Vandalismus und Metalldiebstahl auf Friedhöfen härter bestrafen!

Schwindender Respekt vor Allgemeingut und fremdem Eigentum wird in der Öffentlichkeit bereits seit einigen Jahren beklagt. Bislang äußerte sich dieses Phänomen hauptsächlich in der Verwüstung von Haltestellen des öffentlichen Personennahverkehrs, dem Aufsprühen von Graffitis, der mutwilligen Zerstörung von Parkanlagen oder abgebrochenen Außenspiegeln und Radioantennen an Fahrzeugen.

Mittlerweile hat dieses Problem jedoch eine neue Qualität erreicht. Bundesweit häufen sich Berichte über Vandalismus auf Friedhöfen. So werden immer häufiger Gräber beschädigt, Grabsteine beschmiert und Blumenschmuck entwendet. Darüber hinaus werden seit einiger Zeit Grabkreuze und -lichter, Madonnen, Heiligenfiguren, Vasen und andere Metallgegenstände gewaltsam aus der Grabverankerung herausgebrochen, um später Erlöse aus dem Verkauf dieser Metalle zu erzielen. Metallene Buchstaben und Symbole auf Grabsteinen sind ebenfalls begehrte Tatobjekte. Auf dem größten jüdischen Friedhof Europas in wurden allein im August 2011 innerhalb von einer Woche 47 Gegenstände gestohlen und 16 Grabstellen beschädigt. Auch in Nordrhein-Westfalen und anderen Bundesländern haben Metalldiebe mittlerweile zahlreiche Friedhöfe geplündert. Entsprechende Medienberichte finden sich bundesweit.

Diese kriminellen Verhaltensweisen stoßen in allen Teilen der Bevölkerung auf Empörung und werden häufig als moralischer Tabubruch empfunden. Friedhöfe sind Orte des Friedens und der letzten Ruhe. Aus den Gegenständen, mit denen Grabstätten geschmückt werden, spricht häufig die ganze Liebe der Angehörigen und ihre Trauer über den Verlust eines nahestehenden Menschen. Wer diese Gegenstände beschädigt, zerstört oder entwendet, missachtet daher nicht nur den Achtungsanspruch des Verstorbenen, sondern auch das Pietätsgefühl der Allgemeinheit. Im Sinne der Bewahrung des öffentlichen Friedens in unserem Land dürfen Vandalismus und Metalldiebstahl auf Friedhöfen somit unter keinen Umständen bagatellisiert werden.

Der strafrechtliche Schutz entsprechender Gegenstände wird in weiten Teilen der Bevölkerung indes als unzureichend empfunden.

Dies betrifft zum einen die Bestrafung der Beschädigung bzw. Zerstörung von Teilen eines Grabes. Eine Strafbarkeit wegen Störung der Totenruhe nach § 168 Strafgesetzbuch scheidet in diesem Zusammenhang bereits aus, wenn die Beschädigung sich allein auf die Beisetzungsstätte ­ und nicht auch auf den Leichnam des Verstorbenen ­ bezieht. In dieser Konstellation soll aus Konkurrenzgründen allein eine Strafbarkeit wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung nach § 304 in Betracht kommen (vgl. OLG Celle, 1966, 225; Stree/Hecker, in: Schönke/Schröder, 28. Aufl. 2010, § 304, Rn. 14; Lackner/Kühl, 27. Aufl. 2011, § 168, Rn. 10). Dieses Ergebnis ist unbefriedigend, da auch die bloße Beschädigung eines Grabmals ­ zumindest von Seiten der Angehörigen ­ regelmäßig als Störung der Totenruhe empfunden wird.

