Belästigung

Unterhalb dieser absoluten Erheblichkeitsschwelle liegen solche Umwelteinwirkungen, die zwar keine Grundrechte verletzen, aber dennoch erhebliche Nachteile oder Belästigungen darstellen. Gegenüber solchen Umwelteinwirkungen ist ein Schutz nur nach Maßgabe der einfachen Gesetze gegeben. Einen Schutz auch vor solchen zwar erheblichen, doch nicht gefährlichen Umwelteinwirkungen vermittelt das BImSchG. Als erheblich in diesem Sinne werden solche Nachteile und Belästigungen angesehen, die dem Betroffenen billigerweise nicht mehr zugemutet werden können. Eine allgemein verbindliche Festlegung der Zumutbarkeitsgrenze fehlt für das Immissionsschutzrecht. Die Erheblichkeit entzieht sich einer- undifferenzierten, für alle Fälle einheitlichen Festlegung; sie ist als außerrechtliche Fachfrage unter Würdigung der Gegebenheiten des Einzelfalles insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des Baugebiets, der sonstigen örtlichen Verhältnisse, der Vorbelastung zu entscheiden. Insoweit besteht eine relative Erheblichkeitsschwelle. Die Grenzen dieser Erheblichkeitsschwelle sind nur im Zusammenhang mit der Norm, in der hierauf abgestellt wird, zu ermitteln. Für das Inunissionsschutzrecht werden die Grenzen der Erheblichkeit durch die TA-Lärm und die TA-Luft sowie durch technische Regelwerke konkretisiert. Die in ihnen enthaltenen Werte haben allerdings keine Normqualität; sie sind auch kein Normersatz. Normative Festlegungen gebietsbezogener Grenzwerte können - wie der 4. Senat des BVerwG dargelegt hat, nur im Wege demokratisch legitimer Rechtssetzung getroffen werden. Der 1. und der 7. Senat des BVerwG haben im Anschluss an Breuer die Technischen Anleitungen als antizipiertes Sachverständigengutachten angesehen. Das gleiche gilt für sonstige Richtlinien oder technische Regelwerke. Das Nachbarrecht der öffentlichen Anlagen. Die TA-Luft und die TA-Lärm gelten im übrigen auch nur für gewerbliche Emissionen bzw. Immissionen; sie sind auf Geräusche, die z,B. von einem Sportplatz ausgehen, nicht schematisch anzuwenden. Für die Bauleitplanung sind die Maßstäbe des Immissionsschutzrechts in §3 Abs. l BlmSchG und ihre Konkretisierung durch die TA-Lärm und die TA-Luft unmittelbar nicht anwendbar. Es handelt sich bei den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen um Anlagenrecht, das in erster Linie auf immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen, über § 22 BImSchG jedoch auch auf nicht genehmigungsbedürftige Anlagen Anwendung findet. Die Anforderungen des Immissionsschutzrechts gelten nur für die Genehmigungsebene, nicht aber für die normsetzende Bebauungsplanebene. Die Verweisung in § 9 Abs. 1 Nr. 24 auf das BImSchG hat somit keine maßstabsgebende Bedeutung. Mit ihr wird nur angegeben, welche Zielrichtung die Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 haben sollen. Eine Übernahme materiellrechtlicher Maßstäbe des BImSchG z. B. im Hinblick auf die Grenzen der Erheblichkeit von Nachteilen und Belästigungen ist damit nicht unmittelbar erfolgt. Die Bebauungsplanung stellt einen Vorgang demokratischer legitimer Rechtssetzung dar. Sie ist daher in der Lage, die Grenze der Erheblichkeit autonom durch entsprechende Festsetzungen normativer Art festzulegen, soweit dabei nicht die Schwelle zur. Gefahr überschritten wird. Dabei kann der Bebauungsplan von einer typisierenden Betrachtungsweise ausgehen; er ist nicht - wie im Anlagenrecht - auf eine Einzelfallbetrachtung angewiesen. Die Frage nach der Zumutbarkeit ist für den Plangeber keine außerrechtliche Tatfrage, sondern Inhalt normsetzender Entscheidung. Der Bebauungsplan unterscheidet sich insoweit von der Anlagengenehmigung; dieser ist Normsetzung, jene ist Normvollzug. Es ist nicht Aufgabe der Bebauungsplanung, die sich aus dem Anlagenrecht ergebenden Anforderungen aufzunehmen oder nachzuzeichnen. Die Bebauungsplanung ist daher auch nicht an die in der TA-Lärm oder TA-Luft festgelegten Grenzwerte gebunden, sondern kann abweichende Regelungen treffen Maßstab für derartige Festsetzungen ist § 1; hiernach müssen Festsetzungen im Bebauungsplan insbesondere städtebaulich erforderlich sein und dem Abwägungsgebot entsprechen. Im Rahmen der Abwägung hat die Gemeinde auch Erwägungen darüber anzustellen, welche Immissionen auftreten können und wie diese zu bewerten sind. Hierfür können die Technischen Anweisungen