Patent

Die Novellierung des Arbeitnehmererfindergesetzes

Die BMBF-Verwertungsoffensive stand in unmittelbarem Zusammenhang mit der Novellierung des Arbeitnehmererfindergesetzes (ArbNErfG), insbesondere mit der Abschaffung des bislang in § 42 ArbNErfG verankerten so genannten Hochschullehrerprivilegs. In Abkehr von der bisherigen Rechtslage sind die Hochschulen nunmehr berechtigt, auch die Forschungsergebnisse der bisher ausgenommenen Gruppe der Professoren, Dozenten und wissenschaftlichen Assistenten in Anspruch zu nehmen. Hierdurch will der Bundesgesetzgeber die Anzahl der Hochschulpatente steigern und zugleich die Voraussetzung für den erfolgreichen Aufbau eines aus Verwertungserlösen finanzierten Patent- und Verwertungswesens an Hochschulen schaffen. In Bezug auf die Beteiligung des Erfinders am Verwertungserlös hat der Gesetzgeber in § 42 Nr. 4 ArbNErfG eine Vergütung in Höhe von 30 v. H. der Einnahmen aus der Verwertung festgelegt, die auf der Basis der Bruttoeinnahmen, also ohne Berücksichtigung der Kosten des Patentierungs- und Verwertungsverfahrens, zu berechnen ist.

Die Gründung der N-Transfer GmbH

Da die Universität Hannover mit ihrem Körperschaftsvermögen alleinige Gesellschafterin der Innovationsgesellschaft Universität Hannover GmbH ist, wurde in der Hochschularbeitsgemeinschaft strittig, wie mit der Verteilung etwaiger Erlöse aus der Verwertung von Patenten aus anderen Hochschulen zu verfahren sei. Deshalb wurde zu Beginn des Jahres 2003 von zwölf Hochschulen die so genannte N-Transfer GmbH gegründet, an der die Hochschulen aus ihrem Körperschaftsvermögen mit einer Stammeinlage von jeweils 2.500 Euro als Gesellschafter beteiligt sind. Fünf Hochschulen, darunter die Medizinische Hochschule Hannover und die Universität Göttingen, beteiligen sich nicht an der N-Transfer GmbH und gehen bei der Patentverwertung eigene Wege.

Wirtschaftliche Resultate der Schutzrechtssicherung

Die Aktivitäten des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur und der Hochschulen auf dem Gebiet der Schutzrechtssicherung und -verwertung haben bisher zur Anmeldung von 115 Patenten, zwölf Geschmacksmustern und zwei Marken geführt. In der Zeit von 1996 bis 2001 wandte das Land für die Anmeldung und Sicherung von 80 Patenten ca. 360 000 Euro auf. Im Jahr 2002 sind allein für die Anmeldung und Aufrechterhaltung von Patenten etwa 460 000 Euro aufgewandt worden. Bisher sind jedoch weder nennenswerte Verwertungsbemühungen noch messbare Verwertungserfolge zu erkennen. Stattdessen ist ein regelrechter „Verwertungsstau" entstanden.

Würdigung Fehlendes Verwertungskonzept

Im Vordergrund der bisherigen Diskussion um die Patentierung und Verwertung standen Fragen der Organisation. Es fehlt jedoch bis heute an einem differenzierten und schlüssigen Konzept des Landes für die Patentverwertung an Hochschulen. Dies dürfte als Mitursache dafür anzusehen sein, dass die bisherigen Verwertungsbemühungen ohne nennenswerten Erfolg geblieben sind.

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen vom 18.01.2002, BGBl. I, S. 414.

Die Beteiligung an der BMBF-Verwertungsoffensive

Die unter der Führung der Universität Hannover organisierte Beteiligung der meisten Hochschulen des Landes an der bis Ende 2003 befristeten BMBF-Verwertungsoffensive leidet an der fehlenden langfristigen Perspektive. Nach allgemeiner Einschätzung dauert es mindestens zehn Jahre, eine funktionsfähige Struktur der Patentverwertung aufzubauen, die die Chance bietet, sich aus eigenen Erträgen zu finanzieren. Deshalb wird die vom Bund mit der Förderung angestrebte Schaffung von Patentverwertungsagenturen in den Ländern zu erheblichen und auch nicht überschaubaren Folgekosten für das Land und seine Hochschulen führen.

