Chemische Verunreinigung der Lauer in der Gemarkung Stadtlauringen, Lkr. Schweinfurt

In den späten Nachmittagsstunden des Freitags, 25. September 2009, wurde ein Stoffeintrag in der Lauer festgestellt, der ein erhebliches Fischsterben nach sich zog. Als Verursacher wurde laut lokaler Presseberichterstattung ein Sägewerk in Stadtlauringen genannt. Bis heute ist noch keine Freigabe der Lauer für Tiertränkungen oder Ähnliches erfolgt.

Ich frage die Staatsregierung:

1. Hat die Staatsregierung von dem geschilderten Vorfall Kenntnis?

a) Durch wen wurde das Fischsterben entdeckt?

b) Welche Personen und Behörden wurden im Einzelnen und in welcher Reihenfolge alarmiert und gaben den Alarm weiter?

2. Gibt es eine Handlungsanweisung bezüglich der Alarmierung und der Information der Bevölkerung, und wenn JA, wurde diese eingehalten?

a) Wer ist für die entsprechenden Alarmpläne und für deren Umsetzung zuständig?

3. Wie erklärt sich die Staatsregierung die Tatsache, dass der Markt Maßbach, der als angrenzende Gemeinde ebenfalls unmittelbar betroffen war, erst am Montag, 28. September 2009, gegen 11.00 Uhr vom zuständigen Landratsamt in Bad Kissingen informiert wurde?

4. Welche Kenntnis hat die Staatsregierung über die eingeleiteten Chemikalien und welche Schäden für den Wasserhaushalt und das ökologische Gleichgewicht sind entstanden bzw. noch zu befürchten?

5. Nachdem ein Teil des Wassers der Lauer noch in der Unfallnacht auf Veranlassung der Fachbehörde abgepumpt und im Rahmen einer Amtshilfe in ein nicht benötigtes Klärbecken des Abwasserzweckverbandes Obere Lauer bei Poppenlauer zur Zwischenlagerung gefahren wurde, welche weiteren Entsorgungsschritte sind erforderlich?

a) Wer ist für die ordnungsgemäße Entsorgung des Wassers zuständig?

b) Wer haftet, wenn bei der Entsorgung Schäden (z. B. Umkippen der Kläranlage) auftreten?

c) Wer haftet in welcher Höhe und wem gegenüber für die bisher entstandenen Schäden?

6. Was wird durch die Staatsregierung bzw. die nachgeordneten Behörden unternommen, um den Verursacher zur Verantwortung zu ziehen?

Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit vom 13.01.

Diese Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium des Innern wie folgt beantwortet:

Zu 1., 1. a) und 1. b):

Die Polizeiinspektion Schweinfurt wurde am 25.09.2009, 18.33 Uhr, telefonisch über die Gewässerverunreinigung verständigt.

Von der Polizeiinspektion Schweinfurt wurde sofort nach Eingang der oben genannten Mitteilung eine Streifenbesatzung mit einem Führungsbeamten zum Schadensort geschickt. Nachdem die Polizeibeamten vor Ort das Ausmaß der Verunreinigung festgestellt hatten, verständigten sie unverzüglich (gegen 19.00 Uhr) das Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen, dessen Vertreterin mit einem Beamten der Wasserschutzpolizei gegen 19.40 Uhr vor Ort eintraf.

Die daraufhin gegen 19.45 Uhr kontaktierte Feuerwehr-Einsatzzentrale der Stadt Schweinfurt alarmierte in der Folge die unten aufgeführten Freiwilligen Feuerwehren (FFW) bzw. Stellen in der genannten Reihenfolge:

· Kreisbrandinspektor Herr Höhn

· FFW Stadtlauringen

· FFW Oberlauringen

· Unterstützungsgruppe der Örtlichen Einsatzleitung; FFW Ballingshausen; FFW Altenmünster

· Landratsamt Schweinfurt

· FFW Üchtelhausen

· FFW Birnfeld; FFW Reichmannshausen; FFW Ebertshausen

· FFW Grafenrheinfeld

Neben Einsatzkräften der genannten FFW-Einheiten, dem Kreisbrandinspektor und dem Vertreter des Landratsamtes Schweinfurt war auch der Erste Bürgermeister des Marktes Stadtlauringen, Herr Heckenlauer, vor Ort.

