Diagnose „psychische Abhängigkeit"

Zunächst muss festgehalten werden, dass die Diagnose „psychische Abhängigkeit" überwiegend eine der Außenwahrnehmung des Umfelds ist. Verwandte, Freunde, Kollegen nehmen beim Anhänger einer Gruppe einen Verlust seiner Denk- und Handlungsautonomie bzw. deren Delegation an die Gruppe bzw. den Führer wahr. Er erscheint als ein Echowesen seiner Gruppe und seines Führers.

Angehörige bezeichnen ihn daher als psychisch abhängig, während er selbst sich als seiner Lehre entsprechend umfassend verbindlich lebend und als für die einzig richtige Sache in hohem Maß engagiert begreift. Dem begeisterten Anhänger stehen die entgeisterten Angehörigen gegenüber. Nur wenige Anhänger verstehen sich selbst als Abhängige; möglich wird dies ohnehin allein in einer Phase des Zweifels an oder des Konflikts mit der Gruppe, in der über einen Austritt nachgedacht wird. An diesem Punkt werden Anhänger ihrer tiefreichenden Verlustangst gewahr und damit des Ausmaßes ihrer Bindung, das sie einer freien Selbstbestimmtheit beraubt hat.

Der Experte Hansjörg Hemminger, der sich intensiv mit dem Markt der Sinnanbieter auseinandergesetzt hat, definiert die psychische Abhängigkeit von einer extremen religiösen oder weltanschaulichen Gruppe wie folgt: „Der Begriff psychische Abhängigkeit wird benutzt für die ungewöhnlich starke und ungewöhnlich exklusive, deutlich oder sogar überwiegend angstmotivierte Bindung eines Individuums an eine Gemeinschaft, die mit religiösen oder weltanschaulichen Begründungen einen umfassenden bis totalen Einfluß auf die Lebensorientierung und Alltagsgestaltung ihrer Mitglieder ausübt." Angehörige indizieren spezielle Verhaltensweisen als „psychische Abhängigkeit", die in jedem Falle markante Verhaltensänderungen im Vergleich zur Zeit vor dem Eintritt in die Gruppe darstellen. Als solche gelten: „- Distanzlosigkeit gegenüber der Gemeinschaft, Willenlosigkeit, scheinbare Zwanghaftigkeit des Verhaltens, persönlichkeitsfremde Handlungsweisen (jeweils gemessen an den Erwartungen Außenstehender)

- Einschränkung oder gar Verlust der bisher möglichen bzw. vorhandenen Realitätskontrolle

- starke Fremdbestimmung alltäglicher Lebensvollzüge, gemessen an üblichen Formen der Einflußnahme

- finanzielle, zeitliche, sexuelle Ausbeutung (wieder gemessen an üblichen derartigen Ansprüchen gegenüber anderen Menschen)

- stereotype Reaktionen in der Kommunikation mit Außenstehenden bezüglich der Gemeinschaft, zu der man gehört, insbesondere Kritikunfähigkeit gegenüber der Gemeinschaft

- Aufrichten von strikten moralischen sowie Wahrheitsgrenzen gegenüber den bisherigen Bezugspersonen

- externe Attribution von Kausalität im jeweiligen Wahrnehmungsrahmen der Gruppe, wobei dies Außenstehenden unplausibel erscheint (z. B. wenn alle Konfliktursachen nur den „Feinden" der Gruppe zugeschrieben werden)

- ungewöhnliche Konformität in der Anhängerschaft, gemessen am gängigen Spektrum von Verhalten und Habitus weltanschaulicher Gemeinschaften

- auffallende Verehrung für Autoritäten, Personenkult.

- Angstgefühle beim Gedanken an eine Trennung von der Gruppe

Gewichtung des Einzelfalls Häufig wird von Angehörigen nach dem Grad der Gefährlichkeit einer Gruppe gefragt. Daran allein hofft man das Risiko einer psychischen Abhängigkeit gewichten zu können.

