Gebäude auf dem Spreedreieck

Unter Federführung der SPD-Fraktion, abgewendet, damit ein höheres Gebäude auf dem Spreedreieck realisiert werden konnte.

Bei Vertragsabschluss fehlten eindeutig definierte Vorgaben zur baulichen Ausnutzung des Areals, weil der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die erforderliche Mehrheit in der Regierungsfraktion fehlte. Der nicht beschlossene Bebauungsplan ist ein Fehler des Kaufvertrages.

2. Das Projekt „Unternehmensrestitution" und die Landeshaushaltsordnung

Das LARoV verhandelte seit Mitte der neunziger Jahre über eine Restitution der mit dem Deutschen Theater (DT)/ Kammerspielen bebauten Grundstücke. Eine Rückgabe des denkmalgeschützten Areals wurde nie ernsthaft erwogen. Die Befürchtung der Senatsverwaltung für Kultur, die „Schlüsselgewalt" (Ex-Senator Stölzl) zu verlieren, war unbegründet.

Die Erben nach Max Reinhardt bevorzugten eindeutig eine finanzielle Entschädigung.

Die ADVANTA Unternehmensgruppe, die teilweise die Ansprüche der Reinhardt-Erben erworben hatte, interessierte sich bereits in der ersten Hälfte der neunziger Jahre für das Spreedreieck und hatte damals ­ allerdings vergeblich - einen Tausch Erbansprüche gegen Grundstück angeregt.

Im November 1999 fand im LARoV ein Gespräch mit Erben-Vertretern und dem späteren Investor Müller-Spreer statt, der das als „Tauschgrundstück" für das DT angedachte Spreedreieck von den Erben zu erwerben plante. Kurz darauf wurde im LARoV das Referat UNT über 100 Meter hohe Gebäude auf dem Spreedreieck. Deswegen konnte die Beschlussfassung des Bebauungsplanes 2000, 2001 nicht erfolgen." (21. Sitzung, 18.12.2009, S. 4)

Der Investor hatte kein Interesse an einem verabschiedeten Bebauungsplan: Joachim Esser (Grüne): „... Wenn der Bebauungsplan I-50 nicht nur in der Aufstellung gewesen wäre, sondern bereits rechtmäßig festgesetzt und durch das Abgeordnetenhaus beschlossen, hätten Sie dann das Geschäft zu 34 Millionen DM auch noch gemacht?" Zeuge Harm Müller-Spreer: „Wahrscheinlich nicht." (16. Sitzung, 09.10.2009, S. 36f.)

Am 01.03.2001 beantragten SPD und CDU: Der Senat solle das B-Planverfahren I-50 ruhen lassen und prüfen, ob eine Hochhaus-Bebauung nach Mies van der Rohe möglich sei (Akte SenStadt 7, Bl.

149). Am 09.05.2001 vermerkte Stadtbaudirektor Stimmann zu dem Antrag von SPD/CDU: „An der Debatte zu diesem Antrag beteiligten sich Michael Arndt, Ralf Hillenberg, Jürgen Radebold und KlausUwe Benneter (Anm.: Mitglieder der SPD-Fraktion) mit unterschiedlichen Argumenten (Mies van der Rohe, Bauwirtschaftl. Erfordernisse, persönl. Bekanntschaft mit Müller-Spreer)" (Akte SenStadt 7, Bl. 158ff)

Der Zeuge Birkenfeld von der Fa. RAVENNA, die einen Teil der Reinhardt-Erbansprüche erworben hatte, beschrieb seine Interessenslage mit „Wir haben natürlich kein Interesse an dem Grundstück selbst gehabt, sondern nur an dem Wert des Grundstücks. Wir wollten Geld haben...." (4. Sitzung, 09.01.2009, S. 45). Auch sein Kollege Paschalis führte aus, dass eine Restitution des Theaters für die Erben keine sinnvolle Option war: Zeuge Panagiotis Paschalis:... Ich hatte bereits gesagt, dass letztendlich auch die Restitution der Theater mit einer möglichen Entschädigung ­ es ist ja keine Entschädigungszahlung, sondern es wäre eine Kompensation für den laufenden Verlust ­ aus Sicht der RAVENNA sowieso nicht und aus der Sicht der anderen Erben, so habe ich es verstanden, auch nicht eine sinnvolle Option war. Wer sollte denn hier diese Theater betreiben? Das war eben keine Option im Grunde genommen.