Zu 2. und 2. a):

Die Information der Bevölkerung obliegt als allgemeine Aufgabe den Sicherheitsbehörden nach Art. 6 Landesstrafund Verordnungsgesetzes. Eine gesonderte Handlungsanweisung dazu gibt es nicht.

Für die Erstellung der Alarmpläne im Feuerwehr- und Katastrophenschutzbereich sind die jeweiligen Kreisverwaltungsbehörden zuständig. Die Umsetzung der Alarmierung oblag im vorliegenden Fall der Feuerwehr-Einsatzzentrale der Stadt Schweinfurt.

Für die Alarmierung der Polizei-Einsatzkräfte ist das Polizeipräsidium Würzburg verantwortlich.

Zu 3.: Aufgrund der geringen Fließgeschwindigkeit der Lauer breitete sich die Schadstoffwelle nur langsam aus. Welche Gemeindegebiete betroffen sein könnten, war nur schwer abzuschätzen. Daher wurde die Ausbreitung der Schadstoffwelle in der Lauer verfolgt. Am 26.09. wurden Auswirkungen der eingeleiteten Wirkstoffe bis ca. 5 km unterhalb der Einleitungsstelle festgestellt. Gegen Mittag des 28.09. wurden die Auswirkungen der Schadstoffwelle in Höhe der Ortsmitte von Maßbach (ca. 8 km unterhalb der Einleitungsstelle) beobachtet, während ca. 10 km unterhalb der Einleitungsstelle keine Auswirkungen feststellbar waren.

Das Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen hat am 28.09. gegen 10.30 Uhr das Landratsamt Bad Kissingen über die Gewässerverunreinigung informiert, das daraufhin unverzüglich (ca. 10.35 Uhr) die Verwaltungsgemeinschaft Maßbach verständigte.

Kenntnis von dem Schadensereignis erhielten der Leiter der Kläranlage und der Verbandsvorsitzende des Abwasserzweckverbandes Obere Lauer, Herr Erster Bürgermeister Wegner, Markt Maßbach, im Zuge der telefonischen Anfrage am Abend des 25.09., ob das abzupumpende, kontaminierte Wasser in Becken der Kläranlage des Zweckverbandes zwischengelagert werden kann.

Zu 4.: Durch den Unfall am 25.09. gelangte eine Lösung des Holzschutzmittels Korasit TP 40 E mit den Wirkstoffen N,N-Bis(3-aminopropyl)dodecylamin (Mikrobizid), Propiconazol (Fungizid) und Etofenprox (Insektizid) sowie weiteren Chemikalien (insbesondere Farbstoff zur Anfärbung des Mittels) in die Lauer. Das ausgelaufene Stoffgemisch ist der Wassergefährdungsklasse 2 zuzuordnen und giftig für Fische und Fischnährtiere.

Aufgrund der geringen Fließgeschwindigkeit der Lauer breitete sich die Schadstoffwelle nur langsam über mehrere Tage über eine Fließstrecke von ca. 10 km unterhalb der Einleitungsstelle bei Fluss-km 28,6 aus. Die Gewässerorganismen der Lauer wurden abschnittsweise unterschiedlich stark geschädigt.

Es ist davon auszugehen, dass die Fischpopulation auf nahezu der gesamten o. g. Strecke von ca. 10 km schwer beeinträchtigt wurde.

Die am 28. und 29.09. durchgeführten Untersuchungen ergaben, dass von der Einleitungsstelle bis zur Haupertsmühle (Fluss-km 22,5) das gesamte Makrozoobenthos (z. B. Bachflohkrebse, Eintagsfliegenlarven) auf einer Strecke von rund 6 km abgestorben war. Ab der Haupertsmühle (Fluss-km 22,5) bis zur Brandmühle (Fluss-km 18,5) nahm die Anzahl abgestorbener Organismen ab, während die Zahl lebender, aber sichtlich beeinträchtiger Organismen zunahm. Ab der Brandmühle wurden keine toten oder beeinträchtigten Wasserlebewesen mehr festgestellt.

Die Eluate der am 01.10. entnommenen Sedimentproben zeigten in Toxizitätstests keine Wirkungen gegenüber Daphnien, Algen, Fischeiern und Leuchtbakterien, die typische Gewässerorganismen repräsentieren.

