Möglichkeit zur Schaffung einer bezirksübergreifenden Nutzung von Sportanlagen

"Der Senat wird aufgefordert, gemeinsam mit den Bezirken zu prüfen, welche Möglichkeiten für die bezirksübergreifende Nutzung von Sportanlagen bestehen und wie diese in Anspruch genommen werden, wenn dafür in unterversorgten Bezirken ein Bedarf besteht und in anderen Bezirken Überkapazitäten vorhanden sind."

Hierzu wird berichtet:

Der ursprüngliche Antrag bezog sich auf die bezirksübergreifende Möglichkeit zur Nutzung von Sportanlagen durch Budgetausgleich und wurde im Abgeordnetenhaus im Unterausschuss Sport bereits in 2004 beraten. Da festgestellt wurde, dass der Budgetausgleich bereits Bestandteil des Budgetierungssystems ist, aber dennoch weiterhin Beratungsbedarf gesehen wurde, fasste das Abgeordnetenhaus den o.g. Änderungsbeschluss.

Im Unterausschuss Sport ist zu ähnlichen Tagesordnungspunkten von einigen Mitgliedern die Erwartung geäußert worden, dass für den o.a. Bericht vom Senat über budgetbezogene Aspekte hinaus auf grundsätzliche Fragestellungen der Nachfrage nach und der Vergabe von Nutzungszeiten auf öffentlichen Sportanlagen eingegangen wird. Die konkrete Vergabe der öffentlichen Sportanlagen ist in der Regel eine Angelegenheit der Bezirke, während der Senat für die Vorgabe einheitlicher rechtlicher Rahmenbedingungen sorgt.

Vor dem Hintergrund beabsichtigter oder bereits vollzogener Sportanlagenschließungen bei gleichzeitig andernorts bestehenden Versorgungsengpässen hat meine Verwaltung eine überbezirkliche Auswertung und Bewertung vorgenommen, wobei die Erkenntnisse der Bezirke einbezogen worden sind.

1. Rahmenbedingungen für die Nutzung öffentlicher Sportanlagen Jeder Berliner Sportverein hat einen Stammbezirk, dem er zugeordnet ist und der ihn betreut. Dies ist in aller Regel der Bezirk, in dem der betreffende Verein seine Hauptwirkungsstätte hat (Wohnsitz vieler seiner Mitglieder, Geschäftsstelle, genutzte Sportstätten usw.).

Die Vergabe der Nutzungszeiten in den öffentlichen Sportanlagen der Berliner Bezirke obliegt dem jeweils zuständigen Bezirksamt als Betreiber der Anlage in eigener Zuständigkeit als bezirkseigene Angelegenheit. Die Vergabe erfolgt nach den geltenden einschlägigen Regelungen des Sportförderungsgesetzes und der Sportanlagen-Nutzungsvorschriften - SPAN.

Den überwiegenden Anteil der Nutzer öffentlicher Sportanlagen machen förderungswürdige Sportorganisationen aus, die nach § 14 Abs. 2 SportFG öffentliche Sportanlagen für ihren Übungs-, Lehr- und Wettkampfbetrieb unentgeltlich nutzen.

Voraussetzung ist der Nachweis der nutzenden Sportorganisationen, über eine entsprechende Anerkennung der Förderungswürdigkeit zu verfügen. Die Nutzungen durch förderungswürdige Sportorganisationen im Rahmen ihres satzungsgemäßen Sportbetriebs haben Vorrang vor anderen Sportorganisationen, die keine Angebote im Rahmen ihres Übungs-, Lehr- und Wettkampfbetriebes unterbreiten und vor anderen Nutzern, die die Sportanlagen nachrangig entgeltlich nutzen können.

Hinsichtlich der unentgeltlichen Nutzungen werden in den SPAN unter Nr. 8 zwar Vorrangregelungen für die Vergabe benannt, aber diese regeln Prioritäten für die verschiedenen Nutzergruppen (Vereine, Schulen, Hochschulen etc.), nicht jedoch die Vergabe nach der Herkunft/Wohnadresse o.ä. der Nutzer.

Es ist somit festzustellen, dass die bezirksübergreifende Nutzung von Sportanlagen uneingeschränkt rechtlich möglich ist und somit "bezirksfremde" Nutzer dem Grunde nach Anspruch auf Nutzungszeiten in anderen Bezirken haben.

