Fächerverweigerung an niedersächsischen Schulen?

An der Hermann-Almers-Schule in Delmenhorst hat sich eine an diese Schule abgeordnete Lehrkraft geweigert, das Fach Deutsch zu unterrichten, obwohl sie das Fach Englisch studiert hat. Nach § 52 Abs. 1 Satz 2 NSchulG haben Lehrkräfte auch solche Fächer zu unterrichten, die ihnen nach Vorbildung oder bisheriger Tätigkeit zugemutet werden können. Einer Englischlehrerin dürfte auch die Unterrichtung des Faches Deutsch zugemutet werden können.

Die Lehrkraft weigert sich indes beharrlich, das Fach Deutsch in der Orientierungsstufe zu unterrichten, und versucht ihre Interessen mit Hilfe eines Rechtsanwaltes gegenüber der Schulleitung durchzusetzen.

Ich frage die Landesregierung:

1. An welchen niedersächsischen Schulen in den jeweiligen Schulbezirken und zu welchen Zeitpunkten ist diese Vorgehensweise bereits vorgekommen?

2. Welche Entscheidungen zur Lösung der Konflikte wurden durch die Bezirksregierung oder das Kultusministerium jeweils getroffen?

3. An welchen niedersächsischen Schulen sind derartige Vorfälle aktuell aufgetreten?

4. In welchen dieser Vorfälle wurde ein Klageverfahren eingeleitet?

5. Wurde durch diese Klageverfahren Unterrichtsausfall verursacht, und wenn ja, in welchem Umfang?

6. Welche Schritte beabsichtigt die Landesregierung gegen derartige Lehrkräfte zu unternehmen?

7. Welche Entscheidung wurde im o. g. Fall getroffen?

Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 NSchG erteilen die Lehrkräfte Unterricht grundsätzlich in solchen Fächern und Schulformen, für die sie die Lehrbefähigung erworben haben; Lehr kräfte mit der Lehrbefähigung für Schulformen der allgemein bildenden Schulen darüber hinaus auch an Orientierungsstufen und Gesamtschulen.

Nach § 51 Abs. 1 Satz 2 NSchG können Lehrkräfte allerdings auch in einem Unterrichtsfach eingesetzt werden, für das sie nicht die erforderliche Lehrbefähigung besitzen, sofern folgende Voraussetzungen gegeben sind:

1. Der Unterrichtseinsatz muss für einen geordneten Schulbetrieb erforderlich sein.

2. Der Unterrichtseinsatz muss der Lehrkraft im Hinblick auf ihre Vorbildung oder nach der bisherigen Tätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar in Bezug auf die Vorbildung ist in der Regel ein Unterricht in Fächern, die der Lehrbefähigung der Lehrkraft nahe stehen, z. B. Unterricht in anderen Sprachen oder in anderen naturwissenschaftlichen Fächern.

Die Schulleitungen verfügen hier bei der Planung des Unterrichtseinsatzes der Lehrkräfte über einen weiten Spielraum. Nach § 51 Abs. 1 Satz 3 NSchG sind die betreffenden Lehrkräfte vor der Entscheidung jedoch anzuhören.

Sofern die genannten Voraussetzungen vorliegen, sind Lehrkräfte zur Unterrichtserteilung in den fremden Fächern verpflichtet.

Dies vorausgeschickt beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1 bis 3:

An den allgemein bildenden Schulen gibt es eine Vielzahl von Lehrkräften, die fachfremden Unterricht erteilen müssen. Sofern in diesen Fällen der Unterrichtseinsatz in der Schule nicht einvernehmlich geregelt werden kann, ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Lehrkraft nach den in den Vorbemerkungen angegebenen Kriterien zur Unterrichtserteilung in einem fremden Fach verpflichtet ist. In Zweifelsfällen wird ggf. die Schulaufsichtsbehörde beteiligt.

Erkenntnisse über die Anzahl der Fälle, in denen die Erteilung von Unterricht in fremden Fächern von Lehrkräften abgelehnt wurde oder rechtmäßig nicht verlangt werden konnte, liegen hier nicht vor.

Zu 4 und 5: Klageverfahren im Zusammenhang mit einem Unterrichtseinsatz gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 NSchG sind hier nicht bekannt.

Zu 6: Sofern eine Lehrkraft sich weigert, Unterricht in einem fremden Fach zu erteilen, zu dem sie nach der dienstrechtlichen Sonderregelung des § 51 NSchG verpflichtet ist, handelt es sich um eine Dienstpflichtverletzung, die ggf. disziplinarrechtliche Folgen nach sich zieht.

Zu 7: Im vorliegenden Fall könnte zwar grundsätzlich von einer Zumutbarkeit der Unterrichtserteilung im Fach Deutsch ausgegangen werden, weil es sich um ein Fach handelt, das der Lehrbefähigung der Lehrkraft nahe steht. Da die Lehrkraft jedoch bereits im Fach Mathematik fachfremd eingesetzt ist, dürfte ein weiterer fachfremder Einsatz neben dem Fach Englisch nicht mehr zumutbar sein. Die in diesem Sinne von der Bezirksregierung Weser-Ems, Außenstelle Osnabrück, getroffene Entscheidung ist daher insoweit nicht zu beanstanden.