Für die Beschädigung bzw. Zerstörung von Gräbern kommt stattdessen allein eine Strafbarkeit nach § 304 in Betracht. Diese kann nach geltendem Recht zwar grundsätzlich härter bestraft werden, als eine einfache Sachbeschädigung im Sinne des § 303 Das Gesetz sieht für eine gemeinschädliche Sachbeschädigung eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor, für eine einfache Sachbeschädigung dagegen lediglich Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Allerdings ist in § 304 bislang kein Mindeststrafmaß vorgesehen. Dies erscheint angesichts des Schutzzwecks der Norm zu gering. Denn § 304 schützt ­ im Gegensatz zu § 303 ­ nicht das Eigentum, sondern das allgemeine Erhaltungs- und Nutzungsinteresse an den im Tatbestand aufgeführten Gegenständen (Fischer, 58. Aufl. 2011, § 304, Rn. 2; Stree/Hecker, in: Schönke/Schröder, 28. Aufl. 2010, § 304, Rn. 1). Aus diesem Grund erscheint die Festsetzung einer Mindestfreiheitsstrafe angebracht, wie sie im Übrigen auch bei anderen Straftatbeständen anzutreffen ist, bei denen das Allgemeininteresse das bestimmende Rechtsgut darstellt. So sieht beispielsweise § 130 Absatz 1 (Volksverhetzung) eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor. Mit der Einführung eines entsprechenden Strafrahmens für eine gemeinschädliche Sachbeschädigung im Sinne des § 304 würde auch der Gefahr einer Bagatellisierung begegnet, die mit einem niedrigen Strafmaß verbunden sein kann. Zudem besteht ein gesteigertes Allgemeininteresse daran, dass entsprechende Beschädigungen in Zukunft unterbleiben.

Unzureichend erscheinen ferner die gegenwärtigen Sanktionsmöglichkeiten für den Metalldiebstahl auf Friedhöfen. Dieser ist de lege lata lediglich als einfacher Diebstahl nach § 242 strafbar und folglich mit der Strafandrohung Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe versehen. Aufgrund der besonders verwerflichen Tatausführung erscheint es jedoch sachgerecht, den Diebstahl von auf Gräbern befindlichen Gegenständen als besonders schweren Fall des Diebstahls einzustufen und diese Konstellation als strafschärfendes Regelbeispiel in § 243 Absatz 1 Satz 2 aufzunehmen. Nach der Regelbeispielstechnik besteht, wenn ein solcher Beispielsfall gegeben ist, die widerlegbare Vermutung dafür, dass er als besonders schwerer Fall anzusehen ist. Die Aufnahme eines entsprechenden Regelbeispiels in den Katalog des § 243 Absatz 1 Satz 2 würde zum einen dem teilweise diskutierten Vorschlag entgegenwirken, Friedhöfe in Zukunft zu verschließen oder besonders zu Umzäunen, um die Anwendung des verschärften Strafrahmens des §243 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 (Einbruchsdiebstahl) auszulösen. Zum anderen würde ein sinnvolles Äquivalent zum so genannten Kirchendiebstahl (§ 243 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 geschaffen. Dieses Regelbeispiel erfasst den Diebstahl von Sachen, die aus religiösen Gründen als besonders schutzwürdig angesehen und an besonderen Orten aufbewahrt werden (vgl. BGH, Urteil vom 19.05.1998 ­ 1 154/98) und deren Wegnahme daher den öffentlichen Frieden verletzen kann (Fischer, 58. Aufl. 2011, § 243, Rn. 19).

Vom Schutzbereich der Vorschrift sind insbesondere auch Gegenstände religiöser Vereh rung, wie Reliquien, Heiligenbilder, Statuen oder Votivtafeln erfasst (BGH, Urteil vom 03.05.1966 ­ 1 506/65). Vorausgesetzt wird insoweit jedoch der Diebstahl einer Sache aus einer Kirche, d.h. einer Räumlichkeit. Warum Grabkreuze, -lampen, Madonnen, Heiligenfiguren und ähnliche Gegenstände auf einem Friedhof weniger Schutz genießen sollten, als innerhalb eines Kirchenraums, leuchtet nicht ein. Auch unter diesem Aspekt erscheint die Einführung eines neuen Regelbeispiels (Grabdiebstahl) in § 243 Absatz 1 Satz 2 angezeigt.

II Der Landtag beschließt:

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass

1. die Strafandrohung des § 304 Absatz 1 (gemeinschädliche Sachbeschädigung) auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren verschärft wird;

2. der Diebstahl von Gegenständen von Gräbern (Grabdiebstahl) als Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall des Diebstahls in § 243 Absatz 1 Satz 2 aufgenommen wird.