Die Vergabe von Sportstätten erfolgt halbjährlich bzw. jährlich. Da die Vereine versuchen, kontinuierliche Sportangebote zu unterbreiten, stellen sie überwiegend Nutzungsanträge für dieselben Zeiten.

Der größte Teil der Vergabe besteht somit in der Fortschreibung der Nutzungszeiten der Vorjahre.

Die entsprechende Regelung dafür enthält Nr. 8 Abs. 7 a SPAN, wonach die Zeiten der bisherigen Nutzer durch die zusätzliche Berücksichtigung neuer Nutzer "nicht unangemessen beeinträchtigt" werden dürfen.

Diese auf Kontinuität der Nutzung abzielende Regelung hat sich in der Vergangenheit bewährt; sie dient auch der Verlässlichkeit für längerfristige Planungen der Vereine.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass durch das geltende Verfahren mit seiner anlagenübergreifenden Vergabe und Zuweisung jeder berechtigte Antragsteller entsprechende Nutzungszeiten (wenn auch nicht immer auf der "Wunschanlage") zugewiesen bekommt. Dieser Anspruch einer möglichst umfassenden und effektiven Auslastung ist in SPAN Nr. 8 (3) benannt: "Bei der Vergabe von Sportanlagen ist eine möglichst vollständige Auslastung anzustreben." Diese Vergabe bezieht auch Anträge "bezirksfremder" Nutzer ein, wofür es in den Bezirken zahlreiche Beispiele, wie z. B. den Hochschulsport, gibt.

In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass es für Nutzungszeiten suchende (insbesondere neue) Vereine bei voller Auslastung der Kapazitäten in ihrem Stammbezirk schwierig ist, in einem anderen Bezirk Nutzungszeiten zu erhalten. Die freien Hallenzeiten in der Sommersaison und die Leerzeiten vor 16. Uhr in schulisch nicht genutzten Sportanlagen kommen mehr oder weniger in allen Bezirken vor, sind jedoch kein Hinweis auf Überkapazitäten bei den Anlagen.

Es ist somit festzustellen, dass auch in der Vergabepraxis außer punktuell fehlenden Anlagenkapazitäten keine grundsätzlichen Hemmnisse bestehen, die die Inanspruchnahme von Sportanlagen durch bezirksübergreifende Nutzung verhindern.

2. Grenzen des überbezirklichen Versorgungsausgleichs

Die Intention des Antrags berührt die grundsätzliche Fragestellung, ob ein Bedarfsträger (z.B. ein Bezirk) Sportanlagen wegen mangelnder Nachfrage aufgeben darf, obwohl stadtweit bzw. in konkret benennbaren anderen Stadtbereichen (Bezirken) eine Nachfrage nach Sportanlagen desselben Typs besteht.

Die Ausgangsposition der Fragestellung deutet auf ein eventuelles Missverständnis hin: Eine rein rechnerische (z.B. anhand von Einwohnerrichtwerten für gedeckte/ungedeckte Sportanlagen) festgestellte Bedarfslage in Berlin oder Teilen von Berlin ist ggf. ein Indiz, jedoch kein Beweis dafür, dass dieser errechnete Bedarf im Einzelfall auch tatsächlich als Nachfrage nach einer konkret vorhandenen Sportanlage auftritt.

Ebenfalls sind einzelne Angebote des Bezirks Treptow-Köpenick an den Hochschulsport ohne Widerhall geblieben.

Es ist also durchaus vorstellbar, dass Sportanlagen, mit denen einzelne Bezirke unterversorgt sind, in anderen Bezirken wegen mangelnder Nachfrage zeitweise oder gar dauerhaft leer stehen.

Da sich die sportliche Betätigung in einem Marktumfeld von attraktiven sportlichen und nichtsportlichen Freizeitangeboten behaupten muss, sind die rein quantitativen Kriterien einer Versorgung mit Flächennachweis nicht hinreichend für eine bedarfsgerechte Planung. 3. Einzelfallbetrachtung ist erforderlich

Weder ist die simple rechnerische Beweisführung mit Einwohner-Richtwerten ausreichend, um den dauerhaften Erhalt einer Anlage zu begründen, noch ist die durch den Träger der Anlage getroffene Feststellung einer mangelnden Nachfrage allein schon eine ausreichende Basis für eine so weitreichende Entscheidung, wie es die endgültige Aufgabe einer Sportanlage ist.