Die Erfahrung lehrt dagegen, dass Menschen auch in potentiell konfliktträchtigen Gruppen ganz unterschiedlich reagieren: Wird ein Anhänger binnen kurzer Zeit zum fanatischen Anhänger der Angehörige folgen der verständlichen Neigung, die Schuld an der psychischen Auffälligkeit des Anhängers und seiner Probleme ausschließlich aus seiner Anhängerschaft erklären zu wollen. Die Gruppe habe den vorher „heilen" Angehörigen einer „Gehirnwäsche" unterzogen. Das Gefährdungspotential von Manipulationstechniken ist nicht von der Hand zu weisen. Dennoch gilt es, mit dem Blick auf einen Ausstieg und eine mögliche stabile Neuorientierung im Leben des Aussteigers „hinter die Kulissen" zu schauen. Der gebräuchliche Begriff „Gehirnwäsche" führt allzu leicht in die Irre, suggeriert er doch die Existenz einer nur aktiven und einer nur passiven Seite.

Außer bei Kindern, die durch die Mitgliedschaft ihrer Eltern in der geschlossenen Welt einer konfliktträchtigen Gruppierung aufwachsen und sich Wirklichkeit in ihrer Vielfalt erst gar nicht erschließen können, hat sich jeder Anhänger einer Gruppe zunächst ­ mehr oder weniger ­ freiwillig zu einem Kontakt entschlossen. Er war fasziniert und glaubte das gefunden zu haben, nach dem er bislang vergeblich auf der Suche war. Dieser Suche und den Ursachen, weshalb die Suche in eine konfliktträchtige Gruppe und psychische Abhängigkeit führte, gilt es für Angehörige auf den Grund zu gehen. Gibt es eine tieferliegende psychische Problemkonfiguration des einzelnen Anhängers, die diesen Prozeß zumindest mit ermöglicht hat? Eine nicht bewältigte Entwicklungsaufgabe beispielsweise kann den individuellen Entscheidungs- und Handlungsspielraum so weit einschränken, daß die regressive Lösung gewählt wird: Die Gruppe übernimmt Neudefinition, Entscheidung und Verantwortung für das Leben des einzelnen und „entlastet" dadurch von Druck ­ aber auch von Selbstbestimmung.

Vielfach also ist nicht allein die konfliktträchtige Gruppe Ursache, sondern wirkte als Symptom durch ihre Merkmale und Strukturen zu einer Verlagerung oder Verschärfung einer bereits vor dem Eintritt bestehenden Schwierigkeit. Diese Verschärfung kann im Einzelfall bis hin zu psychischer Erkrankung führen, die möglicherweise ohne die katalysierende Wirkung der Gruppe nicht zum Ausbruch gekommen wäre.

6 Zum Umgang mit dem vorliegenden Bericht

Der besseren Lesbarkeit halber ist auf eine ständige Spezifizierung von Gruppe, Gruppierung, Angebot und Anbieter durch „religiös, weltanschaulich, Psycho-" verzichtet worden. Gemeint sind jedoch immer nur Gruppen, die im weitesten Sinne in dieses Spektrum einzuordnen sind oder diesem von außen assoziativ zugeordnet werden.

(1) Nicht alle im allgemeinen Teil beschriebenen Merkmale, Strukturen und Voraussetzungen treffen für alle dargestellten Gruppen gleichermaßen zu. In Sonderheit weist der allgemeine Teil auch über die beschriebenen Gruppen hinaus in den gesamten Markt hinein, soll zu eigenständiger, mündiger Bewertung befähigen und damit die Eigenverantwortung des einzelnen mit Information unterfüttern. Entwicklungsaufgaben können pro- oder regressiv bewältigt werden. Eine progressive Bewältigung schöpft aus dem in der individuellen Lebensgeschichte erworbenen Instrumentarium und erweitert damit das vorhandene Potential um eine Bewältigungsstrategie. Ein Scheitern aber erweitert das vorhandene Instrumentarium nicht nur nicht, sondern es mindert es und greift auf andere Lebensbereiche über. (Nach Dr. W. Kindermann, Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Familie und Gesundheit.) Wurde beispielsweise das Studium kurz vor dem Examen wegen Prüfungsangst abgebrochen, ist die Angst vor Prüfungen eher gewachsen und wird möglicherweise forthin in alle Situationen, die im weitesten Sinne als Bewährung empfunden werden, nachhaltig hineinwirken. Die Wahrscheinlichkeit eines ausweichenden, angstbesetzten Verhaltens auch in anderen Lebenssituationen ist gestiegen. Dann hat die Gruppierung gute Chancen, die Intellektualität und Leistung geringschätzt und eine eher spirituelle Binnenleiter mit klar definierten Sprossen offeriert. Damit wird echtes Scheitern (außerhalb der Gruppe) positiv umgedeutet. Für die entstandene Leerstelle werden Pseudobewährungssituationen (innerhalb der Gruppe) gesetzt, die allerdings nur im Binnenraum der Gruppe eine für den Betroffenen kompensierende Wirkung entfalten.

