Steuerberater

823 Die Finanzämter können gegen die Steuerpflichtigen, die ihre Steuererklärung nicht fristgerecht einreichen, ein Zwangsgeld festsetzen, um auf diese Weise die Abgabe der Steuererklärung zu erzwingen. Zusätzlich können sie bei der verspäteten Abgabe einen Verspätungszuschlag fordern.

In besonderen Fällen können Hinterziehungszinsen festgesetzt werden, wenn die zu erwartende Steuerschuld nicht durch Vorauszahlungen rechtzeitig beglichen wurde.

2 Prüfungsgegenstand - Der Rechnungshof hat geprüft, ob die stadtbremischen Finanzämter die genannten Möglichkeiten hinreichend genutzt haben, um Steuern zeitnah zu erheben.

Hierzu hat er exemplarisch Fälle ausgewählt, bei denen die Abschlusszahlung zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer für den Veranlagungszeitraum 2002 mehr als 100 T betragen hat. Von den insgesamt 83 Fällen hat er 66 Fälle mit einem Gesamtnachzahlungsvolumen einschließlich Gewerbesteuer von rund 32,8 Mio. eingesehen.

3 Prüfungsfeststellungen - In nur zwei Fällen sind Vorauszahlungen wegen fehlerhafter Rechtsanwendung zu niedrig festgesetzt worden. In den anderen 64 Fällen haben Mängel im Zusammenwirken zwischen Steuerpflichtigen und Finanzamt und insbesondere ein unzureichendes Ausschöpfen der bereits beschriebenen Verfahrensregeln zu den Nachzahlungen geführt.

Mängel im Zusammenwirken zwischen Steuerpflichtigen und Finanzamt - In fast der Hälfte der 66 geprüften Fälle beruhten die hohen Abschlusszahlungen auf Einkommenssteigerungen, von denen die Finanzämter zu spät erfuhren. Z. B. resultierte das gestiegene Einkommen aus Veräußerungsgewinnen und Gewinnsteigerungen. Steuerpflichtige, die Steuern nachzuzahlen haben, sind daran interessiert, diese Steuerschuld möglichst spät zu begleichen. Hierfür lässt das Steuerrecht auch einen breiten Raum. Nur in Ausnahmefällen sind Steuerzahler verpflichtet, Einkommenssteigerungen an das Finanzamt zu melden.

Einige Einkommensteuernachzahlungen haben sich dadurch ergeben, dass die Finanzämter Herabsetzungsanträgen gefolgt sind. Diese Anträge hatten die Steuerpflichtigen oder ihre Steuerberater Anfang des Jahres 2002 gestellt. Die Anträge wurden mit einer prognostizierten Gewinnminderung begründet. Die Finanzämter haben diese frühzeitigen Prognosen im Laufe des Jahres nicht überprüft. Die Steuerpflichtigen oder ihre steuerlichen Berater haben von sich aus in keinem der geprüften Fälle beantragt, die Vorauszahlungen im Hinblick auf zwischenzeitlich eingetretene Einkommensverbesserungen anzupassen. Dabei wären sie dazu verpflichtet gewesen (§ 153 Abgabenordnung).

Ungenügendes Ausschöpfen des bestehenden Instrumentariums - Es ist Aufgabe der Finanzämter, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um Steuern zeitnah einzunehmen. Nur so vermeiden sie Zinsverluste und reagieren auf die eingeschränkte gesetzliche Verpflichtung der Steuerzahler, höhere Einkünfte anzuzeigen. In den geprüften Fällen kamen meist mehrere Mängel zusammen, die dies verhindert haben.

Nicht hinnehmbar ist es, wenn Unterlagen nicht beachtet werden, die darauf hinweisen, dass Vorauszahlungen zu erhöhen sind. So sind in 15 Fällen Mitteilungen anderer Finanzämter, die z. B. auf Gewinnsteigerungen im betrieblichen Bereich verwiesen, nicht oder nur unzureichend ausgewertet worden. Auch sind die Finanzämter z. B. notariellen Mitteilungen über steuerpflichtige Veräußerungsvorgänge oder Informationen über gestiegene Umsätze nicht weiter nachgegangen.

Ebenso haben sie bei ausweichenden Stellungnahmen der Steuerpflichtigen nicht ausreichend nachgefragt.

Der Rechnungshof hat festgestellt, dass kaum eine Erklärung innerhalb der gesetzlichen Frist (31. Mai 2003) eingereicht worden ist. I. d. R. haben die Finanzämter Anträgen auf Fristverlängerung entsprochen, so dass hierdurch der Abgabetermin in den meisten Fällen bis zum 1. März 2004 hinausgeschoben wurde.

Zudem wäre es in vielen Fällen angemessen gewesen, die Steuerklärungen vorzeitig anzufordern oder die beantragte Fristverlängerung abzulehnen. Diese Möglichkeit nutzten die Ämter nur in einem der geprüften Fälle. Allerdings war dies auch noch wirkungslos: Das Finanzamt hat die Erklärung erst vier Monate nach Eingang bearbeitet. Warum es den Fall erst so spät bearbeitet hat, ist aus der Akte nicht ersichtlich.

