Attraktivität des Justizvollzugsdienstes

In Bayern fehlen derzeit rund 1000 Vollzugsbeamte im Strafvollzug. Neben der Bereitstellung öffentlicher Haushaltsmittel für diese Stellen geht es auch darum, die Tätigkeit im Strafvollzug für Bewerber attraktiv zu machen. Dies ist derzeit offensichtlich nicht gegeben, denn es fehlen Bewerber für diese Berufslaufbahn. Über die Gitterzulage für Beamtenanwärter kann die Vergütung der Grundbezüge in den 18 Monaten Ausbildungszeit angehoben werden, womit der Justizvollzugsdienst im Wettbewerb um gute Leute auf dem Arbeitsmarkt deutlich gestärkt wird.

Wir fragen deshalb die Staatsregierung:

1. Welche Voraussetzungen müssen die Bewerber für den Dienst im bayerischen Strafvollzugerfüllen, vorausgegangene Berufsausbildung und Ähnliches?

2. Wie hoch ist der Unterhaltsbeitrag für die Beamtenanwärter in den bayerischen Justizvollzugsanstalten? Wird hier zwischen ledig und verheiratet unterschieden?

3. Stimmt es, dass die sogenannte Gitterzulage nicht während der Zeiten, in denen theoretische Ausbildung stattfindet, bezahlt wird?

4. Wenn ja, was sind hierfür die Gründe und hält die Staatsregierung dies im Besonderen im Hinblick auf Famileneinkommen für gerechtfertigt?

5. Welche Bedingungen müssten vorliegen, dass die Gitterzulage auch für die Zeiten der theoretischen Ausbildung bezahlt wird?

Für die Bediensteten des bayerischen Strafvollzugs konnten in den letzten Jahren sowohl auf bundesrechtlicher als auch auf landesrechtlicher Ebene beachtliche Fortschritte erreicht werden, die bei den Justizvollzugsbediensteten zu einer erheblichen Motivationssteigerung geführt haben und die Tätigkeit im Justizvollzugsdienst insgesamt gesehen für Bewerber gegenüber früheren Jahren attraktiver gemacht haben.

Zu nennen ist hierbei zunächst die Anhebung der Eingangsbesoldung für die Beamten in der Laufbahn des allgemeinen Vollzugsdienstes von Besoldungsgruppe A 5 nach Besoldungsgruppe A 7 in den Jahren 1990 und 1993.

Darüber hinaus konnten in den letzten Jahren für die bayerischen Justizvollzugsbediensteten entscheidende strukturelle Verbesserungen verwirklicht werden. Aufgrund der Verordnung der Staatsregierung über Stellenobergrenzen für den mittleren Dienst bei den Justizvollzugsanstalten vom 22. Dezember 1998 wurde der Stellenschlüssel ­ in Bayern als erstem Land ­ in den Laufbahnen des allgemeinen Vollzugsdienstes und des mittleren Werkdienstes mit Wirkung vom 1. Januar 1999 deutlich erweitert. Im allgemeinen Vollzugsdienst wurden die Stellenobergrenzen in A 9 von bisher 20 % auf 30 % sowie bei A 8 von bisher 30 % auf 40 % erweitert. Im mittleren Werkdienst erfolgte eine Erweiterung im A 9-Bereich von bisher 25 % auf 35 %, im A 8-Bereich von bisher 40 % auf künftig 45 %.

Zur notwendigen stellenmäßigen Umsetzung der erweiterten Stellenobergrenzen im Haushalt hat der Ministerrat am 9. Februar 1999 beschlossen, dass bereits im Haushalt 1999/2000 insgesamt 555 der nach der Stellenobergrenzenverordnung insgesamt möglichen 1.190 Stellenhebungen verwirklicht werden. In den Haushalt 2001/2002 werden weitere 440 Hebungen eingestellt, die restlichen 195 Stellenhebungen werden im Haushaltsjahr 2003 verwirklicht. Bis zum Jahr 2003 können damit insgesamt etwa 2.000 der ca. 3.000 uniformierten Justizvollzugsbeamten, d. h. über 80 % des Vollzugspersonals, mit einer Beförderung rechnen.

