Pressemitteilung

Wenn man jetzt hier heute erfährt, dass in der Vergangenheit keine schriftlichen Geschäftbesorgungsverträge geschlossen wurden, halten zu Gnaden, auf welcher Basis wird denn da eigentlich agiert?

Das können Sie hier nicht verschweigen, das ist auch eine Verantwortung aus der letzten Legislaturperiode, dass viele dazu beigetragen haben, dass so etwas überhaupt möglich war. Welcher Geldbetrag steht denn eigentlich im Geschäftsbesorgungsvertrag? Wenn das so ist, dass es diesen Vertrag noch nicht einmal gegeben hat, dann wundert es einen auch nicht, dass niemand gewusst hat, dass er oder sie verantwortlich dafür ist zu kontrollieren, wo denn eigentlich das Geld geblieben ist.

Diese Panne hat gezeigt, dass es allerhöchste Zeit ist, dass hier alle Verantwortung dafür übernehmen, wie es anders weitergehen kann, nämlich klarer, transparenter und strukturierter. Eine Politik, die darauf hinausläuft, dass niemand verantwortlich ist, die werden wir Ihnen zumindest nicht durchgehen lassen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) Präsident Weber: Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Pflugradt.

(Abg. Frau Linnert [Bündnis 90/Die Grünen]: Presseerklärung ist anders als der Zeitungsartikel, Herr Pflugradt!) Abg. Pflugradt (CDU): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Was die Wahrheit betrifft, Frau Linnert, will ich mit Genehmigung des Präsidenten einige Presseartikel zitieren. Ich fange mit einer Stellungnahme an, die unser Fraktionsvorsitzender abgegeben hat. Da heißt es: CDU-Fraktionschef Jörg Kastendiek warnt indes vor voreiligen Schlussfolgerungen. Es ist derzeit noch völlig unklar, ob es hier um mangelhafte Kontrolle geht oder ob sich jemand bewusst außerhalb der Kontrolle bewegt. Wir sollten erst einmal den Abschlussbericht abwarten, so lange kann das ja nicht mehr dauern. Meine Damen und Herren, das ist der rote Faden gewesen, den wir von Anfang an gehabt haben. Wir wehren uns dagegen, jemanden voreilig vorzuverurteilen.

Sie haben das getan, Frau Linnert! Ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten aus diversen Presseberichten. Am 8. Januar ist der Vorgang veröffentlicht worden. Am 9. Januar steht es im Weser-Kurier, wörtliches Zitat, und Sie haben sich bis heute nicht distanziert.

(Abg. Frau Linnert [Bündnis 90/Die Grünen]: Brauche ich auch nicht!) Brauchen Sie auch nicht! Also stimmt das, was hier steht: Offenkundig geht es bei der GBI drunter und drüber, (Abg. Frau Linnert [Bündnis 90/Die Grünen]: Ist ja auch so!) folgert die grüne Fraktionsvorsitzende Karoline Linnert und fordert personelle Konsequenzen. Das ist ein Armutszeugnis für die Geschäftsführung. Private Firmen mit einer solch desolaten Buchführung wären schnell pleite. Erstens ist es nicht die Buchführung der GBI, das wissen Sie!

(Abg. Frau Linnert [Bündnis 90/Die Grünen]: Mittlerweile wissen wir das, ja!)

Das haben Sie mitbekommen. Sie haben zwar noch dreimal versucht, das dem Haushaltsausschuss hinzustellen, das ist aber nicht die Buchführung der GBI.

Zweitens hat die Geschäftsführung das nicht gewusst. Das kann man kritisieren, das kritisiert auch der Geschäftsführer, aber wenn Sie das kritisieren, dass der Geschäftsführer das nicht gewusst hat, dann müssen Sie, wenn Sie diesen Vorgang kritisieren ­ kann man tun! ­, aber auch genauso den Finanzsenator kritisieren, der vom 30. September bis zum 4. November von seinen Abteilungsleitern nicht darüber informiert worden ist. Dann müssten Sie genauso in diese Richtung personelle Konsequenzen fordern.

(Abg. Frau Linnert [Bündnis 90/Die Grünen]: Oder bei Herrn Perschau vielleicht einmal!)