und Regelwerke Anhaltspunkte geben; planungsrechtlich gesehen sind sie aber nur Abwägungsmaterial und Hilfen für die Bewertung. Dies gilt auch für die DIN 18005; die im Beiblatt zu ihr angegebenen schalltechnischen Orientierungswerte sind Hilfe für die Berücksichtigung des Schallschutzes in der Bauleitplanung im Rahmen der Abwägung; sie dürfen im Einzelfall über- bzw. unterschritten werden. Städtebauliche Gründe können daher im Einzelfall dafür sprechen, der betroffenen Umgebung einen höheren Schutz vor Immissionen zuzubilligen, als er nach dem BlmSchG vermittelt werden könnte; in diesem Falle kann es städtebaulich geboten sein, auch immissionsschutzrechtlich zumutbare Immissionen zu vermeiden oder zu mindern. Die Festsetzungen nach §9 Abs. 1 Nr. 24 sind - schon aufgrund des Wortlauts der gesetzlichen Ermächtigung - nicht auf den gefahrenabwehrenden Immissionsschutz beschränkt, sondern können auch die Vermeidung oder Minderung von schädlichen Umwelteinwirkungen zum Ziel haben. Der Auffassung des BaWüVGH, wonach § 9 Abs. 1 Nr. 24 die Gemeinden nicht ermächtige, ein eigenes Umweltschutzrecht zu schaffen, kann insoweit nicht gefolgt werden. Da die Gemeinde die Schwelle der relativen Erheblichkeit bzw. Zumutbarkeit selbst normativ festlegen kann, ist sie auch in der Lage, z. B. über Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 einen Schutz vor Lärm dort zu gewährleisten, wo dieser sonst hinzunehmen ist. Dies gilt insbesondere bei Spielplatzlärm. Nach allgemeinem Immissionsschutzrecht sind schwere Lärmbeeinträchtigungen, die von einem Kinderspielplatz ausgehen, zumutbar, weil die Spielplatzgeräusche auch in einem Wohngebiet ebenso wie der übliche Lärm von Kraftfahrzeugen, Rasenmähern oder Schwimmanlagen hingenommen werden müßten. An diese wertende Betrachtung ist die Gemeinde nicht gebunden; sie kann im Wege der Bebauungsplanung dennoch Schutzmaßnahmen vorsehen; teilweise wird sie hierzu sogar angehalten. Das gleiche gilt im Hinblick auf Flächen für Volksfeste und Kirmesveranstaltungen; die von ihrer Nutzung ausgehenden Lärmbeeinträchtigungen müssen allgemein als sozial adäquat hingenommen werden. Allerdings darf der Bebauungsplan, sofern mit seinen Festsetzungen genehmigungsbedürftige Anlagen i. S. des BImSchG ermöglicht werden sollen, keine undurchführbaren Festsetzungen treffen; insoweit werden die TA-Lärm und die TA-Luft nur mediatisiert und deshalb auch recht, unscharf für die Bauleitplanung wirksam. Dies trifft auch bei immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen zu; für sie gilt § 22 BImSchG. Auf die Emissionsart und die Emissionsquelle kommt es bei Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 grundsätzlich nicht an. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass Emissionen mit Hilfe der Bebauungsplanung nur begrenzt beherrschbar sind; nicht jede Fernwirkung kann durch Festsetzungen im Bebauungsplan berücksichtigt werden. Hauptsächlich kommen Festsetzungen zum Schutz vor Lärmimmissionen in Betracht. Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 sind nicht auf den Schutz vor solchen Emissionen begrenzt, die von Anlagen ausgehen. Die Verweisung auf den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. des BImSchG in § 9 Abs. 1 Nr. 24 hat nur begriffliche Bedeutung, sie grenzt aber den Planungsspielraum der Gemeinde nicht ein. Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 können auch zum Schutz vor den Emissionen getroffen werden, die von öffentlichen Verkehrswegen, Sport- und Freizeitanlagen oder von Kinderspielplätzen ausgehen. Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 dienen dem Schutz der Nachbarschaft. Zur Nachbarschaft im hier gemeinten planungsrechtlichen Sinne gehören nicht nur die unmittelbar angrenzenden Grundstücke, sondern der Bereich, auf den sich die Verwirklichung einer emittierenden Nutzung nicht nur unerheblich auswirken kann. Erforderlich ist eine qualifizierte und individualisierte Betroffenheit und zwar sowohl in räumlicher als auch in zeitlicher Hinsicht. Daher lässt sich die Nachbarschaft in räumlicher Hinsicht nicht generell abgrenzen, vielmehr kommt es auf die Art der Emissionen und ihre Schwere an. In zeitlicher Hinsicht muss eine gewisse Dauerhaftigkeit der Einwirkungen vorliegen, daher kann derjenige nicht als Nachbar angesehen werden, der nur gelegentlich sich im Einwirkungsbereich aufhält.