Neufassung des Gesetzes über die staatliche Anerkennung von Berufsakademien

Seit dem 1. Juli 2006 ist das im Betreff genannte Gesetz in Kraft. In § 6 regelt dieses Gesetz die hochschulrechtliche Gleichstellung von Bachelor-Abschlüssen von Berufsakademien und Hochschulen sowie die berufsrechtliche Gleichstellung von Berufsakademie-Diplomen mit den entsprechenden Abschlüssen von Fachhochschulen. In § 7 (1) wird die Anrechenbarkeit von Studien- und Prüfungsleistungen für ein Fachhochschulstudium geregelt. Dort heißt es: "Studienleistungen und Prüfungsleistungen sind gleichwertig, wenn sie in Inhalt, Umfang und in den Anforderungen denjenigen des Studiengangs an der aufnehmenden Fachhochschule entsprechen. Dabei ist kein schematischer Vergleich, sondern eine Gesamtbetrachtung oder Gesamtbewertung vorzunehmen."

Diese Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Welche Regelung sieht die Landesregierung bezüglich der hochschulrechtlichen Anerkennung von BA-Diplomen vor, die z. B. für die Zulassung zu Aufbaustudiengängen an hessischen Hochschulen und Fachhochschulen von Relevanz ist?

Das Diplom, das an einer hessischen Berufsakademie erworben wurde, vermittelt nach § 6 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die staatliche Anerkennung von Berufsakademien die gleichen berufsrechtlichen Befähigungen wie ein Studienabschluss an der Fachhochschule.

Die Anerkennung des Diploms an einer Berufsakademie in Bezug auf die Zulassung für einen weiterführenden Studiengang (z.B. Aufbaustudiengang) an einer Universität oder Fachhochschule ist im Gesetz über die staatliche Anerkennung von Berufsakademien und im Hessischen Hochschulgesetz nicht geregelt.

§ 6 Abs. 1 des Gesetzes über die staatliche Anerkennung von Berufsakademien regelt ausschließlich die hochschulrechtliche Gleichstellung von Bachelorabschlüssen an einer Berufsakademie mit denen an einer Hochschule.

§ 7 Abs. 1 des Gesetzes über die staatliche Anerkennung von Berufsakademien erlaubt Fachhochschulen jedoch, an Berufsakademien erbrachte Studien- und Prüfungsleistungen auf ein Fachhochschulstudium anz urechnen, soweit die Gleichwertigkeit gegeben ist. Gemäß Abs. 2 der Vorschrift sollen die Fachhochschulen des Landes Hessen für Absolventinnen und Absolventen mit einem Diplom von einer Berufsakademie Studienangebote vorsehen, die den Erwerb eines berufsqualifizierenden Hochschulabschlusses nach zwei Semestern ermöglichen.

Der daraufhin erlangte Hochschulabschluss an der Fachhochschule stellt die Voraussetzung dar, weiterführende Studiengänge an einer Universität oder Fachhochschule besuchen zu können.

Frage 2. Wie ist die Anerkennung von Abschlüssen geregelt, die vor dem 1. Juli 2006 an Berufsakademien in anderen Bundesländern abgelegt wurden?

Die Anerkennung von Abschlüssen, die an Berufsakademien anderer Bundesländer abgelegt worden sind, regelt das Gesetz über die staatliche Anerkennung von Berufsakademien nicht. Es regelt ausschließlich die Anerkennung von Abschlüssen von hessischen Berufsakademien.

Soweit Studiengänge an Berufsakademien anderer Bundesländer mit einem Diplom abschließen, greift der Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 28./29. September 1995 über die "Anerkennung der Abschlüsse der Berufsakademien im tertiären Bereich" ein. Bis Juli 2006 schlossen alle Studiengänge an Berufsakademien anderer Bundesländer mit einem Diplom ab. Die Kultusministerinnen und Kultusminister der Länder haben sich auf die Anerkennung der Abschlüsse der Berufsakademien im tertiären Bereich nach dem Modell der Berufsakademien in Baden-Württemberg verständigt. In ihrem Beschluss empfehlen die Ministerinnen und Minister den jeweiligen Zuständigkeitsträgern, Berufsakademieabsolventen den Fachhochschulabsolventen hinsichtlich der berufsrechtlichen Regelungen gleichzustellen. Obwohl dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 28./29. September 1995 keine Rechtssatzqualität zukommt, hat das Land Hessen in den inhaltlichen Vorgaben den Beschluss berücksichtigt.

