Erwerb eines Grundstücks im Landschaftsschutzgebiet

In vielen Presseveröffentlichungen u.a. auch im Magazin Stern stand zu lesen, dass Franz Georg Strauß in Lindau im Landschaftsschutzgebiet ein Grundstück erworben hat und darauf ein Haus bauen will. Weiter ist zu lesen, dass dieses Gebiet als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen sei und der Freistaat Bayern das Vorverkaufrecht besessen hat.

Da es sich bei diesem Grundstück außerdem um ein Ufergrundstück handelt, an dem der freie Zugang zum Seeufer noch geplant war, frage ich die Staatsregierung

1. warum sie von ihrem Vorkaufsrecht nicht Gebrauch gemacht hat und

2. warum sie das Verfassungsrecht des Freistaates, nämlich den freien Zugang zum Seeufer nicht wenigstens als Bedingung festgeschrieben hat?

3. Wieso hat der Freistaat in diesem Falle so extrem anders gehandelt, als bei einem privaten Grundstück, das etwas östlich liegt und 1992 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde?

Antwort des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen

Zu 1.: Das Grundstück Fl.Nr. 87/6, Gemarkung Hoyren, Stadt Lindau (Bodensee) hat der Eigentümer mit Kaufvertrag vom 03.03.95 erworben. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Landschaftsschutzgebietes Bayer. Bodenseeufer unmittelbar am Bodensee. Damit ist eine der in Art. 34 Abs. 1 geforderten Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes erfüllt.

Eine weitere Voraussetzung wäre, dass gegenwärtig oder zukünftig die Belange des Naturschutzes oder der Landschaftpflege oder das Bedürfnis der Allgemeinheit nach Naturgenuß und Erholung in der freien Natur die Ausübung des Vorkaufsrechtes rechtfertigen.

Das Landratsamt Lindau als die gem. Art. 34 Abs. 3 Satz 1 zuständige Kreisverwaltungsbehörde ist davon ausgegangen, dass diese weitere Voraussetzung hier nicht gegeben ist.

Eine eigenständige Nutzung des Grundstücks durch die Allgemeinheit für Erholungszwecke scheidet aufgrund der geringen Größe, des ungünstigen Zuschnittes und der angrenzenden bebauten Privatgrundstücke aus.

Auch die Weiterführung des auf dem westlich angrenzenden Grundstück des Posterholungsheimes verlaufenden Seeuferweges nach Osten bis zum Lindenhofbad ist im Hinblick auf die Vielzahl von bebauten Grundstücken zwischen dem hier in Rede stehenden Grundstück und dem weiter östlich liegenden Lindenhofbad in einem überschaubaren Zeitraum nicht möglich. Der Flächennutzungsplan der Stadt Lindau trägt dem dadurch Rechnung, dass er einen weiteren Weg darstellt, der vom Posterholungsheim ausgehend einen Anschluß an einen bereits vorhandenen öffentlichen Weg findet, der zum Lindenhofbad führt. Der Eigentümer der Fl.Nr.87/6 hat der Stadt Lindau den dafür benötigten Grundstücksstreifen unentgeltlich abgetreten. Bisher war die dort verlaufende Wegeführung nicht dauerhaft gesichert gewesen.

Nicht zuletzt war auch der Kaufpreis ein Kriterium, welches das Landratsamt bewogen hat, das Vorkaufsrecht nicht auszuüben.

Die Entscheidung des Landratsamtes war sachgerecht und wird vom Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen nicht beanstandet.

Zu 2.: Für die Festschreibung des freien Zugangs zum Seeufer als Bedingung gibt es im Zusammenhang mit einem Grunderwerb keine Rechtsgrundlage.

Neben der Ausübung des Vorkaufsrechtes bieten die im V. Abschnitt des Bayer. Naturschutzgesetzes (Erholung in der freien Natur) enthaltenen Betretungsregelungen Möglichkeiten, den freien Zugang zum Seeufer für die Allgemeinheit im erforderlichen Umfang zu gewährleisten. Die Anwendung dieser Betretungsregelungen erfolgt unabhängig von einem Eigentumsübergang. Sie scheidet schon deshalb aus, weil das fragliche Grundstück ­ wie zu Frage 1 ausgeführt ­ weder für eine eigenständige Nutzung durch die Allgemeinheit für Erholungszwecke noch für die Anlage eines Seeuferweges in Betracht kommt.

Zu 3.: Östlich der Fl.Nr. 87/6 liegen sechs Seeufergrundstücke, die alle mit Wohngebäuden bebaut sind. Keines dieser Grundstücke ist der Öffentlichkeit zugänglich oder im Jahre 1992 zugänglich gemacht worden. Noch weiter östlich folgt der öffentlich zugängliche Lindenhofpark mit Lindenhofbad. Eine von der bisherigen Praxis abweichende Handlungsweise der staatlichen Behörden liegt beim Grunderwerb durch den Eigentümer der Fl. Nr. 87/6 nicht vor.