Rentenversicherung

Geht man davon aus, dass ein schwerer und unzumutbarer Eingriff bereits gegeben ist, „wenn ein Nachteilausgleich in der Rentenversicherung in Betracht kommt" (so Klaus Wimmer: VwRehaG. Kommentar zum Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz, Berlin 1995, S. 371 bis 372), dann müsste jeder politisch verursachte Schaden in der Rentenversicherung bei der Bewertung des Verfolgungstatbestandes nicht nur Berücksichtigung finden, sondern die Rehabilitierung maßgeblich begründen.

Denn das erklärte Ziel der beruflichen Rehabilitierung besteht darin, die Betroffenen durch die Rehabilitierung beruflich/rentenrechtlich so zu stellen, als wären sie nicht verfolgt worden.

Schwierigkeiten bei Widerspruchs- und Klageverfahren

Wer sich nicht mit einem abschlägigen Bescheid abfindet, dem bleibt die Anwendung des in den Bescheiden empfohlenen Rechtsmittels. Doch auch hier ist die Erfolglosigkeit vorprogrammiert. Da der Rentenversicherungsträger die Rente auf der Grundlage des verbindlichen Rehabilitierungsbescheides berechnet, erfährt der Betroffene erst mit dem Rentenbescheid, wie sich die Rehabilitierung auf die Rentenhöhe auswirkt. In den meisten Fällen muss er feststellen, dass die Rente niedriger ausfällt. Auch wenn die alte Rente weitergezahlt wird, kann er sich mit diesem unerwarteten Ergebnis kaum abfinden. Deshalb legt er in aller Regel beim Rentenversicherungsträger Widerspruch ein. Dieser weist den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass der für ihn verbindliche Rehabilitierungsbescheid zu diesem Ergebnis geführt habe. Wendet sich der Betroffene unter Verweis auf die erst mit dem Rentenbescheid gewonnene Erkenntnis über verfolgungsbedingte Nachteile in der Rentenversicherung wieder an die Rehabilitierungsstelle, so muss er zu seiner Überraschung zur Kenntnis nehmen, dass wegen Nichteinhaltung der Einlegungsfrist des Rechtsmittels der Bescheid rechtskräftig und nicht mehr anfechtbar sei.

Um die Rehabilitierungsentscheidung nicht rechtswirksam werden zu lassen, müsste also der Betroffene auf jeden Fall formal Widerspruch/Klage bei der Rehabilitierungsstelle mit der Begründung einlegen, dass er erst aus dem Rentenbescheid entnehmen könne, wie die Rehabilitierung zu Buche schlägt.

Andererseits hat das zweistufige Verfahren den Nachteil, dass der verfolgungsbedingte Rentennachteil in die Bewertung des Verfolgungstatbestandes nicht direkt eingeht. Es gilt also erneut: Sofern die Rehabilitierungsgesetze darauf abzielen, „die Verfolgten in versorgungsrechtlicher Hinsicht so zu stellen, als sei die Verfolgung nicht eingetreten, um so das vom SED-Staat begangene Unrecht nicht fortwirken zu lassen" (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts 3 C 25.97 vom 12. Februar 1998), so müsste jeder verfolgungspolitisch verursachte rentenrechtliche Schaden bei der Bewertung des Verfolgungstatbestandes nicht nur berücksichtigt werden, sondern die Rehabilitierung maßgeblich begründen.

Zudem sieht sich jeder Kläger einem Kostenrisiko ausgesetzt.

