ich vertrete hier den Elternverband Gemeinsam Leben ­ Gemeinsam Lernen.

Wir setzen uns seit 1985 für die gemeinsame inklusive Unterrichtung von Kindern mit und ohne Behinderung in allen Schulformen ein.

Ich erlaube mir, mich im Sinne auch der zeitlichen Konzentration nur auf die inklusionskritischen Aspekte des Gesetzentwurfs aus unserer Sicht zu beziehen.

Die Einführung der Sekundarschule ist bekanntlich nur machbar, wenn gleichzeitig auch die NRW-Landesverfassung geändert wird. Deshalb kann hier und heute das zur Anhörung stehende 6. Schulrechtsänderungsgesetzes aus meiner Sicht nur vor dem Hintergrund der Drucksache 15/2768 diskutiert werden. Mit Blick darauf verliert das Konzept der Sekundarschule deutlich an Charme, weil der Weg für inklusiven Umbau der allgemeinen Schulen auf mindestens zwölf Jahre verstellt sein wird.

Ich erinnere daran, dass sich der Landtag, das heißt unter anderen die anwesenden Damen und Herren zu meiner Linken und zu meiner Rechten, im Dezember des letzten Jahres einvernehmlich und, was wir sehr begrüßt haben, über Parteigrenzen hinweg in einem Entschließungsantrag für die sukzessive Umsetzung des Rechts der Kinder auf eine inklusive Bildung verständigt haben, das heißt für die sukzessive Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen.

Was Sie uns mit diesem Gesetzentwurf vorgelegt haben, vertieft aus unserer Sicht nur die strukturellen Probleme unseres Schulwesens. Ich darf einige Aspekte nennen, ohne den Anspruch auf wissenschaftliche Vollständigkeit damit erreichen zu wollen: Die Sekundarschule soll sich einreihen neben die anderen Formen der Sekundarstufe I. Für Eltern wird es dadurch noch übersichtlicher, die richtigen Weichen für den Bildungsweg zu stellen.

Ich habe hier sehr viel von „Wahlmöglichkeiten" und „Vielfalt" gehört, auch von „Lernchancen", die durch ein möglichst vielfältiges Angebot an Schulformen ­ auch die Sekundarschule soll ja so eines sein ­ gesichert werden. Wir denken, dass Sie damit das Kind mit dem Bade ausschütten. Eltern erwarten, dass eine Schule die Begabungen ihrer Kinder aufnimmt und jedes Kind zu dem ihm möglichen Schulabschluss führt. Durch diese Sekundarschule neben allen anderen weiter bestehenden Schulformen steigt indessen weiter die soziale Selektivität, die Auslesefunktion unseres Schulwesens. Dieses läuft dem Ziel einer Bildungsgerechtigkeit entgegen.

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Die Sekundarschule soll ohne gymnasiale Oberstufe auskommen, dennoch den Übergang in die gymnasiale Oberstufe vorbereiten. Damit treiben sie unseres Erachtens unter der Ideologie einer Vielfalt der Bildungsgänge und dem Anspruch auf längeres gemeinsames Lernen die Versäulung unseres Schulwesens weiter voran.

Indem der Mix der Schulform künftig kommunal gefunden werden soll, steigt unseres Erachtens auch der Grad der Zergliederung unseres Schulwesens weiter. Nach der Föderalismusdebatte kommt nun offensichtlich die konsequente Kommunalisierung von Schulstrukturentscheidungen. Für Kinder bedeutet dies, dass schulischer Erfolg und Schulabschluss von regionalen Faktoren, oft von Zufällen abhängig gemacht werden. Wir können also bei unseren Kindern und Enkelkindern das Pech haben, dass wir nicht nur im falschen Bundesland leben, sondern auch noch in der falschen Stadt oder im falschen Landkreis.

So wie es richtig ist, in der Verfassung keine weiterführenden Schulformen außer der Gesamtschule, Grundschule für alle, festzuschreiben, so überflüssig und kontraproduktiv erscheint es uns, das gegliederte Schulsystem ­ neben integrierten und sonstigen Formen, die damit eher in eine Randständigkeit kommen ­ in der Verfassung festzuschreiben. Um den Weg zu einem inklusiven Schulsystem wirklich bereiten zu wollen, hätten Sie besser Art. 8 anders verändert, nämlich so, dass grundsätzlich alle Kinder unabhängig von ihren jeweiligen persönlichen Anlagen und unabhängig von einer wie auch immer gearteten Beeinträchtigung oder Behinderung gemeinsam zu beschulen sind, anstatt ­ ich zitiere ­ „Anlage und Neigung des Kindes" als Selektionskriterium für die Aufnahme in eine Schule in der Verfassung zu belassen. Dies zeigt uns deutlich die antiinklusive Tendenz Ihrer Schulpolitik.

