Wirtschaftsprüfer sei zur Prüfung eines Gutachtens eines Wirtschaftsprüfers gar nicht in

„wenn und soweit die Prüfung ergibt, dass eine solche Bürgschaft unter einem einschätzbaren Risiko erteilt werden kann."

Während Zeuge Kurth feststellte, die Senatsverwaltung für Finanzen treffe trotz der Funktion der PwC im Bürgschaftsverfahren eine eigene Fachaufsichtspflicht, die es ihr verbiete, sich auf den Wirtschaftsprüfer zu verlassen,1173 legte der für Landesbürgschaften zuständige Referent bei SenFin, der Zeuge Ziegler, den Auftrag zur Fachaufsicht restriktiv aus. Mehrfach machte er vor dem UntA deutlich, die Prüfung eines Bürgschaftsvorhabens obliege allein der PwC1, auch sehe er sich, da er kein Wirtschaftsprüfer sei, zur Prüfung eines Gutachtens eines Wirtschaftsprüfers gar nicht in der Lage.

Auf Nachfrage bestätigte er, der einzige Bürgschaftsreferent bei SenFin zu sein, wenn auch größere Bürgschaftsfälle wie dieser in enger Abstimmung mit dem Referatsleiter bearbeitet würden.

Der zuständige Referatsleiter Zeuge Heinzel, der vor dem Ausschuss an anderer Stelle die Ansicht vertrat, die Mandatierung der PwC habe unter anderem das Ziel verfolgt, die Verwaltung durch eine Art „outsourcing" zu entlasten1, gab zur Frage der Gutachten-Kontrolle an, er habe das PwCGutachten durchaus auf Plausibilität geprüft.

Zeuge Heinzel: Ich bin im Wesentlichen die Argumente durchgegangen, also: Sind die richtigen Fragen gestellt und sind befriedigende Antworten gegeben worden? ­ Also, der Erfolg der Stiftung ­ jetzt mal von den Baukosten abgesehen ­ hing und hängt davon ab, dass die Betreibergesellschaften genug Umsatz machen, um über die Umsatzprovision Einnahmen zu haben, um den Kapitaldienst bezahlen zu können. Das heißt, man muss gucken: Die Betreibergesellschaften, die dort Partner sind, von welchen Ertragserwartungen gehen die aus, ist das realistisch? Stimmt das Mengengerüst, oder wird getürkt, wird einfach von hinten nach vorne gerechnet? ­ Das sind Fragen, die Sie an so ein Gutachten richten. Ist letztlich der Bedarf, der sich für die Betriebsmittelseite ergibt aus dem Finanzplan, auch so berechnet worden, dass er nachvollziehbar ist?

Auf die Frage, warum trotz dieser Prüfungen gerade die Ertragssituation so weit hinter den Erwartungen zurüch geblieben sei, räumte der Zeuge ein: Zeuge Heinzel: Ich vermute mal, dass wir alle damals die Kaufkraft überschätzt haben, dass die Leute nicht nur eine Eintrittskarte kaufen, sondern auch 10 DM ausgeben für Getränke und Verzehr, denn an den Besucherzahlen selbst ­ ­ Also, das Haus ist ja gut besucht. Es sind die sekundären Quellen, also die Verköstigung z. B., die Einnahmen der Einhorn GmbH, die hinter den Planansätzen zurückgeblieben sind. Wenn da etwas nicht ­ ­ Deswegen ist ja auch der Pachtvertrag nachgebessert worden.

bb) Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie

Wie hinsichtlich der Senatsverwaltung für Finanzen Zeuge Kurth erklärt hatte, gab bezüglich der Zuständigkeiten in der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie auch Zeuge Branoner an, selbst weder im Vorfeld noch mit der Vergabe der Bürgschaft befasst gewesen zu sein. Er habe die Bürgschaft lediglich in Aussicht gestellt, Zeuge Niebergall, Referatsleiter des Bürgschaftsreferats bei SenWiTech und Vorsitzender des Bürgschaftsausschusses erläuterte dem UntA, es habe nach Eingang des Bürgschaftsantrags eine Vorbesprechung bei der PwC gegeben1, bei der insbesondere das Problem der Gemeinnützigkeit als formales Hindernis der Bürgschaftsgewährung im Rahmen der LaBürgR erörtert worden sei.

