Autovermietung

Hat es sich bei der Inanspruchnahme der Autovermietung und der Beauftragung von Rechtsanwalt Bum das. Angebot eines so genannten Unfallhelferrings gehandelt, so werden die verschiedenen vorbezeichneten Rechtsgeschäfte im Zusammenhang gesehen werden müssen; sie greifen wirtschaftlich ineinander. In aller Regel ist auch die Hinzuziehung anwaltlichen Beistandes durch im Unfallhelferring vorhandene wechselseitige wirtschaftliche Verknüpfungen und Abhängigkeiten geprägt. Der Rechtsanwalt wird im allgemeinen nicht von dem Geschädigten ausgewählt und als Anwalt seines Vertrauens persönlich beauftragt. Vielmehr erhalt er seinen Auftrag in der Regel durch Vermittlung eines anderen Mitgliedes des Unfallhelferringes, sei es einer Bank, einer Reparaturwerkstatt oder - wie hier - von der mit der Schadenabwicklung befassten Autovermietung. Seine Inanspruchnahme dient nicht nur dem Geschädigten, sondern zunächst auch den wirtschaftlichen Interessen des Unfallhelferrings. So war es auch hier. Rechtsanwalt B war es, der den Kredit bei der Bank anforderte, damit zuerst, unter entsprechender Belastung des Klägers, die Forderungen der am Ring beteiligten Geschäftsleute befriedigt wurden. Dementsprechend sollte er die von dem Haftpflichtversicherer eingehenden Gelder nicht etwa alsbald an den Kläger selbst abführen, sondern dem am Ring beteiligten Kreditinstitut überweisen, um dessen Darlehensforderung aus der Unfallhilfe abzudecken. Vor dem Hintergrund dieser Interessenverknüpfung, die als wirtschaftliche Einheit gesehen werden muss, kommt auch der dem Rechtsanwalt erteilten Vollmacht eine andere, weit reichende Bedeutung zu, als sie normalerweise dem Verantwortungsbe- reich eines lediglich mit der Geltendmachung von Reparaturkosten beauftragten Rechtsanwalts innewohnt. Dass er bei dieser Sachlage nicht nur die Interessen des Kläger vertrat, drangt sich geradezu auf und fällt bei Abwägung der dem Minderjährigen aus der Vollmachterteilung drohenden Gefahr, finanziell nicht überschaubare Verpflichtungen einzugehen, ins Gewicht. Der Besorgnis, dass die gebotene ruhige und abgewogene Entscheidung über die nach einem Unfall zu treffenden Maßnahmen schon eines volljährigen Unfallgeschädigten durch die verlockenden Angebote eines Unfallhelferringes beeinträchtigt werden kann, besteht erst recht bei einem Minderjährigen. Es erscheint zweifelhaft, ob das Berufsgericht, das nicht nur die Vollmacht als abstraktes Rechtsgeschäft isoliert betrachtet, sondern aus dem gesamten Inhalt der Vollmacht die Geldempfangsvollmacht als ein dann für sich genommenes wirksames Rechtsgeschäft des Minderjährigen abspaltet, sich dieser wirtschaftlichen Zusammenhänge hinreichend bewusst war, daher bei seiner Auslegung alle Gesichtspunkte gebührend beachtet hat. Schon hierin liegt ein Rechtsfehler, der zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führt.