Die seit dem Schadensereignis durchgeführten Untersuchungen der Lauer auf den Wirkstoff Propiconazol, der als Marker für die Holzschutzmittelzubereitung ausgewählt wurde, ergaben, dass die Schadstoffe in der Lauer deutlich abgenommen haben. Die Konzentration von Propiconazol sank ausgehend vom Maximalwert an der Unfallstelle von 28 Milligramm pro Liter innerhalb weniger Tage um den Faktor 1000. Für die am 26.11. entnommenen Wasserproben der Lauer wurden Propiconazol-Konzentrationen zwischen 0,1 und 0,2 Mikrogramm pro Liter festgestellt.

Es ist davon auszugehen, dass die im Gewässersystem unterhalb der Einleitungsstelle noch vorhandenen Reste der Wirkstoffe mit dem weiteren nachfließenden Wasser der Lauer ausgespült werden. Es ist zu erwarten, dass witterungsbedingt im nächsten Frühjahr die natürliche Wiederbesiedlung mit Gewässerorganismen einsetzt.

Mit chemischen und biologischen Untersuchungen werden die Fortschritte der Erholung des Gewässers Lauer dokumentiert. Die ausreichende natürliche Wiederbesiedlung mit Gewässerorganismen (u. a. Fischnährtiere) ist die Voraussetzung für den Aufbau einer gewässertypischen Fischpopulation.

Insgesamt konnten durch die getroffenen Sofortmaßnahmen die Auswirkungen der Einleitung auf die Lauer minimiert werden:

· Ableiten der Lauer auf eine Wiese durch Abpumpen oberhalb des schadensverursachenden Betriebs

· Aufstau der Lauer unterhalb des Betriebs und Abpumpen des kontaminierten Wassers

· Abfuhr mittels Saug- und Güllewagen zur Kläranlage Obere Lauer

· Zwischenspeicherung in einem leeren Klärschlammsilo

· Ab-/Ausspülen und Verdünnung der Schadstoffe durch erhöhte Wasserabgabe aus dem Ellertshäuser See ab dem 26.09.

Zu 5. a):

Das Wasser wurde inzwischen aus dem Speichersilo für Klärschlamm abgepumpt und behandelt. Zur weitgehenden Entfernung der Wirkstoffe wurde auf dem Gelände der Abfalldeponie Rothmühle, Landkreis Schweinfurt, eine Aktivkohlereinigungsanlage errichtet. An den Ablauf dieser Anlage wurden hohe Qualitätsanforderungen gestellt. Das gereinigte Wasser wurde über die öffentliche Kanalisation in die Kläranlage der Stadt Schweinfurt eingeleitet.

Für die ordnungsgemäße Entsorgung des Wassers ist der Schadensverursacher zuständig.

Zwischenzeitlich wurden auch die beim Absaugen des kontaminierten Wassers der Lauer angefallenen Sedimente aus dem Speichersilo für Klärschlamm der Kläranlage des Abwasserzweckverbandes Obere Lauer abgesaugt und das Speichersilo gereinigt. Die Sedimente wurden am 14./15.12. zur Entsorgung der gsb Sonderabfall-Entsorgung Bayern zugeführt.

Zu 5. b) :

Ein Umkippen der Kläranlage des Abwasserzweckverbandes Obere Lauer war ausgeschlossen, weil die Ableitung des gereinigten Wassers nicht über diese Kläranlage erfolgte. Des Weiteren war auch eine Beeinträchtigung der Kläranlage der Stadt Schweinfurt ausgeschlossen, da im Vergleich zur Größe der Kläranlage nur unerhebliche Mengen an gereinigtem Wasser eingeleitet wurden.

Für evtl. bei der Entsorgung auftretende Schäden hätte der Schadensverursacher bzw. die in seinem Auftrag handelnden Stellen haften müssen.

Zu 5. c):

Für die herbeigeführten Schäden haftet der Schadensverursacher, der auch die Kosten der getroffenen Maßnahmen zu tragen hat.

Zu 6.: Die Polizeiinspektion Schweinfurt ­ Wasserschutzpolizei hat als Verursacher einen Arbeiter eines holzverarbeitenden Betriebs ermittelt. Gegen diesen wurde Anzeige wegen des Verdachts eines Vergehens der fahrlässigen Gewässerverunreinigung erstattet und der Staatsanwaltschaft Schweinfurt am 18.12. vorgelegt.

Hiervon unabhängig hat das Landratsamt Schweinfurt am 29.09. eine Ortseinsicht mit Überwachung bei dem potenziellen Schadensverursacher durchgeführt. Am 07.10. wurden die Ergebnisse der Überwachung mit den Vertretern des Betriebs besprochen.