Mehrwertsteuer

Hier habe ich so einen dicken Hals bekommen. Ich finde das unsäglich und unglaublich.

(Thomas Kreuzer (CSU): Frau Kollegin, bleiben Sie doch ruhig! Das ist doch so ungesund!) Man darf sich in dem Hause doch noch aufregen, Herr Kreuzer. Er muss das doch hören.

Seit drei Jahren versuche ich, den Tourismus in diesem Haus zu thematisieren. Was bekomme ich darauf zur Antwort? ­ Das machen wir schon, das ist schon erledigt, das haben wir schon gemacht. Jetzt gibt Herr Herrmann eine Pressemitteilung heraus und bestätigt genau das, was wir gefordert haben. Sie müssen sich einmal den Zeitraum vorstellen. 2005 haben wir die Anhörung gefordert. Wir haben zwei Jahre gewartet, und schon hat die Anhörung stattgefunden.

(Beifall bei der SPD)

So wichtig ist der CSU dieses Thema. Jetzt, nach der Anhörung, die wir nach zwei Jahren endlich erreicht haben, sind Sie auch auf dieses Thema gekommen.

Herr Pschierer, bei Ihnen habe ich vermisst, dass Sie die Schwächen, die in der Anhörung benannt worden sind, darstellen. Online-Präsenz, gemeinsame Tools, bessere Buchbarkeit quer durch Bayern haben wir gefordert

­ aber das haben wir doch schon, wie Sie bei unseren Anträgen regelmäßig feststellten.

Ich darf aber auch ein paar erfreuliche Zahlen und Daten nennen, denn wir freuen uns auch darüber, dass 22 % aller Übernachtungen in Deutschland in Bayern stattfinden. Das ist doch wunderbar. Wir wissen, dass wir nach Italien und Spanien das beliebteste Reiseland sind.

Das ist doch auch wunderbar. Soviel Sonne im Tourismus haben wir schon immer in den Pressemitteilungen von Herrn Wiesheu oder seinem Nachfolger, Herrn Huber, erfahren. In Bayern ist immer alles bestens. Wir haben immer die besten Pressemitteilungen lesen können. Ein Rekordjahr gab es hier, ein Rekordjahr gab es auch dort.

Sie haben die Arbeitsplätze im Tourismus angeführt, Herr Pschierer. Es wäre schön, wenn diejenigen, die im Tourismus arbeiten, auch einmal in den Urlaub fahren könnten. Soll ich Ihnen sagen, was diese Menschen verdienen? ­ In der Stadt Straubing gibt es im Gaststättengewerbe das Beispiel eines Stundenlohns von 2,92 Euro.

Das ist der Verdienst im Tourismus. Man könnte noch mehr Einnahmen im Tourismus verzeichnen, wenn auch diese Leute in den Urlaub fahren könnten.

(Beifall bei der SPD ­ Alexander König (CSU):

Was schlagen Sie denn vor? ­ Gegenruf der Abgeordneten Christa Steiger (SPD): Mindestlohn!)

Ich muss die Rekordjahr-Begeisterung etwas dämpfen.

Verschiedene Professoren, ob Herr Pechlaner oder Herr Meyer, haben darauf hingewiesen, dass die Übernachtungsentwicklung in Bayern unterdurchschnittlich blieb.

Im Gesamtzeitraum von 1993 bis 2004 gingen die Übernachtungszahlen sogar zurück, obwohl in München und Oberbayern überdurchschnittlich viele ausländische Gäste zu verzeichnen waren. Herr Herrmann hat inzwischen erkannt, dass es regionale Unterschiede gibt und die Aufenthaltsdauern unterschiedlich stark sinken. Ich erspare Ihnen, Ihre regelmäßigen Aussagen zum Rekordjahr zu zitieren. Nicht ersparen kann ich aber einen Ausspruch der CSU Passau. Herr Regierungsdirektor Keilwerth, Regierung von Niederbayern, hat das folgendermaßen tituliert: Ein Übernachtungsrückgang von über 9 % im Bayerischen Wald und von 20 % im Rottaler Bäderdreieck im letzten Jahrzehnt sei darauf zurückzuführen, dass man zu lange von der Substanz gelebt habe und das Tourismusangebot nicht mehr dem Standard entspreche, den Österreich oder Südtirol böten.