Beispiel: Widerspruchs- und Klageverfahren

Die 1930 Geborene wurde im Oktober 1959 kurz vor Beendigung ihres Studiums an der Freien Universität Berlin während eines Besuches bei ihren Eltern in Ostberlin unter dem Vorwurf von Westkontakten, Westwohnsitz und Besitzes von Westgeld verhaftet, zu drei Jahren Gefängnis verurteilt und im September 1962 aus der Haft entlassen. Sie führte bis 1968 unterqualifizierte Tätigkeiten in verschiedenen Berufen aus. 1969 durfte sie das Studium wieder aufnehmen, das sie 1970 als Diplom-Chemikerin erfolgreich abschloss. Von 1971 bis zur Rente war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin. Die nachfolgende Aufzählung der von ihr verfolgten Rechtsschritte zeigt die Schwierigkeiten der rechtlichen Klärung eines Rehabilitierungsfalles auf.

Das Strafrechtliche Rehabilitierungsverfahren Juli 1995: Nach Antrag wird die strafrechtliche Rehabilitierung mit der Verfolgungszeit vom 2. Oktober 1959 bis 29. September 1962 durch das LG Potsdam ausgesprochen.

Anerkennung haftbedingter Gesundheitsschäden März 1997: Antrag auf Beschädigtenversorgung nach dem StrRehaG 1998: Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung einer Rechtsanwältin Juni 1998: Ablehnung der Prozesskostenhilfe, da die Klägerin auch unter Berücksichtigung eines Freibetrages über genügend Vermögen verfüge.

Juni 1999: Ablehnender Bescheid des Versorgungsamtes Potsdam, die Haftfolgeschäden betreffend. Ein ursächlicher Zusammenhang ihrer gesundheitlichen Probleme mit einer Schädigung im Sinne des § 1 Bundesversorgungsgesetzes (BVG) sei nicht gegeben.

Juni 1999: Widerspruch gegen diesen Bescheid; Dezember 2000: Widerspruchsbescheid mit Ablehnung des Widerspruchs.

Februar 2001: Vorbereitung der erneuten Klage.

Berufliches Rehabilitierungsverfahren: März 1997 Antrag auf berufliche Rehabilitierung; September 1997: Anerkennung der Verfolgungszeit vom 2. Oktober 1959 bis 31. Dezember 1970; November 1997 Klage beim VG Potsdam mit dem Begehren, die Verfolgungszeit vom 2. Oktober 1959 bis 2. Oktober 1990 anzuerkennen; Dezember 1997: Ablehnung der Klage; August 1998: Stellungnahme der Klägerin zur Klageerwiderung mit der Begründung, dass das berufliche Fortkommen verweigert worden sei. September 1998: Stellungnahme des Ministeriums des Innern zur Stellungnahme der Klägerin vom 24. August 1998 mit der Begründung: Die Annahme einer Verfolgung entfalle von dem Zeitpunkt an, an dem die Verfolgte ihren erlernten oder durch den Beginn einer berufsbezogenen Ausbildung nachweisbar angestrebten oder einen sozial gleichwertigen Beruf wieder ausüben konnte.

23. Oktober 1998: Stellungnahme der Klägerin zur Klageerwiderung des Ministeriums des Innern an das VG Potsdam; Juli 2000: Neue Rehabilitierungsbescheinigung nach dem BerRehaG mit dem folgenden Verweis: „Während der Verfolgungszeit besteht eine Zugehörigkeit zu einem Zusatz- und Sonderversorgungssystem". Begründung: Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bestehen Zugehörigkeiten im Sinne des § 5 Abs. 1 AAÜG dann, wenn konkret eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden ist, die in ihrer Art nach von einem Versorgungssystem der Anlagen 1 und 2 zum AAÜG erfasst war.

Oktober 2000: Rentenbescheid mit dem ergänzenden Hinweis: „Ein Anspruch auf Leistungen nach dem Zusatzversorgungssystem entsteht nicht, da die Zugehörigkeit zu diesem System nicht bis zum 30. Juni 1990 (Schließung) angedauert hat. Somit ergibt sich auch kein Neufeststellungsbescheid der Rente nach § 307 b Abs. 1 bis 4 SGB VI". Januar 2001: Widerspruch zum Rentenbescheid mit dem Begehren, die Verfolgungszeit bis zum 2. Oktober 1990 anzuerkennen.