Die Finanzämter haben auch versäumt, nach Verstreichen der gewährten Frist die Abgabe der Steuererklärung über Zwangsgelder zu erzwingen. Trotz hoher Nachforderungsbeträge haben sie bei einer verspäteten Abgabe der Erklärung selten Verspätungszuschläge festgesetzt. I. d. R. wurden diese in einem sich anschließenden Einspruchsverfahren wieder aufgehoben. Die hierfür in den Akten angeführten Gründe haben den Rechnungshof nicht überzeugt.

Hinterziehungszinsen haben die Finanzämter auch dann nicht festgesetzt, wenn die dafür notwendigen Voraussetzungen erfüllt waren.

Die Prüfung hat ergeben, dass durch die Verfahrensvorgaben (vgl. Tz. 820 ff.) erhebliche Steuernachzahlungen nicht verhindert werden konnten. Nicht alle Abschlusszahlungen hätten vermieden werden können, weil den Finanzämtern entsprechende Informationen nicht zur Verfügung standen.

Es muss aber zumindest sichergestellt werden, dass vorliegende Hinweise wie z. B. Mitteilungen für Vorauszahlungszwecke auch ausgewertet werden (s. Tz. 829). - Der Rechnungshof schätzt den Zinsverlust durch die verspätete Vereinnahmung in den geprüften Fällen auf rund 1,9 Mio. bei einem durchschnittlichen Zinssatz von 3,3 %. - Er hat den Senator für Finanzen aufgefordert, die Bearbeiterinnen und Bearbeiter erneut auf die finanzielle Bedeutung der Vorauszahlungen hinzuweisen. Auch sollte auf die vorhandenen Verfahrensregelungen in der Allgemeinen Dienstanweisung für die Festsetzung laufend veranlagter Steuern aufmerksam gemacht werden.

4 Stellungnahme des Ressorts - Das Ressort hat die Anregungen des Rechnungshofs aufgegriffen.

Der Senator für Finanzen hat darauf hingewiesen, die Ursache sei zu wenig Personal in den Finanzämtern. Er habe berechnet, dass die tatsächliche Personalausstattung bei 83 % des bundeseinheitlichen Solls und damit rund 10 % unter dem Bundesdurchschnitt liege. Er hat damit die Äußerungen der Beschäftigten während der Prüfung Auswertung von Kontrollmitteilungen der Lohnsteuer-Außenprüfungsstelle bestätigt (s. Tz. 819). - Daneben hat das Ressort die Auffassung vertreten, unter den gegebenen Umständen und einer überfordernden strukturellen Komplexität des Steuerrechts sei mit keinen besseren Arbeitsergebnissen zu rechnen.

5 Schlussbemerkung - In vorangegangenen Prüfungen (vgl. Jahresbericht 2005 ­ Tz. 860 ff.) hat der Rechnungshof bedeutsame Mängel in der Rechtsanwendung festgestellt. Die diesjährigen Prüfungen haben gezeigt, dass zudem auch schwerwiegende Mängel in der Wahrnehmung der begleitenden Aufgaben vorhanden sind.

Der Rechnungshof verkennt nicht die schwierige Arbeitssituation der Beschäftigten in den Finanzämtern. Er hat den Senator für Finanzen gebeten, gesetzgeberische Maßnahmen zur Steuervereinfachung zu unterstützen. Die jetzt praktizierte faktische Vereinfachung durch Nichtanwendung kann nach den Grundsätzen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und der Vorgabe, Steuern zeitnah zu vereinnahmen, nicht hingenommen werden.

IX Beteiligungen der Freien Hansestadt Bremen an Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit 1 Allgemeines - Das Land ist an 25 Unternehmen unmittelbar beteiligt, davon bei sieben Unternehmen zu mehr als 50 % und bei weiteren drei Unternehmen zu mehr als 25 %.

Diese zehn Beteiligungsunternehmen halten wiederum Unterbeteiligungen an 21 Unternehmen zu mehr als 25 %. Der Nominalwert der Anteile am Grund- oder Stammkapital der 25 direkten Beteiligungen beläuft sich per 31. Dezember 2004 auf 108.110.147,11. - Daneben halten eine unmittelbare und eine mittelbare bremische Mehrheitsbeteiligungsgesellschaft für das Land und die Stadt treuhänderisch Anteile an zehn Unternehmen. Bei acht dieser Beteiligungen beträgt der bremische Anteil mehr als 25 %. Zum 31. Dezember 2004 beläuft sich der Nominalwert der Treuhandbeteiligungen auf 18.651.795,55. Der Nominalwert dieser treuhänderisch gehaltenen Anteile des Landes und der Stadt hat sich im Jahr 2004 durch den Verkauf von Geschäftsanteilen, insbesondere der Stahlwerke Bremen und durch Neubewertung verschiedener Geschäftsanteile um 90.506.143.11 vermindert.

Weitere für das Land und die Stadt treuhänderisch gehaltene Beteiligungen bestehen aus Einlagen als stiller Gesellschafter bei sieben Unternehmen. Der Wert dieser Vermögenseinlagen beträgt 869.202,70 per 31. Dezember 2004.

Der Rechnungshof überwacht anhand der ihm von den zuständigen Senatoren übersandten Unterlagen (§ 69 LHO) laufend die Betätigung der Verwaltung bei diesen Unternehmen. In begründeten Fällen entwickeln sich daraus Prüfungsverfahren, die auch mit örtlichen Erhebungen bei den Unternehmen verbunden sein können.