Die Lösung sei darin gefunden worden, zum einen den Verzicht der Stiftung auf die Gemeinnützigkeit herbeizuführen und zum anderen die Tempodrom GmbH als Gewerbetreibende qua Rechtsform als Darlehensnehmerin mitaufzunehmen.

Zudem wurde durch das Bürgschaftsreferat eine Stellungnahmen des Referats Europapolitik eingeholt,1183 die bestätigte, dass der beantragten Bürgschaft ein Beihilfewert von 0,5 % der verbürgten Summe (im konkreten Fall mithin 100 000 DM) zukomme und sie daher unter die de minimisRegelung1184 fiele und bei der EU-Kommission nicht notifiziert werden müsste. „Abweichend von unserer sonstigen Haltung befürworten wir in diesem Fall aus den schon dargelegten Gründen die Übernahme einer Bürgschaft." „wie sich diese Zahlen zusammensetzen, ob das eine Worst-case- oder eine Best-caseBerechnung ist, welche Veranstaltungen, welche Preise, welche Zielgruppe, welche Auslastung, welche Ausfallrisiken, wie sicher die Veranstaltungen sind, ob es da schon Absprachen gab oder ob das Wünsche sind, dass die Veranstaltungen nach Berlin kommen, oder Ähnliches, dass das zu Grunde gelegt wird ­ und das vor dem Hintergrund, dass es eben nicht die Konzeption des alten Tempodroms war, sondern schon etwas anderes, das auch eine ganz andere Veranstaltungspalette und auch eine andere Zielgruppe umfassen sollte."

Zeugin Graf: Dafür ist ja der Geschäftsbesorger eingesetzt worden, der mit den zur Verfügung stehenden Mitteilungen, also Möglichkeiten ­ ­ Also, wenn beispielsweise PwC recherchiert über bestimmte Branchenwerte, Vergleichswerte, über Baukosten oder Baukostenvergleiche, dann ziehen sie natürlich auch die Kontakte, die sie aus ihren Dependancen haben, zu Rate, um genau diesen betriebswirtschaftlichen Sachverstand sicherzustellen.

Auf die Frage hinsichtlich seiner Befassung im Vorfeld der Bürgschaftsausschusssitzung erklärte Zeuge Niebergall, es habe sowohl Gespräche mit der PwC als auch mit dem zuständigen Referatsleiter in der Senatsverwaltung für Finanzen gegeben, um einige Fragen bereits vorab zu klären.

Desweiteren wurde die Stellungnahme des Tourismus-Referates bei SenWiTech abgegeben, auf die oben im Rahmen der Erörterung des PwC-Gutachtens bereits eingegangen wurde.

Zur Klarstellung erklärte dieses Referat unter dem 19. Juni 2000 ausdrücklich:

Zu den inhaltlichen Aspekten der Vorprüfung des PwC-Gutachtens durch SenWiTech führte die zuständige Referentin bei SenWiTech, Zeugin Graf, aus, hinterfragt worden sei unter anderem,

Auf die kritische Nachfrage, welche Kompetenz die Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie habe, um die Plausibilität einer Konzeption für ein großes Veranstaltungszentrum in Berlin zu prüfen, verwies die Zeugin auf den Geschäftsbesorger PwC:

Sog. „de minimis"-Beihilfen, 100 000 Euro (195 583 DM), die einem Unternehmen in einem Zeitraum von drei Jahren ab der Gewährung der ersten de minimis-Beihilfe insgesamt gewährt werden dürfen, sind in der Praxis von der gemeinschaftlichen Beihilfenkontrolle ausgenommen; vgl. Mitt. der Kommission über „de minimis" -Beihilfen vom 6. 3. 1996, ABlEG 1996 Nr. C 68, S. 9.