Ich kann Ihnen ein paar weitere Zahlen nicht ersparen, die auch in diesen Vergleichszeitraum fallen: Bayern hat ein Plus von 18,1 % bei der Gästeankunft, bei Übernachtungen aber ein Minus von 4,8 %. Niederbayern und Unterfranken sind mit über 12 % Spitze bei den Verlusten. In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Infrastruktur eingehen. Herr Huber preist zwar ständig die Aufsteigerregion Niederbayern, vergisst sie aber, wenn es um die Infrastruktur geht.

(Beifall bei der SPD)

Ich verweise auf den zweigleisigen Ausbau.

(Zurufe von der CSU)

Ich weiß, Sie schieben den Schwarzen Peter regelmäßig nach Berlin.

(Alexander König (CSU): Frau Peters mag Huber nicht!) Sie müssen sich vorhalten lassen, dass der Ausbau nicht im Landesentwicklungsprogramm steht. Sie haben lediglich einen weittragenden Antrag vorgelegt, dass zu gegebener Zeit dies nachgeholt werde. Die B 20 steht nicht im Landesentwicklungsprogramm, ebenso wenig die Marzlinger Spange.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Mit Recht!)

Nun gibt es das Programm der CSU Zukunft für den ländlichen Raum. Ich war der Meinung, dass das dort stehen müsste. ­ Fehlanzeige.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Wieder nichts!)

Ich vermisse Ihre niederbayerische Handschrift sehr. Sie können das aber nachholen.

In der Anhörung wurde zur Bestandsaufnahme einiges deutlich dargestellt. Wo gibt es die Defizite? ­ Sie sind bei der Qualität, der Kooperation, der Vermarktung, der Innovativität und der Koordination zwischen und in allen Ebenen zu finden. Bei den Angeboten besteht Verzettelungsgefahr, weil die Vermarktungseinheiten zu kleinräumig und damit ineffizient sind. Sie sind verwaltungsorientiert anstatt marktorientiert zu sein. Herr Pschierer hat die Bayern Tourismus Marketing ­ ­ und die Tourismusverbände angeführt. Er hat die Landkreise und die Kommunen vergessen, die auch Marketing betreiben.

Sie haben ihren eigenen Flyer. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist Geldvernichtung. Hier müsste man ansetzen.

(Beifall bei der SPD)

Das Problem wurde in der Anhörung thematisiert, aber von den Anwesenden wurde keine Lösung geboten. Die Ausstattung und die Angebote sind veraltet und nicht nachfrageorientiert. Wir haben das 100-Millionen-Programm.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Wo ist es? ­ Franz Josef Pschierer (CSU): Ein erster guter und wichtiger Schritt!) Herr Huber, meinen Respekt. So oft, wie Sie das Programm verkauft haben, muss es schon mindestens eine Milliarde sein.

(Beifall bei der SPD) Mich würde interessieren, wo das Geld mittlerweile angekommen ist.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Wo man hinkommt, nirgends!)

Ab 2008 gilt die Transparenzrichtlinie. Dann können wir fragen, wo das Geld geblieben ist. Mit den momentanen Auskünften kann man gar nichts anfangen.

Die Investitionsbereitschaft und -fähigkeit sind niedrig.

Herr Herrmann hat mehr Geld gefordert. Herr Huber wird darauf eingehen, denn 100 Millionen Euro in drei Jahren sind nicht einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein. Das ist gar nichts.

(Joachim Herrmann (CSU): Mehr als ein Tropfen schon!)

­ Da bereits ein Projekt großen Sanierungsbedarf hat, muss man, Herr Herrmann, gewaltig nachbessern.

Die Top-Regionen weisen nachlassende Dynamik aus.

Die Wintersportgebiete, die zu den Top-Regionen in Bayern zählen, hatten ein 60-prozentiges Minus. Sie haben geglaubt, man könnte den Schneemangel mit Beschneiungsanlagen beheben. Leider war es heuer nicht kalt genug, sodass man die neuen Beschneiungsanlagen im Bayerischen Wald nicht einsetzen konnte.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): So viel Wasser gibt es gar nicht!)

Ich meine, Umdenken ist angesagt.

Ich finde es nicht in Ordnung, wenn vonseiten der Staatsregierung behauptet wird, es gäbe keine Förderung für die Beschneiungsanlagen. Zwar gibt es keine Landesmittel, aber es gibt europäische Mittel für die Beschneiungsanlagen. So ehrlich solle man sein und von Förderung sprechen.

