Strompreisentwicklung

Seit der Deregulierung des Energiemarktes im Jahre 1998 und nach einem anfänglichen Rückgang der Preise werden durch die zuständige hessische Kontrollbehörde seit Mitte des Jahres 2000 kontinuierlich steigende Strompreise für Privathaushalte genehmigt.

Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung:

Die Stromtarife und die tarifähnlichen Sondervertragsangebote der hessischen Stromversorgungsunternehmen sind im bundesweiten Vergleich günstig. Die in den letzten Jahren von der hessischen Preisaufsichtsbehörde genehmigten Anhebungen beschränken sich auf ein durch Kostensteigerungen unvermeidbares Maß. Diese Kostensteigerungen sind überwiegend auf die Einführung und Anhebung der Stromsteuer sowie die Belastungen durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) zurückzuführen.

Die Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Welche sind die derzeit jeweils fünf teuersten und fünf günstigsten Stromangebote in Hessen, bezogen auf den durchschnittlichen Stromverbrauch eines VierPersonen-Haushaltes von ca. 4000 kWh/Jahr:

a) bei Anbietern mit konventionellem Strommix,

b) bei Anbietern von Strom aus regenerativen Energien (Ökostrom)?

Die hessischen Stromversorger bieten den Kunden die Wahl zwischen verschiedenen Tarifen. Neben dem "Allgemeinen Tarif" werden Wahltarife für Kunden angeboten, die ihre Stromrechnung durch Lastschrifteinzug bezahlen.

Daneben wird der Abschluss von Sonderverträgen angeboten, die i.d.R. eine mindestens einjährige Vertragsbindung und ebenfalls die Teilnahme am Lastschriftverfahren voraussetzen. Diese Sondervertragsangebote sind bei Verbräuchen von 4.000 Kilowattstunden pro Jahr günstiger als der Allgemeine Tarif. Die hessische Tarifpreisaufsicht bewertet auch dieses Sondervertragsangebot bei der Genehmigung von Tarifen.

Die im Allgemeinen Tarif für Barzahler, bei Tariflieferung an Teilnehmer am Lastschriftverfahren (Abbucher) und in den genannten Strompreisangeboten jeweils fünf günstigsten Angebote für Stromlieferung in 2004 sind nachstehend genannt:

Abbucherkonditionen unterscheiden sich bei diesem Unternehmen nicht von den Konditionen für Barzahler Versorgungsunternehmen Sondervertrag GGEW, Bensheim 561,83 /a bzw. 14,05 Cent je kWh Stadtwerke Gießen 583,74 /a bzw. 14,59 Cent je kWh EAM, Kassel 587,40 /a bzw. 14,69 Cent je kWh EWF, Korbach 587,52 /a bzw. 14,69 Cent je kWh OVAG Energie, Friedberg 588,00 /a bzw. 14,70 Cent je kWh Berücksichtigt sind in diesen Angaben nur Angebote hessischer Unternehmen, die "Allgemeine Versorgung" im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes (Gebietsversorgung) durchführen. Angebote von Strom-Handelsunternehmen ohne Gebietsversorgung (z.B. Yello-Strom) sind nicht berücksichtigt, da sie nicht der Aufsicht durch die hessische Energiepreisaufsicht unterliegen. Die Auswahl berücksichtigt ferner nur die bedeutenden Regionalversorger und die größeren Stadtwerke. Kleinere Stadtwerke schließen sich in der Preisgestaltung üblicherweise den umgebenden Regionalversorgern an. Die Berücksichtigung der Angebote der kleinen Stadtwerke würde die Aussagefähigkeit der Antwort deshalb unnötig einschränken.

Frage 2. Wie haben sich die Strompreise der jeweils fünf teuersten und fünf günstigsten Anbieter in Hessen seit 1995 entwickelt, wie werden die Strompreise erhoben (Leistungs- und/oder Verrechnungspreise usw.) und wie setzten sich die Strompreise jeweils zusammen (Netzentgelte, Abgaben usw.):

a) bei Anbietern mit konventionellem Strommix,

b) bei Anbietern von Strom aus regenerativen Energien (Ökostrom)?

Zu a: Stromtarife und Sondervertragsangebote beinhalten verschiedene Preiskomponenten, wie Arbeitspreis, Leistungspreis, Schwachlastarbeitspreis, Verrechnungspreis. In der Vergangenheit wurden zudem Tarife für verschiedene Verbrauchsgruppen unterschieden. Diese Unterscheidung setzt sich bei den Sondervertragsangeboten auch heute fort. Vor diesem Hintergrund ist eine generelle Aussage über teure bzw. günstige Stromanbieter nicht möglich.

Vergleiche müssten stets auf bestimmte Verbrauchsfälle abstellen.

