Abtretung einer Forderung

Zur Auslegung des rechtsgeschäftlichen Verhaltens des Schuldners, der bei der Abtretung einer Forderung mitwirkt

Zum Sachverhalt: Beide Parteien hatten im Juni 1970 Werklohnforderungen wegen Bauarbeiten an einem Bauprojekt mit mehreren Häusern gegen den Kaufmann K, die Kläger in Höhe von etwa 100000 DM. Nachdem K damals in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, verkaufte er am Sonn- tag, dem 28. 6. 1970, einen Teil der unfertigen Häuser 1,3 Millionen DM. Der Kaufvertrag wurde von dem Zeugen Notar B beurkundet. § 3 II und III des Kaufvertrags lautet:

Auf den Kaufpreis werden die von den Grundpfandgläubigern per 30. 6. 1970 ausgezahlten Teilvaluten nebst Zinsen und Nebenkosten und die von den Letzterwerbern an den Erschienenen zu 1) erbrachten Leistungen (Zahlungen und reale Eigenleistungen) im geschätzten Gesamtbetrag von 1 100000 DM angerechnet. Der Erschienene zu 1) (K) ist verpflichtet, die vorgenannten Leistungen innerhalb von drei Wochen ab heute nachzuweisen. Der endgültige Abrechnungsbetrag wird sodann in einer Ergänzungsverhandlung festgelegt.

Sollte nach Festlegung des endgültigen Anrechnungsbetrages ein zu zahlender Betrag an Kaufpreis verbleiben, ist dieser nach dem Vorliegen aller Gebrauchsabnahmescheine und Auszahlung der Restvaluten, spätestens aber am 31. 12. 1971 zur Zahlung fällig

In § 7 des Vertrags ist ausgeführt, der Käuferin (Bekl.) stehe gegen den Verkäufer (K) eine Werkvertragsforderung von etwa 100000 DM zu; die Käuferin sei berechtigt, diese Forderung vom Kaufpreis abzusetzen. Gleich- zeitig wurden die Grundstücke aufgelassen und eine Vormerkung bewilligt.

Der Geschäftsführer der Komplementärin der Kläger suchte am 30. 6. 1970 mit Kund dem Geschäftsführer der Beklagte den Zeugen B auf, der folgende Urkunde aufnahm (in ihr ist K als der Erschienene zu 1), die Beklagte als die Vertretene zu 3) und die Kläger als die Vertretene zu 2) bezeichnet):

Die Erschienenen und Vertretenen zu 1) und 2) baten um die Beurkundung des nachstehenden Abtretungsvertrages und erklärten:

§ 1: Der Erschienene zu 1) und die Vertretene zu..3) haben am 28. 6. 1970 einen Grundstückskaufvertrag mit Auflassung geschlossen. Aus diesem Kaufvertrag steht dem Erschienenen zu 1) gegen die Vertretene zu 3) einen in bar zu entrichtenden Teil an Kaufpreisforderung in vorläufig ermittelter Höhe von 200000 DM zu, der spätestens am 31. 12. 1971 zur Zahlung fällig ist. Der Erschienene zu 1) und die Vertretene zu 3) versichern, dass der vorgenannte Betrag mit bestmöglicher Genauigkeit ermittelt wurde.

§ 2: Von seiner im § 1 genannten Forderung tritt der Erschienene zu I) hiermit an die Vertretene zu 2) im Hinblick auf deren fällige Forderung einen Betrag von 85746,90 DM nebst den Kontokorrentzinsen ab, welche die Vertretene zu 2) jeweils an die Kreissparkasse H zu zahlen hat. Dieser Zinssatz beträgt gegenwärtig 10,5% Jahres- zinsen. Die Zinsverpflichtung beginnt mit dem 1. 8. 1970. Die Abtretung erfolgt erstrangig. Die Vertretene zu 3) hat aus dem Kaufpreisteil von 200000 DM also bei Fälligkeit zuerst die Vertretene zu 2) zu befriedigen.