Rentenrechtliche Beratung Besonderheiten der Rentenberechnung

Trotz der bei politisch Verfolgten nach dem BerRehaG als Pflichtbeitragszeiten anzurechnenden, um 20 % erhöhten fiktiven Durchschnittsverdienste führt dies in der Regel bei einer Modellrechnung dazu, dass im Ergebnis politisch Verfolgte nicht nur weniger Rente erhalten als jene, die kein Verfolgtenschicksal hatten. Obendrein werden sie im Normalfall noch schlechter gestellt, verglichen mit den Rentenansprüchen, die sie ohne Anwendung dieser Regelung erhalten ­ ein absurdes Ergebnis.

So liegen von den insgesamt 23 im Sozialgesetzbuch genannten Tätigkeitsbereichen bei 14 die jährlichen Entgeltpunkte von 1950 1989 selbst für Facharbeiter (QG 2) durchweg unter 1,0 (vgl. Entgeltpunkttabellen, Sozialgesetzbuch VI). D. h., sie liegen unter dem Begrenzungswert, der gemäß Bundesverfassungsgerichtsurteil für hauptamtliche Mitarbeiter des MfS und Spitzenfunktionäre gelten soll. Bei den Bereichen Produzierendes Handwerk sowie Land- und Forstwirtschaft reichen Entgeltpunkte unter 1,0 bis in die Qualifikationsgruppe QG 2 (Fachschulabschluss). Das führt dazu, dass der Betroffene, der sich mit der Rehabilitierung zumindest eine Verbesserung seiner Rente versprach, mit dem Rentenbescheid die erste herbe Enttäuschung erlebt. Ein von mehreren Seiten mühevoll und zeitaufwendig betriebenes Rehabilitierungsverfahren führt zu dem sinnwidrigen Ergebnis, dass die nach dem BerRehaG ermittelte Rente geringer ausfällt als die Rente, die er ohne Rehabilitierung erhält. Im Vergleich mit den Rentenansprüchen eines vor der politischen Verfolgung arbeitsrechtlich gleichgestellten Kollegen ist sie sogar erheblich niedriger.

Änderung der Entgeltpunktbewertung

Im Rahmen des Gesetzes der Bundesregierung zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG), das eine weitere Aufbesserung der Renten auch von Systemträgern der DDR mit sich bringt, ist ebenso eine Verbesserung für Renten von Opfern des SED-Regimes vorgesehen. In einer Stellungnahme hat der Bundesrat am im Februar 2001 beschlossen, das BerRehaG durch einen § 13 a zu ergänzen, in dem es heißt: „Für Verfolgungszeiten wird ein Zuschlag an Entgeltpunkten geleistet. Dieser beträgt für jeden Kalendermonat Verfolgungszeit 0,0208 Entgeltpunkte. Die Summe aller Entgeltpunkte darf durch den Zuschlag an Entgeltpunkten 75 Entgeltpunkte nicht überschreiten".

Diese Neuregelung ist zu begrüßen, bringt sie doch für viele politisch Verfolgte wenn auch nicht immer den vollen, so doch zumindest einen verbesserten Rentenausgleich mit sich.