Generell lässt sich sagen, dass sich die Stromtarife zwischen 1995 und 1998 nicht wesentlich verändert hatten. Nach der Liberalisierung 1998 sind die Strompreise für nahezu alle Kundengruppen gesunken, allerdings nicht für alle in gleichem Ausmaß. Die 1998 vorgefundene Kostensituation bei der Belieferung der Kundengruppen und die neue Wettbewerbslage geboten eine differenzierte Verfahrensweise.

Die - bis dahin nicht voll kostendeckenden - Haushaltstarife wurden nur unterdurchschnittlich gesenkt. Für Haushaltskunden mit höheren Verbräuchen und für Gewerbekunden sind seinerzeit die in der Antwort zu Frage 1 beschriebenen Sondervertragsangebote geschaffen worden, die für Verbräuche ab etwa 3.000 Kilowattstunden pro Jahr zum Teil beträchtliche Preisnachlässe gegenüber dem Allgemeinen Tarif vorsahen. Aufgrund dieser Entwicklung war auch das Niveau der Haushaltsstrompreise in Hessen nach 1998 spürbar gesunken. In einzelnen Versorgungsgebieten werden auch heute bis zu 50 v.H. der Haushaltskunden zu den Konditionen des Sondervertrags beliefert; der Preisabstand zum Allgemeinen Tarif hat sich aber verkleinert.

Der seit 2000 wieder zu beobachtende Anstieg der Haushaltsstrompreise ist weit überwiegend auf die Einführung und Anhebung der Stromsteuer, des Anwachsens der Belastungen durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz und das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz zurückzuführen, die inzwischen zusammen knapp 3 Cent je Kilowattstunde - und damit fast 20 v.H. des Haushaltsstrompreises - ausmachen. Für den angefragten Verbrauchsfall von 4.000 Kilowattstunden pro Jahr errechnet sich daraus eine Belastung von 120 zuzüglich MwSt. Seit 2004 kommt als Belastungsfaktor ein Anstieg der Erzeugerpreise für Strom (Großhandels- und Börsenpreise) hinzu, ein Trend, der sich auch für 2005 wieder abzeichnet, der aber nicht das Ausmaß der Belastung durch die Stromsteuer, das EEG und das KWKG erreicht.

Zu b: Daten über die Preisentwicklung bei Ökostrom liegen der Landesregierung nicht vor. Die Preise für Ökostrom-Angebote unterliegen nicht der Preisaufsicht.

Frage 3. Liegen der Landesregierung Informationen darüber vor, wie viele Haushalte seit 1998 in Hessen den Anbieter gewechselt haben?

Wenn ja, wie groß war die Zahl der Wechsel und wie viele Haushalte beziehen inzwischen Ökostrom?

Wie im übrigen Bundesgebiet liegt die Wechselrate in Hessen unter 5 v.H.

Der Strombezug im Rahmen so genannter Ökostromtarife der regionalen und kommunalen Versorger und von bundesweit tätigen Anbietern von Ökostrom ist - gemessen am Gesamtstromverbrauch der Haushalte - zurzeit noch vernachlässigbar gering. Statistische Daten darüber sind der Landesregierung nicht bekannt.

Frage 4. Welche Hemmnisse sieht die Landesregierung für einen Wechsel des Stromanbieters in Hessen?

Organisatorische oder rechtliche Hemmnisse für einen Wechsel des Stromanbieters in Hessen bestehen für die Kunden nicht. Die hessische Landeskartellbehörde ist in der Vergangenheit Hinweisen neuer Anbieter und von Kunden nachgegangen, die sich durch das Verhalten von Stromnetzbetreibern beim Lieferantenwechsel behindert fühlten. Beanstandete Verhaltensweisen sind abgestellt worden.

Ein Anbieterwechsel wird von den Kunden nach Einschätzung der Landesregierung heute deshalb kaum mehr erwogen, weil ein breit gefächertes Angebot attraktiver Wettbewerbstarife für Haushaltskunden nicht mehr besteht. Zahlreiche neue Anbieter sind inzwischen aus dem Markt ausgeschieden; die meisten derjenigen Stadtwerke und Regionalversorger, die ihr Angebot nach der Marktöffnung 1998 bundesweit ausgedehnt hatten, beschränken ihre Tätigkeit heute wieder auf ihr angestammtes Versorgungsgebiet.

Zur Wiederbelebung des Wettbewerbs auf dem Strommarkt bedarf es deshalb vorrangig einer Verbesserung der Netznutzungsbedingungen für neue Anbieter, aber auch einer Vereinheitlichung der Vertragsmuster für die Netznutzung durch Dritte und einer weiteren Vereinfachung des Datenaustauschs zwischen den Netzbetreibern und den Energielieferanten, damit ein Versorgerwechsel möglichst kostengünstig darstellbar ist. Die Landesregierung setzt sich für diese Ziele im Rahmen der Novellierung des Energiewirtschaftsrechts ein.