Sind die übrigen vom Kläger im Zusammenhang mit dem Unfall abgeschlossenen Rechtsgeschäfte, wie das Berufsgericht es insbesondere für den Darlehensvertrag und den Auftrag über die Verwendung der Gelder annimmt, mangels Einwilligung seiner Eltern unwirksam, so kann eine etwaige nach § 139 BGB auch den Anwaltsauftrag mitreißende Nichtigkeit nicht aus dem Gesichtspunkt der Abstraktheit der Vollmacht bzw. aus dem Gedanken des allgemeinen Verkehrsschutzes unterlaufen werden. Bedurfte die Erteilung der Anwaltsvollmacht insgesamt zum Schutz des minderjährigen Kläger der Einwilligung seiner Eltern, so kann dieser Schutz weder durch Hinweise auf das allgemeine Verkehrsinteresse noch durch gedankliche Abspaltung der Geldempfangsvollmacht zunichte gemacht werden. Der Kläger weist mit Grund darauf hin, dass gerade die Geldempfangsvollmacht dem Rechtsanwalt die Möglichkeit verschafft habe, das ihm vom Haftpflichtversicherer für ihn, den Kläger bestimmte zugeflossene Geld restlos anderen Gläubigern zukommen zu lassen. Ihn darauf zu verweisen, sich an seinen Anwalt zu halten, würde mit dem ihm zustehenden Minderjährigenschutz kaum vereinbar sein. Die §§ 104ff. BGB kennen keinen Schutz des guten Glaubens an die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit einer Person; vielmehr ist nach dem Gesetz der Schutz Geschäftsunfähiger gegenüber dem Schutzbedürfnis des Verkehrs vorrangig. Daher sind, wie an sich auch das Berufsgericht nicht verkennt, die Vorschriften der §§ 171, 172 BGB auf beschränkt geschäftsfähige Personen nicht anwendbar, falls vor Erteilung der Vollmacht nicht die Einwilligung der gesetzlichen Vertreter vorlag; denn es ist Voraussetzung des Schutzes des guten Glaubens, dass die Vollmacht durch gegenüber dem Dritten abgegebene Willenserklärung gültig entstanden war.

Die vom Berufsgericht getroffenen Feststellungen reichen auch nicht aus, um das angefochtene Urteil mit der Begründung zu bestätigen, aus den gesamten Umständen ergebe sich, dass der Kläger als ein bereits 20jähriger, als Masseur im Leben stehender junger Mann von seinen Eltern konkludent ermächtigt gewesen sei, die vorerwähnte weiterreichende Vollmacht zu erteilen und den damit in Zusammenhang stehenden Kredit aufzunehmen, weil er mit seinem guten Arbeitsverdienst, den ihm anscheinend seine Eltern voll überlassen haben, von ihnen unabhängig war und sozusagen auf seinen eigenen Beinen stand.

Zwar verbleibt dem Minderjährigen der Arbeitsverdienst, der ihm nicht abverlangt wird, in der Regel zur freien Verfügung. In Ermangelung anderweiter Bestimmung des gesetzlichen Vertreters wird i. a. davon auszugehen sein, dass dieser sich insoweit mit jeder erlaubten Art der Verwendung dieser Mittel einverstanden erklärt, sofern dies nicht zu Maßnahmen führt, die nach Lage der Dinge völlig unvernünftig sind und den Verhältnissen nicht entsprechen. Dies gilt grundsätzlich aber nur für vertragsmäßige Leistungen, die der Minderjährige bewirkt. Bei Kreditverträgen, die er abschließt, wird mit besonderer Sorgfalt zu prüfen sein, ob wirklich eine stillschweigend erteilte Einwilligung des gesetzlichen Vertreters angenommen werden kann, wie dies insbesondere für außerhalb des Wohnsitzes ihrer Eltern tätige Minderjährige bezüglich solcher Geschäfte bejaht wird, die üblicherweise nicht sofort in bar erfüllt werden. Verfügt ein Minderjähriger über eigenes Einkommen, so wird er - auch über § 113 BGB hinaus - u. U. sogar zu weitergehenden Kreditgeschäften befugt sein, wenn diese üblicherweise von Minderjährigen seiner Altersstufe und Lebenslage abgeschlossen werden und sich im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Mittel halten. Zu weit wird man allerdings im Interesse des Minderjährigenschutzes die Annahme einer als stillschweigend erteilt geltenden Zustimmung zu solchen Verträgen, die der Minderjährige nicht sofort durch Barzahlung erfüllt, nicht bejahen dürfen. Ob die Voraussetzungen hier gegeben sind, kann noch nicht entschieden werden.