Im Tätigkeitsbericht 1998 des Berliner Landesbeauftragten wurde ein Vorschlag zum Rentenausgleich der Verfolgten unterbreitet, der u. a. den gleichen Entgeltpunkt-Zuschlag pro Verfolgungsjahr (0,25 EP) vorsah. Bei der vom Bundesrat vorgeschlagenen Regelung sollte der Gesetzgeber jedoch auf die 75-EntgeltpunktBegrenzung verzichten. Das für die Begrenzung vorgebrachte Argument, dass damit überhöhte Ausgleichsleistungen ausgeschlossen werden sollen, ist angesichts der Aufhebung der Entgeltpunktgrenzen für Zusatz- und Sonderversorgte nicht gerechtfertigt. Zum einen erfolgt durch die Beitragsbemessungsgrenze schon eine Entgeltbegrenzung, zum anderen dürften überhöhte Ausgleichsleistungen nur für eine vernachlässigbar kleine Anzahl von politisch Verfolgten in Frage kommen. Voraussetzung hierfür ist die Zugehörigkeit zu einem der fünf Wirtschaftsbereiche (Energie- und Brennstoffindustrie, Metallurgie, Verkehr, Wissenschaft, Hoch- und Fachschulwesen) und eine entsprechend lange volle Versicherungszeit. Andererseits könnte sich die 75-Entgeltpunktbegrenzung auf Kosten langer Versicherungszeiten auswirken, d. h. derjenige, der auf Grund allein einer langen Versicherungszeit auf über 75 EP kommt, bleibt von der Regelung ausgeschlossen. In diesen Fällen käme die Entgeltpunktbegrenzung einer Rentenbegrenzung gleich. 75 Entgeltpunkte ergeben gegenwärtig eine Rente von ca. 3 170 DM Brutto.

Beispiel: Lehrer/Pädagogen

Zu dieser Fallgruppe wurde bereits im vergangenen Tätigkeitsbericht ein Beispiel angeführt. Die Berechnungen zeigten auch hier, dass der Tatbestand der politischen Verfolgung nicht nur zu keiner Verbesserung, sondern im Vergleich zum nichtverfolgten Lehrer zu einer wesentlichen Verschlechterung der Rente führte.

Der Unterschied in der Rentenhöhe beträgt bisher noch immer in Abhängigkeit von der Verfolgungszeit ca. 200 bis 600 DM. Der seit 1992 angelaufene Gesamtschaden allein in den Rentenleistungen, d. h. ohne Berücksichtigung der durch die politische Verfolgung entstandenen Verdienstausfälle und Aufstiegsschäden, macht ca. 16 000 bzw. 50 000 DM aus.

Die Berechnung der Rente unter Zugrundelegung der fiktiven Durchschnittsverdienste für die Personengruppe diplomierter Lehrer/Pädagogen mit einer 40-jährigen versicherungspflichtigen Tätigkeit (1950 bis 1989) nach SGB VI, Anlage 14, Tabelle 18, QG 1 (Bereich Bildung, Kultur, Gesundheit- und Sozialwesen) zeigt zugleich, dass mit zunehmender Verfolgungszeit die Rentenleistungen abnehmen.

Für die folgende Berechnung angesetzte Ausgangsbedingungen: Durchschnittliche EP für Ausbildung/Hochschulbildung: 4,5; durchschnittliche EP für nicht verfolgte Lehrer/Pädagogen: ca. 1,50; durchschnittliche EP nach Tabelle 18: 1,35; Aktueller Rentenwert (Ost) ab 1. Juli 2000: 42,26 DM.

Bei den Verfolgten niedriger Qualifikation wirkt sich dieser Rentenausgleich rein rechnerisch zwar begünstigend aus, jedoch bleibt er durch die kurzen Verfolgungszeiten und die relativ hohen tatsächlichen Leistungslöhne praktisch bedeutungslos, wie das folgende Beispiel zeigt.

Beispiel: Arbeiter ohne Ausbildung

Ein heute 75-jähriger West-Berliner, der 1952 wegen seiner Teilnahme an Plakatklebeaktionen in Ost-Berlin zunächst zu 8 Jahren und nach einem Ausbruchversuch zu weiteren 8 Jahren Zuchthaus verurteilt wurde, konnte nach 12-jähriger Haft infolge gesundheitlicher Haftschäden nur noch Hilfsarbeitertätigkeiten ausüben. Er erhält heute 1 900 DM Rente. Kurz vor seiner Verhaftung hatte er seine Lehre als Facharbeiter abgebrochen, weil er eine Zusage für den Dienst in der Schutzpolizei in West-Berlin erhalten hatte.

