Auswirkungen der Bodenschutzrichtlinie auf Rheinland-Pfalz

Die Europäische Kommission hat am 22. September 2006 einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für den Bodenschutz vorgelegt. Die vorgeschlagene Richtlinie umfasst u. a. die Verpflichtung der Landnutzer, Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen, wenn zu erwarten ist, dass die Art ihrer Bodennutzung die Bodenfunktion deutlich beeinträchtigt (Art. 4 der Richtlinie). Zusätzlich fordert die Richtlinie die Aufstellung eines Verzeichnisses verunreinigter Standorte, die Schaffung eines Mecha nismus zur Finanzierung der Sanierung „herrenloser" Standorte, die Erstellung eines Berichts über den Zustand der Böden und die Festlegung einer nationalen Sanierungsstrategie für die ermittelten verunreinigten Standorte. Ergänzend dazu würden Verkäufer oder voraussichtliche Käufer verpflichtet, bei jedem Verkauf von Land, auf dem eine potenziell verunreinigende Tätigkeit stattgefunden hat bzw. stattfindet, einen Bodenzustandsbericht vorzulegen. Nach Artikel 12 Abs. 2 Satz 2 lit. b der Bodenschutzrichtlinie enthält der Bodenzustandsbericht „eine chemische Analyse zur Bestimmung der Konzentration der gefährlichen Stoffe im Boden, die sich auf Stoffe beschränkt, die im Zusammenhang mit der potenziell verschmutzenden Tätigkeit an dem Standort stehen".

Die Kosten, die unmittelbar aus der vorgeschlagenen Richtlinie entstehen und hauptsächlich auf die Verpflichtung zur Beschreibung von Risikogebieten und zur Erstellung des Verzeichnisses kontaminierter Standorte zurückzuführen sind, werden für die EU25 in den ersten fünf Jahren auf jährlich 290 Mio. Euro und in den darauf folgenden 20 Jahren auf 240 Mio. Euro geschätzt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Behörde in Rheinland-Pfalz soll die Landnutzer verpflichten, Vorsorgemaßnahmen im Sinne des Art. 4 der Richtlinie zu ergreifen und zu überprüfen, ob die angeordneten Verpflichtungen auch eingehalten werden?

2. Welche Kosten werden den Landnutzern dadurch in etwa entstehen?

3. Welche Behörde(n) in Rheinland-Pfalz soll(en) das Verzeichnis verunreinigter Standorte aufstellen?

4. Welche Behörde(n) in Rheinland-Pfalz soll(en) die Kosten für die Erstellung des Verzeichnisses, dessen Veröffentlichung und dessen alle fünf Jahre geforderten Überprüfung tragen?

5. Welche Maßnahmen stellt sich die Landesregierung vor, um die in Art. 13 der Richtlinie geforderten Sanierungen der in den Verzeichnissen aufgelisteten verunreinigten Standorte umsetzen zu können?

6. Welche geeigneten Mechanismen zur Finanzierung der Sanierung der verunreinigten Standorte kann sich die Landesregierung für diejenigen Grundstücke vorstellen, bei denen ­ vorbehaltlich der Anwendung des Verursacherprinzips ­ die für die Verschmutzung verantwortliche Person nicht ermittelt oder nicht zur Übernahme der Sanierungskosten verpflichtet werden kann?

Das Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 31. Oktober 2006 wie folgt beantwortet:

Vorbemerkung:

Die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Bodenschutzrahmenrichtlinie soll der Schaffung eines europäischen Ordnungsrahmens für den Bodenschutz und dem Erhalt der Funktionen des Bodens dienen. Mit Blick auf die unterschiedlichen administrativen und geografischen Gegebenheiten innerhalb der Europäischen Union soll sie dabei den Mitgliedstaaten den erforderlichen Raum eröffnen, um unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit wirksame Maßnahmen zum Schutz des Bodens zu bestimmen.