Joachim Esser (Grüne): „Trotzdem frage ich mich dann, warum Ihr Vertreter gegenüber dem Land Berlin sich diese Variante zu eigen macht. Er ist der Erste, der den Betrag ausrechnet und sagt: So, da kriegten wir 60 Millionen, würden wir auch nehmen, es sei denn, wir kommen jetzt zu einer anderen Einigung. ­ Deswegen frage ich noch einmal: Wenn ich 60 Millionen kriegen kann, und in dem anderen Fall gehe ich mit 30 vom Platz, warum nehme ich dann nicht den doppelten Betrag? Warum ist das für Sie keine sinnvolle Option zu sagen: Ja, bitte schön, liebe Leute vom Land Berlin, vom LARoV, führt das zu Ende und macht das so? ­ Das Ergebnis war ja klar." Zeuge Panagiotis Paschalis: „Nein! Wirtschaftlich ist es insoweit keine sinnvolle Option für die Erben, weil sie nicht den Betrieb führen wollten mit der Folge, dass diese Beträge, wenn sie denn geflossen wären, ohnehin dann in zwei Jahren aufgezehrt worden wären und dann am Ende die Erben Betreiber defizitärer Theaterbetriebe wären ­ das ist so, das macht keinen Sinn ­, während die Kompensation, der Kaufpreis für das Spreedreieck letztendlich etwas ist, was auf die Erben dann verteilt werden konnte." (11. Sitzung, 29.05.2009, S. 13)

Abweichender Bericht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

(Unternehmensrestitution) mit vier Mitarbeitern eingerichtet. Das neugegründete Referat schlug im Frühjahr 2000 eine Unternehmensrestitution vor.

Die an einer Grundstücksrestitution interessierten Erben bzw. deren anwaltlicher Vertreter lehnten dies zunächst ab24

­ änderten jedoch kurz darauf ihre Haltung und informierten das LARoV zudem über die erwartete Entschädigungssumme, die sich auf 66 Mio. DM belaufen sollte. Dieser Betrag fand postwendend Eingang in die Berechnungen des Zeugen Schwarz aus dem Referat UNT und schließlich auch in die Senatsvorlage.

Das Projekt „Unternehmensrestitution" ergab zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn, da die Erben bereits Ende März 2000 mit dem Investor Müller-Spreer einen Vertrag über den Verkauf des noch im Besitz des Landes Berlin befindlichen Spreedreiecks über 31 Mio. DM geschlossen hatten. Nach Aussage des Zeugen Schwarz bestand die „Sinnhaftigkeit" allein in der Feststellung, dass dieses Geschäft ein Gewinn für Berlin sei.

Dies ließ sich mit der vom Anwalt

Das Referat UNT beschäftigte sich mit den Reinhardt-Erben als ersten Fall. Es sollte der einzige bleiben. Eine Unternehmensrestitution wurde weder im Fall Reinhardt noch später vorgenommen.