Allein in der Zeit vom 1. Oktober bis 1. Dezember 1999 wurden 495 Beförderungen im allgemeinen Vollzugsdienst und im mittleren Werkdienst vorgenommen. Bis Ende 2000 werden etwa 500 weitere Beförderungen folgen. Es handelt sich hierbei um das umfangreichste Beförderungsprogramm in der Geschichte des bayerischen Justizvollzugs.

Im Doppelhaushalt 1999/2000 wurden auch die Aufstiegsmöglichkeiten in den gehobenen Dienst für die Beamten des mittleren Justizvollzugsdienstes entscheidend verbessert.

Durch Hebung von A 10-Stellen wurden erstmals A 11-Aufstiegsstellen für den Verwendungsaufstieg (§ 37 a Laufbahnverordnung) geschaffen. Damit können die Spitzenbeamten der Laufbahnen des mittleren Justizvollzugsdienstes künftig bis A 11 aufsteigen. Durch entsprechende Hebungen von Spitzenstellen des mittleren Dienstes wurden darüber hinaus weitere Aufstiegsmöglichkeiten für Beamte des mittleren Justizvollzugsdienstes geschaffen. Ab 1. Januar 2000 stehen insgesamt 80 Aufstiegsstellen für die Beamten des mittleren Justizvollzugsdienstes zur Verfügung.

An der Gewinnung bereits lebens- und berufserfahrener Bewerber für die Laufbahnen des allgemeinen Vollzugsdienstes und des mittleren Werkdienstes besteht im Hinblick auf den schwierigen Dienst in diesen Laufbahnen ein erhebliches Interesse. Mit Sicherheit auch infolge der oben dargestellten personellen und strukturellen Verbesserungen in den Laufbahnen des uniformierten Justizvollzugsdienstes ist es in den vergangenen Jahren gelungen, die für die Einstellungen in diesen Laufbahnen zur Verfügung stehenden Planstellen zeitgerecht mit in jeder Hinsicht geeigneten Bewerbern zu besetzen. Für das jährlich durchgeführte Ausleseverfahren zur Einstellung in die Laufbahn des allgemeinen Vollzugsdienstes haben sich für das Einstellungsjahr 1993 478 Bewerber, für das Einstellungsjahr 1995 963 Bewerber, für das Einstellungsjahr 1997

1.366 und für das Einstellungsjahr 1999 1.282 Bewerber bei den Justizvollzugsanstalten angemeldet. Tatsächlich an der Ausleseprüfung teilgenommen haben für die Einstellungen 1993 351, für die Einstellungen 1995 670, für die Einstellungen 1997 888, für die Einstellungen 1999 815

Bewerber. Aufgrund der derzeit vorliegenden Bewerberzahlen wird es voraussichtlich auch für die nächsten zum 1. Oktober 2000 erfolgenden Einstellungen möglich sein, die vorhandenen Planstellen (voraussichtlich etwa 160) des allgemeinen Vollzugsdienstes mit geeigneten Bewerbern zu besetzen, wenngleich gegenüber den Vorjahren die Bewerberzahlen deutlich rückläufig sind. So haben sich für die Einstellungen zum 1. Oktober 2000 899 Bewerber zum Ausleseverfahren angemeldet; tatsächlich teilgenommen haben 539 Bewerber an dem Ende November 1999 durchgeführten Ausleseverfahren.

Die einzelnen gestellten Fragen beantworte ich wie folgt:

Zu 1.: Nach den Bestimmungen der einschlägigen Zulassungs-, Ausbildungs- und Prüfungsordnungen darf in die Laufbahn des allgemeinen Vollzugsdienstes nur eingestellt werden, wer mindestens 20 Jahre alt ist und den Abschluss einer Realschule oder den qualifizierenden Hauptschulabschluss bzw. den Hauptschulabschluss und eine abgeschlossene förderliche Berufsausbildung nachweist. In den Vorbereitungsdienst für den mittleren Werkdienst darf nur eingestellt werden, wer mindestens 20 Jahre alt ist, den Hauptschulabschluss besitzt und die Meisterprüfung nachweist.