Erhöhte Anforderungen im Bereich der Patentverwertung

Die ohnehin problematischen Ertragsaussichten aus der Patentverwertung haben sich durch die Änderung des ArbNErfG nachteilig verändert. Weil nach § 42 Nr. 4 ArbNErfG das Erfinderhonorar unabhängig von den Patentierungskosten und insbesondere unabhängig davon zu zahlen ist, ob mit der Erfindung eine Wertschöpfung erzielt werden konnte, ist das Verwertungsrisiko einseitig auf den Dienstherrn verlagert. Hierdurch hat sich weiterhin das an die Patentverwerter zu stellende Anforderungsprofil erhöht, weil der Frage nach der Inanspruchnahme oder Freigabe einer Erfindung entscheidende Bedeutung zukommt. Eine erfolgreiche Patentverwertung erfordert qualifizierte und erfahrene Mitarbeiter, die über eine umfassende Marktkenntnis verfügen und die Ertragskraft einer Erfindung sicher beurteilen können. Solches Personal steht den Hochschulen zurzeit nicht zur Verfügung.

Ausblick:

Bei einer Fortsetzung des bisherigen Wegs drohen eine nicht funktionsfähige Struktur der Patentverwertung und den Hochschulen ein sich verstärkendes Auseinanderklaffen von Mitteleinsatz und Ertrag. Nach den bisher vorliegenden Erfahrungen gelangen ohnehin lediglich 10 v. H. aller Erfindungen zu einer erfolgreichen ökonomischen Verwertung, sodass die Erfolgsaussichten für eine wirtschaftlich tragfähige Patentverwertungseinrichtung von vornherein sehr begrenzt sind.

Die auf den Betrieb einer einzigen Einrichtung ausgerichtete Organisation der Patentberatung und -verwertung an Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollte deshalb mit dem Auslaufen der BMBF-Verwertungsoffensive erneut überprüft werden.

Ein wesentliches Augenmerk wird darauf zu richten sein, dass die Entwicklung und Verwertung von Patenten und Schutzrechten vor allem dann gelingt, wenn Erfinder und potenzielle Nutzer frühzeitig zusammenfinden. In der Wirtschaft werden nämlich drei Viertel der angemeldeten Patente auch genutzt, während zwei Drittel der Patente aus dem Bereich der Wissenschaft und der Privaterfinder ungenutzt bleiben. Da den Patenten aus dem Hochschulbereich offenbar häufig die Marktnähe fehlt, bleibt es zweifelhaft, ob sich eine niedersächsische Patentund Verwertungseinrichtung jemals wirtschaftlich selbst tragen wird. Deshalb kommen bereits im Vorfeld der Patentierung und Verwertung der Kooperationsforschung und Gründerförderung besondere Bedeutung zu.

Weiter wäre zu klären, welche Aufgaben die Hochschulen unter den gegebenen Umständen überhaupt selbst erfüllen können. Aus der Sicht des LRH dürfte es sich im Wesentlichen um eine erste Beratung der Erfinder handeln.

Für den Bereich der Patentverwertung sollten Alternativen zum eingeschlagenen Weg in Betracht gezogen werden. Dies gilt umso mehr, als es nicht gelungen ist, mit der Gründung der NTransfer GmbH alle Hochschulen auf eine einheitliche Strategie und Organisation zu verpflichten. Insbesondere sollte geprüft werden, ob die Hochschulen mit anderen Landes- oder

Vgl. Fußnote 72, Studie, S. 169.