(Beifall bei der SPD) Herr Kollege Pschierer hat die Online-Präsenz angesprochen. ­ Jetzt ist er nicht da. Er hat die Online-Präsenz dargestellt, als hätte er sie soeben erfunden. Wir wissen alle, wie notwendig sie ist. Ich kann nur hoffen, dass auf diesem Gebiet etwas passiert.

Auch die Weiterbildung. Erste Vizepräsidentin Barbara Stamm: Frau Kollegin, haben Sie die Uhr im Blick?

Gudrun Peters (SPD): Oh, Frau Präsidentin, die ist mir ganz entgangen.

Erste Vizepräsidentin Barbara Stamm: Ich darf Sie daran erinnern.

Gudrun Peters (SPD): Ich will noch einen Satz sagen:

Da unsere Anträge zur Aus- und Weiterbildung noch nicht behandelt wurden, habe ich große Hoffnung, dass wir wenigstens auf diesem Feld Ihre Zustimmung erreichen können. Für diese Zustimmung möchte ich mich schon im Voraus bedanken. Vielleicht nützt das etwas.

(Beifall bei der SPD) Erste Vizepräsidentin Barbara Stamm: Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Stöttner, bitte.

Klaus Stöttner (CSU): Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kennen Sie den Unterschied zwischen der SPD und der CDU/CSU? ­ Der Unterschied ist, dass wir Haushaltsverantwortung haben.

Sie stellen Anträge auch dann, wenn sie nicht finanziert werden können. Wir stellen die Anträge dann, wenn sie Erfolg haben.

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, liebe Frau Kollegin Peters, Sie haben gesagt, dass selbst in Niederbayern die Schneekanonen nicht arbeiten konnten, weil der Winter sehr warm war. Alle neun Jahre haben wir keinen Winter und alle neun Jahre einen gigantischen Winter.

(Gudrun Peters (SPD): Welcher Wahrsager hat Ihnen das erzählt?)

­ Das, Frau Kollegin Peters, trifft auch für Straubing und Niederbayern zu.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Sind Sie neuerdings beim Wetterdienst? Respekt!)

Die Staatsregierung hat gute Entscheidungen getroffen, nämlich, dass mit Wegfall der zeitlichen Beschränkung nunmehr von November bis März der Einsatz von Beseiner schneiungsanlagen möglich ist und endlich staatliche Förderung nicht mehr verboten ist.

Wer schon einmal am Spitzingsee war und genau hinterfragt hat, was dort passiert, hat bemerkt: Ein Gast, der 10 Euro für die Bergbahn ausgibt, gibt weitere 50 Euro in der Region aus. Bei 100 000 Besuchern sind das 1 Million Euro für die Bergbahn, und 5 Millionen Euro für die Region. Bei 500 000 Gästen bleiben 25 Millionen Euro in der Region. Deshalb ist es bedeutsam, dass wir bei der Infrastruktur für den Wintertourismus einiges voranbringen.

(Unruhe ­ Glocke der Präsidentin) Berechtigterweise müssen wir uns mit unserem Nachbarland Österreich vergleichen, zum Beispiel bei der Genehmigungspraxis. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist in Österreich wesentlich einfacher als bei uns.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Schneesicherheit durch den Einsatz von Schneekanonen macht unsere Hotels voll.

Wenn man die Hoteliers fragt, warum die Gäste in diesem milden Winter frühzeitig abgereist sind, dann geben sie die fehlende Schneesicherheit als Grund an. Deswegen brauchen wir für unsere Gäste, für die Familien, die in der Region Ski fahren, Schneesicherheit.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Wenn es nicht kalt genug ist! ­ Gudrun Peters (SPD): Ist Ihnen bekannt, dass man die Zentralalpen nicht ins bayerische Hoheitsgebiet versetzen kann?)

­ Frau Kollegin Peters, schauen Sie sich einmal die Wetteraufzeichnungen seit 1950 an. Wir hatten schon immer sehr kalte und sehr milde Winter. Das hat es schon immer gegeben. Dieser milde Winter begünstigt Ihre Argumentation in der aktuellen Klimadiskussion.

