Akzeleratorprinzip

Akzeleratorprinzip - theoretische Annahme über das Verhältnis von Einkommenszunahme und Investitionszuwachs im modernen Kapitalismus, nach der eine Einkommenszunahme neue Nachfrage bedeutet, zu deren Befriedigung eine Ausdehnung der Produktion erforderlich ist; diese erforderliche Produktionserweiterung ruft neue Investitionen hervor, so dass von der Nachfrage her Neuinvestitionen induziert werden, deren Umfang größer ist als die sie hervorrufende Einkommenssteigerung. Heute ist das Akzeleratorprinzip ein allg. anerkannter Bestandteil der bürgerlichen Reproduktionstheorie. Die moderne bürgerliche Literatur führt zwei Ursachen des Akzeleratoreffekts an: Erstens die lange Zeitdauer, die zur Herstellung der Produktionsmittel benötigt wird, vom Beginn der Nachfragesteigerung bis zu ihrer Befriedigung gerechnet. In dieser Zeit drücke die Nachfrage noch auf die Produktion und wirke ständig als Veranlassung zur Investition. Zweitens die lange Nutzungsdauer der Produktionsmittel, da infolge des allmählichen Verschleißes die Ersatzinvestitionen nur schrittweise vor sich gehen und das prozentuale Verhältnis der Neuinvestition zur Ersatzinvestition den Prozentsatz der Nachfrageerhöhung übersteige. Wenn z. B. ein fixes Kapital von 500 Mill. Dollar jährlich zu 10 % (= .50 Mill.) verbraucht und ersetzt wird, die Nachfrage nach Fertigwaren um 10 To steigt und daher zu den Ersatzinvestitionen Neuinvestitionen in Höhe der Nachfragesteigerung (10 % = 50 Mill.) hinzukommen, so wird durch die nun 10prozentige Nachfragesteigerung eine 100prozentige Erhöhung der jährlichen Produktionsmittelerzeugung hervorgerufen. Obwohl es einen Akzeleratoreffekt in der Wirtschaft tatsächlich gibt, ist die theoretische Verallgemeinerung des Akzeleratoreffekts und der Versuch, Koeffizienten dafür zu errechnen, eine bürgerliche Entstellung der Funktionsweise des modernen Kapitalismus. Erstens wirken zu viele Faktoren im Reproduktionsprozess, um die Größe eines solchen Sekundäreffekts in Form eines Koeffizienten exakt berechnen zu können. Zweitens werden die Investitionsentscheidungen der Kapitalisten in erster Linie von der Profiterwartung und nicht von Nachfragesteigerungen bestimmt. Unter den Bedingungen des Monopolpreises sind aber Nachfrageschwankungen keinesfalls automatisch mit Veränderungen der Profitaussichten verbunden. Drittens ist seit der allgemeinen Krise des Kapitalismus die chronische Nichtauslastung eines Teiles der Produktionskapazitäten eine auch von bürgerlicher anerkannte Begleiterscheinungen der Reproduktion. Daher können starke Nachfragesteigerungen häufig ohne zusätzliche Investitionen befriedigt werden. Viertens gibt es im gegenwärtigen Kapitalismus infolge der Konjunkturschwankungen und der Absatzprobleme eine ausgedehnte Lagerhaltung, so dass aus den Warenvorräten ebenfalls Nachfragesteigerungen abgedeckt werden können, ohne zu investieren. Fünftens wirkt auch die Größe des fixen Kapitals dem Akzeleratoreffekt entgegen. Die hohe organische Zusammensetzung des Kapitals verlangt für jede Produktionserweiterung sehr große Investitions mittel. Solche Investitionsentscheidungen trifft das Monopolkapital nicht wegen irgendwelcher Nachfrageschwankungen, sondern nur von einem gewissen Umfang der Nachfragesteigerung an sowie bei einiger Sicherheit ihrer Dauerhaftigkeit. Das Akzeleratorprinzip erfüllt auch eine apologetische Funktion: Es ruft den Eindruck hervor, als ob sich die Erweiterung der kapitalistischen Produktion in direkter Abhängigkeit von der Befriedigung der Bedürfnisse vollziehe. Die Konzeption einer sog. Bedarfsdeckungswirtschaft, die durch die Konsumenten gesteuert werde, erfährt durch das Akzeleratorprinzip ihre theoretische Unterstützung.