Tontauben als fliegender Sondermüll

Auf einem Wurftaubenschießplatz in Osnabrück wurden bei einer Untersuchung durch das Umweltamt 64 mg/kg Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) im Boden gefunden. Schuld daran waren die verwendeten Tontauben: Eine Analyse der in Osnabrück eingesetzten Wurftauben ergab 292 mg/kg der krebserregenden PAK. Vergleichende Analysen der am Markt gängigen Tontauben zeigen noch höhere Werte: Das Modell „Sivia" enthielt 2798 mg/kg, Modell „Winner" 14 012 mg/kg, der Spitzenreiter „Nasta" sogar 28 994 mg/kg PAK (nach Angaben des Umweltamtes Osnabrück, s. a. „die tageszeitung", 2. Juni 1998).

Der Grund für die PAK-Belastung der Tontauben liegt darin, dass nicht mehr Ton verwendet wird, sondern Kalkstein mit Pech als Binder. Die PAK sind im Pech enthalten; damit schießen die Schützen auf fliegenden Sondermüll. Mit der Verteilung der Splitter werden die PAK großräumig auf dem Gelände der Schießplätze verteilt. In der Folge übersteigt die Bodenbelastung die zulässigen Schadstoffwerte um ein Vielfaches.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Welche Erkenntnisse hat sie über die Belastung von Wurftaubenschießplätzen in Niedersachsen mit Blei, Antimon und Arsen durch die verwendete Munition und PAK durch die verwendeten Wurfscheiben?

2. Auf welcher rechtlichen Grundlage werden Wurftauben vertrieben, die B(a)P-Gehalte oberhalb der zulässigen Werte der Gefahrstoffverordnung enthalten?

3. Welche Möglichkeiten sieht sie, um die Kontamination von Böden im Bereich von Wurftaubenschießplätzen durch PAK aus Wurftauben zu verhindern?

4. Welche rechtliche Handhabe sieht sie, um den Handel mit belasteten Wurftauben zu unterbinden?

Auf Initiative Niedersachsens und Baden-Württembergs hat sich im März 1997 im Auftrage der Umweltministerkonferenz eine fachübergreifende Arbeitsgruppe „Bodenbela stungen auf Schießplätzen" konstituiert. Die Arbeitsgruppe soll auch Möglichkeiten der Minderung von Blei- und PAK-Einträgen durch die Verwendung umweltverträglicher Ersatzstoffe für Bleischrot sowie für Teerpech als Bindemittel in Wurftauben aufzeichnen. Eine abschließende Befassung der Umweltministerkonferenz ist noch nicht erfolgt.

Dies vorausgeschickt beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1 und 3: Der Landesregierung liegen Erkenntnisse aus den Jahren 1994 und 1996 vor.

Im Jahre 1994 hat die Fachhochschule Nordostniedersachsen im Rahmen des Forschungsvorhabens des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur „Untersuchung und Bewertung von Schwermetallbelastungen in Böden von zivilen Schießanlagen in Niedersachsen" für 137 niedersächsische Schießanlagen einen Abschlußbericht vorgelegt. Danach wurden erhöhte, über der natürlichen Belastung des Bodens liegende Schwermetallkonzentrationen nur bei Blei festgestellt. Bei den Schwermetallen Arsen und Antimon konnten sowohl im Boden als auch in den Eluaten keine besonderen Auffälligkeiten festgestellt werden. Bezüglich des Transfers der in den Wurftauben enthaltenen PAK in den Boden bzw. das Grundwasser liegen derzeit keine repräsentativen Erkenntnisse vor. Bei einer Einzeluntersuchung (Hasbergen-Hüggel) wurden allerdings sehr hohe Arsen- bzw. Antimongehalte ermittelt.

Nach einer Umfrage des Niedersächsischen Umweltministeriums im Jahre 1996 wurden in Niedersachsen von insgesamt 146 Schießständen 27 von privaten Betreibern und 119 von Kreisjägerschaften bzw. Schützenvereinen betrieben. In 31 Fällen lagen Bodenuntersuchungen vor. Vier Schießstände wurden als Sanierungsfälle eingestuft. Die Untersuchungen zeigen, dass die Belastungen von Wurftaubenschießanlagen unterschiedlich sind und zwar in Abhängigkeit von der Nutzungsintensität, der Nutzungsdauer und der Häufigkeit der durchgeführten Sanierungen bei den Anlagen.

Die Landesregierung ist der Auffassung, dass der Kontamination von Böden im Bereich von Wurftaubenschießplätzen durch PAK aus Wurftauben in erster Linie durch den Einsatz solcher Wurftauben begegnet werden kann, die keine PAK oder zumindest deutlich weniger PAK.

Nach den Vorschriften des Chemikalienrechts besteht bisher keine rechtliche Handhabe gegen die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von B(a)P-haltigen Wurftauben. Die in der Gefahrstoffverordnung aufgeführten B(a)P-Werte gelten nur für Erzeugnisse, die ganz oder teilweise aus Holz oder Holzbestandteilen bestehen.

Zu 4: Gegenwärtig keine. Diese Problematik ist aber bereits von einer von Niedersachsen initiierten Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die sich die Minimierung von Schadstoffen in Erzeugnissen zum Ziel gesetzt hat, aufgegriffen worden, um entsprechende Änderungen bundesrechtlicher Regelungen zu erreichen.