Jochen Esser [Bündnis 90/Grüne]: „Da haben Sie... den Erben eröffnet, dass es sich aus Ihrer Sicht jetzt definitiv um eine Unternehmensrestitution handelte. Da waren die relativ erschrocken. Da hat Herr Beiten (Anm.: anwaltlicher Vertreter der Erben) gesagt: Das kann irgendwie so nicht sein. Ich möchte an der Idee der Grundstücksrestitution festhalten.... Die Erbengemeinschaft, die natürlich nichts weniger wollte ­ das wissen wir von denen inzwischen auch -, als Theaterunternehmer zu werden, fühlte sich von Ihnen regelrecht bedroht mit dieser Aussicht zu sagen: Wir ziehen das durch." Zeuge Pierre Triantaphyllides: «... Wir waren der Meinung, das Unternehmen müsste zurückübertragen werden, und wir waren uns wohl bewusst damals, dass die Erben nach Max Reinhardt das natürlich tunlichst nicht haben wollten. Da wurden dann auch die einen oder anderen Scherze am Tisch darüber gemacht, wie denn der weitere Theaterbetrieb unter den Erben von Max Reinhardt aussähe...." (13. Sitzung, 18.06.2009, S. 47) Joachim Esser (Grüne): „Also die Erben wussten: Sie wollten keine Restitution.... Das kam für sie auch gar nicht infrage. Das haben die uns hier auch alles gesagt. „Dann sind wir in zwei Jahren pleite." Was sollen wir mit dem Geld?" Zeuge Pierre Triantaphyllides: « Das ist richtig, das kann ich so bestätigen." (ebenda, S. 53f)

Jochen Esser [Bündnis 90/Grüne]: „... einem Schreiben von Herrn Beiten vom 22. Mai 2000..., wo er seine Meinung korrigiert und dann plötzlich sagt, ja, doch, das sieht er jetzt auch so. Und dann macht er eine Rechnung, wie man das rechnet, auf, die bei den 66 Millionen DM landet, die uns bis in die Senatsvorlagen verfolgen... Das ist z. B. ein Resultat dieses zweiten Treffens." Zeuge Pierre Triantaphyllides: «Das schließen Sie jetzt. Da habe ich keine Erinnerung dran...." (ebenda, S. 50) Jochen Esser [Bündnis 90/Grüne]: „Da frage ich Sie: Darf man dann eigentlich mit so einer gewonnenen Zahl, die im Wesentlichen auf der Berechnungsweise des Rechtsanwalts der Vertragspartner aufsetzt, dies in eine Senats- und Parlamentsvorlage hineinarbeiten?... Wenn Sie sagen: Eigentlich wollten wir das nur zu machen und diese ganzen Berechnungen niemals anstellen, weil wir das gar nicht konnten, möchte ich doch mal eine Stellungsnahme haben, ob das die richtige Art und Weise ist, wie eine Verwaltung arbeitet und den Senat, das Parlament und die Öffentlichkeit unterrichtet." Zeuge Pierre Triantaphyllides: «Ich sagte ja schon, ... dass ich auch wirklich nicht weiß, wie diese Zahlen zustande gekommen sind, wie sie ermittelt worden sind.... Ich kann auch mir selbst diese Zahl nicht erklären, was nicht heißt, dass sie falsch oder richtig ist. Ich weiß einfach über diese Zahl nichts." (ebenda, S. 51)

Andreas Otto [Bündnis 90/Grüne]: „Obwohl die da schon einen Vertrag hatten in puncto Spreedreieck, haben Sie weiter daran gearbeitet, diese Unternehmensrestitution zu befördern. Warum war dies eigentlich noch nötig?" Zeuge Günter Schwarz: „Na, wir mussten ja den Antrag bearbeiten. Also der Antrag war ja nicht: Gebt uns ein Spreedreieck! ­ Sondern der Antrag war: Gebt uns unser altes, verlorenes Vermögen wieder! ­ So lautet nun mal der vermögensrechtliche Antrag. Und der war zu bearbeiten und entsprechend dorthin zu führen, wie er nach Vermögensrecht und Unternehmensrückgabeverordnung halt hinzuführen war. Wenn sich daraus im Wege dann von Verhandlungen ein anderes Ergebnis ergibt, das in eine völlig andere Richtung läuft, dann ist es eben die Sache dieser Verhandlung, aber nicht unsere Aufgabe als Verwaltungsbehörde, dorthin zu arbeiten." Andreas Otto [Bündnis 90/Grüne]: „Und ist Ihnen auch bekannt geworden in den Gesprächen oder anders, dass die Erben ­ bzw. dann in Verbindung mit Herrn Müller-Spreer ­ ja diese Unternehmensrestitution überhaupt gar nicht wollten?"