Im August 1964 wurde er von der Bundesrepublik freigekauft.

Die Rehabilitierungsbehörde anerkannte eine Verfolgungszeit vom 23. Juni 1952 bis 25. August 1964 und ordnete ihn dem Bereich 6 (Maschinen- und Fahrzeugbau) und der Qualifikationsgruppe 5 (ohne Ausbildungsabschluss) zu. Die auf dieser Basis festgestellte Bruttorente beträgt trotz rechnerisch anerkannter 41-jähriger ununterbrochener versicherungspflichtiger Tätigkeit zur Zeit 2 085 DM. Da ihm die Rente zu gering erschien, stellte er einen neuen Rehabilitierungsantrag mit dem Begehren, ihn wegen der verfolgungsbedingten Verhinderung des Polizeidienstes dem Bereich 20 (Staatliche Verwaltung und Gesellschaftliche Organisationen) zuzuordnen. Die Rehabilitierungsbehörde stimmte diesem Antrag zu. Vorläufige Berechnungen zeigen aber, dass der mit diesem Wechsel erhoffte höhere Rentenausgleich nicht eintritt. Vielmehr ergibt sich eine um 85 DM geringere Rente. Im Falle der vorgesehenen Neuregelung hinsichtlich eines Entgeltpunktzuschlages von monatlich 0,0208 Entgeltpunkten würde sich seine Rente zwar auf 2 160 DM erhöhen. Dieser Betrag liegt aber noch immer ca. 1 000 DM unter der Altersversorgung, die er als Polizist erhalten hätte, wie ein vom Landesverwaltungsamt vorgenommener Vergleich zeigt.

Rentenrechtliche Besonderheiten bei Flüchtlingen/Übersiedlern Versicherungsverlauf und Bewertung der Rentenansprüche wurden vor dem Mauerfall für alle Übersiedler/Flüchtlinge nach dem Fremdrentengesetz (FRG) festgestellt.

Mit der Überleitung der Rentenversicherungssysteme Ost in das Rentenversicherungssystem West wurde diese Regelung insofern geändert, als die Rentenansprüche nach dem FRG nur noch für die Geburtenjahrgänge 1936 und älter berechnet werden. Alle jüngeren Jahrgänge werden rentenrechtlich den in der DDR lebenden Bürgern gleichgestellt.

Da die meisten nach 1936 geborenen Übersiedler/Flüchtlinge in der DDR keine Perspektive für sich und ihre Familien sahen, haben sie gewöhnlich keine FZR abgeschlossen. In diesen Fällen werden ihnen für die Versicherungszeiten in der DDR nur das sozialpflichtversicherte Bruttoentgelt von jährlich 7 200 Mark (600 Mark monatlich) angerechnet. Für den Zeitraum vom März 1971 bis 1989 macht das insgesamt nur ca. 15 Entgeltpunkte aus.

Dabei wird rechnerisch die starre Beitragsbemessungsgrenze von 7 200 Mark unabhängig von der erbrachten Bruttoentgeltleistung über diesem Betrag dem dynamisierten Durchschnittsverdienst aller Versicherten im vereinten Deutschland zugrunde gelegt.

Entsprechend nehmen die jährlichen Entgeltpunkte von 1971 bis 1989 von 0,9 auf 0,6 Punkte ab.

Von dieser in keinem vernünftigen Verhältnis zur erbrachten Arbeitsleistung pauschalisierten starren Beitragsbemessungsgrenze sind viele in der DDR verbliebene Bürger noch härter betroffen, weil ihr Rentenanteil auf der Grundlage des Entgeltpunktwertes Ost (gegenwärtig 42,26 DM) berechnet wird. Das macht einen Rentenanteil von ca. 630 DM Brutto aus. Die weit meisten von ihnen sind der FZR aus vorherrschend politischen Gesichtspunkten nicht beigetreten.