Es ist unseres Erachtens ein schwerer Fehler ­ damit komme ich zum Schluss ­ die Entwicklung eines Inklusionsplans zum Umbau des Schulsystems von der Weiterentwicklung der Schulstruktur abzukoppeln. ­ Vielen Dank.

Dr. Herbert Heermann (Katholische Elternschaft Deutschlands ­ Landesverband NRW): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Auch ich darf mich ganz herzlich bedanken, dass wir unsere Sichtweise hier vorstellen dürfen als Landesverband der Katholischen Elternschaft Deutschlands in den fünf Erzdiöszesen und Diözesen in Nordrhein-Westfalen.

Zu Beginn noch einmal eine Bestätigung, dass aus unserer Sicht der sogenannte Schulkonsens begrüßt wird und dadurch bis 2023 eine Rechtssicherheit für alle Beteiligten weitestgehend geboten wird.

In aller gebotenen Kürze möchte ich auf folgende Details aus unserer Elternsicht hinweisen. Zum einen begrüßen wir den ausdrücklichen Hinweis, dass Bekenntnisschulen auch Hauptstandorte eines Grundschulverbandes sein können. Im Weiteren verweise ich auf die Ausführungen von Prälat Hülskamp, die er in Bezug auf die Hauptschulen gemacht hat.

Zweitens. Wir begrüßen ebenfalls, dass das gegliederte Schulsystem beibehalten wird, vor allem auch mit dem achtjährigen Bildungsgang an Gymnasien. Aus meiner

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Ausschuss für Kommunalpolitik (27.) ls-scha Sicht sollte es auch bei acht Jahren bleiben, und er sollte an den Gymnasien zeitlich nicht wieder aufgestockt werden.

Ebenfalls stimmen wir der Sekundarstufe unter den gegebenen Voraussetzungen zu.

Wichtig erscheint uns dabei, dass darauf geachtet wird, dass die Qualitätsstandards der Abschlüsse garantiert werden und dass sie verlässliche Aussagen über die Qualifikation der Schulabgängerinnen und Schulabgänger zulassen werden.

Eine Frage daran anschließend ist, ob es nötig ist, weiter auf dem Schulversuch Gemeinschaftsschule zu beharren. Aus unserer Sicht wäre es besser, die Ressourcen auf die anderen Schulformen zu konzentrieren.

Abschließend will ich die Hoffnung ausdrücken, dass zukünftig keine Schulform unberechtigt bevorzugt wird und dass sich jetzt Eltern, Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer ganz auf den Schulalltag konzentrieren können und auf die Aufgaben, die Schulen zu erfüllen haben, die sie hoffentlich auch besser werden erfüllen können vor dem Hintergrund, dass die demografische Entwicklung es ermöglicht, kleinere Klassen zu bilden. ­ Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Joachim Miekisch (Landeselternrat der Gesamtschulen in NRW e. V.): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Landeselternrat der Gesamtschulen bedankt sich auch dafür, dass wir hier sprechen und eine Stellungnahme abgeben dürfen.

Vieles ist zu dem Thema gesagt worden. Wie Sie unserer schriftlichen Stellungnahme entnehmen können, stehen wir hinter dem meisten auch. Ich spreche nur ein paar explizite Punkte daraus an, um das zu vertiefen und um die Zeit nicht zu sehr zu strapazieren.

Die Tendenz des Elternwillens an weiterführenden Schulen, dem Kind den bestmöglichen Abschluss zu gewährleisten und diesen so lange wie möglich offen zu halten, ist für uns als Vertreter der Gesamtschulen jedes Jahr aufs Neue spürbar. Nach wie vor können dort viele Kinder nicht aufgenommen werden, wie allgemein bekannt ist.

Sie landen dann im traditionellen Schulsystem, wo der Schulabschluss durch Aufbaumöglichkeiten zwar theoretisch erhalten ist, aber in der Realität ist das offenbar nicht unbedingt der Fall. In ländlichen Regionen bieten die Schülerzahlen nicht immer die Möglichkeit, eine Gesamtschule zu gründen. Trotzdem sollte unserer Meinung nach den Kindern ein wohnortnahes, begabungsgerechtes Schulsystem erhalten werden.

Mit der Entscheidung zur Errichtung der Sekundarschule, die im Schulgesetz verankert werden soll, sehen wir eine gute Chance, bis zur Klasse 10 und darüber hinaus in einer verbindlichen Kooperation mit einer Schulform mit gymnasialer Oberstufe, allen Schülern die Möglichkeit eines begabungsgerechten Abschlusses zu erhalten.

Hierdurch verringern sich auch die Probleme der Eltern bei der Auswahl einer weiterführenden Schule und bei der Entscheidung darüber, Ihrem Kind einen langen, nicht altersgerechten Anfahrtsweg zur Schule zumuten zu müssen.