Tiermehlverwertung

Tiermehlverwertung in Bayern

Ein Bericht der Verbraucherorganisation foodwatch sieht im aktuellen Umgang mit Tiermehl ein BSE-Sicherheitsrisiko.

Von den jährlich mehr als 1 Mio. t in Deutschland anfallenden Tiermehlen werden 170.000 t als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt. Dabei kann nicht sicher ausgeschlossen werden, dass dieser Dünger illegal auch als Tierfutter eingesetzt wird. Die Verfütterung von Tiermehlen ist jedoch seit Anfang 2001 in Europa verboten, da unzureichend erhitztes Tiermehl als Ursache für die Verbreitung der Rinderseuche BSE gilt. Die Kontrolle des Verfütterungsverbotes unterliegt den Bundesländern, deshalb frage ich die Staatsregierung:

1. Welche Mengen an Produkten der Tierkörperverwertung (Tiermehl, Fleischknochenmehl, Blutmehl, Federmehl, Tierfett etc.) sind in Bayern in den letzten fünf Jahren angefallen?

2. a) Wie sieht die Import/Export-Bilanz bei Produkten der Tierkörperverwertung für Bayern für die letzten fünf Jahre aus?

b) Aus welchen Ländern werden Produkte der Tierkörperverwertung nach Bayern importiert?

3. In welchem Umfang wird in Bayern Tiermehl als Düngemittel eingesetzt?

4. Erfolgt in bayerischen Tierkörperverwertungen eine Kenntlichmachung oder Vergällung von Tiermehl?

5. In welchem Umfang wird Tiermehl in Bayern durch Verbrennung entsorgt?

6. Gibt es staatliche Kontrollen zur Überprüfung des Verfütterungsverbotes von Tiermehl?

Wenn ja

a) Wie häufig werden diese durchgeführt?

b) In wie vielen Fällen wurden Verstöße ermittelt?

7.a) Welche Möglichkeiten hat die Staatsregierung, um die ordnungsgemäße Verwendung von Tiermehlen sicherzustellen?

a) In wie weit ist sichergestellt, dass eine ordnungsgemäße Einstufung in die verschiedenen Risikokategorien erfolgt?

8. In welcher Höhe fließen staatliche Mittel in die Abholung und Entsorgung von Tierkadavern?

Antwort des Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz vom 24.01.

Die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Barbara Rütting und Ruth Paulig beantworte ich zusammen mit dem Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten wie folgt:

Die tierischen Nebenprodukte werden nach der VO (EU) Nr. 1774/2002 vom 03.10.2002 (anwendbar seit 1. Mai 2003) in drei Kategorien eingeteilt: Material der Kategorie 1 muss entsorgt werden und umfasst u. a. spezifiziertes Risikomaterial und BSE-Rinder.

Material der Kategorie 2 darf nicht verfüttert werden (Ausnahmen für Exoten möglich) und umfasst u. a. gefallene Schweine und Tierkörper mit Rückständen von zugelassenen Tierarzneimitteln.

Material der Kategorie 3 ist nicht für den menschlichen Verzehr geeignet und umfasst u. a. Schlachtabfälle und Tierkörperteile (Wolle, Häute usw.) von genusstauglichen Tieren.

Zum besseren Verständnis wird bei der Beantwortung der Fragen auch für die Zeit vor dem 01.05.2003 ­ soweit möglich ­ eine Einteilung des Materials nach Kategorien vorgenommen.

Zu 1.: In Bayern sind nach den uns zur Verfügung gestellten Daten folgende Mengen an Produkten der Tierkörperverwertung angefallen:

Die Im-/Exportbilanz von Produkten der Tierkörperverwertung sieht nach den uns zur Verfügung gestellten Daten folgendermaßen aus: Lediglich 16 Tonnen Tiermehl (Kategorie 3) wurden aus einem Drittland (Indien) eingeführt. Das übrige Tiermehl stammte aus EU-Mitgliedstaaten (v. a. Niederlande, Belgien, Frankreich und Italien). Vornehmlich handelte es sich bei dem verbrachten Tiermehl um Material der Kategorie 1. Wurde es nach Bayern verbracht, wurde es verbrannt (es gibt in Bayern 17 hierfür zugelassene Verbrennungsanlagen).