Warum gehen Sie hier nach vorn und sagen kein einziges Wort dazu, dass Herr Nußbaum vom 4. November bis Anfang dieses Jahres etwas davon gewusst hat, in die Gremien geht, kein Wort darüber verliert, hier nach vorn geht und dazu noch nicht einmal einen Satz sagt, noch nicht einmal ein einziges Wort dazu sagt? Wo sind da Ihre Forderungen zu personellen Konsequenzen? Auf dem Rücken von Mitarbeitern von Gesellschaften hier eine Kritik zu äußern, sich hinzustellen, in der Presse und auch hier noch nach vorn zu gehen und davon zu reden, dass ein Kollege es nicht so genau mit der Wahrheit nimmt, (Abg. Frau Linnert [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, das ist auch so!) tut mir Leid, Sie nehmen das nicht genau mit der Wahrheit! Sie verdrehen die Tatsachen, (Beifall bei der CDU) wie es Ihnen passt, weil Sie ein Problem mit den Gesellschaften haben, die hier gebildet worden sind.

(Abg. Frau Linnert [Bündnis 90/Die Grünen]: Allerdings!)

Das kann man haben mit diesem Konzern Bremen, dass wir da in einem Prozess sind, dass sich das fortentwickelt hat und weiter fortentwickeln wird, das Controlling des Konzerns Bremen, dieser Gesellschaften, aber auch unseres eigenen Haushalts, wir bekommen dicke Wälzer! Ich habe manchmal den Eindruck, dass das, was wir an Papier bekommen, viel zu viel ist, (Abg. Frau Linnert [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, das ist auch so!) weil man das gar nicht mehr richtig durchschauen und überblicken kann. Das ist schon zu viel von dem, was wir bekommen. Wir müssen das konzentrieren, und wir müssen natürlich auch ­ das ist auch unbestritten ­ feststellen, wenn es solche Fehler gibt, dann müssen die irgendwo auftauchen. Das ist doch unbestritten. Darüber haben wir doch gemeinsam geredet und reden auch in der Zukunft darüber. Das ist völlig klar! Wenn solches Geld verloren geht, dann muss das irgendwo einmal auftauchen.

Ich habe bloß zu Recht auf die Schwierigkeiten mit der SAP-Umstellung hingewiesen. Ich habe auf den Bericht hingewiesen. Da ist auf die Probleme aufmerksam gemacht worden, und keiner hat es für nötig befunden, in weiteren Haushaltsausschusssitzungen darauf zurückzukommen. Es hat auch keine großen kritischen Anmerkungen zu diesem Bericht gegeben, sonst stünde das nämlich im Protokoll. Der Senator für Finanzen, damals Hartmut Perschau, hat auf die Probleme mit der Umstellung auf SAP aufmerksam gemacht. Mehr kann man ja wohl nicht tun.

(Unruhe bei der SPD)

Wenn solche Fehler dann passieren, müssen sie aufgeklärt werden.

Ich komme noch einmal zurück zur Rede von Herrn Dr. Nußbaum. Das Problem im Hinblick auf die Struktur anzusprechen, das kann man tun, aber ich hätte schon erwartet, Herr Senator, dass Sie ein Wort darüber verlieren, wenn Sie über Strukturen reden, warum Sie die Gremien nicht informiert haben. Das ist auch ein strukturelles Problem.

Ich gehe davon aus, dass auch dazu zukünftig Lösungen gefunden werden, dass die Abgeordneten in den Gremien, im Parlament, im Senat, die Gremienmitglieder in den Aufsichtsräten rechtzeitig informiert werden, wenn solche Probleme auftauchen.

Das ist hier nicht der Fall. Ich gehe davon aus, dass auch zu dieser Frage eine Lösung gefunden wird, denn das ist auch ein Strukturproblem, das gelöst werden muss. ­ Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU) Präsident Weber: Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Wiedemeyer.

Abg. Frau Wiedemeyer (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Pflugradt, ich hätte mir gewünscht, dass Sie sich an das gehalten hätten, was Ihr Fraktionsvorsitzender in dem Zusammenhang gesagt hat, dass wir aufklären und dass wir dann beraten und das Ganze sachgerecht machen.