Zu 2.: Beamtenanwärter in den Laufbahnen des allgemeinen Vollzugsdienstes und des mittleren Werkdienstes (Eingangsbesoldungsgruppe A 7) erhalten ab dem 1. März 1999 einen monatlichen Anwärtergrundbetrag in Höhe von 1.471,47 DM. Verheiratete Anwärter erhalten einen monatlichen Familienzuschlag in Höhe von 180,36 DM (Stufe 1). Der Familienzuschlag erhöht sich für verheiratete Anwärter mit einem Kind auf monatlich 342,42 DM. Bei mehr als einem Kind erhöht sich der Familienzuschlag für das zweite zu berücksichtigende Kind um 162,06 DM, für das dritte und jedes weitere zu berücksichtigende Kind um 214,96 DM.

Zu 3. bis 5.: Gemäß Nr. 12 der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B erhalten Beamte in Ämtern der Bundesbesoldungsordnung A bei Justizvollzugseinrichtungen, in abgeschlossenen Vorführbereichen der Gerichte sowie in geschlossenen Abteilungen oder Stationen bei Psychiatrischen Krankenanstalten, die ausschließlich dem Vollzug von Maßregeln der Sicherung und Besserung dienen, und in Abschiebehafteinrichtungen eine Stellenzulage in Höhe von 186,84 DM monatlich. Die Zulage erhalten unter den gleichen Voraussetzungen Beamte auf Widerruf, die Vorbereitungsdienst leisten.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 23. April 1998 2 C 1.97) entschieden, dass unter Justizvollzugseinrichtungen im Sinne des Besoldungsrechts nur Dienststellen oder Teile von Dienststellen zu verstehen sind, die unmittelbar für die Durchführung des Strafvollzugs mit den damit verbundenen herausgehobenen Funktionen zuständig sind. Mittelbar dem Justizvollzug dienende Tätigkeiten gehören danach nicht zu diesen herausgehobenen Funktionen. Nr. 12 der Vorbemerkungen sei so zu verstehen, dass an die in den bezeichneten Einrichtungen beschäftigten Beamten besondere, über die Normalanforderungen der Laufbahn hinausgehende Anforderungen gestellt werden. Die erhöhten Anforderungen seien mit der Tätigkeit in abgeschlossenen Bereichen und dem ständigen Umgang mit Straffälligen verbunden. Die derartig verwendeten Beamten leisteten ihren Dienst unter schwierigen äußeren psychischen Bedingungen. Sie seien zu ständiger erhöhter Wachsamkeit angehalten und müssten notfalls Leben und Gesundheit einsetzen, um Ausbruchsversuche oder Übergriffe der ihrer Obhut anvertrauten Personen zu verhindern.

Auf der Grundlage dieser höchstrichterlichen Entscheidung erhalten die bei der Bayerischen Justizvollzugsschule in Straubing beschäftigten Beamten, Angestellten und Arbeiter sowie die Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst während der theoretischen Ausbildung bei der Justizvollzugsschule (insgesamt sechs Monate) seit 1. Mai 1999 diese Zulage nicht mehr. Die insoweit ergangenen Entscheidungen der zuständigen Bezirksfinanzdirektion wurden von Bediensteten der Bayerischen Justizvollzugsschule ­ nach vorangegangenem Widerspruchsverfahren ­ angefochten. Beim Verwaltungsgericht Regensburg sind insoweit derzeit mehrere verwaltungsgerichtliche Klagen von Bediensteten anhängig. Gegenstand der Klageverfahren ist die Frage, ob die zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, die zu einem Fall in Hamburg ergangen ist, auch für die Bediensteten der Bayerischen Justizvollzugsschule in Straubing ­ und damit zugleich für die Anwärter in den Laufbahnen des allgemeinen Vollzugsdienstes und des mittleren Werkdienstes in den Zeiten ihrer sechsmonatigen fachtheoretischen Ausbildung ­ anzuwenden ist.

Der Ausgang dieser Klageverfahren bleibt zunächst abzuwarten. Die Staatsregierung wird nach rechtskräftigem Abschluss der Klageverfahren prüfen, ob Weiteres veranlasst ist.