§ 3: Der Erschienene zu 1) und die Vertretene zu 3) sind darüber einig, dass der Betrag von 14700 DM, den Frau Elisabeth 7, an den Erschienenen zu 1) gezahlt hat, von der Vertretenen zu 3) als Zahlung an sich anerkannt wird.

§ 4: Die Vertretene zu 2) verpflichtet sich, gegen den Erschienenen zu 1) keine Zwangsmaßnahmen wegen der fälligen Forderung in Höhe von 85746,90 DM nebst Zinsen zu ergreifen. Als Zwangsmaßnahmen im Sinn dieser Vereinbarung gelten Zahlungsbefehlsanträge, Klagen und Vollstreckungsmaßnahmen.

Der Erschienene zu 1) und die Vertretene zu 2) gehen übereinstimmend davon aus, dass die Milde Forderung der Vertretenen zu 2) grundsätzlich richtig ermittelt wurde, aber noch der üblichen Überprüfung durch den zuständigen Architekten bedarf.

Nach Eintragung der Beklagte als Eigentümerin der verkauften Grundstücke am 16. 7. 1970 schlossen Kund die Beklagte in Ausführung des Kaufvertrags am 22. 7. 1970 einen Ergänzungsvertrag, in dem sie in § 1 niederlegten: Der endgültige Anrechnungsbetrag gemäß § 3 II des Vertrages vom 28.6. 1970 beträgt 1 249 275 DM . . . Da der Kaufpreis insgesamt 1 300 000 DM ausmacht, beträgt die Forderung des Erschienenen zu 1) gegen die Vertretene zu 2) also 50 725 DM . . .

Das am 28. 7. 1970 eröffnete Konkursverfahren gegen K wurde später mangels Masse eingestellt. Am 31. 7. 1970 teilte die Beklagte der Kläger mit, dass nach dem Abrechnungsvertrag durch die endgültige Aufrechnung zwischen K und ihr festgestellt worden sei, ein Restkaufpreis zugunsten der Firma K sei nicht mehr vorhanden.

Die Kläger begehrt jetzt noch die Zahlung von 50 725 DM nebst Zinsen zum 31. 12. 1971.

Das Landgericht hat entsprechend dem Klageantrag erkannt, das Oberlandesgericht dagegen die Klage abgewiesen. Die Revision der Kläger führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: I. 3. a) Das Berufungsgericht prüft den unter Mitwirkung der Beklagte geschlossenen Abtretungsvertrag unter dem Gesichtspunkt der Übernahme einer Garantie des Inhalts, dass die Beklagte auf jeden Fall eine nach der vorgesehenen Abrechnung sich ergebende Restkaufpreisforderung zu zahlen habe. Diese Auslegung lehnt es ab, da dies dem Wortlaut des Vertrags nicht zu entnehmen sei. Mangels jeglichen Verpflichtungswillens auf Seiten der Beklagte habe diese aber auch kein selbständiges Anerkenntnis abgegeben. Ein Verzicht auf die Aufrechnung mit der eigenen Forderung scheide aus, weil man sich doch darüber stillschweigend im klaren gewesen sei, dass die Beklagte ihre Werklohnforderung von dem Kaufpreis absetzen werde, wenn auch die Kläger ihrerseits davon ausgegangen sei, dass bei den - im Abtretungsvertrag - genannten Zahlen diese Forderung bereits abgesetzt sei.

b) Die Revision vermisst bei dieser rechtlichen Würdigung die Überprüfung der seitens der Beklagte in dem Vertrag abgegebenen Erklärungen unter dem Gesichtspunkt des bestätigenden (deklaratorischen) Schuldanerkenntnisses (vgl. RG, JW 1909, 48; BGH, WM 1962, 742; vorstehend Nr. 11 m. Nachw.; Marburger, Betr 1973, 2125 [2128] je zum bestätigenden Anerkenntnis des Schuldners gegenüber dem Zessionar; Relnicke , NJW 1970, 885; Möschel, Betr 1970, 913), durch welches ein bereits vorhandenes Schuldverhältnis durch Erklärung des Schuldners dem Streit der Parteien entrückt oder aber, wie im Zessionsfalle, nach dem Sinn und Zweck des Anerkenntnisses auch nur Ungewissheiten des neuen Gläubigers durch eine solche Erklärung behoben werden sollen. Das Berufungsgericht habe, macht die Revision in diesem Zusammenhang geltend, insbesondere nicht berücksichtigt, dass es der Kläger nach ihrem unter Beweis gestellten Sachvortrag beim Abschluss des Abtretungsvertrags eben auf eine solche Schuldbestätigung angekommen sei.

