Gesetz

130 VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT BERLIN 2009 sachen) gewährleisten. Verschlusssachen sind je nach dem Schutz, dessen sie bedürfen, nach § 6 des Berliner Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (BSÜG) in folgende Geheimhaltungsgrade einzustufen:

1. Streng Geheim

2. Geheim

3. VS-Vertraulich

4. VS-Nur für den Dienstgebrauch

Um Sicherheitsrisiken auszuschließen, werden Personen, denen Verschlusssachen mit dem Geheimhaltungsgrad VSVertraulich und höher anvertraut werden sollen, vorher einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen.

Alle Details zur Definition eines Sicherheitsrisikos, zum Verfahren und zu den Folgen für den Betroffenen sind im BSÜG geregelt. Dabei berücksichtigt das BSÜG die Mindestanforderungen an Sicherheitsüberprüfungen, zu denen sich die Bundesrepublik Deutschland gegenüber ausländischen Staaten und als Mitglied zwischenstaatlicher Einrichtungen (z. B. NATO, WEU, EU) vertraglich verpflichtet hat, damit die Sicherheitsmaßnahmen einen möglichst einheitlichen Standard haben.

Um die Grundrechte der Betroffenen zu gewährleisten, wird im BSÜG kein Zwang zur Sicherheitsüberprüfung festgelegt.

Dieser Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht194 wird nur mit Zustimmung der Betroffenen durchgeführt. Auch beim Ehegatten oder Lebenspartner, der bei bestimmten Überprüfungsarten in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen wird, ist die Zustimmung Voraussetzung.

Der Umfang der Sicherheitsüberprüfung richtet sich nach der Höhe des Geheimhaltungsgrades, zu dem der Betroffene Zugang erhalten soll oder sich verschaffen kann. Ein Sicherheitsrisiko ist nach § 7 Abs. 2 BSÜG dann als gegeben anzusehen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die Zweifel am Bekenntnis des Betroffenen zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder an seiner Zuverlässigkeit be194 BVerfGE 65, 1.

Verschlusssachen Sicherheitsüberprüfungsgesetz Überprüfung freiwillig Sicherheitsrisiko AKTUELLE ENTWICKLUNGEN ­ GEHEIM- UND SABOTAGESCHUTZ 131 gründen. Ein weiterer Aspekt ist die Besorgnis der Erpressbarkeit und damit die Anwerbungsmöglichkeit für eine gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtete nachrichtendienstliche Tätigkeit.

Die Verfassungsschutzbehörde wird nicht von sich aus tätig, sondern nur auf Antrag des Geheimschutzbeauftragten der Behörde, bei der die zu überprüfende Person beschäftigt ist (so genannte zuständige Stelle). Im Jahr 2009 führte der Berliner Verfassungsschutz 368 Überprüfungen durch (2008: 363).

Der personelle Geheimschutz wird durch den materiellen Geheimschutz ergänzt, der technische und organisatorische Maßnahmen gegen die unbefugte Kenntnisnahme von Verschlusssachen umfasst. Der Verfassungsschutz berät die öffentlichen Stellen des Landes Berlin: Er informiert über Verschlusssysteme wie den Einbau von Sicherheitstüren und die Installierung von Alarmsystemen, er berät über die Datensicherheit bei der Bearbeitung von Verschlusssachen in Datenverarbeitungssystemen und begleitet die Planung und Durchführung der Maßnahmen.

Zum materiellen Geheimschutz gehört auch die Information über die Vorgaben der Verschlusssachenanweisung für das Land Berlin vom 1. Dezember 1992, welche die Bearbeitung, Verwahrung und Verwaltung von Verschlusssachen regelt, und die Kontrolle der Einhaltung dieser Anweisung.

Diese Aufgabe obliegt den Geheimschutzbeauftragten, die in jeder Behörde, die Verschlusssachen bearbeitet und verwaltet, eingesetzt sind.

Der wichtigste Grundsatz der Verschlusssachenanweisung lautet: „Kenntnis nur, wenn nötig!" Nur die Personen, die mit einer bestimmten Verschlusssache befasst sind, sollen Kenntnis erlangen. Deshalb ist es Mitarbeitern, die Verschlusssachen bearbeiten oder sich Zugang verschaffen können, nicht erlaubt, mit Kollegen oder nach Feierabend mit Familienangehörigen über die zu erledigenden Aufgaben zu sprechen. Es sollen Sicherheitsstandards geschaffen und eingehalten werden, um zu verhindern, dass Unbefugte Kenntnis von den im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen (Verschlusssachen) erhalten.

Ein Unternehmen kann die Aufnahme in die Geheimschutzbetreuung grundsätzlich nicht für sich selbst beantragen. Lediglich Firmen, die sich an NATO-Infrastruktur-Ausschreibungen beteiligen wollen, sind zur Antragstellung in eigener Sache befugt.

Voraussetzung für die Aufnahme eines Unternehmens in das Geheimschutzverfahren des Bundes ist die öffentliche Ausschreibung eines Auftrags mit Verschlusssachen im Bundesausschreibungsblatt. Öffentliche Auftraggeber können z. B. der Bundesminister für Verteidigung oder das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung sein. Bei derartigen Verschlusssachen-Aufträgen beantragt der Auftraggeber die Aufnahme des Unternehmens in das amtliche Geheimschutzverfahren beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen führt die Geheimschutzverfahren für die Berliner Firmen durch, wenn diese einen Verschlusssachen-Auftrag von einer Landesbehörde erhalten haben.

Berliner Behörden schreiben geheimschutzbedürftige Aufträge im Amtsblatt für Berlin aus. Wesentlich für die Ausschreibung bei vertraulichen Staatsaufträgen ist die Formulierung: „Es können sich geeignete Firmen bewerben, die bereits dem Geheimschutz in der Wirtschaft unterliegen, bzw. die sich dem Geheimschutzverfahren in der Wirtschaft unterziehen wollen."

Zuständig hierfür ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) mit Sitz in Eschborn.