Einsatz sog. „Chaff"- bzw. „Düppel"-Täuschkörper über dem Saarland

Der Luftraum des Saarlandes ist stark frequentiert. Nicht nur der durch den zivilen und v.a. militärischen Flugverkehr entstehende Lärm beeinträchtigt die Lebensqualität der Saarländer, auch verschiedene Schadstoffeinträge bedingt durch besonders häufige und intensive militärische Flugübungen belasten Mensch und Umwelt. Hier sind und waren neben den Verbrennungsrückständen des militärischen Treibstoffes mit seinen besonderen Zusätzen auch Einträge durch freigesetzte Materialien zu nennen.

Die gesamte Fläche des Saarlandes befindet sich unter einer trinationalen Übungseinrichtung für sog. „Elektronischen Kampf", vereinfacht „Polygone" genannt. Diese stellt ein fiktives Land von insgesamt ca. 20.000 Quadratkilomentern mit Bodenradarstationen in Rheinland-Pfalz und Frankreich dar.

Die Piloten von Kampf- und Transportflugzeugen können auf Polygone das Erkennen und Bekämpfen von Flugabwehrradar und ­raketen trainieren. Dabei wird das „feindliche" Bodenradar vom Flugzeug erkannt und mit veränderten Radarstrahlen beantwortet. Der Pilot kann auch per Knopfdruck Täuschkörper („Düppel" bzw. „Chaff", englisch für Spreu oder Häcksel) aus einem Behälter freisetzen, die das Flugzeug verstecken, und sich dann mit einem geschickten Manöver entfernen. Über Land ist die Anwendung von „Chaff"-Täuschkörpern verboten. Ausnahmen sind allerdings mit Genehmigung des Bundesverteidigungsministeriums bzw. der Obersten Kommandobehörde oder aber im Notfall möglich.

Bereits 1996 ging über der Westpfalz ein „Glasfaserregen" durch verklumptes Düppelmaterial nieder. Die Antwort auf die damalige Kleine Anfrage durch Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag ergab, dass damals noch das Ablassen von Düppel bzw. Chaff erlaubt war und - da dies als völlig ungefährlich galt - auch gerade über Polygonen ausgiebig betrieben wurde. Um deutsches Material soll es sich bei dem damaligen Vorfall nicht gehandelt haben, so dass wohl ausländische Militärflugzeuge für den „Regen" verantwortlich gemacht werden müssen.

Trotz des jetzt geltenden allgemeinen Verbotes melden Wetterstationen bei schönem Wetter immer wieder Chaffwolken im Südwesten Deutschlands, die langsam mit dem Wind weiterwandern, teilweise bis Mannheim und Frankfurt/Main, um dann als Partikel zu Boden zu rieseln. Die Glasfaserpartikel haben einen Gesamtdurchmesser von 100

Mikrometer bei einer Größe von etwa 15-25 mm. Das Aluminium ist mit einer Stärke von 20 Mikrometer aufgetragen.

Aluminium im Trinkwasser wird unter anderem als Mitverursacher für die Alzheimer Krankheit verantwortlich gemacht sowie für Gedächtnisverlust und Knochenveränderungen. In Gewässern wie Flüssen oder Seen bewirkt Aluminium bereits in geringer Konzentration das Sterben jeglichen Lebens. Kühe im Nordelsass, die das ganze Jahr über im Freien grasten, sollen nach dem Einsatz von Chaff über der Region verendet sein.

Im Waldboden freigesetztes Aluminium führt u.a. durch Konkurrenz zu Magnesium, einem zentralen Bestandteil des Blatt- und Nadelgrüns, zu Schäden am Baumbestand.

In Verbindung mit saurem Regen ist die Aluminiumbelastung im wurzelnahen Boden eine der Hauptursachen für das Waldsterben. Gerade im nördlichen Saarland wurde im Rahmen des neuen Waldschadensberichts festgestellt, dass der Boden und das Grundwasser durch stark erhöhte Aluminiumgehalte belastet sind. Auffallend ist, dass gerade die Bundesländer unter Polygone, das Saarland und Rheinland-Pfalz, sowie alle an den französischen Polygoneanteil grenzenden Bundesländer - hier zusätzlich auch Baden-Württemberg -, gegenüber den anderen Bundesländern besonders extreme Waldschadensberichte aufweisen.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Regierung des Saarlandes:

1. Liegen der Regierung des Saarlandes Erkenntnisse vor, dass aluminiumbeschichtete Teilchen im Luftraum über dem Saarland freigesetzt wurden?

2. Falls ja: Wurde die Saarländische Regierung darüber informiert und sieht sie darin Gefahren für die Bevölkerung und die Umwelt?

3. Wie viele Ausnahmen vom Verbot des Ablassens von Chaff/Düppel-Täuschkörpern über dem Saarland bzw. den angrenzenden Bundesländern wurden seit Erlass des Verbots erteilt?

4. Wann und vor allem warum wurde trotz angeblicher Ungefährlichkeit der Partikel die Verwendung über Land, über See und in der Nähe von Inseln verboten?

5. Ist der Ausstoß von sog. Chaff/Düppel-Täuschkörpern über Frankreich erlaubt?

Falls nein: Welche Ausnahmen gibt es?

6. Hält die saarländische Landesregierung es für möglich, dass neben dem Einfluss des sauren Regens und der damit verbundenen Aluminiumfreisetzung aus dem Boden auch zusätzliche Aluminiumeinträge durch Militärflugzeuge in Vergangenheit und Gegenwart zur Verschlechterung des Waldzustandes im Saarland beigetragen haben oder immer noch beitragen?

7. Hält die saarländische Landesregierung es eventuell für möglich, die Bundesregierung wegen der besonderen Belastung des Saarlandes durch den militärischen Übungsflugbetrieb um Beihilfen zur Bekämpfung der Waldschäden zu bitten?

8. Gibt es Studien oder Untersuchungen zu Gesundheitsrisiken für Mensch und Tier oder zu Risiken für die Umwelt, z. B. für Wald oder Gewässer, die durch ChaffAusstoß entstehen können? Gibt es Studien dazu, die nach 1998 angefertigt wurden?

9. Ist die saarländische Landesregierung bereit, eventuell bestehende Studien oder Untersuchungen zu veröffentlichen?