Nach Bayern verbrachtes Tiermehl der Kategorie 3 fand vornehmlich in der Heimtierfutterindustrie, teilweise auch in der Verdüngung Verwendung, oder es wurde zusammen mit Kategorie 1 Tiermehl verbrannt.

Zu 3.: Düngemittel aus Tiermehlen wurden nach den uns zur Verfügung gestellten Daten in folgender Menge in bayerischen Betrieben hergestellt:

Zur Frage, in welchem Umfang Tiermehl als Düngemittel aus Material der Kategorie 3 in Bayern eingesetzt wird, liegen keine Informationen vor, da dieses Material frei handelbar ist. Zum Einsatz von Tiermehl der Kategorie 2 als Düngemittel in bayerischen landwirtschaftlichen Betrieben siehe Frage Nr. 6.

Bei der Abgabe von Stoffen zum Zweck der Düngung sind die für das Inverkehrbringen geltenden düngemittelrechtlichen Vorschriften zu beachten. Düngemittel dürfen nur dann abgegeben werden, wenn sie u. a. den stofflichen Anforderungen und den Kennzeichnungspflichten nach der Düngemittelverordnung (DüMV) entsprechen. Eine Anzeigepflicht für das Inverkehrbringen von Düngemitteln besteht nicht.

Die Verwendung von Tiermehl als Düngemittel stellt im Übrigen eine problematische Lücke bei der Bekämpfung von BSE dar. Zunächst wird so Tiermehl wieder in die Landwirtschaft eingebracht. Hierbei kann, solange die Kennzeichnung des Tiermehls noch nicht geregelt ist (siehe unter 4.), eine missbräuchliche Verwendung als Futtermittel nur schwer kontrolliert werden. Zum anderen wird über die Düngung Tiermehl wieder in den Nahrungsmittelkreislauf gebracht. Erschwerend kommt hinzu, dass eine nachträgliche Analyse, aus welcher Kategorie das Tiermehl hergestellt wurde, ebenso wenig möglich ist, wie eine Differenzierung nach Tierarten, insbesondere Wiederkäuer. Deshalb hat die Bayerische Staatsregierung mehrfach ein Verbot des Einsatzes von Tiermehl als Düngemittel gefordert. Leider ist das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft hierzu nicht bereit.

Zu 4.: In Bayern gibt es 8 Tierkörperbeseitigungsanlagen, von denen 7 Betriebe ein Gemenge aus Material aller drei Kategorien verarbeiten und daraus nur Tiermehl und Tierfett der Kategorie 1 herstellen können. Eine bayerische Tierkörperbeseitigungsanlage verarbeitet lediglich Material der Kategorie 2 zu Tiermehl und Tierfett der Kategorie 2.

In Bayern erfolgt in den Tierkörperbeseitigungsanlagen/verwertungsbetrieben keine Kenntlichmachung oder Vergällung von Tiermehl, da bislang Vorgaben von der EU über die Art der Kennzeichnung ausstehen. Wir erwarten diese im Laufe des nächsten Jahres.

Um trotzdem eine sichere Entsorgung des Tiermehls der Kategorie 1 sicherzustellen, wird mit dem produzierten Tiermehl folgendermaßen weiter verfahren: Der Transport sowohl des Tiermehls als auch des Tierfettes zu den zugelassenen Verbrennungsanlagen erfolgt in verplombten Transportfahrzeugen. Auf den begleitenden Lieferscheinen sind Gewicht, LKW-Kennzeichen, Datum, Verplombung, Empfänger und Absender vermerkt. Die aufnehmende Verbrennungsanlage muss den Erhalt und die Verbrennung der Ware auf dem Lieferschein bestätigen. Die für die Verbrennungsanlage zuständige Behörde überprüft stichprobenweise die Annahme und Verbrennung von Tiermehl bzw. Tierfett.