Die Rüge ist begründet. Dazu kommt, dass bei der Auslegung des Abtretungsvertrags, an dem die Beklagte als Schuldnerin der abgetretenen Forderung mitgewirkt hat, nicht allein auf den (inneren) Willen eines Vertragspartners abgestellt werden darf, vielmehr der Vertrag so aus- zulegen ist, wie Treu und Glaube mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern (§ 157 ZPO).

Die Erklärungen der Beklagte müssen unter diesen Gesichtspunkten gewürdigt werden. Ein bestätigendes Schuldanerkenntnis kann angesichts der in dem Vertrag getroffenen Feststellungen, denen die Beklagte gemäß § 5 ausdrücklich zugestimmt hat, zur Folge haben, dass die Beklagte sich gegenüber der Kläger nicht mehr auf eine nachfolgende Aufrechnung mit ihrer Werklohnforderung gegen die abgetretene Restkaufpreisforderung, wie sie unter Berücksichtigung des nach § 3 des Kaufvertrags endgültig errechneten Anrechnungsbetrags bestimmt worden ist (50725 DM), berufen kann. Die Besonderheit läge im vor- liegenden Fall darin, dass nicht die Höhe der bestehenden Restkaufpreisforderung in einem absoluten DM-Betrag festgestellt worden ist, sondern dieser Betrag nach einem bestimmten, der Zessionarin aber nicht bekannt gegebenen Abrechnungsmodus festgestellt werden sollte und gleichzeitig die Beklagte (Schuldnerin) der Zessionarin versicherte (§ 1 S. 3 i. V. mit § 5), dass ein bestimmter, vorläufig ermittelter und in bar zu entrichtender Teil an Kaufpreisforderung, nämlich 200000 DM, mit bestmöglicher Genauigkeit - zwischen dem Zedenten und der Schuldnerin - ermittelt worden sei. In § 2 S. 4 und 5 des Vertrags ist beigefügt, die Abtretung erfolge erstrangig, die Beklagte (Schuldnerin) habe also aus dem Kaufpreisteil von 200000 DM bei Fälligkeit zuerst die Zessionarin zu befriedigen. Auf der andern Seite verpflichtete sich aber auch die Kläger (Zessionarin); gemäß § 4 musste sie in Höhe der abgetretenen Forderung gegenüber der Schuldnerin still- halten. Hier ist maßgebend, ob die Beklagte der Kläger bei einer solchen Art von Schuldbestätigung zum Ausdruck gebracht hat, sie werde gegenüber der abgetretenen Forderung in Anbetracht des Umstands, dass sie ihre Gegenforderung schon aufgerechnet habe, nicht mehr aufrechnen. Dabei ist insbesondere die Interessenlage des konkursgefährdeten Zedenten und der Beklagte, die durch den Grundstückskauf ihre Werklohnforderung einbringen wollte, auf der einen Seite und der Kläger auf der andern Seite zu berücksichtigen (vgl. BGH, LM vorstehend Nr. 11). Dazu gehört im vorliegenden Fall auch das Interesse, das die Beklagte an der Stillhaltung der Kläger hatte, und das zusammen mit dem Interesse der Kläger, über die zedierte Forderung Aufklärung zu erhalten, ein maßgebender Grund für die Zuziehung der Schuldnerin zu dem notariellen Akt gewesen sein konnte.

Das angefochtene Urteil kann daher mit der gegebenen Begründung nicht aufrecht erhalten werden. Die Sache ist zwecks Auslegung des Vertrags vom 30. 6. 1970 nach Maßgabe der aufgewiesenen Gesichtspunkte an das Berufungsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.