Auflösung der „Kameradschaft Germania"

Die Auflösung der „Kameradschaft Germania", die zuvor zu den aktivsten Berliner Kameradschaften gehörte, belegt die strukturelle Schwäche der Berliner Kameradschaftsszene. Nachdem bereits die im Verfassungsschutzbericht 2001 erwähnten Kameradschaften „Adlershof" und „1375" nicht mehr in Erscheinung traten, löste sich die „Kameradschaft Germania" nach dem gescheiterten Versuch der Errichtung eines Kameradschaftsbundes und den daraus resultierenden Streitigkeiten der Führungsaktivisten Anfang 2002 auf. Die „Kameradschaft Germania" war zuletzt innerhalb der Szene weitgehend isoliert und konnte keinen Nachwuchs mehr rekrutieren. Zum Niedergang der Kameradschaft trug auch die Persönlichkeit des Kameradschaftsführers bei, der aufgrund seines absoluten Führungsanspruchs und selbstherrlichen Führungsstils an Akzeptanz und Autorität verlor.

Seit Mitte des Jahres 2002 ist innerhalb der Berliner Kameradschaftsszene das Projekt der „Autonomen Nationalisten" in Erscheinung getreten, bei dem vor allem der Kampf gegen die so genannte „Antifa" thematisiert und zu einem gewaltsamen Vorgehen aufgefordert wird. Auf einer Demonstration wurde beispielsweise ein Transparent mit der Aufschrift „Organisiert den nationalen schwarzen Block ­ Unterstützt örtliche AntiAntifa-Gruppen ­ Wehrt euch und schlagt zurück ­ Autonome Nationalisten Berlin" mitgeführt.

Aufgelöste Kameradschaften „Autonome Nationalisten":

Auf der Homepage des „Aktionsbüro Mitteldeutschland ­ Nationaler Widerstand Berlin-Brandenburg" (Þ) wurde mit dem Bild einer vermummten Person und den Worten „Good Night ­ Left Side, Taten statt Worte" für die „Autonomen Nationalisten Berlin" geworben. Das Projekt hat bisher einen eher appellativen, nach innen gerichteten Charakter und ist ein weiterer Versuch führender Kameradschaftsaktivisten, aktionsorientierte Jugendliche zu mobilisieren und an sich zu binden.

Neben den Kameradschaften sind weitere Gruppierungen, so genannte „Neonazi-Cliquen", aktiv, deren Zusammenhalt durch ihre neonazistische Grundorientierung und gemeinsame Freizeitaktivitäten begründet wird. Der Schwerpunkt ihrer Aktivitäten liegt jedoch nicht - wie bei den Kameradschaften - in der politischen Arbeit. Sie verüben aber teilweise schwere Gewaltstraftaten, wie etwa die in Marzahn-Hellersdorf beheimatete Gruppierung „Berlin-Brandenburger Sturmkommando". Zu diesen „Neonazi-Cliquen" zählt auch die „Weiße Arische Bruderschaft" um einen ehemaligen Kader der im Februar 1995 verbotenen „Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP). Regionale Besonderheiten bei Straftaten

Die fremdenfeindlichen Straf- und Gewalttaten haben erheblich zugenommen (2001: 84 gegenüber 2002: 138).

Auch im Berichtsjahr erfolgten wieder Gewalttaten und Angriffe gegen Ausländer, die von besonderer Rücksichtslosigkeit und Menschenverachtung gekennzeichnet waren:

- Am 30. Januar griffen Rechtsextremisten in MarzahnHellersdorf drei libanesische Frauen und ein Kind in einer Straßenbahn mit Fußtritten und Schlägen an.

- Am 1. Februar erfolgte in Marzahn-Hellersdorf ein Brandanschlag auf einen türkischen Imbiss. Zum Tatzeitpunkt befanden sich Gäste und der Besitzer im Gastraum. Die Täter wurden wegen versuchten Totschlags verurteilt.

Eine Analyse der regionalen Verteilung aller Straf- und Gewalttaten zeigt Besonderheiten auf.

In den Stadtbezirken Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Pankow und Treptow-Köpenick werden ca. 46 % der Straftaten „Neonazi-Cliquen" Fremdenfeindlichkeit Regionale Verteilung Aktuelle Entwicklungen in den Beobachtungsfeldern 29 begangen. Zusammen mit den Stadtbezirken FriedrichshainKreuzberg und Mitte ergibt sich ein Anteil von 72 %. Bei einem Bevölkerungsanteil in diesen Bezirken von 32 bzw. 49 %, ist der prozentuale Anteil dieser Straftaten in den angegebenen Bezirken überproportional hoch.

Bei den Gewalttaten ist der auf die genannten Stadtbezirke entfallene Anteil noch höher. Er liegt hier bei 65 bzw. 77 %. Am auffälligsten zeigen sich diese Besonderheiten bei der regionalen Verteilung fremdenfeindlicher Gewalttaten. Allein ca. 41 % von diesen wurden in Marzahn-Hellersdorf begangen. Dies ist insoweit bemerkenswert, als dort der Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung deutlich geringer ist als im Berliner Gesamtdurchschnitt.