Anzahlung auf den Kaufpreis

Die Vereinbarung eines Grundstückseigentümers mit dem in Aussicht genommenen Grundstückskäufer, dass dieser eine Anzahlung auf den Kaufpreis für das zu verkaufende Grundstück leistet, diese Anzahlung aber als Schadensersatz verfällt, wenn der Grundstückskaufvertrag nicht zustande kommt, bedarf der Form des § 313 BGB.

Zum Sachverhalt: Der Kläger macht einen ihm abgetretenen Bereicherungsanspruch der Eheleute W geltend. Am 17. 5. 1974 vereinbarte die Beklagte mit den Eheleuten W privatschriftlich u. a. folgendes: Als Anzahlung für das Anwesen ... wird von den Eheleuten W heute ein Teilbetrag in Höhe von 40000 DM ... in bar geleistet. Frau M (Bekl.) verpflichtet sich, die obengenannten Grundstücke (bebaut und unbebaut) an die Eheleute W oder an eine noch zu benennende Gesellschaft zu dem vereinbarten Preise zu verkaufen. Die Verpflichtung erlischt, wenn nicht bis spätestens 10. 6. 1974 entsprechend des Entwurfes des Kaufvertrages ein weiterer Betrag von 160000 DM ... einbezahlt ist. Falls es den Eheleuten W oder der noch zu benennenden Gesellschaft nicht möglich ist, bis zu diesem Zeitpunkt den obengenannten Restbetrag zu bezahlen, wird die bereits geleistete Anzahlung als Schadensersatz in Anrechnung gebracht. In einer Beilage zu dieser Vereinbarung sind unter der Überschrift Stichpunkte zum Kaufvertrag die wesentlichen Bedingungen des abzuschließenden Kaufvertrages (Kaufpreis 1,2 Millionen u. a.) skizziert. Die Eheleute W zahlten den erwähnten Teilbetrag von 40000 DM. Der vorgesehene Grundstückskaufvertrag kam aus Gründen, über die die Parteien streiten, nicht zustande. Im November 1974 traten die Eheleute W dem Kläger einen Teil ihres vermeintlichen Rückzahlungsanspruchs in Höhe von 10000 DM ab.

Die auf Zahlung von 10000 DM gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Die - zugelassene - Revision der Beklagte wurde zurückgewiesen.

Das Berufungsgericht bejaht zu Recht einen Anspruch des Klägers nach § 812 I 1 BGB, weil die Abrede über den Verfall der 40000 DM (im folgenden: Verfallklausel) formnichtig ist.

1. Auf die Frage nach der Formbedürftigkeit der Vereinbarung vom 17. 5. 1974, soweit sie eine Verpflichtung der Beklagte zur Veräußerung der bezeichneten Grundstücke ausspricht, kommt es nicht an; denn unangegriffen stellt das Berufungsgericht fest, dass die Vertragsparteien die Verfallklausel auch ohne eine solche Verkaufsverpflichtung der Beklagte getroffen haben würden (§ 139 BGB).

2. Die Verfallklausel ist aber für sich betrachtet formnichtig (§§ 313, 125 BGB). Der Formzwang soll u. a. die Entschließungsfreiheit zur Veräußerung und zum Erwerb von Grundstücken sicherstellen. Deshalb hat der IV. Zivilsenat des BGH in ständiger Rechtsprechung angenommen, dass Verträge formbedürftig sein können, mit denen über die Vereinbarung eines empfindlichen Nachteils ein indirekter Zwang zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages ausgeübt werden sollte (vgl. BGH, NJW 1970, 1915 [1916] = LM vorstehend Nr. 43; BGH, LM § 652 BGB Nr. 38 = NJW 1971, 93 [94]; BGH, LM § 652 BGB Nr. 39 = NJW 1971, 557; WM 1973, 816; krit. Schwerdtner, JR 1971, 199). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Wollte man derartige Verträge allgemein form frei zulassen, würde dies mit dem Schutzzweck des § 313 BGB nicht in Einklang stehen. Die bezeichnete Rechtsprechung bezog sich zwar entsprechend der alten Fassung des § 313 BGB nur auf Fälle, in denen es um die Entschließungsfreiheit des Verkäufers ging. Seitdem aber mit Wirkung ab 1. 7. 1973 durch Neufassung des § 313 BGB zweifelsfrei auch die Erwerbsverpflichtung dem Formzwang unterliegt, treffen die Grundgedanken der erwähnten Rechtsprechung auch dann zu, wenn die Entschließungsfreiheit des Käufers in Frage steht (RGRK, 12. Aufl., § 313 Rdnr. 33; PalandtHeinrichs, BGB, § 313 Anm. 2f.; Breloer, NJW 1974, 348).