Die Interessenverbände der Verfolgten favorisieren, wie im letzten Jahresbericht bereits angesprochen, seit Jahren als Lösung der hier angesprochenen Defizite den Gedanken einer „Ehrenpension". Inzwischen liegt dem Bundstag ein Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion vor (Drucksache 14/3665, Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Bereinigung von SED-Unrecht,

3. SED-UnBerG), mit dem dieser Gedanke aufgenommen wurde.

Dieser Gesetzentwurf sieht die Gewährung einer Ehrenpension für politisch Verfolgte in Höhe von 1000 DM bei einer Dauer der politischen Verfolgung von mindestens zwei Jahren vor. Außerdem ist eine zusätzliche Kapitalentschädigung in Höhe von 400 DM pro Haftmonat für Inhaftierte mit einer Haftzeit von mindestens einem Jahr vorgesehen.

Letzteres wird von ehemaligen politischen Häftlingen auch als Entschädigung für die in den Haftanstalten und Arbeitslagern der DDR von ihnen unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen zu leistende Zwangsarbeit angesehen.

Einbezogen sind auch verfolgte Schüler und die nach § 1 a VwRehaG moralisch rehabilitierten Bürger. Für Verfolgte, die 1990 noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet hatten, soll die Ehrenpension auf 10 Jahre begrenzt werden. Da die Aufnahme der jenseits von Oder und Neiße Verschleppten aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich ist, soll für diese Personengruppe gleichzeitig mit dem Gesetzentwurf ein Antrag in den Bundestag eingebracht werden, der eine monatliche Unterstützungsleistung in Höhe der Ehrenpension vorsieht.

Befragungen der Anspruchsberechtigten zeigen, dass mit einem solchen Gesetz die derzeitigen Erwartungen der meisten Betroffenen erfüllt werden. Die Vertreter der Verbände von Verfolgten des Kommunismus bejahen diesen Entwurf grundsätzlich. Allerdings hält eine Mehrheit von ihnen an der Forderung einer Ehrenpension in Höhe von 1 400 DM fest, die der gegenwärtigen Ehrenpension für Verfolgte des Nazi-Regimes in den neuen Bundesländern entspricht.

Für eine solche Regelung sprechen folgenden Gründe:

1. Angemessene Würdigung oppositionellen bzw. widerständigen Verhaltens unter Bedingungen eines diktatorischen Regimes.

2. Die Ansprüche der Verfolgten auf eine angemessene Entschädigung sind nicht nur durch das im Grundgesetz verankerte Rechts- und Sozialstaatsprinzip, sondern auch dadurch begründet, dass politische Verfolgung im Einigungsvertrag als zur Rehabilitierung und Wiedergutmachung verpflichtendes Unrecht anerkannt worden ist.

3. Sozialer Ausgleich der vielfältigen Defizite der gegenwärtig wirksamen Rehabilitierungsgesetze.

4. Vermeidung aufwendiger Widerspruchs- und Klageverfahren.

5. Nutzung der Erfahrung bei der Realisierung des Bundesentschädigungsgesetzes, dass eine pauschalisierte Rentenzahlung weniger aufwendig und für alle besser gewesen wäre.

Vermögensrechtliche Beratung

Der Schwerpunkt der Anfragen zum Vermögensrecht betrafen wieder Grundstücksfragen, insbesondere den unredlichen Erwerb zu DDR-Zeiten durch heutige Besitzer/Eigentümer. Insbesondere wurde um Unterstützung gebeten, um die Beweislage der jetzigen Kläger zu verbessern, deren Verfahren im Regelfall seit geraumer Zeit bei Gericht anhängig sind. Dabei herrscht die Vorstellung vor, dass das MfS die Machenschaften, die die Grundstücke in den Besitz der heutigen Eigentümer führten, genau dokumentiert hat. Der Landesbeauftragte kann sich in solchen Fällen nur beim BStU um eine Beschleunigung der Akteneinsicht bemühen, sofern diese noch nicht erfolgte, und weitere Anregungen zur Suche in Archiven geben.