Das Wohnortprinzip spielt zwar - wie ausgeführt bei der Vergabeentscheidung keine Rolle, aber bei der Wahl der Sportler, ob und wo sie ihren Sport ausüben, ist die Nähe der Sportanlage zum Wohnort durchaus ein wesentliches Kriterium. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen ist die Nähe zur Wohnung bzw. die schnelle und ungefährdete Erreichbarkeit der Sportanlage ein ganz wichtiger Entscheidungsgrund.

Stattdessen ist zu analysieren, aus welchen der vorgenannten oder anderen Gründen die Nachfrage im Einzelfall ausbleibt.

Bei der Größe der einzelnen Berliner Bezirke, die für sich genommen großstädtisches Format haben, ist es nicht verwunderlich, dass es nur eine begrenzte Bereitschaft seitens der Sportler gibt, lange Anfahrtswege zu akzeptieren - es sei denn, das Angebot ist besonders attraktiv oder stadtweit selten vorkommend.

Dabei ist die Sportanlagenentwicklungsplanung für Berlin ein wichtiges Hilfsmittel, um zu erkennen, ob grundsätzlich eine ausreichende Nachfrage nach diesem Sportanlagentyp besteht, ob diese zukünftig weiterhin zu erwarten ist, oder ob ggf. Überkapazitäten 1 bestehen. Zu einer beliebigen Sporthalle oder einem durchschnittlichen Sportplatz sollte der Weg nicht allzu lang sein, oder der Sportler orientiert sich anderweitig.

Ebenfalls zu beachten ist die Wirkung von qualitativen Negativmerkmalen auf die Nachfrage.

Die möglichen Gründe, warum eine Sportanlage unabhängig vom grundsätzlich vorhandenen Bedarf schlecht angenommen wird, wurden bereits benannt:

- Lage der Sportanlage (schlechte Erreichbarkeit...)

- Ausstattung der Anlage (Instandhaltungszustand, veralteter Standard...)

In der Regel werden die attraktiveren (moderneren, besser ausgestatteten, gut gestalteten etc.) Sportanlagen am meisten nachgefragt, so dass durch eine Negativ-Auslese bei Überkapazitäten am Ende die unattraktiven (alten, baufälligen, schlecht ausgestatteten etc.) Anlagen leer stehen. Diese wiederum sind u.U. auch für bezirksfremde Nutzer letztlich so unattraktiv, dass diese das Angebot ggf. gar nicht wahrnehmen wollen.

- Ausprägung der Sportanlage (Überkapazitäten bei bestimmten Anlagentypen...)

Die Gründe müssen nicht nur angebotsseitig liegen, sondern können auch von der Nachfrageseite her betrachtet werden:

- bessere Alternativen dieses Anlagentyps vorhanden (besser gelegen, besser ausgestattet) Beispielweise ist diskutiert worden, warum z.B. nicht leerstehende Schulsporthallen in MarzahnHellersdorf durch die Universitäten für den Hochschulsport genutzt werden können. Leider ist es so, dass diese fraglichen Sporthallen aus Sicht der Studenten nicht sonderlich attraktiv sind (Lage, Zustand, Umfeld etc.).

- Unkenntnis (freie Nutzungszeiten sind nicht bekannt oder werden nicht vermutet)

- andere Alternativen werden bevorzugt (Verlagerung der Nachfrage auf andere Sportarten oder gar andere Freizeitbeschäftigungen)

Zudem wird die Universitätsverwaltung solche Angebote auch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit prüfen und dabei möglicherweise feststellen, dass hohe Sanierungskosten und zusätzlich erforderliche bauliche Maßnahmen (Medientrennung) gegen die Übernahme der Sporthalle sprechen.

Die derzeit in Arbeit befindliche Sportanlagenentwicklungsplanung hat bisher nur im Sektor LeichtathletikAnlagen nennenswerte Überkapazitäten ermittelt. Insbesondere überalterte Kampfbahnen mit Aschenbahn sind eine wenig ihn Anspruch genommene Nutzungsreserve.