Meine Damen und Herren, wir wollen in Bayern etwas bewegen. Wir haben das Problem, dass unsere Bergbahnen nicht mehr dem aktuellen technischen Stand entsprechen, und wir haben Probleme, weil unsere Bergbahnen benachteiligt sind. Alle ausländischen Bergbahnbetreiber unterliegen einem verminderten Mehrwertsteuersatz. Die deutschen Bergbahnbetreiber hingegen unterliegen dem vollen Mehrwertsteuersatz. Das heißt, die Bergbahnbetreiber in Deutschland sind benachteiligt. Das Umsatzsteuergesetz enthält den Passus, dass die Personenbeförderung im öffentlichen Personennahverkehr dem niedrigeren Mehrwertsteuersatz unterliegt. Die Bergbahnen sind von dieser Regelung explizit ausgenommen. Dass die Verantwortlichen in Schleswig-Holstein oder Mecklenburg-Vorpommern nicht interessiert, was mit den bayerischen Bergbahnen passiert, ist verständlich. Hier müssen wir aber den Finger in die Wunde legen, damit unsere Bergbahnbetriebe ebenso dem verminderten Mehrwertsteuersatz zugeordnet werden. Die Steuereinsparungen können dann in die Betriebe investiert werden.

Das ist wichtig, damit sich unsere Betriebe modernisieren können.

(Hermann Memmel (SPD): Warum nicht bei den Hotels?)

­ Alles geht nicht sofort.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

­ Wenn das so leicht wäre, Herr Kollege, dann würde ich das genauso unterstützen.

Frau Peters, Sie haben richtig gesagt, dass wir mehr Servicequalität brauchen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Dann muss man mehr in die Ausbildung investieren!)

Wir sind uns darin einig, dass wir bei der Qualität Verbesserungen erreichen müssen. Es ist wichtig, dass wir die Qualitätsverbesserung in den Vordergrund rücken.

Wir müssen uns aber auch von dem Kirchturmdenken entfernen und von den kleinen Strukturen wegkommen.

Nicht jeder kleine Verband oder jede kleine Gemeinde muss einen eigenen Prospekt bei der internationalen Tourismusmesse ITB in Berlin auslegen. Wir brauchen deshalb ein Netzwerk, und wir brauchen größere Vermarktungsgebiete und ein klareres Profil. In dieser guten politischen Stimmung müssen wir ein positives Signal für den Tourismus setzen.

Ich sage: Wir brauchen eine schnellere und unkompliziertere Begleitung vernünftigerer Tourismusprojekte. Die Überschrift muss lauten: Tourismus als Querschnittsaufgabe braucht Vorfahrt.

(Beifall der CSU ­ Gudrun Peters (SPD): Toll!

Wunderbar!) Erste Vizepräsidentin Barbara Stamm: Vielen Dank, Herr Kollege. Als nächstem Redner darf ich Herrn Kollegen Sprinkart das Wort erteilen. ­ (Peter Hufe (SPD): Das war besser als der Applaus vorher!)

­ Ich bitte, wieder zur Ernsthaftigkeit zurückzukehren.

­ Bitte schön, Herr Kollege.

Adi Sprinkart (GRÜNE): Ich weiß nicht, ob mir das gelingt. ­ Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Der Tourismus ist unstrittig ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Bayern. Trotz der sehr blumigen Worte des Kollegen Pschierer müssen wir nüchtern feststellen: Der Anteil des Tourismus am Bruttoinlandsprodukt beläuft sich auf 9 % und hat bei weitem nicht den Stellenwert wie in unserer Nachbarregion Tirol. Ganz im Gegenteil; ich erlebe, dass der Tourismus vor Ort deutlich überbewertet wird. In meinem Heimatlandkreis Oberallgäu ­ übrigens vermisse ich den Vorsitzenden des Tourismusverbandes Allgäu/ Bayerisch-Schwaben bei dieser wichtigen Diskussion ­ werden 80 % der Mittel zur Wirtschaftsförderung für den Tourismus ausgegeben. Der Tourismus hat aber nur einen Anteil an der Wertschöpfung von rund 20 %. Ein Unternehmen, das 20 % seiner Produktpalette mit 80 % seiner Werbemittel bewirbt, ohne dass eine Besserung zu verzeichnen wäre, würde das nicht lange überleben. Beim Tourismus scheint dies zu funktionieren.