Nach den rechtsbedenkenfreien Ausführungen des Berufungsgerichts konnte der Verfall von 40000 DM die Entschließungsfreiheit des Ehepaars W zum Grundstückserwerb beeinträchtigen. Der Wert der 40000 DM kam dem Ehepaar W als Anzahlung nur zugute, wenn sie den Kaufvertrag abschlossen. Auf einen solchen Fall ist der Grundgedanke des § 313 BGB anwendbar. Dafür kommt es nicht darauf an, wie die Beteiligten die verfallende Leistung im Einzelfall bezeichnen oder wie sie rechtlich einzuordnen ist (Strafversprechen, Vertragsstrafe oder dgl., vgl. auch BGH, WM 1973, 816). Schon deshalb wendet sich die Revision vergeblich dagegen, dass das Berufungsgericht die Verfallklausel als selbständiges Strafversprechen i. S. von § 343 II BGB verstanden hat.

Zu Unrecht beruft sich die Revision auf das Urteil des BGH vom 18. 12. 1970 (NJW 1971, 557 = LM § 652 BGB Nr. 39). Darin wird es nicht als unangemessenes Druckmittel angesehen, dass ein Makler sich ein - wesentlich unter der sonst üblichen Provision liegendes - Entgelt (oder einen Aufwendungsersatz) versprechen läßt, falls ein Auftraggeber den Vertragsschluss mit einem zugeführten Interessenten willkürlich verweigert. Das ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Es geht hier nicht um einen - mit der Grundstücksveräußerung nicht unmittelbar zusammenhängenden und auf einem besonderen Rechtsverhältnis beruhenden - Ersatz von Aufwendungen eines Dritten oder um die Entlohnung einer von diesem erbrachten Leistung, sondern um den Verfall einer dem Grundstückseigentümer geleisteten Anzahlung auf den Kaufpreis. Diesen Bereich will § 313 BGB erfassen. Daran kann hier - entgegen der Ansicht der Revision - auch die Relation des verfallenen Betrages zum beabsichtigten Kaufpreis von 1,2 Millionen nichts ändern.

3. Erfolglos wendet sich die Revision weiter dagegen, dass das Berufungsgericht einen Anspruch der Beklagte nach den Grundsätzen über das Verschulden bei Vertragsschluss verneint. Dass die Eheleute W nach der Behauptung der Beklagte die Folgezahlungen nicht aufbringen konnten und der beabsichtigte Kauf deshalb unterblieb, schließt eine Schadensersatzverpflichtung schon deshalb aus, weil beide Seiten mit dieser Möglichkeit schon bei Abschluss der Vereinbarung vom 17. 5. 1974 gerechnet haben. Zwar kann sich schadensersatzpflichtig machen, wer den Vertragspartner über die ihm bekannte Formbedürftigkeit entgegen einer vorvertraglichen Verpflichtung nicht aufklärt und ihn so zum Abschluss eines formunwirksamen Vertrages veranlasst (vgl. BGH, NJW 1965, 812 = LM § 276 [Fc] BGB Nr. 2). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor.

4. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch § 814 BGB für nicht anwendbar erachtet. Es fehlt schon an einer Feststellung dahin, dass die Eheleute W bei Zahlung der 40000 DM davon ausgegangen wären, sie seien zu dieser Leistung nicht verpflichtet. Wenn es nicht zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages kam, so konnte aus der Sicht der Eheleute W die Verfallklausel eingreifen. Die Annahme der Revision, die Eheleute W hätten der Beklagte erkennbar gemacht, sie würden ihr die Zahlung belassen wollen ohne Rücksicht darauf, ob ein Schuldgrund dafür gegeben sei (vgl. BGHZ 32, 273 [278] -= LM PreußEnteignungsGNr. 10 = NJW 1960, 1522; RGZ 144, 89 [91]), findet in den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Grundlage. Mit der Behauptung, die Eheleute W hätten die Nichtigkeit nicht nur der Verkaufsverpflichtung, sondern auch der Verfallklausel gekannt und gleichwohl gezahlt, wendet sich die Revision in unzulässiger Weise gegen die anderweitigen Feststellungen des Berufungsgerichts Eine solche Kenntnis ergibt sich entgegen der Ansicht der Revision auch nicht zwangsläufig daraus, dass die Eheleute W von dem Formerfordernis hinsichtlich des den Grundstücksverkauf behandelnden Vertragsteils wussten, weil dies die Möglichkeit offen ließ, dass sie sonstige Abreden unbeschadet der Teilnichtigkeit für wirksam hielten (vgl. unter 1).