Diese Funktion maß auch Zeuge Branoner der PwC bei, der argumentierte, genau deshalb sei die Risikobewertung aus den Händen der Verwaltung in die Hände der PwC gelegt worden: Abg. Goetze (CDU): [...] Inwieweit ist die Bürgschaftsherausreichung an die Überprüfung solcher Aussagen [zum tagesaktuellen Baukostencontrolling1190

] durch die Verwaltung gekoppelt? Ist es so, dass man seitens der Wirtschaftsverwaltung noch einmal checken muss, wie das Hauptproblem Baukostencontrolling aussieht? Oder wird das jeweils durch die Gutachter bzw. durch die herausreichende Bank ermittelt?

Dass nach Abschluss der Beweisaufnahme des Ausschusses große Zweifel bestehen, ob die PwC überhaupt über Branchenwerte, Vergleichswerte, Baukosten und Baukostenvergleiche recherchiert, geschweige denn einen spezifischen betriebswirtschaftlichen Sachverstand aus den eigenen Reihen genutzt hat, wurde bereits dargelegt.

Vors. Braun: Habe ich Sie richtig verstanden ­ oder ich will es einmal ein bisschen provokativ fragen: Es lag Ihnen im Wesentlichen das Gutachten von PwC vor und sonst nichts?

Von der Besonderheit abgesehen, dass das Tempodrom ein „gewerblicher Kulturbetrieb" war und daher zunächst die Anwendbarkeit der LaBürgR sicher gestellt werden musste, sei der Vorgang für den Zeugen Niebergall ­ wie auch für die übrigen Mitglieder des Bürgschaftsausschusses ­ „ein ganz normaler Bürgschaftsfall" gewesen.

Diese interne Befassung führte zunächst zu einer Vorlage an die Hausleitung, um diese zu informieren, dass man beabsichtige, im Bürgschaftsausschuss für eine Empfehlung der Bürgschafts zu Zeuge Branoner: Nein, in der Regel wird sich der Gutachter mit diesen Themen auseinander setzen und sagen, er hat die entsprechenden Fragen gestellt, die Unterlagen bekommen und plausible Antworten erhalten. Ich gehe davon aus, dass die Verwaltung dann nicht noch einmal mit der Bank oder dem Investor spricht, um zu klären, ob die Aussagen, die der Gutachter bekommen hat, auch valide sind. Dazu hat man ausdrücklich den Gutachter und dieses Gutachterverfahren auch deswegen seinerzeit in Berlin etabliert, weil man mit dem anderen Verfahren vor 20, 25 Jahren auch keinen Erfolg hatte, als die Verwaltung diese Dinge noch unmittelbar selbst geprüft hat.

Bemerkenswert war an dieser Stelle die Feststellung der Zeugin, man habe sich auf eine entsprechend profunde Zuarbeit durch die PwC verlassen. Sie habe, was auch Zeuge Niebergall bestätigte1, ihre Aufgabe darin gesehen, die Bewertungen der PwC auf Plausibilität und Vollständigkeit hin zu überprüfen und ggf. weitere Informationen zu erbitten.

Zeugin Graf: Ja!

Zeuge Niebergall: [...] Nach meiner rein bürgschaftsfachlichen Prüfung und Bewertung des Falls hat sich dieser Fall nicht von anderen Bürgschaftsfällen, die wir in gleicher Zeit oder im Laufe der Jahre gemacht haben, gravierend unterschieden. Dass natürlich das Ergebnis ganz anders gelaufen ist, ist bedauerlich, war aber für mich nicht vorhersehbar und war auch für andere Beteiligte nicht vorhersehbar.