(2) Die folgenden Darstellungen zu den einzelnen Gruppen fußen auf Primärquellen (eigenen Veröffentlichungen) der Gruppen, auf wissenschaftlichen Texten, Sekundärquellen und einer Vielzahl von Berichten Angehöriger und ehemaliger Anhänger.

Das Quellenverzeichnis belegt der Übersichtlichkeit halber nur einen geringen Teil der vorhandenen und herangezogenen Materialien.

(3) Die Textbeiträge zu den einzelnen Gruppen beanspruchen nicht eine umfassende Darstellung von Lehre und Leben der jeweiligen Gruppe zu bieten, sondern zielen auf eine Information, die die oft interessengeleitete Selbstdarstellung der Gruppen ergänzt. Zwangsläufig mußten im engen Rahmen dieses Berichts viele Aspekte außer acht gelassen werden.

(4) Es ist versucht worden, möglichst viel aus Materialien der Gruppen selbst zu zitieren. Die Zitate sprechen für sich, und der Leser mag sie zusammenschauen mit im einleitenden Teil erläuterten Merkmalen und Strukturen konfliktträchtiger Gruppen (siehe Abschnitt 5.2) und den Checklisten (siehe Abschnitt 9.3, 9.4). Die Länge der Zitate soll dem häufigen Vorwurf der Gruppen begegnen, dass aus dem Zusammenhang gerissen zitiert und damit Inhalte verzerrt würden.

(5) Für alle Gruppen gilt, dass natürlich eine Vielzahl von aktuellen Anhängern für sich ein positives Fazit der Mitgliedschaft zieht, das diese Schrift weder in Abrede stellen noch werten will, indem sie sich auf „Risiken und Nebenwirkungen" konzentriert und ihrer Aufgabe nach ergänzender Information nachkommt.

(6) Die in dieser Schrift näher beschriebenen Gruppen sind in Berlin aktiv und/oder haben eine hohe Anfragenfrequenz bei der zuständigen Senatsverwaltung ausgelöst.

Die Darstellung ist exemplarisch angelegt. Ausgewählt wurden Anbieter, die ­ korrespondierend zur Anfragenfrequenz ­ als repräsentativ für bestimmte Marktsegmente betrachtet werden können. Die Schrift wäre mißverstanden, sähe der Interessierte in ihr eine ­ womöglich gar vollständige ­ Liste der „gefährlichen Gruppen". Vielmehr weist der Bericht auch auf positive Tendenzen und Wandlungsprozesse innerhalb konfliktträchtiger Gruppen hin.

Diese Schrift soll aufklären und somit präventiv wirken. Sie soll Menschen dabei helfen, potentiell konfliktträchtige Gruppen oder Einzelanbieter erkennen zu können und zu sachlicher Auseinandersetzung ermutigen; sie soll Beitrag sein, sowohl vor allzugroßer Naivität als auch vor Angst im Umgang mit diesem Phänomen zu bewahren. Im Rahmen dieses Berichts ist es nicht möglich, die Ursachen für diesen Trend auszuloten.

Möglicherweise ist der Hinduismus trotz aller „Verwestlichung" für viele zu fremd geblieben, was schließlich u.a. eine Besinnung auf die christlichen Traditionen des Abendlandes auslöste.