Abweichender Bericht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Erben berechneten 66 Mio. DM-Forderung gegenüber der Veräußerung des Spreedreiecks unschwer belegen. Das Konstrukt einer vermeintlichen Unternehmensrestitution, verbunden mit (nicht belastbaren) Forderungen in Millionenhöhe war unnötig und ein Fehler.

Damit sollten lediglich die formalen Voraussetzungen für einen Vergleich erfüllt werden: Die Regelungen der im Jahr 2000 gültigen Landeshaushaltsordnung sahen im § 58 vor, dass mit Zustimmung der Senatsverwaltung ohne Parlamentsbefassung Vergleiche abgeschlossen werden können, unter der Voraussetzung, dass diese Vergleiche zweckmäßig und vorteilhaft sind.

3. Der Vertrag Vier Paragraphen des Kaufvertrages hätten in Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen des ENeuOG nicht in dieser Form Eingang in den Vertrag finden dürfen ­ und haben nach Vertragsabschluß erhebliche finanzielle Belastungen des Landes Berlin verursacht:

· § 2.2 „Grundbuchliche und außergrundbuchliche Belastungen des Objekts werden vom Erwerber nicht übernommen; ausgenommen hiervon sind Rechte, die der Erwerber selbst bestellt und zur Eintragung beantragt hat...." (Problem: Außergrundbuchliche Belastungen, verkörpert durch S-Bahneingang und S-Bahntunnel, waren offenkundig vorhanden und allen Beteiligten bekannt);

· § 2.4 „Etwa sonstige in Abt. II oder III noch eingetragene oder zur Eintragung gelangende Lasten hat Übertragender auf seine Kosten zu löschen...." (Problem: Berlin konnte die Bahnrechte von 1937 über S-Bahneingang und S-Bahntunnel nicht löschen);

· § 3.8 „Das Objekt wird frei von Nutzungsrechten sowie frei von jeder tatsächlichen Benutzung verkauft...." (Problem: S-Bahneingang und S-Bahntunnel sind in Benutzung, und das waren allen Beteiligten bekannt);

· § 4.1 „Das Objekt wird, ... frei von Belastungen in Abt. II und III übertragen. Das Objekt ist unbelastet." (Problem: Die Bahnrechte von 1937 über S-Bahneingang und SBahntunnel waren durch einen Fehler bei der Neuanlage der Grundbücher nicht übertragen worden. Der stark frequentierte S-Bahneingang und S-Bahntunnel waren allen Beteiligten bekannt, die Eintragung von Bahnrechten absehbar)27

Abgesehen von diesen Fehlern, gab es nach Aussage des Zeugen Zucker über die Verpflichtung des Investors, zugunsten der Bahn eine dingliche Eintragung vornehmen zu lassen, eine mündliche Übereinkunft.

Schriftlich aber ging die Sache schief. Im Erstentwurf Zeuge Günter Schwarz: „Das ist sicherlich auch einer der Gründe, warum diese Verhandlungen dann letztendlich zu diesem Ergebnis geführt haben. Aber danach kann es nicht gehen. Wenn ich einen Antrag stelle, muss ich ihn entweder zurücknehmen, wenn ich sage: Ich möchte das nicht. ­ Oder ich muss mit dem leben, was ich bekomme...." (8. Sitzung, 27.03.2009, S. 7f) Jochen Esser [Bündnis 90/Grüne]: „... frage ich Sie noch mal: Was war Ihre politische Wahrnehmung, warum das Sinn macht? ­ Man hat auch ein Problem, etwas Sinnloses zu tun, weil eigentlich zu dem Zeitpunkt klar war: Die Sache läuft anders. Man arbeitet für den Papierkorb. Das wird niemals stattfinden...." Zeuge Günter Schwarz: „... Die Sinnhaftigkeit bestand darin, festzustellen: Ist dieses Geschäft, das sich dort auf dem Verhandlungswege anbahnt... ein gutes Geschäft oder möglicherweise kein gutes Geschäft?... Es war dann Sache der Entscheidungsträger auf der politischen Ebene, festzustellen, ob das ein gutes, ein schlechtes oder ein mäßiges Geschäft ist.