Ich glaube, das ist an Populismus nicht mehr zu überbieten.

Ich schäme mich dafür, dass wir mittlerweile dieses Niveau als haushaltspolitische Sprecher erreicht haben. Ich habe in den ganzen acht Jahren Haushaltspolitik so etwas in diesem Haus noch nicht erlebt.

Ich möchte noch einmal zu einigen Punkten zurückkommen, wo Sie glaubten, hier in der Sache Kritik üben zu müssen. Ich habe es mir vorhin erspart, Ihre Pressemitteilung zu zitieren. Ich dachte, es reicht, wenn man es einmal in der Zeitung gelesen hat. Man muss dummes Zeug nicht noch einmal wiederholen. Sie haben vorhin den langen Zeitraum kritisiert, 30. September! Sie selbst haben in Ihrer Pressemitteilung geschrieben, Sie haben es vorhin noch einmal gesagt, am 30. September wurde es entdeckt.

Wir haben mittlerweile gehört, dass es eher zufällig entdeckt worden ist.

Am 1. Oktober wurde telefonisch und per E-Mail die Rückzahlung angemahnt. Am 30. September hat man entdeckt, dass etwas nicht stimmt, am 1. Oktober hat man bereits gewusst, wo der Fehler lag, und hat per E-Mail angemahnt. Dann kommt der nächste Satz: Trotzdem ist nach bisherigen Informationen erst am 8. Oktober eine schriftliche Zahlungsrückforderung erfolgt. Ich weiß nicht, wie Sie EMail-Verkehre erledigen. E-Mail ist mittlerweile auch ein rechtlich anerkannter schriftlicher Vorgang. Telefon und E-Mail heißt unverzüglich schriftlich.

Sie haben weiter bemängelt, dass der betreffende Mitarbeiter sich nicht unverzüglich an die Spitze gewandt hat. Ich glaube, es gibt zu Recht Strukturen, die auch sagen, wie Dienstwege einzuhalten sind.

Wenn ich in dem Bericht lese, dass der zuständige Mitarbeiter, der Referatsleiter 21, das Referat 01 unverzüglich informiert hat, dann ist er seiner Pflicht nachgekommen, und zwar unverzüglich.

Sie haben bemängelt, und auch das ist ein Widerspruch, dass eine Aufsichtsratssitzung der GBI eingefordert wurde, dass personelle Konsequenzen gefordert wurden und dass die Zuständigkeit der GBI überhaupt ins Spiel gebracht wurde. Die GBI verwaltet treuhänderisch den Sonderhaushalt. Ich habe vorhin schon gesagt, dass sie verantwortlich für Einnahmen und Ausgaben ist, und darüber hat sie Rechenschaft abzulegen. Es ist richtig, dass dieser Haushalt nicht Bestandteil des Haushaltes der GBI ist. Für den ist auch der Aufsichtsrat zuständig. Da findet sich dieser Sonderhaushalt höchstens insofern wieder, wenn die GBI Vergütungen aus ihrer Tätigkeit der treuhänderischen Verwaltung erhält. Warum ­ das hat Herr Köhler vorhin richtig gesagt ­, wenn der Aufsichtsrat nicht tangiert ist, hätte dann eigentlich der Aufsichtsratsvorsitzende über diesen Vorgang informieren sollen? Das ist auch Ihrerseits ein Widerspruch, über den man noch einmal nachdenken muss. So geht das nicht!

Ein Punkt noch! Sie haben eben beiläufig erwähnt, Sie hätten schließlich schon im Haushaltsausschuss darauf hingewiesen, was denn Ihre Vermutung wäre, wer etwas an die Presse gegeben hat. Ich glaube, das ist unterstes Niveau. Wir sollten uns hier mit Fakten beschäftigen und uns nicht dazu herablassen, irgendwelche Pressemitteilungen zu interpretieren und dann Mutmaßungen darüber anstellen, und Sie haben es vorher mit einem gewissen Stolz verkündet, dass Sie im Haushaltsausschuss Ihre Vermutung ausgesprochen haben. Ich glaube, so geht das nicht, hier Mitarbeitern zu unterstellen, sie hätten die Presse informiert, sie hätten mutwillig irgendwelche Informationen gestreut.