Konfliktträchtige Gruppenneubildungen in diesem Spektrum sind geprägt von Exklusivitätsansprüchen und verstehen allein sich als das wiederhergestellte authentische Christentum in Abgrenzung zur Vielfalt christlicher Kirchen und Strömungen, denen pauschal eine Verfälschung des Ursprünglichen zugeschrieben und wirkliches Christsein abgesprochen wird. Programmatisch weisen bereits die Begrifflichkeiten darauf hin: Man bezeichnet sich selbst als „urchristlich" oder „erweckt". Die Gemeinsamkeit dieser Neugründungen erschöpft sich inhaltlich allerdings in ihrem Bezug auf einen christlichen Hintergrund.

Bisweilen werden Elemente anderer Religionen und Zeitströmungen in die eigene Theologie eingeordnet; Führer gelten als Medien Gottes, als lebende Offenbarungsquellen, und sorgen für eine als objektiv verstandene subjektive Theologie, der nahezu täglich neue Offenbarungen zufließen können. Der christliche Hintergrund verliert an prägender Wirkung.

Andere Gruppen nähern sich eher christlich-fundamentalistischen Positionen, die in den einzelnen Gruppen unterschiedliche inhaltliche und strukturelle Ausprägung erfahren. Bestimmte Aspekte christlicher Frömmigkeit werden stark betont. Auch hier stehen die Gemeindeleiter oft jenseits kritischer Hinterfragbarkeit, berufen sie sich doch in ihren Aussagen auf ihr betendes Gespräch mit Gott, dessen Ergebnisse sie lediglich kolportieren.

Unterordnung unter diese irdische Autorität wird gleichgesetzt mit biblisch gefordertem Gehorsam unter Gottes Willen. In manchen Gruppen werden ekstatische Phänomene als wirkmächtige Zeichen Gottes gedeutet und negative Phänomene des menschlichen Daseins (z. B. Krankheiten) in bisweilen breit entfalteten Erklärungsmodellen als dämonisch verursacht interpretiert; weitreichende Heilungs- und Erfolgsversprechen werden postuliert, nicht selten verbunden mit exorzistischen Praktiken. Das Gelingen oder Scheitern allerdings wird subjektiviert und von der Glaubensfestigkeit des einzelnen abgeleitet.

Die im folgenden ansatzweise beschriebenen Gruppen sind sehr unterschiedlich in Struktur, Theorie und Praxis wie dem Grad ihrer inhaltlichen Anbindung an den christlichen Hintergrund.

Fiat Lux URIELLA, du Brücke ins Neue Äon, du kannst es jetzt sehen durchs Schlüsselloch schon.

Die Reinigung der Menschheit und Erde kommt schnell, beendet dies Äon, dessen Zeit nun vergeht.

Für viele ists leider in Kürze zu spät.

URIELLA, das Kreuz ist auch Brücke zugleich.

Es leitet uns heim in das göttliche Reich.

Gründung:

Der Orden Fiat Lux (Es werde Licht) versteht sich als Neuoffenbarungsbewegung. Inhaltlich weist sie weit über einen christlichen Hintergrund hinaus. Gründerin der Gemeinschaft ist die Schweizerin Erika Bertschinger-Eicke (geb. 1929), die zusammen mit ihrem ersten Mann den Zirkel aufbaute, der zuvor unter dem Namen „Lichtquell Bethanien" bekannt wurde. Frau Bertschinger gab sich selbst den spirituellen Namen „URIELLA"; ihr dritter Ehemann nennt sich „ICORDO".

Im Jahre 1971 habe Frau Bertschinger ihre Gabe zum Heilen entdeckt; 1973 sei sie nach einem Sturz vom Pferd hellsichtig geworden. Sie erhebt den Anspruch „Volltrance-Sprachrohr Gottes" zu sein: Seit dem 7. Mai 1977 empfange Uriella Neuoffenbarungen von Jesus Christus, später auch der Gottesmutter Maria, die sie in der Ich-Form an ihre Anhänger weitergibt.

