Dienstunfähigkeit der Beamtin

Das wiederum veranlasste die Beamtin zu heftigsten Vorwürfen wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens.

Die Beamtin hat auch nicht zwei Gerichtsverfahren zur Erreichung der endgültigen Einstellung des Disziplinarverfahrens führen müssen. Tatsächlich hat das Finanzamt das Verfahren bereits mit Verfügung vom 27.02.2003 eingestellt. Dass letztlich zwei Gerichtsverfahren geführt wurden, hängt damit zusammen, dass der Einstellungsverfügung des Finanzamts und der Beschwerdeentscheidung der OFD Hannover vom 01.10.2004 nicht eindeutig zu entnehmen war, ob die Behörden bei der Einstellung vom Vorliegen eines Dienstvergehens ausgegangen waren oder nicht. Das VG Lüneburg hat die vorgeworfenen Pflichtverletzungen schließlich als Bagatellverfehlungen gewürdigt und das Verfahren mit Beschluss vom 24.02.2005 ohne Feststellung eines Dienstvergehens eingestellt.

Zu 3 a:

Die Personalangelegenheit der Beamtin hat auf allen Verwaltungsebenen erhebliche Kapazitäten gebunden und bindet diese auch heute noch, obgleich gerichtlich zwischenzeitlich mehrfach festgestellt worden ist, dass der Verwaltung im dienstlichen Umgang mit der Beamtin weder Mobbing noch sonst rechtswidriges Verhalten vorzuwerfen sei. Allein die auf die Personalangelegenheit der Beamtin entfallenden Personalkosten, die seit 2001 durch die Sachbearbeitung durch die zuständige Justitiarin der OFD Hannover entstanden sind, belaufen sich mittlerweile auf ca. 100 000 Euro.

Die durch den Konflikt entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten hat nicht das Land Niedersachsen, sondern die Beamtin zu tragen, weil sie in nahezu allen Gerichtsverfahren unterlegen ist.

Zu 3 b: Steuerausfälle infolge der Dienstunfähigkeit der Beamtin lassen sich nicht feststellen. Steuerausfälle werden durch die Erkrankung einzelner Beschäftigter dadurch vermieden, dass Kolleginnen und Kollegen den Ausfall durch Mehrarbeit auffangen.

Zu 4 a:

Gemäß § 101 c NBG ist eine Beamtin oder ein Beamter anzuhören, bevor Beschwerden, Behauptungen oder Bewertungen zu den Personalakten genommen werden, die für sie oder ihn ungünstig sind oder die ihm oder ihr nachteilig werden können. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass der Dienstvorgesetzte aus einem Sachverhalt nur dann eine für die Beamtin oder den Beamten ungünstige Folgerung ziehen darf, wenn er sie oder ihn hierzu vorher angehört hat.

Bei den Unterlagen, die ohne Anhörung der Beamtin zu den Personalakten genommen worden sind, handelte es sich nicht um Beschwerden, Behauptungen oder Bewertungen im Sinne des § 101 c NBG, sondern um Bestandteile der Entscheidungsfindung durch die Verwaltung, deren Ergebnisse wiederum der Beamtin bekannt gegeben worden sind.

Zu 4 b:

Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die Beamtin zu keinem Zeitpunkt im Sinne des § 64 Abs. 2 NBG remonstriert, d. h. Bedenken gegen ein durch sie auszuführendes Verwaltungshandeln vorgebracht hat, auch wenn sie eine Eingabe an Herrn Finanzminister Möllring als Remonstration bezeichnet hat. Ihr Vorbringen wurde und wird zu Recht als Beschwerde im Sinne des § 100 NBG gewertet. Auf ihre Eingaben, Beschwerden und Gegenvorstellungen hat die Verwaltung jederzeit in der gebotenen Form reagiert.

Zu 4 c:

Der Beamtin wurde mehrfach nach Maßgabe des § 101 d NBG (und teilweise auch darüber hinaus) Akteneinsicht gewährt. Das Akteneinsichtsrecht der Beamtinnen und Beamten beinhaltet gemäß § 101 d NBG das Recht, Einsicht in alle Unterlagen zu nehmen, die zur Personalakte gehören. Ein Einsichtsrecht besteht nicht, soweit Sachakten betroffen sind, es sei denn, die Sachakten enthalten personenbezogene Daten, die für das Personalverhältnis der Beamtin oder des Beamten verarbeitet werden.

Für die Abgrenzung kommt es entscheidend auf den Zweck an, dem die Vorgänge zu dienen bestimmt sind. Vorgänge gehören dann nicht zu den Personalakten, „wenn der Zweck, zu welchem Vorgänge angelegt worden sind, außerhalb des durch das Beamtenverhältnis begründeten Rechtsund Pflichtenkreises liegt", nämlich wenn diese Vorgänge „besonderen von dem Dienstverhältnis und der Person gerade dieses Beamten sachlich zu trennenden Zwecken dienen" (vgl. Bundesverwaltungsgerichtsentscheidung [BVerwGE] 67, 300, 302 m. w. N.).

Zu den Sachakten gehören danach Vorgänge, die der verwaltungsinternen Abstimmung und Kontrolle dienen. Aus diesem Grund besteht z. B. kein Recht auf Einsichtnahme in Berichte des Finanzamts an die OFD Hannover oder der OFD Hannover an das Finanzministerium, und zwar auch dann nicht, wenn Personalangelegenheiten betroffen sind. Gleiches gilt für Klageakten, also Vorgänge, die im Zusammenhang mit laufenden Rechtsstreitigkeiten entstehen. Zu den Personalakten gehört allein das Endurteil in der Streitsache.

