Definition und Umsetzung des „Brückenjahres"?

Der im „Orientierungsplan für Bildung und Erziehung im Elementarbereich niedersächsischer Tageseinrichtungen" einvernehmlich getroffene Bildungsbegriff und die Konkretisierung des ganzheit lichen Bildungsauftrages für den Elementarbereich dürfen nicht durch unabgestimmte Projekte wie das „Brückenjahr" gefährdet werden. Das kostenfreie dritte Kindergartenjahr zum „Schulkindergar ten" umzuwandeln oder ein Vorschuljahr zu fordern, ist ein antiquiertes Bildungskonzept und scha det den ernsthaften Anstrengungen aller für eine qualitative Weiterentwicklung der frühkindlichen Bildung in den Kitas.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie definiert sie das „Brückenjahr"?

2. Wie steht die Landesregierung zu der Auffassung, dass der im „Orientierungsplan für Bildung und Erziehung im Elementarbereich niedersächsischer Tageseinrichtungen" einvernehmlich getroffene Bildungsbegriff und die Konkretisierung des ganzheitlichen Bildungsauftrages für den Elementarbereich durch unabgestimmte Projekte wie das „Brückenjahr" und durch Nicht beteiligung von Expertinnen und Experten gefährdet sind?

3. Wie fließen die Mittel, aufgeschlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städten, für das „Brückenjahr" ab?

4. Gibt es für das „Brückenjahr" einen Verteilungsschlüssel, aufgeschlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städten? Wenn ja, wie sieht dieser Verteilungsschlüssel aus?

Die Zusammenarbeit von Kindergärten und Grundschulen wird in § 3 Abs. 5 des Nds. KiTaG gefor dert und im „Orientierungsplan für Bildung und Erziehung im Elementarbereich niedersächsischer Tageseinrichtungen" beschrieben. Das Niedersächsische Schulgesetz (NSchG) verpflichtet die Grundschulen in § 6 Abs. 1 zur Zusammenarbeit mit den Kindergärten. Im Erlass „Die Arbeit in der Grundschule" werden hierzu Inhalte und Ausgestaltung dieser Zusammenarbeit beschrieben.

Jedes Kind hat ein Recht auf Bildung und Erziehung. Kindertageseinrichtungen und Grundschulen sind neben dem Elternhaus als erste öffentliche Erziehungs- und Bildungseinrichtungen in der Ver antwortung, den Ansprüchen der Kinder gerecht zu werden und Grundlagen für lebenslanges Ler nen zu schaffen. Hierfür ist es unerlässlich, im Elementar- und Primarbereich einen gemeinsamen Bildungsbegriff zu entwickeln und für eine Kontinuität in der Bildungs- und Erziehungsarbeit Sorge zu tragen. Der „Orientierungsplan für Bildung und Erziehung im Elementarbereich niedersächsi scher Tageseinrichtungen" und der Erlass „Die Arbeit in der Grundschule" bieten hierfür hervorra gende Grundlagen. Beide basieren auf einem Bildungs- und Erziehungsverständnis, welches das einzelne Kind mit seinen besonderen Fähigkeiten in den Mittelpunkt der Arbeit in Kindertagesstätte und Grundschule rückt.

Schon 2004 wurde von der Jugendministerkonferenz und der Kultusministerkonferenz ein „Ge meinsamer Rahmen der Länder für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen" beschlossen, in dem es in dem Kapitel zur Optimierung des Übergangs vom Elementar- in den Primarbereich heißt: „Kindertageseinrichtungen und Grundschulen gestalten den Übergang gemeinsam und stimmen ihn miteinander ab. Die Kontinuität des Lernens des Kindes muss durch ein gemeinsames pädago gisches Verständnis und Handeln der jeweils beteiligten Institutionen gesichert werden. Lernen vom Kind aus betrachtet verlangt deshalb die Vernetzung von Bildungsprozessen in Kinderta geseinrichtungen und Grundschulen. Gemeinsame Fortbildungen des Personals, gemeinsame Projekte und der Aufbau von Kooperationsstrukturen sind wesentliche Grundlagen für die Optimie rung des Übergangs von den Kindertageseinrichtungen in die Schulen."

Mit dem Projekt „Das letzte Kindergartenjahr als Brückenjahr zur Grundschule" (kurz: „Brücken jahr") des Niedersächsischen Kultusministeriums sollen die in dem Beschluss genannten Ziele er reicht werden, und zwar durch

­ den Einsatz von 50 Beratungsteams mit je einer Kita-Fachkraft und einer Grundschullehrkraft,

­ die personelle Unterstützung von insgesamt ca. 500 Modellprojekten und

­ die Finanzierung umfangreicher Qualifizierungs- und Fortbildungsmaßnahmen mit insgesamt 20 Mio. Euro für den Zeitraum von vier Jahren.

Mit dem beitragsfreien dritten Kindergartenjahr hat die niedersächsische Landesregierung hervor ragende Rahmenbedingungen für die Umsetzung der Ziele des Projekts „Das letzte Kindergarten jahr als Brückenjahr zur Grundschule" geschaffen. Durch die Maßnahmen im Rahmen des Projekts „Brückenjahr" soll die Bildungs- und Erziehungsarbeit in den Kindergärten in Abstimmung und Zu sammenarbeit mit den Grundschulen unterstützt werden. Auch Eltern, deren Kinder bisher keinen Kindergarten besuchen, sollen bei der Schulanmeldung ca. 15 Monate vor der Einschulung davon überzeugt werden, dass der Besuch des Kindergartens die beste Vorbereitung auf den Schulbe such darstellt. Eine Verpflichtung zum Besuch des Kindergartens ist nicht geplant.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu 1: Das „Brückenjahr" ist das letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung.

Zu 2: Diese Auffassung wird nicht geteilt. Der dem „Orientierungsplan für Bildung und Erziehung im Ele mentarbereich niedersächsischer Tageseinrichtungen" zugrunde liegende Bildungsbegriff wird - wie in den Vorbemerkungen erläutert - nicht in Frage gestellt.

Zu 3 und 4: Die Zuteilung der Mittel für die Landkreise und kreisfreien Städte sowohl für die Beratungsteams als auch für die Modellprojekte orientiert sich an der Anzahl der drei- bis vierjährigen Kinder zum Stichtag 31.12.2005. Dieses sind die Kinder, die ab 01.08.2007 in der Regel das letzte Kindergar tenjahr besuchen.

Die 50 Beratungsteams aus je einer Kita-Fachkraft und einer Grundschullehrkraft wurden den Ju gendämtern zugeordnet. Die sehr unterschiedliche Größe der Jugendamtsbezirke wurde bei der Zuordnung der Beratungsteams berücksichtigt, indem z. B. zwei Beratungsteams in einem Bezirk eingesetzt werden können oder ein Beratungsteam für mehrere Jugendämter zuständig ist. Auch die über die Richtlinie finanzierten Fachkraft-Stunden im Kita-Bereich bzw. die gewährten Anrech nungsstunden für die Grundschullehrkräfte variieren je nach Größe des Bezirks.

Der Abfluss der Mittel für die Kita-Fachkräfte wird über die „Richtlinie über die Gewährung von Zu wendungen zur Förderung der Zusammenarbeit von Kindertagesstätten und Grundschulen" gere gelt, die im Juli 2007 im Niedersächsischen Ministerialblatt veröffentlich wird.