Einsatz von Rapsasphalt

Die Landesregierung will bis zum Jahr 2015 einen "Markt für Biostoffe" etablieren. Neben der energetischen Verwertung ist die stoffliche Verwertung ein wichtiger Bereich für den Einsatz regenerativer Produkte. Mit Rapsasphalt oder auch "Grünem Asphalt" steht ein alternatives Produkt für den Straßen- und Wegebau zur Verfügung.

Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung: Asphalt ist ein natürlich vorkommendes (z.B. Trinidat-Asphalt) oder technisch hergestelltes Gemisch aus Bitumen oder bitumenhaltigen Bindemitteln und Mineralstoffen sowie gegebenenfalls weiteren Zuschlägen und/oder Zusätzen.

Bei dem Produkt "Rapsasphalt" handelt es sich um eine mit Rapsöl modifizierte Bitumenemulsion (Zugabe von ca. 5 v.H. Rapsöl), die bei Oberflächenbehandlungen verwendet wird. Unter Oberflächenbehandlung versteht man das Herstellen einer Oberflächenschutzschicht durch Anspritzen mit bituminösem Bindemittel und Absplitten mit rohem oder bindemittelumhülltem Edelsplitt. Diese Bauweise kann bei Straßenssanierungen zum Einsatz kommen. Für eine weitere Verwendung zur Herstellung von Asphaltschichten im Straßenbau gemäß den einschlägigen Vorschriften sind Emulsionen allerdings generell nicht geeignet.

Diese Vorbemerkungen vorangestellt beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz wie folgt:

Frage 1. In welchen Bereichen des Autobahn-, Straßen- und Wegebaus kann Rapsasphalt unter technischen Gesichtspunkten eingesetzt werden?

Rapsasphalt kann unter technischen Gesichtspunkten im Straßenbau zur Oberflächenbehandlung eingesetzt werden. Dies erfolgt vorwiegend auf Bundes-, Landes- und Kreisstraßen der Bauklassen III bis IV sowie auf Wegen und anderen Verkehrsflächen und dient der Erhaltung der Substanz.

Nach den einschlägigen Richtlinien werden für Fahrbahnen und sonstige Verkehrsflächen, ausgenommen Rad- und Gehwege, die Bauklassen SV bis VI unterschieden. Die Bauklassen III bis IV kommen bei leichtem Verkehr mit geringem Schwerverkehrsanteil zur Anwendung.

Frage 2. In welchem Umfang wird Rapsasphalt bislang bei Straßen- und Wegebaumaßnahmen

a) des Landes Hessen,

b) der hessischen Landkreise verwendet?

Der Anteil der Oberflächenbehandlungen ist im Verhältnis zum gesamten Straßenoberbau unbedeutend. Deshalb werden diese Oberflächenbehandlungen als "Kleinprojekte" aus den im Haushalt verfügbaren Pauschalmitteln für den Landesstraßenbau finanziert. Gesonderte quantitative Aussagen hierzu werden nicht erhoben.

Frage 3. Gibt es ein Pilotprojekt - gegebenenfalls mit wissenschaftlicher Begleitung a) auf kommunaler oder Kreisebene,

b) des Landes,

c) in anderen Bundesländern?

Im Jahr 2003 wurde im Wetteraukreis ein so genanntes Pilotprojekt durchgeführt. Hierbei erfolgten Ausbesserungsarbeiten von Straßenoberflächen mit einer Bitumen-Raps-Emulsion.

Was Pilotprojekte auf kommunaler oder Kreisebene und in anderen Bundesländern angeht, liegen hierzu darüber hinaus keine Informationen vor.

Im Zuständigkeitsbereich der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung gibt es keine weiteren Pilotprojekte. Allerdings ist durch Vermittlung des Kompetenzzentrums Hessen-Rohstoffe (HeRo) e.V. in 2005 zwischen einem namhaften hessischen Bitumenverarbeiter mit dem Fachgebiet "Straßenwesen" im Fachbereich Bauingenieurwesen und Geodäsie an der TU Darmstadt ein Forschungsverbundprojekt zur Entwicklung von innovativen Asphaltbelägen mit Rapsöl auf den Weg gebracht worden.

Frage 4. Wie hoch kann nach Einschätzung der Landesregierung der prozentuale Anteil von Rapsasphalt in Hessen im Jahr 2015 sein?

