Muß auf einer Unterschriftsliste stets eine im Sinne des Presserechts verantwortliche Person angegeben

Wie beurteilt die Staatsregierung die Relevanz der presserechtlichen Verantwortung in bezug auf Unterschriftslisten?

Muß auf einer Unterschriftsliste stets eine im Sinne des Presserechts verantwortliche Person angegeben sein?

Ist die Angabe der Adresse einer Organisation/Partei ausreichend im Sinne des Presserechts ohne Angabe einer Person?

2. Ist die Person, die einen Informationsstand anmeldet, verpflichtet zu überprüfen, ob eine andere presserechtlich verantwortliche Person, unter diesem Namen tatsächlich existiert? tatsächlich unter der angegebenen Adresse erreichbar ist?

3. In welchem Umfang obliegt es den Kommunen, von Informationsständen über deren rechtliche Pflichten aufzuklären?

Welche Informationen über rechtliche Pflichten von von Informationsständen hat die Stadt Erlangen im konkreten Fall an Herrn S. gegeben?

4. Woraus schließt das Rechtsamt der Stadt Erlangen, daß der Anmelder eines Infostandes am 5.2.99 selbst eine falsche Impressumsangabe vorgenommen hat?

Wie beurteilt die Staatsregierung die Sachlage, wenn der Anmelder annahm, dass es sich um ein korrektes Impressum handelt?

Wer ist für die von der CSU ausgelegten Unterschriftslisten im Sinne des Presserechts verantwortlich?

Warum wird diese Person nicht namentlich auf den Listen genannt?

Darf ein Polizeibeamter die Anzeigenannahme wegen einer vermuteten Verletzung des Presserechtes verweigern und wenn ja, nach welchen Vorschriften?

Antwort des Staatsministeriums des Innern vom 01.06.

Zu 1.: Die Staatsregierung faßt die Frage, wie die Relevanz der presserechtlichen Verantwortung in bezug auf Unterschriftenlisten zu beurteilen ist, so auf, dass danach gefragt ist, ob auch Unterschriftslisten dem Presserecht unterfallen. Das Bayer. Pressegesetz stellt im Zusammenhang mit den Rechten und Pflichten der Presse entscheidend auf den Begriff des Druckwerks ab. Nach § 6 Abs. 1 sind Druckwerke im Sinne dieses Gesetzes alle mittels der Buchdruckerpresse oder eines sonstigen Vervielfältigungsverfahrens hergestellten und zur Verbreitung in der Öffentlichkeit bestimmten Schriften, bildlichen Darstellungen mit und ohne Schrift und Musikalien mit Text oder Erläuterungen. Dabei wird ein Schriftstück dann in der Öffentlichkeit verbreitet, wenn es der Öffentlichkeit körperlich zugänglich gemacht wird. Nicht erforderlich ist jedoch, dass man sich das Schriftstück auch aneignen kann. Insofern ist es ausreichend, wenn man das Schriftstück in die Hand nehmen, seinen Inhalt zur Kenntnis nehmen und gegebenenfalls auch darauf unterschreiben kann. Unterschriftslisten fallen damit unter den Begriff des Druckwerks.

Zu 1.1: Ausgangspunkt für die Beantwortung der Frage, ob auf einer Unterschriftsliste stets eine im Sinne des Presserechts verantwortliche Person angegeben werden muß, ist § 7

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 muss auf jedem in Bayern erscheinenden Druckwerk der Drucker und der Verleger, beim Selbstverlag der Verfasser oder der Herausgeber genannt sein. Da weder ein Ausnahmetatbestand nach § 7 Abs. 2 noch nach § 7 Abs. 3 eingreift, müssen Unterschriftslisten die in § 7 Abs. 1 genannten Angaben enthalten.

Zu 1.2:

Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass es bei einer Unterschriftsliste, die im Selbstverlag erscheint, ausreichend ist, den Verfasser oder den Herausgeber zu nennen. Während der Verfasser naturgemäß nur eine natürliche Person sein kann, ist die Auslegung beim Begriff des Herausgebers nicht eindeutig.

Sinn und Zweck der Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 ist, bei Verstößen gegen das Presseordnungsrecht einen Verantwortlichen feststellen zu können. Dies ist auch dann der Fall, wenn als Herausgeber eine juristische Person angegeben wird, da dann, etwa bei einem eingetragenen Verein über ein Vereinsregister, die verantwortliche Person festgestellt werden kann.

Zu 2.1 und 2.2:

Weder aus dem Straßen- und Wegerecht noch aus sonstigem Recht ergibt sich eine Verpflichtung für die Person, die für einen Informationsstand eine Sondernutzungserlaubnis beantragt, zu überprüfen, ob eine andere presserechtlich verantwortliche Person unter diesem Namen tatsächlich existiert oder tatsächlich unter der angegebenen Adresse erreichbar ist. Die Frage, welche Pflichten der Antragsteller für eine Sondernutzungserlaubnis zu erfüllen hat, ist jedoch streng von der anderen Frage zu trennen, wer presserechtlich für die auf einem Informationsstand verteilten Druckwerke verantwortlich ist.

Zu 3.: Eine Verpflichtung für Kommunen, Antragsteller für Informationsstände als Sondernutzungen über deren rechtliche Verpflichtungen aufzuklären, besteht nicht.