Die Notwendigkeit für die Schaffung einer Bodenschutzrahmenrichtlinie begründet die Kommission vornehmlich mit ihren Be, 22. November 2006 fürchtungen, dass sich die jährlichen Kosten der Bodenverschmutzungen auf dem Gebiet der Europäischen Union bis zu 38 Milliarden Euro belaufen könnten. Als wesentlichste Ursachen für die Bodenschäden führt die Kommission die fortschreitende Industrialisierung, die intensive Landwirtschaft und die Verstädterung an, die zudem die Qualität vieler Lebensmittel und damit die Verbrauchergesundheit gefährden, den Klimawandel beschleunigen und den Anteil fruchtbarer Anbauflächen verringern.

In Deutschland hat diese Erkenntnis bereits Eingang in die Gesetzgebung gefunden. So hat der Bund 1998 das Bundes-Bodenschutzgesetz sowie die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung und das Land Rheinland-Pfalz ­ wie die meisten anderen Bundesländer auch ­ im Juli 2005 ein Landesbodenschutzgesetz verabschiedet. Damit steht Deutschland innerhalb der Europäischen Union vorbildlich für den Schutz des Bodens und dessen lebenswichtigen Funktionen ein.

Angesichts des erreichten hohen Umweltstandards in Deutschland kann es deshalb nach Ansicht der Landesregierung nur im deutschen Interesse sein, wenn in allen Mitgliedstaaten dieser Standard etabliert wird ­ aus Gründen des Umweltschutzes, des Ressourcenschutzes und der Wettbewerbsfähigkeit.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage 265 des Abgeordneten Jürgen Creutzmann (FDP) namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Zuständigkeit der Bodenschutzbehörden ist in § 13 Landesbodenschutzgesetz (LBodSchG) für das angesprochene Verwaltungshandeln umfassend geregelt. Ein sich aus dem Vorschlag der Bodenschutzrahmenrichtlinie ergebender Änderungsbedarf an dieser Rechtsnorm wird nicht gesehen.

Zu Frage 2: Ob und in welcher Höhe den Landnutzern in Rheinland-Pfalz Kosten für Vorsorgemaßnahmen zur Verhinderung nachteiliger Auswirkungen auf die Bodenfunktionen entstehen, kann gegenwärtig nicht abgeschätzt werden. Entsprechend verhält es sich mit den Sanierungskosten, die durch Vorsorgemaßnahmen eingespart werden können. Erfahrungsgemäß sind jedoch Vorsorgemaßnahmen um ein Vielfaches günstiger als Nachsorgemaßnahmen.

Zu Frage 3: Das Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht (LUWG) ist bereits nach § 9 Abs. 1 LBodSchG zur Erfüllung der Aufgaben nach Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen verpflichtet, das Bodeninformationssystem Rheinland-Pfalz (BIS RP) einzurichten und zu führen. Das BIS RP besteht dabei aus verschiedenen Fachmodulen, wozu u. a. das Bodenschutzkataster (BIS-BoKat) zu zählen ist. Im BIS-BoKat werden vom LUWG im Wesentlichen Altablagerungen und Altstandorte erfasst, bei denen Anhaltspunkte für die Einstufung als altlastverdächtige Flächen vorliegen. Die darauf folgende Bewertung dieser Flächen obliegt den oberen Bodenschutzbehörden.

Betriebsstandorte, auf denen eine genehmigungspflichtige gewerbliche Nutzung erfolgt, werden in Fachdatenbanken der Gewerbeaufsicht bzw. des Immissionsschutzes im LUWG geführt.

Zu Frage 4: Die vom Fragesteller angeführten Aufwendungen wären im Falle einer Umsetzung der vorgeschlagenen Bodenschutzrahmenrichtlinie in deutsches Recht aus dem Haushalt des Ministeriums für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz zu tragen.

Zu Frage 5: Die in Rede stehenden Maßnahmen sind bereits im BBodSchG und im LBodSchG umfassend geregelt.

Zu Frage 6: Ein Inkrafttreten der vorgeschlagenen Bodenschutzrahmenrichtlinie würde an der bisherigen Praxis nichts ändern, dass nämlich das Land nach konsequenter ­ aber erfolgloser ­ Anwendung des Verursacherprinzips im Rahmen der Ersatzvornahme dann tätig wird, wenn Handlungs- und/oder Zustandsstörer nicht zu den Sanierungskosten herangezogen werden können.