Der Diplomabschluss an einer Berufsakademie eines anderen Bundeslandes durfte in Hessen auch vor dem 1. Juli 2006 geführt werden. Nach § 5 des Gesetz über die staatliche Anerkennung von Berufsakademien, in der Fassung des Dritten Änderungsgesetzes vom 20. Dezember 2004 (GVBl. I S. 466, 479), gelten für die Führung von Berufsbezeichnungen oder Graden, die von Berufsakademien oder vergleichbaren Einrichtungen außerhalb Hessens verliehen worden sind, die hochschulrechtlichen Bestimmungen über die Führung ausländischer Grade entsprechend. Nach § 29 des Hessischen Hochschulgesetzes kann ein ausländischer Hochschulgrad, der aufgrund eines nach dem Recht des Herkunftslandes anerkannten Hochschulabschlusses nach einem ordnungsgemäß durch Prüfung abgeschlossenen Studium verliehen wurde und auch nach europäischem Rechtsverständnis ein Hochschulgrad ist, in der Form, in der er verliehen wurde, unter Angabe der verleihenden Hochschule geführt werden.

Frage 3. Wie stellt sich die Landesregierung die in § 7 Abs. 1 geforderte "Gesamtbetrachtung oder Gesamtbewertung" von Prüfungsleistungen vor?

Die in § 7 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über die staatliche Anerkennung von Berufsakademien aufgeführte Formulierung ("Dabei ist kein schematischer Vergleich, sondern eine Gesamtbetrachtung oder Gesamtbewertung vorzunehmen.") wird häufig verwandt (vgl. etwa § 16 Abs. 1 der Allgemeinen Bestimmungen für Prüfungsordnungen der TU Darmstadt vom 19. April 2004). Sie stellt eine allgemein übliche Formulierung in Bezug auf die Anrechnung von Studienzeiten und Prüfungsteilen dar.

Die Feststellung der Gleichwertigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 des Gesetzes über die staatliche Anerkennung von Berufsakademien beinhaltet sowohl die Feststellung eines vergleichbaren formalen Qualifikationsniveaus als auch die Feststellung einer hinreichenden materiellen Entsprechung einer an einer Berufsakademie erbrachten Studien- und Prüfungsleistung mit den Studienund Prüfungsleistungen, die an einer Fachhochschule erbracht werden. Bei der Feststellung der materiellen Gleichwertigkeit darf jedoch kein schematischer Vergleich zugrunde gelegt werden. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung oder Gesamtbewertung vorzunehmen. Diese Vorschrift eröffnet einen Ermessensspielraum hinsichtlich der Frage, ab welchem Maß anzurechnender - weil gleichwertiger - Studien- und Prüfungsleistungen die aus mehreren Anrechnungen resultierende Gesamtqualifikation von der Zielqualifikation so wesentlich abweicht, dass die Fachhochschule die Anrechnung unter dem Aspekt der Gleichwertigkeit nicht mehr verantworten kann.

Frage 4. Wie will die Landesregierung verhindern, dass an Berufsakademien erbrachte Studienleistungen von den hessischen Hochschulen in völlig unterschiedlicher Art und Weise anerkannt werden?

Die Fachhochschulen üben die Prüfung einer möglichen Anrechenbarkeit nach § 7 Abs. 1 des Gesetzes über die staatliche Anerkennung von Berufsakademien als eine Selbstverwaltungsangelegenheit aus. Sie nehmen ihre Aufgaben im eigenen Namen unter der Rechtsaufsicht des Landes Hessen wahr (§ 6 Abs. 1 des Hessischen Hochschulgesetzes). Infolgedessen kann die Landesregierung lediglich im Rahmen ihrer Rechtsaufsicht prüfen, ob die Fachhochschulen den ihnen zustehenden Ermessensspielraum verletzt und damit ermessensfehlerhaft gehandelt haben, und erforderlichenfalls ihre Rechtsaufsicht nach § 93 Abs. 1 des Hessischen Hochschulgesetzes ausüben.

Frage 5. Welche hessischen Fachhochschulen bieten bereits ein zweisemestriges Studienangebot zur Erlangung eines berufsqualifizierenden Hochschulabschlusses für Absolventinnen und Absolventen von Berufsakademien an, wie in § 7 Abs. 2 vorgesehen?

Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 begründet den individuellen Anspruch einer Absolventin bzw. eines Absolventen einer Berufsakademie mit DiplomAbschluss, binnen zwei Semestern an einer Fachhochschule einen berufsqualifizierenden Hochschulabschluss zu erwerben. In solch einem Fall ist die jeweilige Fachhochschule verpflichtet, für die Interessentin bzw. den Interessenten ein Studienangebot zu machen, das diese zum Abschluss führt.

Dafür ist nicht ein gesondertes Angebot im Sinne eines Studiengangs erforderlich. Ausreichend und angemessen ist ein individualisierter Studienplan aus den vorhandenen Lehrveranstaltungen der Fachhochschule, samt der auf den Einzelfall abgestellten Festlegung von zu erbringenden Prüfungsleistungen. Erfahrungen liegen hierzu an den hessischen Fachhochschulen nicht vor, da ein entsprechendes Interesse bisher nicht artikuliert wurde.

Frage 6. Bis wann werden alle Fachhochschulen des Landes ein solches Angebot verwirklicht haben?