Freistellung durch Arbeitgeber für die ehrenamtliche Wahrnehmung eines Gemeinderatsmandats

Es kommt vor, dass Gemeinderätinnen und Gemeinderäte die Freistellung für mandatsbedingte Verpflichtungen durch den Arbeitgeber erst nach Vorlage von Sitzungsunterlagen und detaillierter Prüfung erhalten. Eine solche Prozedur erschwert die Wahrnehmung eines Mandats, das auf demokratische Wahl gründet, und sie bedeutet einen unnötigen und teuren Bürokratieaufwand ­ für beide Seiten. Die Transparenz, die heute die Arbeit der Kommunalparlamente prägt, kommt in ausreichendem Maße dem Informations- und Kontrollbedürfnis der Arbeitgeber entgegen. Insofern erscheint eine einfache Meldung des Termins ohne Prüfung der Sachlage durch den Arbeitgeber als die angemessene Vorgehensweise gegenüber demokratisch gewählten Gemeinderätinnen und Gemeinderäten.

Ich frage die Staatsregierung:

1. In welchen Rechtsvorschriften ist die Freistellung für die ehrenamtliche Wahrnehmung eines Gemeinderats von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern durch private und öffentliche Arbeitgeber geregelt?

2. In welchem Umfang, mit welchen Fristen und mit welchem Detaillierungsgrad obliegen den Gemeinderätinnen und Gemeinderäten Nachweispflichten über ihre ehrenamtliche Tätigkeit?

3. Hält es die Landesregierung für vereinbar mit dem Wahlmandat einer Gemeinderätin oder eines Gemeinderats, dass Arbeitgebern per Einzelnachweis Auskunft gegeben werden muss über den Inhalt einer mandatsbedingten Verpflichtung?

4. Hält es die Landesregierung für vereinbar mit dem Wahlmandat einer Gemeinderätin oder eines Gemeinderats, dass Arbeitgeber die Inhalte einer mandatsbedingten Verpflichtung im Hinblick auf das Mandat bewerten und je nachdem zustimmen oder verweigern?

5. Unter welchen Umständen können öffentliche und private Arbeitgeber die Freistellung verweigern?

6. Sind mandatsbedingte Fehlzeiten durch den Arbeitnehmer nachzuarbeiten?

Zu 1., 5. und 6.: Den Beamtinnen und Beamten des Freistaats Bayern und der bayerischen Kommunen ist gemäß Art. 93 Abs. 4 Bayerisches Beamtengesetz i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Urlaubsverordnung der zu einer Tätigkeit als Mitglied einer kommunalen Vertretung notwendige Urlaub unter Fortgewährung der Leistungen des Dienstherrn zu gewähren, soweit es sich um die Teilnahme an Sitzungen handelt, in denen sie Sitz und Stimme haben. Für sonstige Tätigkeiten, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem kommunalen Mandat stehen, kann ihnen ­ wenn die Angelegenheit nicht außerhalb der Arbeitszeit, gegebenenfalls nach deren Verlegung, erledigt werden kann ­ gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 nach pflichtgemäßem Ermessen des Dienstherrn der erforderliche Urlaub unter Fortgewährung der Leistungen des Dienstherrn bis zu regelmäßig fünf Stunden wöchentlich gewährt werden; dabei ist in jedem Fall die ordnungsgemäße Erledigung der Dienstgeschäfte zu gewährleisten. Sollte der Beamte wegen der ehrenamtlichen Betätigung regelmäßig mehr als fünf Stunden wöchentlich dem Dienst fernbleiben müssen, kann Sonderurlaub unter entsprechender Bezügekürzung gewährt werden (§ 17 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. Abs. 3 und § 18 Eine Nachleistungspflicht für Beurlaubungszeiten besteht nicht.

Bei den beim Freistaat Bayern und bei bayerischen Kommunen beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern kann aufgrund allgemeiner Zustimmung des Staatsministeriums der Finanzen bzw. des Kommunalen Arbeitgeberverbands Bayern e.V. in gleicher Weise wie bei Beamtinnen und Beamten verfahren werden.

Inwieweit bei privaten Arbeitgebern Beschäftigte für die Ausübung eines kommunalen Mandats mit oder ohne Nachleistungspflicht beurlaubt werden, hängt jeweils vom konkreten Arbeitsvertrag und dessen inhaltlicher Ausgestaltung ab. In Zweifelsfällen gilt es, die beiderseitigen berechtigten Interessen in Ausgleich zu bringen: einerseits das Interesse des Arbeitnehmers an der Wahrnehmung seines ehrenamtlichen Mandats, was zugleich im öffentlichen Interesse der kommunalen Selbstverwaltung liegt, sowie andererseits die betrieblichen und wirtschaftlichen Belange des Arbeitgebers, insbesondere sein Interesse an der Erbringung der durch den Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitskraft. Das Staatsministerium des Innern geht davon aus, dass in der Praxis regelmäßig eine zufriedenstellende Einigung zwischen den Beteiligten erzielt werden kann. Dies gilt umso mehr, als der Arbeitnehmer einen Verdienstausfall, der bei einer ohne Entgeltfortzahlung gewährten Freistellung entsteht, gemäß Art. 20 a Abs. 2 Nr. 1 GO gegenüber der Gemeinde geltend machen kann.

Darüber hinaus bestehen keine allgemeinen kommunalrechtlichen Regelungen.

Zu 2. bis 4.: Zu Art und Umfang der Nachweispflichten gegenüber dem Arbeitgeber bestehen keine gesetzlichen Regelungen. Der Betroffene kann seiner Arbeit jedoch nicht ohne Weiteres fernbleiben, ohne vorher eine Freistellung zu beantragen.

Auch für den Fall, dass dem Grunde nach ein Anspruch auf Freistellung besteht, ist ein entsprechender Nachweis über Art und Zeitraum der Tätigkeit (z. B. durch Vorlage der Ladung zur Sitzung des Gemeinderats) notwendig, aus dem sich insbesondere die zeitliche Überschneidung der Arbeitspflicht mit der Tätigkeit als Gemeinderatsmitglied ergibt.

Sofern kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Freistellung besteht, wird es sich für den Arbeitnehmer schon im eigenen Interesse empfehlen, dem Arbeitgeber gegebenenfalls auch weitergehende Informationen über Art und Umfang der Tätigkeit zu geben. Dadurch erhält dieser die Möglichkeit, die berechtigten Interessen des Mandatsträgers bestmöglich zu berücksichtigen. Im Hinblick auf das dem Gemeinderatsmitglied von den Wählern zur eigenständigen Verantwortung übertragene politische Mandat kann der Arbeitgeber die Entscheidung über die Freistellung allerdings nicht von seiner eigenen kommunalpolitischen Bewertung der konkreten Tätigkeit des Gemeinderatsmitglieds abhängig machen.