Die Gründung des Ordens Fiat Lux erfolgte in Egg/Zürich. „Die Hauptaufgabe des ORDENS besteht darin, die Menschen in die geistigen Gesetze und Gebote GOTTES einzuführen, sie darin zu schulen und ihnen ­ soweit als möglich ­ zu helfen, das Ziel ihres Lebens, das in der göttlichen Selbstverwirklichung sowie in der Einswerdung mit der gesamten Schöpfung im Dies- und Jenseits liegt, zu erreichen. (...) Ausgangs- und Zentralpunkt ist das Heiligtum in EGG/ ZH, Schweiz, wo sich JESUS CHRISTUS und auch die Jungfrau MARIA durch das Sprachrohr GOTTES: E.B.-W.- alias URIELLA ­ kundgeben."

Programmatik:

Die Lehre der Organisation Fiat Lux enthält Elemente aus verschiedenen religiösen, esoterischen und spirituellen Strömungen: den Glauben an Jesus Christus, Lichtwesen, Elementar- und Naturgeister, unsichtbare Odströme, Reinkarnation, Äther- und Astralleib, Bachblüten, Spagyrik, an eine augenblickliche „VorWeltuntergangsphase" und einen göttlichen Heimführungsplan. „Aus Reinkarnationslehre, Karma-Gedanken, Farbenlehre, spiritistischen Quellen, alternativer Medizin, ökologischen Ideen u. a. wird synkretistisch eine neue, als göttlich offenbarte Lehre erstellt, deren einzige Vermittlerin Erika Bertschinger ist und deren Inhalt das gesamte Bibelwissen und alle Weisheitsbücher der Erde übertreffen.

Daraus wird ein nicht hinterfragbarer Wahrheitsanspruch abgeleitet.

Apokalyptische Erwartungen und die Hoffnung auf Rettung durch Raumschiffe sind wichtige Elemente der Offenbarungen." Apokalyptische Vorstellungen eines nahen Weltenendes werden propagiert, Rettung biete die Mitgliedschaft im Orden: „- Wird die Erde durch einen Unglücksstern und Feuer, das vom Himmel fällt, zerstört?

- Werden der Polsprung und die vorausgesagte dreitägige Finsternis noch bis zum Jahr 2000 erfolgen?

- In was besteht die grosse Mahnung GOTTES an die Erdenbürger?

- Wie überlebt das prophetisch festgelegte Drittel der Menschheit die bevorstehende Reinigung?

- Auf welche Weise können wir uns auf die Katastrophen und das Tausendjährige Friedensreich vorbereiten?" Regeln

Da der Anspruch erhoben wird, Frau Bertschinger sei „Sprachrohr Gottes", werden ihre „Offenbarungen" von den Anhängern als absolut richtig und nicht hinterfragbar betrachtet. Zu den Ordensregeln gehören die Unterordnung unter die „Offenbarungen". Regeln gelten für Meditationspraxis und die gesamte Lebensführung. Es sei weiße Kleidung zu tragen, werde absolute Reinlichkeit, Ordnung und Enthaltsamkeit (Sexualität, Ernährungs- und Fastenordnung) und Verzicht auf Radio, TV und Presse gefordert.

Heilung Frau Bertschinger wirkt als Geist- und Naturheilerin und betreibt einen Heilmittelversand. So stellt sie beispielsweise „himmlisches Athrum-Wasser" her, indem sie vor einer Badewanne mit Leitungswasser kniend mit der linken Hand mit einem Silberlöffelchen 21 Minuten lang im Linksdrall „kosmische Heilstrahlen" einrührt.

Insbesondere auch der unbegrenzte Heilungsanspruch der Gruppe („Jede Krankheit kann geheilt werden" bergen für den einzelnen potentielle Gefahren. Unter anderem in diesem Zusammenhang stand die Geistheilerin Uriella bereits mehrfach vor Gericht, zuletzt 1996 vor dem Landgericht Waldshut wegen fahrlässiger Tötung. Eine Anhängerin war an einer Mittelohrentzündung, die schließlich eine Hirnhautentzündung nach sich zog, gestorben; eine weitere erlag einer Blutvergiftung. Frau Bertschinger-Eicke wurde beschuldigt, die Behandlung mit „Heilstrom", Schwedenkräutern, Bachblüten und Ringelblumen übernommen und das Hinzuziehen eines Arztes verhindert zu haben.