Um eine verbesserte Entschädigungsregelung für den „Verlust beweglichen Vermögens" hat sich der Gesetzgeber im Vermögensrechtsergänzungsgesetz (BGBl. I, Nr. 43, S. 1382 ff vom 15. September 2000) bemüht. Konnte zuvor kein Verwertungsnachweis/Erlös für die eingezogenen beweglichen Sachen erbracht werden, weil sie unauffindbar waren oder zu DDR-Zeiten nie angefertigt wurden, gab es keine finanzielle Entschädigung. Nach der Gesetzesänderung, zu der der Gesetzgeber durch das Urteil des BVerwG vom 19. November 1998 verpflichtet war, muss der Antragsteller für den Verlust der beweglichen Sachen (z. B. Hausrat, Kraftfahrzeuge, Sammlungen, Kunst- und Luxusgegenstände) nur noch einen schriftlichen Beleg (z. B. Aussagen in Untersuchungs-/Verhörunterlagen, Urteil) vorlegen. Die Bemessungsgrundlage für Hausrat ist im Gesetz mit 1 200 DM festgelegt worden, einer Summe, die „wohlhabenden" FamilienHaushalten nicht gerecht wird. Die Bemessungsgrundlage für Kraftfahrzeuge richtet sich nach ihrem Alter zum Zeitpunkt des Entzuges. Für alle zu entschädigenden beweglichen Sachen eines Berechtigten sind als Höchstgrenze 40 000 DM festgelegt. Besonders beim Wert von Sammlungen gehen die Vorstellungen häufig auseinander. Zudem ist mit einem halben Jahr die WiederAntragsfrist für zuvor abgelehnte Anträge sehr knapp gehalten.

Aus diesem Grunde sind die beim Landesbeauftragten mit diesem Anliegen erfassten Personen auf die für sie verbesserte Gesetzeslage aufmerksam gemacht worden.

Fotos von Restbeständen einst eingezogener Schmuckstücke, deren ursprüngliche Eigentümer das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen bisher nicht ausfindig machen konnte, waren ab März 2000 auf der neuen homepage des Berliner LStU (www.berlin.de/stasi-landesbeauftragter) zu sehen.

Förderung von Verfolgtenverbänden und Aufarbeitungsinitiativen

Für die Förderung von Beratungsprojekten der Verfolgtenverbände und von Aufarbeitungsinitiativen stand im Haushalt 2000 ein Betrag von 1 632 000 DM zur Verfügung. Das lässt nach dem abrupten Wegfall der die Personalkosten sichernden Arbeitsförderungsmaßnahmen seit 1998 nur eine sehr begrenzte Förderung bei den Vereinen zu.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass in keinem anderen Bundesland so viele ehemalige Haft- und Repressionsopfer der SBZ und SED-Diktatur leben wie in Berlin und zudem auch aus der wachsenden Bedeutung Berlins als Bundeshauptstadt hier verstärkt Rat und Hilfe gesucht werden ­ zumal im angrenzenden Land Brandenburg die Behörde eines Landesbeauftragten für die StasiUnterlagen auch 10 Jahre nach dem Zusammenbruch der DDR nicht geschaffen wurde.

Vom Land Berlin wurden über den Haushalt des Landesbeauftragten Beratungsprojekte folgender Vereine gefördert:

- BMD ­ Bund der Mitteldeutschen e. V.

- BSV ­ Bund der Stalinistisch Verfolgten ­ Förderverein für Beratungen e. V.

- HELP e. V. ­ Hilfsorganisation für die Opfer politischer Gewalt in Europa

- ZPO ­ Zentralverband Politisch Ostgeschädigter e. V.

Die Beratung umfasst das gesamte Spektrum an gesetzlichen Regelungen zur Wiedergutmachung und zum Schadensausgleich, d. h. neben dem 1. und 2. SED-Unrechtsbereinigungsgesetz