Hinweise auf Unregelmäßigkeiten liegen nicht vor.

Tiermehl der Kategorie 2 unterliegt ebenfalls der Lieferschein- und Meldepflicht, sodass der Verbleib der Ware (i. d.

R. als Düngemittel) nachverfolgt und überprüft werden kann.

Tiermehl der Kategorie 3 ist frei handelbar. Es muss allerdings in zugelassenen Verarbeitungsbetrieben für Material der Kategorie 3 hergestellt und der Ware ein entsprechendes Handelspapier mitgegeben werden.

Zu 5. Nach § 1 des ist das Verfüttern proteinhaltiger Erzeugnisse (...) an Nutztiere (...) verboten. Bei Beantwortung der Anfrage wird in der Folge die korrekte Bezeichnung proteinhaltige Erzeugnisse oder tierische Bestandteile verwendet.

Seit Inkrafttreten des Verfütterungsverbotsgesetzes wurden intensive Kontrollen durchgeführt mit folgenden Ergebnissen:

Seit Inkrafttreten des Verfütterungsverbotes hat Bayern

Im Jahr 2004 wurden bis einschließlich Oktober in bislang nur einer einzigen der gut 800 untersuchten Proben Verschleppungen festgestellt; sowohl 2003 als auch bis Oktober 2004 wurden in keinem einzigen Futtermittel für Wiederkäuer tierische Proteine nachgewiesen.

Bei allen Verunreinigungen wurden stets nur geringste Verschleppungen tierischer Bestandteile nachgewiesen (z. B. Mäuse-/Rattenknochen), die alle deutlich unter 0,5 Prozent ­ und somit an der mikroskopischen Erfassungsgrenze ­ lagen. Somit gibt es bisher keine Hinweise auf eine illegale Verfütterung von Tiermehl in Bayern.

Im November 2004 wurde über das Schnellwarnsystem der EU bekannt, dass Zuckerrübenschnitzel aus deutscher Produktion mit Spuren tierischer Bestandteile.

In einer Sonderaktion hat das alle landwirtschaftlichen Betriebe, die 2004 Tiermehl der Kategorie 2 direkt bezogen haben, ermittelt. Es handelt sich hierbei lediglich um 6 Betriebe: 2 reine Pflanzenbaubetriebe, 1 Pferdehalter, 3

Nutztierhalter (Schweine, Bullen). Bei den nutztierhaltenden Betrieben wurde jeweils eine Futtermittelprobe gezogen und diese auf das Vorhandensein von tierischen Bestandteilen analysiert. In keinem Fall konnten Verschleppungen tierischer Bestandteile nachgewiesen werden.

Die Vertriebswege für Tiermehl und Tierfett aus Kategorie 1 und 2 werden in Bayern dahingehend verfolgt, dass die Tierkörperbeseitigungsanstalten monatliche Meldungen über die Tiermehl- und Tierfettvertriebswege bei den Regierungen abgeben müssen. Des Weiteren müssen die Verbrennungsanlagen für Tiermehl rückmelden (Begleitscheinsystem), wie viel Tiermehlfett verbrannt wurde (siehe auch Frage 4).

Die Kreisverwaltungsbehörden führen außerdem eine Plausibilitätsprüfung von Rohwareneingang und Tiermehlverbleib durch, um u. a. eine Fehlleitung von Tiermehlsendungen, z. B. in die Futtermittelherstellung, auszuschließen.