Zu 3.1:

Das Rechtsamt der Stadt Erlangen hat mitgeteilt, dass Herr S. im konkreten Fall einen Bescheid erhalten habe, der mit 13

Auflagen versehen war. Er sei im Bescheid darauf hingewiesen worden, dass der Inhalt der Informationen nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder die Strafgesetze verstoßen dürfe. Ebenso sei die Durchführung einer Sammlung (auch Mitgliederwerbung) nicht gestattet gewesen.

Zu 4.: Das Rechtsamt der Stadt Erlangen hat mitgeteilt, dass die Verantwortlichkeit des Herrn S. für die falsche Impressumsangabe u. a. aus der Tatsache geschlossen werde, dass Herr S. sich bei der Anmeldung des Infostandes als verantwortlich für die Durchführung und Einhaltung der Auflagen erklärt habe. Herr S. habe mit Anhörungsschreiben der Polizei vom 08.02.1999 die Gelegenheit erhalten, sich zu dem gegen ihn erhobenen Vorwurf zu äußern. Weder im Zusammenhang mit dem Beschluß des Amtsgerichts Erlangen bezüglich der richterlichen Beschlagnahme der Druckwerke, noch im Laufe des Ordnungswidrigkeitenverfahrens habe Herr S. erklärt, daß er für die Impressumsangabe nicht verantwortlich sei.

Zu 4.1:

Wenn der Täter irrigerweise angenommen hat, dass es sich um ein korrektes Impressum handelt, sind die Grundsätze der Irrtumslehre, die im Strafrecht entwickelt wurden, heranzuziehen. Bei einem Irrtum über Tatumstände entfällt der Vorsatz, doch kann hier Ahndung wegen fahrlässigen Verhaltens in Frage kommen (§ 11 Abs. 1 Bei unvermeidbarem Verbotsirrtum entfällt jede Schuld (§ 11 Abs. 2 Wer in unvermeidbarem Irrtum über das Bestehen einer Rechtsvorschrift sein Verhalten für nicht rechtswidrig oder in Folge einer irrtümlichen Annahme eines so existierenden Rechtfertigungsgrundes für erlaubt hält (sogenannter Erlaubnisirrtum, der auch ein Verbotsirrtum ist), kann nicht mit einer Geldbuße belegt werden. Ob diese Umstände im vorliegenden Fall gegeben sind, bedarf einer genauen Einzelfallprüfung, die die Staatsregierung nicht abstrakt vornehmen kann.

Zu 5. und 5.1:

Es entzieht sich der Kenntnis der Staatsregierung, wer für die von der CSU ausgelegten Unterschriftenlisten im Sinne des Presserechts verantwortlich ist, zumal von verschiedenen Verbänden und Untergliederungen unterschiedliche Listen erstellt wurden.

Zu 5.2:

Das Gesetz über die Presse regelt in § 13 Tatbestände als Ordnungswidrigkeiten und trifft in § 14 Regelungen als Strafvorschriften.

1. Die Entgegennahme von Anzeigen in Bezug auf Sachverhalte, die dem Ordnungswidrigkeitenkatalog des § 13 unterfallen, beurteilt sich im Hinblick auf die Zuständigkeit der Polizei nach § 53 Nach dieser Vorschrift sind Behörden und Beamte des Polizeidienstes Ermittlungsorgane bei der Erforschung von Ordnungswidrigkeiten, die in dieser Funktion auch Anzeigen von ordnungswidrigen Sachverhalten entgegennehmen. Die Entgegennahme von Anzeigen wegen einer Ordnungswidrigkeit richtet sich nach § 46 Abs. 1 i. V. m.

§ 158 Abs. 1 Satz 1 Eine Anzeige ist grundsätzlich entgegenzunehmen. Die Polizei hat, da sie § 53 Abs. 1 lediglich mit der Erforschung von Ordnungswidrigkeiten beauftragt, die Anzeigen, die bei ihr eingehen, an die Verfolgungsbehörde weiterzuleiten. Die Polizei hat aber auch die Möglichkeit, wenn sie selbst die Sache für bedeutungslos hält, der Anzeigende aber auf eine Verfolgung besteht, diesen an die Verfolgungsbehörde zu verweisen. Eine Verweisung erscheint nur dann nicht zulässig, wenn es dem Anzeigenden wegen des damit verbundenen Aufwandes unzumutbar wäre, sich selbst an die Verfolgungsbehörde zu wenden. Diese wiederum kann ­ wegen des im Ordnungswidrigkeitenrecht herrschenden Opportunitätsprinzips ­ die Aufnahme der Anzeige dann ablehnen, wenn sie die Ordnungswidrigkeit für bedeutungslos hält.

2. Im Bereich einer Anzeige wegen der Verletzung von Strafvorschriften gemäß § 14 gilt das Legalitätsprinzip des § 152 Abs. 2 Seine Ausformung findet das Legalitätsprinzip im Bereich der Strafverfolgung in der Vorschrift des § 158 Abs. 1 der die Adressaten einer Anzeige benennt (Staatsanwaltschaft, Behörden, Beamte des Polizeidienstes und Amtsgerichte). Aus der Zuständigkeit für die Entgegennahme ergibt sich auch eine Verpflichtung zu dieser. Auch hier besteht ausnahmsweise die Möglichkeit, dem Anzeigenden, der eine mündliche Anzeige erstattet, nahezulegen, sich an die für die Bearbeitung zuständige Stelle zu wenden, falls dies ohne erheblichen Aufwand an Zeit und Mühe und ohne Gefahr der Fristversäumung möglich ist.