Das Gericht sprach sie frei, weil ihr nicht letztgültig nachgewiesen werden konnte, die Anhängerinnen von einem Arztbesuch abgehalten zu haben.

Damit benennt das Gericht Freiheitsrisiken, die dem einzelnen auch den Gebrauch der eigenen Freiheit zu seinem Nachteil erlauben müssen. Anhänger ein selbstbestimmter Mensch. Die moralische Verantwortung einer ideologisierten Gruppe und deren Führer entzieht sich einer Gerichtsverwertbarkeit.

Sitz:

Das Zentrum befindet sich Egg/Zürich; es gibt weitere Filialen u. a. in Schwellbrunn, Ibach und Strittmatt.

Gemeinde auf dem Weg Evangelische Freikirche e. V.

Wir entscheiden uns selbst für die Unwahrheit, weil ja die Gedanken des Bösen immer unwahr sind, und wir empfangen damit die Lüge.

Und das ist Sünde.

Im Jahre 1980 wurde die „Evangelische Freikirche Wilmersdorf e. V.", die sich zwischenzeitlich auch „Evangelische Freikirche Wilmersdorf e. V. ­ Philadelphia-Gemeinde" nannte, gegründet. 1992 erfolgte erneut ein Namenswechsel in Gemeinde auf dem Weg Evangelische Freikirche e. V. Diese Gründung ging maßgeblich von dem Arzt Dr. Wolfhard Margies aus, der die Gruppe bis heute als Laienprediger leitet. Die Gründungssatzung weist als eine Voraussetzung für die Mitgliedschaft aus, dass das Mitglied „sich in Demut und Sanftmut seinen Glaubensgeschwistern unterordnen will". Im Jahr 1996 kam es nach internen Konflikten insbesondere um Finanzen, wie ehemalige Mitglieder berichteten, zu einer Spaltung der Gruppe: Zwei Laienprediger und ca. 70

Mitglieder zogen aus und gründeten den Verein „Neues Land e. V.". Einige Mitglieder verließen den Verein „Gemeinde auf dem Weg" ohne dem neuen Verein beizutreten.

Programmatik:

Der Verein fühlt sich als Teil der neo-charismatischen Bewegung, die sich als eine Erweckungsbewegung auf christlicher Grundlage versteht. In der Außenwahrnehmung weisen insbesondere die Positionen des Leiters des Vereins „Gemeinde auf dem Weg e. V." auf einen Randplatz innerhalb der charismatischen Bewegung hin.

Um sachlicher Fehlinterpretation vorzubeugen soll deshalb an dieser Stelle ausdrücklich hervorgehoben werden, dass mit der Darstellung von Konfliktträchtigkeit des Vereins „Gemeinde auf dem Weg e. V." nicht die charismatische Bewegung oder charismatische Frömmigkeit als solche verwechselt werden darf, da der größte Teil dieser Bewegung ganz offensichtlich keine Konfliktträchtigkeit aufweist bzw. auftretende Probleme konstruktiv zu lösen versucht. Inhaltlich betont werden die sogenannten „Gnadengaben" (Charismen), die der einzelne Christ erhalte, wenn er sein Leben „übergebe", sich dem Heiligen Geist öffne und der „biblischen Lebensweise" in einem wortwörtlichen Verständnis der Bibel in der Form, in der es von den Gemeindeleitern verstanden wird, entsprechend verbindlich lebe. Phänomene beim einzelnen Gläubigen wie Glossolalie, rhythmisches Zucken des Körpers, krampfhaftes Lachen oder Weinen und ein bewußtloses Auf-denBoden-Fallen (sogenanntes „Ruhen im Geist") unter der Handauflegung und/oder Salbung durch besonders geistbegabte Leiter gelten als besondere Manifestationen des Heiligen Geistes und werden als solche hochgeschätzt.