Hinsichtlich des Inverkehrbringens von Tiermehlen als Düngemittel (Kategorie 2 und 3) hat Bayern im Rahmen der seinerzeitigen Beratungen im Bundesrat zur Novellierung der DüMV einen Antrag zur Streichung der Ausgangsstoffe Knochenmehl, Fleischknochenmehl, Blut, Magen-, Darmund Panseninhalte zur Erstellung von Düngemitteln eingebracht. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Die Einhaltung der Düngemittelverordnung wird im Rahmen der Düngemittelkontrolle geprüft.

Bei den Anfallstellen (u. a. Schlachtstätten) werden die tierischen Nebenprodukte kategorisiert und getrennt. Material der Kategorie 1 wird blau eingefärbt und getrennt von K 2und K 3-Material gesammelt. Hierdurch wird gewährleistet, dass SRM- und damit potentiell BSE-Erregerhaltiges Material gesondert und sicher entsorgt wird.

Das K 1- und K 2-Material wird anschließend zu den beseitigungspflichtigen Tierkörperbeseitigungsanstalten verbracht und dort zu Tiermehl verarbeitet. Teilweise wird auch Material der Kategorie 3 nicht gesondert gesammelt, sondern mit K 1- und K 2-Material zusammen entsorgt. Tiermehle und -fette der Kategorie 1 werden verbrannt. Kategorie 2 Tierfett wird i. d. R. auch verbrannt (teilweise als Brennstoffersatz), ist aber auch ausnahmsweise für technische Zwecke verwendbar. Zur sicheren Verbrennung von Tiermehl/-fett der Kategorie 1 siehe Frage 4.

Teile des K 2-Tiermehls sind für die Düngung zugelassen und können auf landwirtschaftliche Anbauflächen ausgebracht werden. Material der Kategorie 3 ist auf dem Markt frei handelbar und darf z. B. zu Heimtierfutter oder Düngemittel verarbeitet oder für technische Zwecke verwendet werden.

Eine ordnungsgemäße Einstufung in die verschiedenen Risikokategorien und eine sichere Entsorgung ist damit sichergestellt.

Zu 8.: Die Beseitigung von Tierkörpern von Vieh im Sinne des Tierseuchengesetzes (insbesondere Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen, Geflügel, Pferde) ist für den Tierhalter kostenfrei.

Für die Tierkörper anderer Tiere (insbesondere Heimtiere) werden kostendeckende Gebühren erhoben. Soweit die Beseitigung für den Tierhalter kostenfrei ist, wird der durch die Beseitigung (inkl. Transport) der Tierkörper entstehende ungedeckte Aufwand zu jeweils einem Drittel vom Staat, den Kommunen (Landkreise und kreisfreie Städte) und der Bayerischen Tierseuchenkasse getragen. Die Tierseuchenkasse finanziert das von ihr getragene Drittel aus den Pflichtbeiträgen der Tierhalter zur Tierseuchenkasse.

Die Beteiligung des Staates betrug 2000: rund 2,57 Mio., 2001: rund 4,22 Mio., 2002: rund 3,87 Mio., 2003: rund 3,74 Mio. (noch nicht vollständig abgerechnet).

Die Beteiligung des Staates an den Beseitigungskosten für das Jahr 2004 kann noch nicht beziffert werden, da sie erst nach Abschluss des Geschäftsjahres errechnet werden kann.

Darüber hinaus hat sich der Staat an den Kosten für die Tiermehlverbrennung in der Zeit von Dez. 2000 bis Ende 2002 beteiligt. Die Maßnahme war Teil der Verbraucherschutzinitiative Bayern 2001/2002. Ihr Ziel war es, die Fleisch- und Landwirtschaft von den finanziellen Folgen der BSE-Krise zu entlasten, die unter anderem in stark gestiegenen Beseitigungskosten bestanden. Die staatliche Beteiligung an den Tiermehlverbrennungskosten betrug insgesamt rund 12,8 Mio.. Sie ist in Höhe von rund 30 % (exakte Bezifferung nicht möglich) zusätzlich in die Entsorgung der Tierkörper geflossen.