Der Anteil von Rapsasphalt bis 2015 wird von der Weiterentwicklung dieser Bauweise und ihrer eventuellen Festschreibung in den Technischen Regelwerken abhängen. Aufgrund von Prüfzeugnissen bei mit Rapsasphalt durchgeführten Oberflächenbehandlungen wurde nachgewiesen, dass die mit Rapsöl modifizierten Emulsionen die Anforderungen der Technischen Lieferbedingungen für gebrauchsfertige polymermodifizierte Bindemittel für Oberflächenbehandlungen (TL-PmOB) erfüllen.

In Hessen liegen über den Baustoff Rapsasphalt noch keine gesicherten Praxiserfahrungen zur Beurteilung seiner wirtschaftlichen und technischen Vorteile vor. Die Kosten für Rapsasphalt sind derzeit um ca. 5 bis 10 v.H. höher als bei herkömmlichem Baumaterial. Eine Beauftragung von Rapsasphalt ist somit zu befürworten, wenn die Vorteile dieser Bauweise ihre Mehrkosten rechtfertigen. Beispielsweise können eine raschere Inbetriebnahme und eventuell längere Haltbarkeit der Maßnahme gegenüber herkömmlichen Oberflächenbehandlungen sowie der Ersatz leicht flüchtiger, gesundheits- und umweltschädlicher Fluxöle durch Rapsöl solche Fälle durchaus begründen.

Frage 5. Hält die Landesregierung den Einsatz von Rapsasphalt beim Bau von Deichverteidigungswegen für möglich und sinnvoll?

Die Konstruktion der Deichverteidigungswege an den landeseigenen Deichen an Rhein und Main war in den vergangenen Jahren Gegenstand eingehender Prüfungen durch die Bauverwaltung, von Hochschulen und Ingenieurbüros.

Die Prüfungen waren durch den Hessischen Rechnungshof ausgelöst worden, der die Ausführung in der vermeintlich kostenaufwendigsten Bauweise gerügt hatte.

In dem Bemühen um die Ermittlung der günstigsten Variante wurde am 6. Juli 2005 ein länderübergreifend besetzter Workshop veranstaltet, an dem neben Experten aus betroffenen Bundes- und Länderverwaltungen, wissenschaftlichen Hochschulen und Fachverbänden auch Ingenieurbüros und der Hessische Rechnungshof teilnahmen. Dieser Workshop führte im Wesentlichen zu der Erkenntnis, dass es sich bei der Konstruktion der Deichverteidigungswege um ein außerordentlich vielschichtiges Problem handelt, sodass es sinnvoll erscheint, von Einheitslösungen Abstand zu nehmen und durch ein differenziertes Herangehen den örtlich wechselnden Gegebenheiten Rechnung zu tragen. Daher kam der Hessische Landtag im Rahmen der Beurteilung der Bemerkungen des Hessischen Rechnungshofes zu dem Beschluss, die Landesregierung zu bitten, bei der Erstellung der Deichverteidigungswege in jedem Einzelfall die Art der Bauausführung unter den Gesichtspunkten der Deichgeometrie und der Untergrund- und Grundwasserverhältnisse zu prüfen und festzustellen. Es wurde angeregt, bei künftigen Maßnahmen Probestrecken in verschiedenen Ausbauvarianten an einem Deich anzulegen, um über eigene transferfähige Erfahrung bei künftigen Entscheidungen zu verfügen.

Bislang wurde Rapsasphalt beim Bau von Deichverteidigungswegen seitens des Landes Hessen noch nicht eingesetzt. Rapsasphalt ist als neuer Baustoff im Wegebau hinsichtlich seiner Nutzungseigenschaften noch in der Erprobungsphase. Damit kommt der Baustoff derzeit nicht für die sicherheitsrelevanten Teile der Deichverteidigungswege in Betracht.

Frage 6. Sieht die Landesregierung noch weitere Bereiche, in denen Rapsasphalt eingesetzt werden kann?

Weitere Anwendungsgebiete für Rapsasphalt hängen von den in der Antwort zur Frage 4 genannten Voraussetzungen ab.

Frage 7. Welche Maßnahmen hält die Landesregierung für erforderlich, damit das umweltfreundliche Produkt gemäß dem Grundsatz "Weg vom Öl" künftig verstärkt eingesetzt wird?

Neben den in der Antwort zur Frage 4 genannten Voraussetzungen hängt dies auch von der Kooperationsfähigkeit bzw. -willigkeit der Mineralstoffindustrie ab.