Vollzugsbeauftragten für den Strafvollzug einsetzen!

Der Senat wird aufgefordert, die Position eines „Vollzugsbeauftragten für den Strafvollzug" zu schaffen und zu besetzen. Dieser soll nach dem Vorbild des Landes Nordrhein-Westfalen an einem modernen und an den gesetzlichen Vollzugszielen orientierten Justizvollzug mitwirken. Er soll Ansprechpartner für Beschwerden, Anregungen, Beobachtungen und Hinweise von Gefangenen, deren Angehörigen, den Bediensteten des Strafvollzuges und der im Strafvollzug ehrenamtlich Tätigen sein.

Dem Abgeordnetenhaus ist bis zum 31. Dezember 2008 ein entsprechendes Konzept vorzulegen mit dem Ziel der Tätigkeitsaufnahme des Vollzugsbeauftragten zum 01.07.2009.

Begründung:

Der Strafvollzug ist eines der Berliner Sorgenkinder, mit welchem sich Parlament und Gerichte regelmäßig auseinandersetzen müssen. Zu nennen sind hier die Überbelegung, fehlende Betreuung, Personalknappheit, unzumutbare Arbeitsbedingungen und rechtswidrige Unterbringungen von Strafgefangenen.

Anträge auf Vollzugslockerungen werden nicht oder nur unzureichend bearbeitet. Die Unzufriedenheit über die Zustände wächst bei den Insassen, Bediensteten und den ehrenamtlich Tätigen täglich. Zufrieden kann letztendlich auch der Senat nicht sein. In den Berliner Gefängnissen reihte sich in der jüngsten Vergangenheit eine Panne an die andere. Erinnert sei nur an die Medikamentenaffäre und die Vorgänge um den Schmuggel von Gegenständen über die Mauern der Jugendstrafanstalt. Der ehemals gute Ruf des Berliner Strafvollzuges hat in den letzten Jahren sehr gelitten.

Offenkundig besteht daher Handlungsbedarf. Ein Vollzugsbeauftragter für den Strafvollzug kann für die Probleme im Strafvollzug als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Gefangene, nahe Angehörige, Beschäftigte des Vollzuges und ehrenamtliche Helfer, die ihre Schwierigkeiten nicht selbst mit den Beteiligten in der Anstalt lösen können, erfahren so Unterstützung. Darüber hinaus können über den Vollzugsbeauftragten Anregungen, Beobachtungen und Hinweise gesammelt und an geeignete Stellen weitergeleitet werden. Im Ergebnis könnte so die Lage in den Haftanstalten verbessert werden.

Der Vollzugsbeauftragte selbst könnte ehrenamtlich tätig sein. Geeignet für die Position wären beispielsweise pensionierte Richter oder Rechtsanwälte im Ruhestand. Die Stelle des Vollzugsbeauftragten sollte durch ein qualifiziertes hauptamtliches Team unterstützt werden. Zu prüfen ist, ob der Vollzugsbeauftragte ­ anders als in Nordrhein-Westfalen ­ vom Parlament zu wählen ist, um eine größere Unabhängigkeit und mehr Transparenz zu gewährleisten.

Aufgabe des Vollzugsbeauftragten wäre es, in Konflikten mit Hilfe moderner Konfliktlösungsmethoden zu vermitteln, Empfehlungen auszusprechen, gegebenenfalls Hinweise zu geben und öffentliche Berichte zu verfassen. Daneben sollte der ständige Dialog mit der Vollzugsverwaltung gepflegt werden. All diese Aufgaben würden dem Ziel dienen, einen vernünftigen Interessenausgleich zwischen allen Beteiligten herbeizuführen.

Die Erfahrungen in Nordrhein-Westfallen mit dem vergleichbaren Instrument eines Ombudsmannes sind durchweg positiv. Viele Konflikte auf dem Feld des Justizvollzuges konnten vermieden oder gelöst werden. Der aktuell vorgelegte Jahresbericht des Vollzugsbeauftragten für den Justizvollzug in Nordrhein-Westfalen trifft auch bei der dortigen Opposition auf große Zustimmung, so dass insgesamt von einem gelungenen Projekt gesprochen werden kann.

Insgesamt kann Berlin auf die in Nordrhein-Westfalen gewonnenen Erfahrungen aufbauen. So wurde dort das Instrument einer sogenannten „Eingabe" geschaffen. Im Rahmen einer Eingabe kann sich jeder Betroffene an den Vollzugs beauftragten wenden. In der Regel besteht dann ein Anspruch auf Befassung mit der vorgetragenen Angelegenheit innerhalb einer Frist von 14 Tagen.

Darüber hinaus werden in Nordrhein-Westfalen „Sprechtage" des Vollzugsbeauftragten in den Justizvollzugsanstalten angeboten. Damit wird dem hohen Gesprächsbedarf von Justizbediensteten und Gefangenen Rechnung getragen.

Zudem besteht an den Sprechtagen für die örtliche Personalvertretung in den Anstalten die Möglichkeit, dem Vollzugsbeauftragten ihre Anliegen vorzutragen.

Die Termine der Sprechtage werden in den Anstalten frühzeitig bekannt gegeben und im Internet veröffentlicht. Interessenten haben im Vorfeld die Gelegenheit, sich schriftlich, telefonisch oder per Email für ein Gespräch vormerken zu lassen. Auch die Übernahme des Modells von „Sprechtagen" erscheint für einen Berliner Vollzugsbeauftragten sinnvoll.