Vgl. Fußnote 72, Studie, S. 167. auch Bundeseinrichtungen kooperieren können, die bereits über Erfahrungen mit der Verwertung von Erfindungen aus dem Wissenschaftsbereich und über entsprechend qualifiziertes Personal verfügen. Ein allgemeiner Beratungsbedarf dürfte bei der Zielgruppe der kleinen und mittleren Unternehmen bestehen. In diesem Bereich wirkt seit längerem das Erfinderzentrum Norddeutschland GmbH. Weiterhin bietet sich eine sektorale Gliederung der Patentverwertung für besondere Technikfelder wie etwa die Biotechnologie an, in denen z. B. Forschungseinrichtungen bereits tätig sind. Die Bündelung mehrerer Patente für Zwecke der Verwertung erhöht zudem die Chance der wirtschaftlichen Nutzung.

Soweit danach noch ein Bedarf besteht, dass Hochschulen oder besondere Einrichtungen der Hochschulen weiterhin eigenständig Patentverwertung betreiben, bedarf es eines tragfähigen Patentverwertungskonzepts. Dies schließt die Beantwortung der Frage mit ein, wie entsprechend qualifiziertes Personal gewonnen und auch gehalten werden kann.

24. Zwei Beispiele unzureichender Umsetzung neuer Steuerungsinstrumente: Hochschule Vechta, Wirtschaftswissenschaften an der Universität Lüneburg Kapitel 06 18, 06 30

Die Hochschule Vechta ist mehrfach mit stets umfassend negativen Ergebnissen evaluiert und als Hochschule infrage gestellt worden. Das Land hat hieraus bisher keine nachhaltigen Konsequenzen gezogen.

Obwohl bereits im Jahr 2001 die Wirtschaftswissenschaften an der Universität Lüneburg wegen der geringen Forschungsleistung durch das Ergebnis der Evaluation infrage gestellt wurden, hat sich das Ministerium für Wissenschaft und Kultur bisher nicht mit den standortübergreifenden, hochschulplanerischen Empfehlungen der Evaluation auseinander gesetzt.

Evaluation und Zielvereinbarung Forschung und Lehre sind bei (universitären) Hochschulen, anders als bei Fachhochschulen, aufeinander bezogene und gleichberechtigt zu erfüllende Aufgaben. Die Lehrverpflichtung der an ihnen tätigen Professorinnen und Professoren ist so bemessen, dass die Hälfte der Arbeitsleistung für die Forschung zur Verfügung steht.

Mit der im Jahr 2002 verabschiedeten Hochschulreform strebt das Land eine neue Steuerung der Hochschulen an. Die staatliche Finanzierung soll sich künftig nicht nur an den Aufgaben der Hochschulen orientieren, sondern zunehmend - output-orientiert - an den von ihnen erbrachten Leistungen (§ 1 Abs. 2 NHG). Wesentliches Element der Reform ist das Instrument der Zielvereinbarung. Nach § 1 Abs. 3 NHG trifft das Ministerium für Wissenschaft und Kultur mit jeder Hochschule „Zielvereinbarungen für mehrere Jahre über strategische Entwicklungs- und Leistungsziele und deren staatliche Finanzierung". Es sind insbesondere Vereinbarungen über Studienplätze und Studiengänge, über die Sicherung der Qualität von Forschung und Lehre und über die Festlegung von Forschungsschwerpunkten zu treffen.

Grundlage hierfür ist die Hochschulentwicklungsplanung des Landes und die Entwicklungsplanung der einzelnen Hochschule (§ 1 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 NHG). Bisher fehlt es allerdings noch an einer aktuellen und umfassenden Landeshochschulplanung, die den Reformansatz des neuen Hochschulgesetzes aufgreift und an der sich die Entwicklungsplanungen der Hochschulen orientieren könnten.

Vgl. Fußnote 72, Studie, S. 166.

§ 2 Abs. 1 und 2 Hochschulrahmengesetz (HRG) in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Niedersächsisches Hochschulgesetz (NHG) sowie §§ 24 Abs. 1, 30 Abs. 1 NHG in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes zur Hochschulreform in Niedersachsen vom 24.06.2002, Nds. GVBl. S. 285.