Selbstverständlich besteht auch kein Einsichtsrecht in die Personalakten dritter Personen. Dies gilt auch für Dienstaufsichtsbeschwerden bzw. Dienstaufsichtsbeschwerdevorgänge, die sich mit dem dienstlichen Verhalten Dritter befassen. Sie werden Bestandteil der Personalakte desjenigen, gegen den sich die Beschwerde richtet. Sie betreffen die Eignung gerade dieses Beamten in seinem Dienstverhältnis und geben Aufschluss über die Gesichtspunkte und Erwägungen, die für die einzelne das Dienstverhältnis berührende Maßnahme oder dafür, dass sie unterblieben ist, maßgebend waren (vgl. BVerwGE 59, 355 [359]). Unerheblich ist, ob die Vorgänge zu behördeninternen formlosen Ermittlungen oder zu einem förmlichen Disziplinarverfahren geführt haben oder ob der Dienstherr hierzu keinen Anlass gesehen hat.

Bezogen auf den Fall der Beamtin bedeutet dies, dass sie zwar Einsicht in ihre Personalakten verlangen kann. Kein Einsichtsrecht besteht jedoch, soweit es um die Bearbeitung ihrer Beschwerden gegen dritte Personen, z. B. ihren ehemaligen Sachgebietsleiter, geht.

Insbesondere unterliegt auch das interne Berichtswesen zwischen Finanzamt, OFD Hannover und Finanzministerium nicht dem Akteneinsichtsrecht, soweit diese Unterlagen nicht zur Aufhellung der Entscheidungsfindung zu den Personalakten genommen wurden. Gleiches gilt für die Unterlagen, die im Finanzministerium im Zusammenhang mit dienst- und fachaufsichtlichen Prüfungen angefallen sind.

Zu 4 d: Schriftliche Akteneinsichtsersuchen gemäß Nummern 7.1 und 7.7 der Verwaltungsvorschriften (VV) zu § 101 NBG sind nach Erledigung zu vernichten, und über die Akteneinsicht selbst dürfen gemäß Nummer 7.7 der VV auch keine Vermerke gefertigt werden. Die Frage, wie viele Akteneinsichtsbegehren der Beamtin bei der Verwaltung eingegangen sind, kann daher nicht beantwortet werden.

In ihrer Berufungsbegründung vom 07.08.2006 in dem Verfahren vor dem OLG Celle hat die Beamtin erklärt, sie habe am 24.10.2002 von 9.10 bis 16.50 Uhr sowie am 16.12.2002 von 11.40 bis 17.15 Uhr Akteneinsicht genommen. Am 16.12.2005 und am 05.04.2006 sollen weitere Termine stattgefunden haben.

Zu 4 e:

Der Beamtin wurden keine Unterlagen vorenthalten. Vielmehr wurde ihr in einem weit größeren Umfang Einsicht gewährt, als dies gesetzlich vorgeschrieben ist (s. o. zu 4 c).

Zu 4 f: Beamtinnen und Beamte können jederzeit - in den Grenzen des Missbrauchsverbots - ihre Personalakten einsehen. Wenn eine Beamtin oder ein Beamter über diesen Rechtsanspruch hinaus Akteneinsicht begehrt, ist es ihr oder ihm zuzumuten, die Unterlagen konkret zu bezeichnen. Ein Widerspruch zu den Bestimmungen des Akteneinsichtsrechts ist nicht ersichtlich.

Zu 4 g: Interne Stellungnahmen im Rahmen einer dienstaufsichtlichen Prüfung, also die zwischen Behörden ausgetauschten Meinungsäußerungen, Überlegungen und Bewertungen unterliegen grundsätzlich nicht dem Recht auf Akteneinsicht (s. o. zu 4 c). Die OFD Hannover hat der Beamtin diese

Stellungnahme im Bemühen um größtmögliche Transparenz dennoch durch Übersendung von Ablichtungen zugänglich gemacht.

Zu 4 h: Mag die Beamtin die Ausführungen ihres Dienstvorgesetzten auch anders verstanden haben, so hat der Leiter des Finanzamts Soltau, wie ich bereits in meinen allgemeinen Ausführungen dargelegt habe, der Beamtin tatsächlich nicht ausdrücklich ein zweites Disziplinarverfahren angedroht.

Das OLG Celle hat hierzu in seinem Urteil vom 17.04.2007 wörtlich ausgeführt: „Eine gewöhnungsbedürftige Pflichtauffassung der Klägerin zeigt sich auch darin, dass sie die Androhung eines weiteren Disziplinarverfahrens wegen Verwendung ihrer Arbeitszeit für die Dauer von 14 Tagen (...) zur Verteidigung im ersten Disziplinarverfahren als Mobbing ansieht. Die Klägerin scheint ernsthaft der Auffassung zu sein, dass sie als Beamtin berechtigt war, zwei Wochen ihrer Dienstzeit zu Lasten anderer Bediensteter hierfür verwenden zu können."

Zu 4 i: Akteneinsichtsbegehren werden entsprechend den gesetzlichen Vorgaben behandelt (vgl. Ausführungen zu 4 c und f). Hartmut Möllring (Ausgegeben am 13.06.2007)