Was die Informationen gegenüber dem Haushaltsausschuss anbelangt, da haben alle drei Fraktionen gemeinsam kritisiert ­ Herr Wedler war an dem Freitag nicht da ­, dass wir die Vorgänge über die Zeitung erfahren haben. Das ist ein Zustand, den ich als Parlamentarierin und als Haushälterin nicht akzeptieren kann, das tue ich auch nicht! Der Finanzsenator beziehungsweise der Staatsrat haben sich noch in der Sitzung dafür entschuldigt und haben gelobt, dass das nicht wieder passiert. Was die gestrigen Fälle anbelangt, glaube ich zu wissen, dass wir zeitnah informiert worden sind, und zwar unverzüglich. Die einzige Zeitverzögerung, die es gab, war, weil wir erst noch gewisse Abgeordnete suchen mussten.

Sie haben in Ihrer Pressemitteilung dem Finanzsenator unterstellt, dass die bekannt gewordenen Informationen die Vermutung nahe legten, dass Finanzsenator Nußbaum von dem Verschulden seines eigenen Ressorts ablenken wolle. Ich glaube, Ihre Pressemitteilung legt die Vermutung nahe, dass Sie einfach davon ablenken wollen, wer eigentlich für alle Beteiligten bei der Entstehung der Fehler und bei dem Verschwinden des Geldes die Verantwortung getragen hat. Ich wollte es nicht tun, aber nach Ihrem Redebeitrag gerade werde ich es tun. Beteiligt waren der Finanzsenator, Senator Perschau, CDU, die GBI, zuständig Senator Perschau, CDU, beteiligt war die Landeshauptkasse, Performa Nord, zuständig Senator Perschau, CDU. So einfach funktioniert das Spiel nicht, und ich hoffe, dass wir im Mai dazu kommen, hier eine sachliche Debatte zu führen, und dass diese Art der Diskussion unter uns Haushaltssprechern eine einmalige Entgleisung war. Präsident Weber: Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Wedler.

Abg. Wedler (FDP): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich begrüße auch Herrn Senator Perschau, der mitverantwortlich für die Vorgänge ist, über die wir hier debattieren. Ich bin etwas irritiert und verwundert, dass die Koalitionäre, die eigentlich eine politische Zusammenarbeit vereinbart haben, sich hier heute öffentlich über einen Vorgang streiten, den wir eigentlich in einer sachlichen Atmosphäre im Ausschuss, vielleicht aber auch hier hätten beraten können. Insofern kann ich mich da nahtlos dem anschließen, was Frau Wiedemeyer hier eben gesagt hat. Ich möchte nur noch darauf hinweisen, Herr Dr. Nußbaum hat uns ja einen Bericht angekündigt, und ich denke, das sollte die Basis für weitere Diskussionen sein, die man zunächst im Haushaltsausschuss führen kann und, wenn man will, dann später auch hier.

Frau Linnert hat, glaube ich, etwas Richtiges gesagt, und das klang ja auch in der Rede von Herrn Dr. Nußbaum an, dass der Konzern Bremen insgesamt einmal ins Auge gefasst werden muss, was die Strukturierung, was die Verantwortlichkeiten, die verschiedenen Aufgabenbereiche und Funktionen der einzelnen Gesellschaften anbetrifft. Auch mich ärgert das maßlos, ich habe das vorhin schon einmal gesagt, dass hier, wenn man so will, sich eine organisierte Verantwortungslosigkeit wiederfindet und niemand im Grunde genommen für etwas eintreten will, wo er möglicherweise falsch gehandelt hat.

Deswegen möchte ich insbesondere Sie Koalitionäre auffordern, dass Sie hier wieder zu einer sachlichen, konstruktiven Arbeit zurückkehren. Wir alle können und müssen das hier von Ihnen verlangen.

Wir können als Opposition sicherlich den Finger in die Wunden legen, aber ich denke, Sie regieren, Sie handeln, Sie müssen uns dann auch in diesem Zusammenhang vernünftig mit ins Boot hinein nehmen.

­ Vielen Dank!